Gustavo
Doppelspitze 2019
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Ea ist ja auch eine Henne Ei Problematik: integrieren sich manche Gruppen schlechter, weil die Gesellschaft sie ablehnt oder lehnt sie sie ab, weil sie sich schlechter integrieren. Für mich ist die Antwort eindeutig, weil die Existenz ebenso fremder Migrantengruppen, die auch äußerlich eindeutig „undeutsch“ aussehen aber viel erfolgreicher sind als selbst Einheimische beweist, dass es im Gro keine generelle Abwehr gegen Fremde in Deutschland gibt. Die Gruppen, die Ablehnung erfahren, haben dies Hauptsächlich den schwarzen Schafen ihrer Gruppe zu verdanken. Kein Mensch hätte Probleme mit Menschen aus dem Maghreb, wenn sie so unauffällig und gesellschaftskonform wären wie Ostasiaten und so forderungslos leben würden. Oder hat schon mal wer von Forderung nach Buddhistischen Tempeln in der Stadt gehört oder nach taoistischem Religionsunterricht? Nö.
Aber es besteht halt null Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Peer Group, weil es einfach ist in der Opferrolle rumzuheulen.
Gegenmeinung: Du machst es dir mit der Einstellung aber auch zu einfach. In der klassischen Schematik bei den Ökonomen geht man von taste-based discrimination und statistical discrimination aus. taste-based ist, was wir klassischerweise unter "Diskriminierung" verstehen, wenn wir an den Absender der Nachricht denken: Jemand mag keine Türken, deshalb behandelt er Türken auf irgendeine Art anders (schlechter). Da sind wir uns, wie du sagst, als Gesellschaft heutet mehr oder weniger einig dass das scheiße ist. Ich würde lediglich einwerfen, dass es als Mehrheitsgesellschaft leicht ist zu vergessen, dass das noch nicht unbedingt lange der Fall ist. Selbst ich kann mich mit 36 noch an eine Zeit erinnern, als es politisch noch absolut Mainstream war, diese Art von Rassismus nicht auszugrenzen sondern zumindest stillschweigend zu tolerieren, wenn nicht gar aktiv zu hofieren. Und generell hast du im Erwachsenenalter nicht mehr wahnsinnig viel Bewegung, was politische Einstellungen angeht, d.h. viele Leute die in "einer anderen Zeit" sozialisiert wurden legen diese Sozialisierung auch nicht mehr unbedingt ab, nur weil sich gesellschaftliche Mehrheiten drehen. Da hast du dann direkt zwei Verzerrungen: Erstens sind die Leute, die hier reden (oder generell: die eine Plattform bekommen) und Diskriminierungserfahrungen gemacht haben fast alle in einer Zeit aufgewachsen, als das noch nicht unbedingt so Konsens war und zweitens stirbt diese Art von Rassismus halt auch nicht durch gesellschaftlichen Wandel aus, sondern von Begräbnis zu Begräbnis von Leuten, die damit sozialisiert wurden. Das sind heute sicher deutlich weniger als vor 30 Jahren, aber es gibt solche Leute durchaus immer noch, nur halt seltener.
statistical discrimination hat man, wenn jemand keine Informationen über ein Individuum selbst hat und dann Gruppenmittelwerte heranzieht, um sich ein Urteil zu machen. Das ist für Betroffene auch nicht schön und da bin ich dann auch ein bisschen bei elaida: Man sollte sich als Gesellschaft möglichst viel Mühe machen, sowas partout zu vermeiden, wenn es irgendwie möglich ist. Das als "nachvollziehbar" zu bezeichnen finde ich schlicht in einer liberalen Demokratie für unakzeptabel, außer man hat wirklich gar keine andere Wahl (etwa wenn man unter enormen Zeitdruck Entscheidungen treffen muss), im Zweifelsfall sollte sich die Gesellschaft durchaus die Mühe machen diese Informationen zu sammeln. Dazu leistet es durchaus auch der klassischen Form von taste-based discrimination teilweise Vorschub, wenn Leute sich gar nicht erst die Mühe machen ernsthaft über die Gruppenmittelwerte nachzudenken. Kriminalität ist so ein klassisches Beispiel: Einerseits kann man, wenn man ehrlich ist, durchaus zugeben, dass selbst nach allen Korrekturen (Alter, Geschlecht etc.) die Kriminalitätsrate unter Flüchtlingen höher ist als unter Deutschen. Andererseits ist es halt auch blödsinnig, aus einer Kriminalitätsrate im Promillebereich bei Deutschen und im niedrigen Prozentbereich bei Flüchtlingen zu machen, dass Flüchtlinge tendenziell "krimineller" sind als Deutsche. "Tendenziell" ist der Wert in beiden Gruppen für die allermeisten Gruppen 0, aber das ist halt seltenst, was Leute dann mitnehmen.
€dit: Ich bin btw auch sehr erstaunt, wie du hier direkt an die Verfassungsordnung gehen willst, wenn das im Zweifelsfall hilft ein paar Flüchtlinge mehr abzuschieben. Wenn du so weit gehen willst, liegt imho die Frage nahe, warum du so felsenfest der Überzeugung bist, dass problematische Deutsche wirklich "unser Problem" sind. Ich wette wenn sich der deutsche Staat anstrengt findet er auch für diese Leute Drittstaaten, die sie uns von der Hand nehmen würden. Dass du das nicht mal in Erwägung ziehst, aber andererseits die Kanonenboote in Marokko einlaufen lassen willst, um ein paar Antänzer oder ähnliche Querulanten abschieben zu können, sagt für mich halt irgendwie doch, dass das nicht alleine was mit nackten Zahlen zu tun hat, sondern auch mit Gefühlen und der Enttäuschung, dass Flüchtlinge nicht bereitwillig die Überlegenheit unserer Kultur akzeptieren.