Die Logik legt nahe dass Richter Notwehr auch gelegentlich zu ungunsten des Täters auslegen, würdest du zustimmen?
Ich nehme mal an du meinst zu gunsten des Opfers oder? Zu ungunsten des Täters macht in dem Zusammenhang wenig Sinn, der wird da ja gar nicht angeklagt.
Generell gehe ich zwar davon aus dass es das gibt, allerdings nur aus statistischen Gründen. Daraus dass das Recht in eine bestimmte Richtung falsch ausgelegt wird, folgt nicht dass dies in die andere Richtung irgendwie ähnlich häufig erfolgt. Nach allem was ich über solche Fälle gelesen habe, überwiegt ausserdem die falsche Auslegung zu ungunsten des Opfers sehr sehr deutlich.
Nach dem Prinzip in dubio pro reo sollte es eigentlich andersrum sein, im Zweifellsfall sollte man eigentlich zu gunsten des Opfers entscheiden...
Könnten du und auch andere, die mit der derzeitigen Rechtslage ein Problem haben, bitte auch konkret begründen, was sie meinen?
Ich habe übrigens kein Problem mit der Rechtslage. Im Gegenteil, ich finde die Rechtslage ganz ausgezeichnet und geradezu vorbildlich. Leider wird das Notwehrrecht gelegentlich völlig falsch ausgelegt. Das scheint mir im Allgemeinen kein juristisches Problem zu sein, sondern einfach daran zu liegen dass manche Richter nicht in der Lage sind die Situationen auch nur ansatzweise korrekt einzuschätzen.
@Chentsu: Ich finde, dass in gewissen Bedrohungsszenarien es einfach kein Notwehrexzess möglich sein sollte. Wenn jemand völlig unbekanntes bewaffnet in fremdes Haus eindringt und dann niedergeschlagen wird, dann wäre das so ein Fall. Ich sehe einfach nicht, wie man als Normalsterblicher sich in so einer Situation angemessen verteidigen soll, wenn man einfach keinerlei Erfahrungen mit solchen Situationen hat, aber dennoch stetig Gefahr läuft für die eigenen Handlungen verurteilt zu werden.
Es ist schon sinnvoll dass ein Notwehrexzess immer möglich ist. Auch wenn jemand bei dir einbricht darfst du ihm nicht in Ruhe das Gesicht zermatschen obwohl er eigentlich keine Gefahr mehr darstellt. Das ist gut so.
Was du wahrscheinlich meinst, dass jemand über das erforderliche Maß hinausgeht weil er Angst hat oder die Situation nicht gut einschätzen kann ist bereits straffrei.
Insoweit erstmal kein Problem, auch eine Anklage zu erheben ist durchaus erstmal sinnvoll denn irgendjemand (und sicher nicht die Polizei) muss eben feststellen was vorlag. Hätte er wirklich so viel Gewalt anwenden müssen? Hat er aus Verwirrung falsch gehandelt oder wollte er nur den Einbrecher quälen? Das ist eben Aufgabe der Gerichte das festzustellen.
Das Problem sind nur meist ahnungslose Richter, die 1. glauben man könnte in einer gefährlichen Sitation und in Sekundenbruchteilen die Situation so gut analysieren wie vom Richterstuhl aus, und 2. eine völlig falsche Vorstellung davon haben was gefährlich ist und was effektiv ist.