bzgl. rauchen: genau das rationalitätsargument ist dasjenige, das auch die meisten gefahren birgt. ja, rauchen ist ungesund. das sind andere drogen, fast food und die luft in großstädten aber auch. nun ist dieser vergleich natürlich so alt wie mutter beimer. daher kommt dann auch immer das potpourri aus standard-gegenargumenten:
1. passivrauchen = böse
2. extrem hohe mortatlitätsrate = superteuer für alle
3. im vergleich zu anderen drogen wirkt rauchen eher "langweilig". kein richtiges high, keine hallus, nix. sowas braucht man doch nicht erlauben!
ob man drogenkonsum innerhalb dieser gesellschaft "rational" begegnen kann, wage ich gelinde gesagt zu bezweifeln. zwar ist im zuge der erfolgreichen einpflanzung der selbstoptimierungsidee in sehr viele köpfe der wunsch nach einer "gesunden" gesellschaft prominenter denn je, nur bleibt die ganze argumentation ziemlich scheinheilig.
drogen kommen und gehen, und auch schönheits- und körperlichkeitsideale kommen und gehen. nur weil wir derzeit in einer epoche leben, die nur enthemmungsdrogen und leistungssteigernde mittel toleriert, erwächst daraus kein totalitätsanspruch.
das dilemma liegt im bereich der kosten. folgt man der traditionellen europäischen medizinmoral, muss jeder kranke mensch behandelt werden, auch wenn er "selbst" für seine krankheit verantwortlich ist. das gilt auch und vor allem für suchtkranke - zudem ist bei weitem nicht jeder suchtkranke in der lage, die ursachen seiner sucht selbstbewusst und -kritisch zu hinterfragen.
wenn ich ehrlich bin, halte ich das rauchen sogar noch für relativ harmlos hinsichtlich seines schadenspotenzials für zwischenmenschliche beziehungen. wegen alkohol, medikamenten und anderen substanzen können ehen, freundschaften und karrieren zerbrechen. wegen des rauchens stirbt man vllt. 10 bis 15 jahre früher. ist es dum, sich das leben so krass zu verkürzen? aber sicher.
wie man damit umgeht, hängt auch stark von der eigenen einstellung zum leben ab. mir persönlich schmecken bestimmte tabaksorten tatsächlich, und das tun sie schon seitdem ich sie zum 1. mal probiert habe. bei anderen tabaken oder 99% aller filterkippen wird mir aber schnell übel, bzw. finde ich deren geschmack sterbenslangweilig. für mich stellt das durchaus einen teil meiner derzeitigen lebensqualität dar. auch wenn ich stinke. immerhin versuche ich rücksichtsvoll zu rauchen, d.h. grundsätzlich draußen und nicht in der unmittelbaren nähe von nichtrauchern.
im herzen bin ich hedonist. zwar einer der linkslastigen hippiesorte, aber dennoch hedonist. ich möchte nicht in einer welt leben, in der es nur noch darum geht, einem wie auch immer gearteten gesundheitsideal entsprechend zu leben.
dafür zahle ich mit meinem verkürzten leben, das muss reichen. immerhin darf ich mein leben im schlaraffenland verbringen, womit ich über 90% der weltbevölkerung etwas voraus habe.