Studie gerade auf Mobile nicht super einfach zu lesen. Daher gerade nur selektive Kommentare:
1. Wieso nutzt man diesen "% vom BIP pro Kopf" Ansatz? Dabei ist ja dann die tschechische Republik doppelt so hoch wie Deutschland. Dabei wird niemand behaupten wollen, dass die Sozialleistungen dort doppelt so hoch sind - weder nach Kaufkraft vor Ort, noch nach Kaufkraft in der Ukraine, noch nach wahrgenommener Attraktivität.
2. Wie ich die Methode verstehe, nimmt sie Unabhängigkeit der Variablen an. Aber Faktoren wie "Anteil Ukrainer im Land", "Unterstützung der Ukraine", "sprachliche Nähe" sind ja nicht unabhängig. Da scored bspw Polen überall hoch
3. Viele Variablen sind nicht sehr interessant, weil wir sie nicht beeinflussen können. Welche von den Variablen können wir beeinflussen? Richtig - Sozialleistungen.
4. Wenn Sprache so eine große Rolle spielt, dann müsste man ja überproportional Ukrainer bspw in Servicejobs in Berlin finden. Möglich, aber mir nicht bekannt. Wäre das so, würde man es nicht lesen?
(1) Bei der Studie geht es um die Frage der Arbeitsaufnahme, nicht der Auswahl des Aufnahmelandes. So gut wie alles, was der Staat bereitstellt, stellt er in inländischen Preisen bereit (Wohnung, Essen, Betreuungsangebote etc.), insofern ergibt ein Vergleich der absoluten Summen keinen Sinn, selbst wenn du sie in einen geldwerten Betrag in PPP umrechnen könntest (was bei der schieren Menge an geldwerten Leistungen sowieso schwierig würde). Die Hypothese, die hinter der Variablen steht, ist ja "umso höher der Wert der Versorgungsleistungen, die man ohne Arbeit bekommt, im Vergleich zu dem zu erwartenden Lohn ist, umso niedriger der Anreiz zur Arbeitsaufnahme", insofern ist es sinnvoll, das als Prozent des BIP anzugeben, weil da der Vergleich zwischen "Arbeit" und "keine Arbeit" within country ungefähr konstant ist. Genau wie es unwahrscheinlich* ist, dass die Versorgungshöhe in CZE so komfortabel ist wie in DE, ist es wahrscheinlich, dass eine Arbeitsaufnahme in DE deutlich lohnender als in der CZE.
(2) MLR ist nicht darauf angewiesen, dass die unabhängigen Variablen komplett unabhängig voneinander sind, sind sie im Gegenteil in der Realität sowieso nie. Wenn die Variablen zu hoch miteinander korrelieren kann das die Verteilung der Werte untereinander beeinflussen, aber darauf kann man testen (was hier mit Sicherheit getan wurde).
(3) Wenn du das so siehst, dann missverstehst du den Sinn von Wissenschaft bis zu einem gewissen Grad. Wenn die Antwort ist "viele der Variablen, die Arbeitsaufnahme beeinflussen, können wir nicht bestimmen" dann ist das eine wichtige Erkenntnis, weil es uns sagt dass wir nicht so tun sollten, als ginge das so einfach. Ich gebe dir mal ein anderes Beispiel aus dem echten Leben: Wenn demografische Vergleichsstudien zeigen, dass wir nicht wirklich beeinflussen können, wie hoch die Geburtenrate in der westlichen Welt ist, dann ist das ein Wert an sich, weil wir dann wissen worauf wir uns einstellen müssen und nicht versuchen, das über die wenigen Variablen zu lösen, die wir kontrollieren können, weil wir eben wissen dass deren Einfluss gering ist.
(4) Berlin ist eine große Stadt und die Zahl der "service jobs", die man mit Englisch machen kann, ist im Vergleich zur Einwohnerzahl jetzt sicher nicht so viel höher als in anderen Städten, dass du in so einer Statistik einen Unterschied sehen würdest, zumal in Berlin ja auch deutlich mehr Menschen anderer Nationalitäten leben, die Englisch können, aber kein Deutsch. Berlin besteht nicht nur aus ein paar Ecken in Kreuzkölln und Prenzlberg.
*fairerweise muss ich sagen, dass das Spekulation ist und ich eigentlich keine Ahnung habe, was genau man als anerkannter Flüchtling dort bekommt
Klingt ungefähr ähnlich funktionabel wie der status quo
Nur dass der status quo deshalb dysfunktional ist, weil Deutschland daran scheitert, dass andere Länder nicht mithelfen, was wir zu großen Teilen nicht beeinflussen können. Hier liegt es daran, dass die Abläufe in Deutschland nicht funktionieren und das können wir (zumindest zu großen Teilen) kontrollieren.