(...) Feministen geht's nämlich nicht nur darum, wie ich in Ihre Hose kommen, sondern um Gleichberechtigung. Bzw. labelst du wie üblich mal wieder um. Die Jezebel Leserin ist nicht der representative Agent des Feminismus.
(...)
Hier muss ich jetzt doch mal einhaken. Ich stehe hier bestimmt nicht im Verdacht, massiv auf Racoon's Welle zu reiten, aber die Behauptung, dass Feminismus in erster Linie für Gleichberechtigung eintritt, lässt sich mit der Praxis einfach nicht in Einklang bringen. Zunächst einmal stellst du ja selbst direkt fest, dass es nicht "den" Feminismus gibt, sondern drölfzig verschiedene Strömungen und Ausprägungen (wie so ziemlich überall im progressiven Meinungsspektrum).
Wenn man sich aber mal bei den tatsächlichen praktischen Auswirkungen des modernen Feminismus umschaut (also zum Beispiel gesetzliche Regelungen die gefordert und z.T. auch umgesetzt werden), so wird doch recht deutlich, dass es in erster Linie um mehr Rechte für Frauen geht. Nun kann dies durchaus identisch mit einem "mehr an Gleichberechtigung" sein, und gerade im historischen Kontext war es dies auch, da Frauen eben rechtlich lange Zeit explizit benachteiligt waren. Aber welche Diskussionen finden denn heute im öffentlichen Diskurs statt? Es geht um Frauenquoten (insbesondere bei Führungspositionen)*, es geht darum wie sich Mann zu verhalten hat (nicht alles zu Unrecht wohlgemerkt), es geht um Gender Pay Gaps. Es geht nicht um das relativ schlechtere Abschneiden männlicher Schüler, es geht nicht um die hier bereits diskutierte geringere Lebenserwartung sowie die höhere Zahl an Suiziden, und es geht nicht um die vielfach höhere Zahl männlicher Obdachloser. Natürlich wird dies sicher irgendwo mal in der feministischen Literatur erwähnt, aber im feministischen geprägten öffentlichen Diskurs (und jener ist es, welchen ich als DEN Feminismus verstehe) finden diese Dinge kein Gehör.
Der Feminismus ist eine Frauenrechtsbewegung, das ist Teil seiner DNA. Und solange dies so bleibt, ist die Behauptung, Feminismus stehe primär für Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig vom Geschlecht**, in meinen Augen in erster Linie ein Wunschgedanke. Und das ist noch die wohlwollende Interpretation.
* Diese equality-of-outcomes-Argumentation ist mir ohnehin immer höchst suspekt, insbesondere wenn dann angefangen wird, Quoten zu fordern oder defakto umzusetzen, die mit dem Geschlechtsverhältnis unter den Bewerbern nicht zu rechtfertigen sind.
**Hier könnte man noch das Fass aufmachen, wie schwer sich Teile der feministischen Community mit Transsexuellen tun, Stichwort: TERFs.