So, bevor es missverstanden wird, ganz von Anfang und losgelöst: Ich verstehe den Gedanken so eine Tat wie in Würzburg sei zu verhindern, indem man diese Leute nicht ins Land lässt. Das wirft zwar viele Fragen auf, aber die Annahme ist legitim, wenn die Annahme konsequent auf alle Baustellen im Bereich Gewaltprävention im Kontext Extremtaten übertragen würde. Wird sie nur irgendwie selten. Daher: Vorsicht.
Soweit fair und d'accord.
Zunächst mal liegt aus rein forensischer Sicht viel Zweck in der Aufarbeitung des realen Motivs des Täters, auch wenn das wohl Heator sehr aufgestoßen ist. Generell, und deswegen ein lauter Widerspruch zu deiner Aussage, sind Einzeltäter dieser Coleur sehr schwierig. Auf einer Abstraktionsebene ist ein Robert Steinhäuser, der Täter hier und der Lübcke-Täter gar nicht so weit voneinander entfernt. Laienwissen trifft hier viel aufeinander: genetische Prädisposition, frühes Trauma, Verstetigung des Traumas, soziales Umfeld und Möglichkeiten zur Tat, sowie Triggermomente. Ein Täter wird erschaffen, lenkt sich selbst (das dürfte der wichtigste Aspekt) und sucht dann nur noch das Vehikel und das Ventil, aus dem Vakuum entsteht das nicht. Ob er jetzt für Allah, gegen Frauen, Juden oder die Echsenmenschen schreit, während er sticht, sprengt oder schießt ist völlig sekundär. Das meinte Gustavo auch mit der Kausalität, die Gewaltbereitschaft ist meist deutlich dem "kulturellen" Aspekt (in deinem Argument der Ideologie) vorgelagert und eine extreme Eskalation vorprogrammiert (auch absehbar).
Es gibt bestimmt psychopathische Mörder, die so oder so ihre Tat begehen würden, und sich dann einfach nur irgendeine Ideologie aussuchen, um sie zu rechtfertigen. Oder nichtmal das, siehe normale Serienmörder oder Leute, die ihre Familie umbringen.
Ich glaube aber nicht, dass es meistens entweder schwarz (Ursache psychologisch) oder weiß (Ursache ideologisch) ist, sondern der Normalfall ist, dass beides ein relevanter Faktor zur Tat war.
Bspw. gibt es ja genug deutsche Machos, die total gekränkt sind, wenn ihre Frau sie verlässt. Da wird dann aber statistisch viel seltener zur Axt oder zum Messer gegriffen, weil in der Mainstream-Kultiur bei uns eben Gewalt gegen Frauen ein Tabu ist (selbst die kleine Ohrfeige). Während es in anderen Kulturkreisen eben absolut normal und akzeptiert ist, Gewalt gegenüber der Frau anzuwenden.
Wir sprechen hier von Einzeltätern ohne Einbettung in eine Struktur. Letztlich brauchen diese Täter nur noch irgendeinen Grund, um die Tat vor sich selbst zu rechtfertigen. Kann durchaus die Errichtung einer höheren Gesellschaft im Sinne der Nazi-Ideologie sein, es braucht kein Heilsversprechen, weil diese Leute keine Heilung suchen, sondern ein "wir", das sie nicht bekommen (werden). Und das ist ihnen auf einer verschrobenen Ebene völlig klar, ansonsten wäre das Auslöschen des Selbst nicht erreichbar.
Vom Überfliegen der Berichte scheint es so ein Kandidat gewesen zu sein, daher auch kein klassicher Extremist, wie man sie von früher kannte und eher Teil eines Problems, das man so leider immer häufiger beobachten kann. Hier wäre noch die gewagte These möglich, der Täter hätte die Gewalt nach innen (gegen sich selbst) richten können, gäbe es keine Ideologie. Aber auch das wäre zu beweisen.
Stimme zu, vermutlich ist das keiner, der im Kern Ideologe ist und gezeilt mit seiner Tat das islamische Kalifat nach vorn bringen möchte. Das schließt aber absolut nicht aus, dass die kulturell-religiöse Prägung und Rechtfertigung, gegenüber Ungläubigen und Frauen schnell mal zur Gewalt greifen zu dürfen, irrelevant wäre. Oder das Heilsversprechen, als Djihadist dann im nächsten Leben belohnt zu werden.
Klassische Terroristen, die man sich züchtet, erfüllen viele der gleichen Kriterien, nur braucht es noch viel Überzeugung durch reale Strukturen, die als Echokammer dienen. In diese geraten Risikogruppen und werden in der Spirale nach sunten gezogen. Sowohl der Islam, als auch die rechten Hassgruppen bieten das zur Genüge. Hier liegt zwar generell Gewaltbereitschaft vor, nur ist die Anfagsbereitschaft weit, weit geringer, als bei den radikalen Einzeltätern.
Richtig. Analogie wäre der latent gewaltbereite Doofkopp, der in der Kneipe dauernd die rechte Hetze von den Stammtisch-Rassisten hört, und dadurch durchaus die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass seine Gewaltbereitschaft in ganz krasse Taten umgemünzt wird. Denn Hass-Ideologien haben es gemein, dass andere Gruppen "entmenschlicht" werden, so dass da die gesellschaftlichen und individuellen Hemmungen, bestimmte Schwellen der Gewalt zu überschreiten, eben abgebaut werden.
Konsequent bedeutet das, unabhängig von der Flüchtlingsdebatte, man muss auf jegliche Echokammer mit voller Gewalt einschlagen und diese Auflösen. Meine Meinung: Migrationskritik ist unter dieser Prämisse legitim (keine Migration, weil Gefahr), wenn der gleiche Maßstab konsequent über alle Gruppierungen unabhängig angelegt würde. Dies ist leider nie so der Fall, weil die Spezis der rechten Gruppen ja bekannt und als weitaus weniger gefährlich eingeschätzt werden.
Verstehe ich nicht ganz -- wir haben doch in Deutschland einen sehr starken Fokus und gesellschaftlichen Konsens, gegen rechte Hass-Ideologie vorzugehen, Radikalisierung entgegenzuwirken, extremistische Gruppierungen zu überwachen etc?
Der Unterschied zur Migrationsthematik ist, dass wir hier ein zusätzliches Tool haben, um das Problem zu reduzieren: Das "nicht ins Land lassen". Für deutsche Staatsbürger -ob Rassist oder Islamist a la Pierre Vogel- haben wir diese Option nicht. Die ganzen entwurzelten, patriarchalisch-muslimisch geprägten "jungen Männer" könnten wir aber eben durchaus nicht ins Land lassen bzw. vor der Staatsbürgerschaft abschieben.
Folgt man der Linie kommt es zu ethischen Fragen: Jeder Flüchtling, egal aus welchem Grund geflohen wird, wird genügend traumatisiert sein, um potenziell ein Täter zu werden. Gewähren wir aus Furcht kein Aysl mehr? Dann könnte man es sich gleich komplett schenken.
Da kommen wir wieder zu einem der Kerprobleme:
Aus meiner Sicht handelt es sich nicht in erster Linie um Flüchtlinge im akuten Sinne.
Flüchtling im Rechtssinne ist man, bis man in Sicherheit ist. Sonst könnte ja bspw ein Flüchtling des jugoslawischen Bürgerkriegs auch heute noch auf seinen Flüchtlingsstatus verweisen und damit sagen "ja jetzt darf ich aber ohne Visum in die USA einreisen, bin ija Flüchtling".
Wir sollten daher eher von Migranten reden. Bei denen sicher oft ein Fluchthintergrund vorliegt, der dann aber, wenn du bspw einmal in der Türkei in relativer Sicherheit bist (du bist nicht akut vom Tode bedroht und wirst nicht persönlich oder aufgrund deiner Merkmale verfolgt) nicht mehr berechtigt, von der Türkei nach Griechenland zu "fliehen" oder von Griechenland nach Deutschland.
Es gibt bereiche, in denen ich umgekehrt sogar Asyl vereinfachen würde. Bspw. ein saudischer Ahteist oder Homosexueller, der hier einreist und dann Asyl beantragt, da fände ich es sehr schwer, das nicht zu gewähren.
Ich bin bei euch, wen ihr sagt kaum Flüchtlinge, Migration nur mit Qualifikation. Mein Wunsch wäre auch weniger mit besserer Betreuung gewesen. Nur sind diese Aussagen sehr weit davon entfernt, erstmal pauschal jede Person aufgrund der Kultur unter Generalverdacht zu stellen. Diese Betrachtung ist nur der Wunsch nach Simplifizierung und birgt das Risiko irgendetwas pseudo-hiflreiches zu etablieren, gleichzeitig aber die Ursache zu übersehen.
Es geht nicht um Generalverdacht, sondern um Statistik. Und ich muss überhaupt nicht nach Religion etc. diskriminieren. Es reicht ja schon die Einsiucht, dass die Einwanderung unqualifizierte junge Männer höchst negativ ist für unsere Gesellschaft. und ich deswegen verfügbare Stellschrauben so drehe, dass diese Einwanderung minimiert wird. Oder dass man endlich mal anfängt, an effektiveren Abschiebeprozesen für kriminelle Migranten zu arbeiten.
Wenn Flüchtlinge im Schnitt einen positiven Beitrag hätten, dann wäre der Kalkulus nun einmal ein anderer.