Unabomber und
Breivik gelten gemeinhin als Terroristen.
Inb4 wieder einmal: Da werden die unterschiedlichsten Begriffe genommen und umgerührt. Eventuell mein Fehler, weil es nicht deutlich wurde: Ich rede nicht von 'allgemein Bekannten' Begriffen, journalistischen oder rechtswissenschaftlichen Begriffen. Ich meine die Erschaffung eines Tätertyps, vgl. auch die von Gustavo gelinkte Quelle mit dem Interview, in dem der Experte zum (angreifbaren) Resüme kommt, dieser Tätertyp Würzburg wäre ein komplett neues Phänomen.
Daher: Ja, irgendwo hast du völlig recht. Der Unabomber war in erster Linie ein Serientäter und Breivik in erster Linie Amokläufer. In zweiter Linie sind das die Täter, deren Potenzial schon durch deren Biographie gegeben ist, angefangen in der Kindheit. Diese Leute entwickeln sich von 'problematisch in der Kindheit' durch Schlüsselereignisse zu tickenenden Bomben.
Es gibt halt unterschiedliche Formen von Terrorismus. Es ist auch dann Terrorismus, wenn psychisch gestörte sich von der hinter dem Terror stehenden Ideologie anstiften lassen oder selbst ansftiften.
Die Definition von Terror, Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele zu nutzen, kann man sehr gut auf Breivik und Kaczynski anwenden.
Kann man, ich wäre allerdings sehr vorsichtig. Kaczynski war hochintelligent, psychisch hochgradig auffällig und definitiv ein Lone Wolf. Breivik ist ein ähnliches Kaliber. Diese Leute müssen 'etwas' hinterlassen, damit sie ihren Narzissmus rechtfertigen können. Was ist eigentlich egal. Nochmal, wie schon vorher geschrieben: Diese Leute wollen und brauchen kein 'Heilsversprechen', sie sind auch mit typischer Rationalität nicht erreichbar. Aber ja, mea culpa, du hast recht: Beide Täter sind nochmal anders als der psychotische Amokläufer, den man mittlerweile kennt. Mir ging es um vergleichbare Vorfälle, die sich selbstständig gezüchtet haben - unabhängig vom Islam.
Es geht hier um die Kausalität [nochmal: bei _diesem_ Tätertyp mit _diesem_ Modus Operandi]: Narzissmus und einschlägig bekannte Biographie sind Gewalt immer weit vorgelagert. Je nach Persönlichkeit formt sich dann eher der Charles Manson als Manipulator oder der Kaczynski als ultimativer Einzeltäter, der Rest ist dazwischen. Es wird fast zwingend immer zu deviantem Verhalten kommen, sei es durch heftige Körperverletzungen, Diebstähle, Vergewaltigungen oder sonstigem. Am Ende, wenn nicht erkannt, nicht behandelt oder ignoriert kommt irgendeine Form von Serientäter heraus.
Bei handelsüblichen Terroristen hast du zwar, je nach Herkunft, eine leicht problematische Biographie, in der gefühlt-erlebte Isolation ein Schlüsselerlebnis ist - diese ist aber doch deutlich anders als die, die oben beschrieben wurde [was nicht ausschließt, dass ein Sadist zu einem 'normalen' Terrorist rekrutiert werden könnte]. Danach kommt aber meist der Anschluss an eine Gruppe und das systematische Umwandeln der Persönlichkeit hin zu Gläubigen der Ideologie*. Es bedarf zwingend externer Faktoren, bevor die Schwelle zu schwerwiegenden Taten überschritten wird, meist mit engem persönlichen Kontakt.
In Würzburg könnte man theoretisch die Frage stellen, ob der Täter mit "seinem persönlichen Jihad" selbst politische Ziele umsetzen wollte oder nicht. Er ist ja aber nicht der einzige Akteur. Aus Sicht derer, die ihn angestiftet haben -ob nun live, oder über das Internet- ist seine Tat Teil ihrer Terrorismus-Kampagne. Daher ist es in Intention der dahinterstehnden Hass-Ideologie und Ergebnis Terrorismus -- auch wenn der Täter nur ein billiges Werkzeug gewesen sein mag.
Ja, ein valider Punkt. Dennoch würde ich den terroristischen Agitatoren ungern die Deutungshoheit überlassen sich auch solche Fälle als Erfolg anzueignen, zu denen sie im Endeffekt nichts beigetragen haben. Wäre mir auch Wumps ob das jetzt der NSU für sich will, oder der IS. Es wird erst dann zu Terrorismus, wenn wir den Terroristen recht geben und in eine katatonische Furchthaltung wechseln, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass der Täter eher ein Nebenprodukt schlechter Systeme ist und mit der terroristischen Organisation wenig zu tun hat.
In erster Linie ist es nämlich als Versagen zu verbuchen, die Geschlossene nicht bei deutlichen Warnzeichen als Daueraufenthalt zu buchen, oder generell ein entsprechendes Screening für Flüchtlinge zu haben. Das ist etwas, das mit sehendem Auge in Kauf genommen wurde, Leute mit anhaltendem Trauma aus Kriegsländern wären jetzt nichts sonderlich Neues. Hier würde ich mich Kritik definitiv anschließen, Asyl bedeutet einen Auftrag diese Personen anständig zu versorgen und den erfüllt man nicht mit halbgaren Lösungen.
Allermindestens erfüllt der Angriff die Definition einer
Hate Crime: Ein Angriff auf eine Opfergruppe aufgrund ihrer Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen und/oder demographischen Gruppe. Das ist hier mit Ungläubigen und Frauen absolut gegeben.
Die Frage ist dann: Warum wählt der Täter diese Gruppen? Und da sind wir in jedem Falle bei der dahinterstehenden Ideologie, welche Ungläubige und Frauen geringschätzt und grundsätzlich Gewalt zur Erreichung bestimmter Ziele im Kontext des vom Täter selbst referenzierten Jihad gutheißt. Diese Ideologie ist erkennbar der Islam.
Wahrscheinlich, weil er den Islam schon immer kennt und weiß, dass der als Rechtfertigung für Gewalt / Eskalation taugt, bzw. sich Definitionen / Rechtfertigungen für seine Wahnvorstellung finden lassen. Das haben erfolgreiche Pamphlete so an sich: Jeder kann sie für sich passend auslegen. Egal ob Bibel oder Koran oder Propaganda aus der UdSSR / Nazideutschland.
Dem Täter ist nicht mal so 100% klar, was er da macht. Er ist wortwörtlich wahnsinnig. Die ganze Sinneswelt funktioniert bei solchen Leuten vollständig anders. In sich ist diese Welt vielleicht rational, hat aber mit Realität nur noch wenig zu tun. Ergo war das keine 'Hate Crime', denn keines der Merkmale wäre auf einen psychotischen Schub übertragbar.
Ein populäres Beispiel für eine "retaliatory Hate Crime" wäre
American History X. Und ganz besitmmt macht der Film nicht den Punkt: "Ach, ist ja Rache -- also spielt der Rassismus / die White Power Ideologie keine Rolle".
Das ist so überhaupt nicht mehr auf diesen Tätertyp übertragbar. Null.
Aus diesem Grunde halte ich den obigen Paragraph für gefährlichen Relativismus.
Denn nach der Logik wäre auch fast jegliche rechte Gewalt eigentlich gar keine rechte Gewalt. Denn es handelt sich ja meist um psychologisch auffällige Täter, die deiner (mMn grundfalschen) Logik nach sich auch ohne rechte Ideologie / Rassismus dann halt was anderes gesucht hätten, um ihre Gewalt zu rechtfertigen.
Islamismus und Rechtsextremismus sind natürlich weiterhin gefährlich. Psychologisch Auffällig != psychologisch Auffällig. Es ist ein Spektrum, der Täter aus Würzburg hat aber mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit die Zurechnungsfähigkeit hinter sich gelassen. Damit wird's auch schwierig ihm ideologische Motive zu unterstellen, weil er sein Handeln nicht mehr an der Realität ausrichten kann. Das können aber normale Terroristen noch durchaus.
Und das relativiert in keinem Fall die Gefahr von Echokammern und den neuen Trend, das sich solche einfach und jederzeit finden lassen. Es sagt auch nicht, dass der Islam über jede Debatte erhaben ist, selbst die 'gemäßigten' Auslegungen.
Es verbietet halt nur Pauschalurteile und Analogien, die keine sind.
*an Heator: Glauben kann man auch an den Kommunismus oder eine politische Heilsideologie. So viel zum Thema "Religion".
Ansonsten geh ich dann nicht weiter auf dich ein, wenn du eh schon alles weißt.