Die israelische Regierung bezichtigt die türkische „humanitäre Organisation“ IHH, in Wirklichkeit eine Frontorganisation für die Finanzierung extremistischer Muslim-Gruppen zu sein und Gotteskrieger zu rekrutieren. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nannte solche Vorwürfe in seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsausschuss „Lügen“.
Diese Bemerkung wirft ein Schlaglicht auf die Haltung der türkischen Regierung gegenüber der umstrittenen IHH: Die Regierung spricht und handelt, als habe sie sich die Sache der Aktivisten zu eigen gemacht. Vor dem blutigen Drama um den von der IHH maßgeblich mit organisierten Schiffskonvoi für Gaza hatte Ankara Israel aufgefordert, die Flotte passieren zu lassen. Wenn es sich bei der IHH aber um eine Gruppe handelt, die Terror unterstützt und eine bewusst aggressive Aktion gegen Israel vorbereitete, dann wäre die wohlwollende Haltung Ankaras im Vorfeld ein unfreundlicher Akt des türkischen Staates gegen Israel gewesen.
Nur, ist das so? „Ein guter Teil der Vorwürfe gegen die IHH ist begründet“, sagt Gareth Jenkins, Verfasser eines Buches über den politischen Islam in der Türkei. „Ich selbst habe wiederholt mit IHH-Leuten gesprochen, und ihre Aktivitäten in mehr als 100 Ländern sind natürlich einerseits tatsächlich humanitär. Sie machen andererseits auch kein Hehl daraus, dass sie Dschihadis (Gotteskrieger) für Afghanistan und andere Kriegsschauplätze rekrutieren, und ausländischen Dschihadis in der Türkei helfen.“ Jenkins verweist darauf, dass vor einigen Wochen zwei IHH-Militante in Afghanistan ums Leben kamen, wo sie auf der Seite der Taliban kämpften.
Die IHH hat laut israelischen Quellen Gelder an eine Organisation namens „Union for Good“ überwiesen, die unter anderem nachweislich die Familien von Selbstmordattentätern finanziell unterstützt.
Die IHH ist eine riesige Organisation mit offenbar reichlich sprudelnden Geldquellen. Ihre Ursprünge gehen zurück auf eine Organisation namens Milli Görüs, der auch Ministerpräsident Erdogan und Staatspräsident Gül entstammen, insofern sie politische Ziehsöhne von Milli Görüs-Gründer Necmettin Erbakan sind. Im schwebte vor, von unten nach oben eine vollkommen islamische Gesellschaft zu schaffen, indem man bei frommen Muslimen Geld sammelte, um damit Unternehmen und Organisationen des politischen Islam zu finanzieren.