Ich nutze Gendersprache nicht, bin aber auch nicht offended, wenn sie jemand anderes nutzt oder ich einen Beitrag sehe, in dem sie genutzt wird. Und so verhält sich die Mehrheit meines Umfelds. Heißt das dann schon akzeptieren? Dann würde ich als Gegenfrage stellen: Welche Option c wünschst du dir denn? An einigen Stellen zu gendern und an anderen nicht? Ist doch problemlos möglich?
Du schreibst danach doch selber, dass die Medienkultur im Internet vergiftet ist, imo muss man bei solchen Themen mal mehr an die frische Luft gehen und mit normalen Menschen reden, und das beziehe ich aufs Ursprungsthema dann auch mal. Etwas weniger Vergiftung und mehr Kommunikation würde vielen Beteiligten gut tun.
Das ist eines der Themen, auf die ich aus unterschiedlichsten Gründen einfach keine Lust mehr habe, weil mir da zu häufig der Kamm steigt und es mich nervt, weil sofort mit sehr bestimmt geäußerten Argumenten abgebogen wird - plötzlich geht es um Identitätspolitik, oder sonstige Schlagworte. Das Thema Gendern geht mir irgendwo am Arsch vorbei, dieses ganze "jeder muss sich angesprochen fühlen"-Ding, das häufig breitgetreten wird.
Anderes Beispiel, den Diskurs gibt's auch für das Wort behindert. Da bringt "an die frische Luft gehen" eher das "in die Luft gehen". Hab heute erst einen Twitch-Stream von einem Schachspieler gesehen (das ist jetzt nicht die frische Luft, aber an der frischen Luft hatte ich die Diskussion auch zigmal), der da sagte, er guckt nix mehr, wo Leute das Adjektiv "behindert" nutzen. Ich verstehe, was er meinte, aber Junge. Redet man mal mit "Menschen mit Behinderung", zeigen sich andere Perspektiven. Die wollen als Mensch wahrgenommen werden, die Veschlimmbesserung des Aktionismus führt primär dazu, dass man sich selbst besser fühlt, während man eigentlich mehr als nur ein Stück die arrogante Bevormundung raushängt. Himmelarschundzwirn, Mitgefühl != Mitleid. Perfektes Beispiel für die Mentalität "Listen to me while I'm talking at you".
Abgekürzt ist das Hauptproblem bei der Sprache, bzw. dieser Debatte, dass ich formulieren kann, wie ich will, irgendein Spinner ist dann immer noch nicht abgeholt oder irgendwer wird dann trotzdem gefrustet sein. Das Ergebnis sind dann sinnfrei formulierte Dinge, oder sprachliche Abstrusitäten, um etwas zu adressieren, das wieder klein-klein ist und das Leben von keinem bemerkenswert verbessert.
Es ist analog zum Pay-Gap, bla bla, Muskete, jeder hat mal was gesagt. Bei beidem wird sich umgedreht, auf die Schulter geklopft, oder eine Gleichstellungsperson irgendeiner Coleur hingesetzt, die man dann ignoriert, weil im Schnitt auch nur Murks rauskommt. Mich frustet, dass die strukturellen Probleme in den Hintergrund gedrängt werden und die Beispiele, die eine Einleitung hätten sein sollen zum Hauptteil aufgebauscht werden.
Imo sind Girls Days, inklusive Sprache bei Stellenangeboten und wichtigen Memos schon sinnvoll, darüber hinaus aber irgendwann verschwendete Energie. Grund ist, dass die Leute dann einfach hirnlos einer Vorgabe nutzen, ohne zu reflektieren (reflektieren zu müssen), wen man da warum anspricht und sich daher nichts ändert. Gemäß Pareto-Prinzip wären da unsere gesellschaftlichen Ressourcen besser einsetzbar, um es im VWL-Deutsch des Forums zu sagen. Aber wahrscheinlich war das auch falsch, weil es zu wenig mit Steuersystemen und Policies zu tun hat.
Du schreibst da viel richtiges, letztlich hat das aber dann nicht mehr viel mit unserem vorherigen Austausch zu tun. Ich hab ja nur auf deinen Punkt Stellung bezogen, dass da jemand provozieren möchte und die Provokanten i.d.R. charakterlich nicht mehr zu bieten haben, als ihr Provokationsthema.
Nein, darauf bin ich bewusst nicht eingegangen. Der von dir erwünschte Denkanstoß mit den Aggregationseffekten ist mir nicht fremd, ich bin Soziologe und arbeitstechnisch viel in der Psychologie/Sozialwirtschaft, da gibt's viele Theorien dazu. Ja, es war abgekürzt, aber im Kern nicht falsch. Die Personen aus deinem Beispiel provozieren dich ja nicht, sie sind qua natur der Standard. Die Personen, die ich meine, sind histrion oder haben histrione Akzentuierungen, das ist ein gewaltiger Unterschied. Daher auch der Kontext, eine Provokation kann sinnvoll sein, kann aber auch zum Spalten genutzt werden.
Angerissen ist es hier schon:
https://broodwar.net/forum/threads/genderstudies-equality.230761/page-111#post-7007621
Die Ablehnung "des" Transsexuellen muss nicht die Ablehnung aller Transsexuellen bedeuten, wobei mir klar ist, dass man hier schnell in eine Täter-Opfer-Umkehr rutscht. Darum geht's mir nicht. Mir ist klar, dass Sprache, das äußere Erscheinungsbild und eine queere Kultur wichtig sind, damit eine Identität gestiftet werden kann. Ich kann es durchaus gut nachvollziehen, wenn man sich endlich irgendwo 'zu Hause' fühlt, weil man durch die eigene Natur anders ist. Das ist ein wichtiges Grundbedürfnis und das soll ausgelebt werden können.
Dennoch verliert der Transsexuelle als Individuum zu keinem Zeitpunkt den Rest seiner Persönlichkeit, wozu seine Eigenschaft als Hurensohn gehört, wenn er ein Hurensohn ist und sich wie ein Hurensohn verhält. Das Problem ist nun die Vielschichtigkeit, wenn so ein Hurensohn seine Botschaft laut vertreten kann, denn damit schadet er jedem, nur nicht sich selbst. Die Subszenen bieten immer eine gute Gelegenheit sich ein Schild der Moral zu bauen, greift mich wer an, dann hebe ich ihn hoch und verstecke das fragile Ego des Hurensohns dahinter. Tatsächlich will ich ja sogar die Angriffe, weil ich dadurch Aufmerksamkeit bekomme, die dann dankbarerweise gleichzeitig aus positiver und negativer Ecke kommt und sich selbst befeuert. Es ist toll, wenn man nicht nur nicht mehr ignoriert wird, sondern an der Spitze steht. Das gibt auch eine gewisse Macht, denn dann kann man steuern, wen man ablehnt und wen man aufnimmt. Diese Personen verlassen das Ziel der gemeinsamen Identität mit den Peers und sorgen nur noch für Chaos. Ergo auch mein Urteil, dass da dann nicht mehr viel übrig bleibt, als das Gehabe, denn das Gehabe ist die Person.
Einen Schritt weiter, siehe verlinkter Post: Die Person muss nichtmal transexuell sein, sie könnte tatsächlich ein pathologisches Problem haben. Und da passt er gut rein, weil Themen mit sexueller Komponente immer gut zum sticheln sind. Aber das überhaupt anzusprechen ist schon schwierig, weil die Trennung von pathologischen Vollnulpen zu Personen mit einem wichtigen Anliegen (sprich: Transsexuelle) immer mit einer Beleidigung für die Person mit dem Anliegen ist.
Nun auch: Klar gibt's akzentlose Charaktere in Form des deutschen Kartoffel-Michels, der Haus, Auto und Familie hat und das wars. Aber der rennt nicht rum und propagiert seine Punkte. Er kann damit ja auch gar keine Reibung erzielen, das bietet relativ wenig Konfliktpotenzial. Der will ja eher eine Anpassung, wenn er überhaupt was will. Heißt jetzt nicht, dass ich diese Personen gut oder sympathisch finde, sie sind halt so da.
Zu der Ausgangslage zurück, sehe ich das von Kritiker verlinkte Plakat (auch so ein Affe btw), oder aber erstmal das Inserat der Lesung mit dem BigClit Name und dem Hinweis "über das Geschlecht hinaus", würde ich mich schon erstmal fragen, welches Lager das ist: Das mit Anliegen, oder das mit einer eigenen Agenda. Allein die Frage löst wieder Diskussion aus. Verstehe daher total, wenn man einfach nur mit den Augen rollt und erstmal eher ablehnend reagiert. Im Zweifel kann man nicht richtig reagieren, eben weil die Atmosphäre so verkeilt ist und einen eigenen Lauf nehmen wird.
Darüber hinaus fühle ich mich an einem gewissen Punkt auch zu alt, wenn ich jedes mal das Googeln anfangen muss, wenn irgendwer was ganz neues ist: Selbst erklärter Asperger, oder (???) neuro-atypisch. Dann gehe ich meist selbst wieder in die Luft, weil es mich hart triggert, wenn ein lautstarker Lauch, der halt einfach nur eine bescheuerte Persönlichkeit hat, sich hinter Autismus verstecken will.
Aber ja:
Etwas weniger Vergiftung und mehr Kommunikation würde vielen Beteiligten gut tun.
Dafür muss man aber erstmal die Energie haben. Die hab ich aber nur sehr selektiv, aber mit Sicherheit nicht für jedes Thema und erst recht nicht mit jeder Person. Das ist btw kein Angriff an dich, ansonsten hätte ich nicht geantwortet.