ich bin zwar im iran geboren, aber habe praktisch mein ganzes leben hier verbracht. bin hier aufgewachsen, zur schule gegangen, hab hier mein abi gemacht und bin nun student. ich spreche akzentfreies deutsch und bin nie negativ aufgefallen. fühle ich mich als deutscher? fehlanzeige.
ich bin schon seit einigen jahren dazu übergegangen, auf die herkunftsfrage mit einem klaren 'ich bin iraner, der in deutschland aufgewachsen ist' zu antworten. warum? weil ich von den allerwenigsten überhaupt auch nur im ansatz als deutscher akzeptiert werde (achtung : das ist meine persönliche erfahrung! ich kenne und respektiere auch andere auffassungen hiervon). dabei habe ich blaue augen und helles haar. ich will gar nicht wissen, wie das mit den klassischen dunklen haaren sein muss.
es ist momentan einfach so (und das wird sicherlich noch einige generationen andauern), dass eine fatima oder ein mustafa oder was auch immer niemals deutscher im eigentlichen sinne sein kann. er oder sie kann noch so gut integriert sein, im alltag sind die reaktionen andere. ich rede hier nicht mal von richtigen diskriminierungen oder rassismus, sondern von alltäglichen banalitäten. man gehört einfach nie vollständig dazu. wenn ihr ehrlich in euch geht, werdet ihr zugeben müssen, dass so ein 'südlandisch' aussehender typ für euch immer in ein anderes raster fällt als ein deutscher (wie positiv oder negativ das ausfällt ist bei jedem verschieden). ja selbst ich als 'deutscher mit migrationshintergund' kann mich davon nicht loslösen.
was ich eigentlich sagen will ist folgendes : es ist momentan reine utopie, von 'ausländern' zu erwarten, dass sie sich selbst als deutsche bezeichnen. da können noch so viele forderungskataloge erstellt und integrationsdebatten geführt werden. ich persönlich kenne KEINEN (in zahlen : 0) deutsche mit migrationshintergrund, die sich als reine deutsche bezeichnen würden. die meisten bezeichnen sich als mischlinge und einige bestreiten sogar, irgendwas 'deutsches' an sich zu haben, was in meinen augen blödsinn ist. wer hier aufgewachsen ist, nimmt automatisch auch einen grossen teil der werte/kultur/gesellschaftsnormen/was auch immer auf. dagegen kann man sich gar nicht wehren, jeder mensch ist bloss das produkt seines sozialen umfeldes. aber worauf ich hinaus wollte ist einfach, dass es in deutschland ein wirklich riesengrosses problem gibt, was diese sache angeht. manchmal habe ich das gefühl, viele deutsche können das gar nicht nachvollziehen oder wollen das nicht glauben, aber die allerwenigsten ausländer haben wirklich das gefühl, hier gewollt zu sein als ein teil der gesellschaft. selbst ich habe in den letzten jahren eher das gefühl gewonnen, 'geduldet' zu werden, weil ich mich so vom klischee des 'bösen türken' abhebe bzw weil ich vermutlich in zukunft irgendwann mal verhältnismässig hohe steuern abdrücken werde. dies hat bei mir irgendwo auch zu ein bisschen resignation geführt. ich weiss ehrlich gesagt gar nicht mehr so richtig, auf wessen seite ich stehen soll. mich kotzen diese ungebildeten bauern genauso an wie euch (ich beobachte die ausbreitung des proletentums übrigens auch immer mehr bei deutschen jugendlichen in den letzten jahren).
aber dieser spiegelartikel war auf jeden fall mal wieder der auslöser, warum ich den ganzen mist hier jetzt geschrieben habe. ich glaube die erwartungen an die ausländer sind einfach viel zu unrealistisch. man kanns eigentlich relativ simpel beschreiben : viele ausländer wollen sich gar nicht deutsch fühlen und distanzieren sich von dieser gesellschaft und viele deutsche sind immer noch nicht bereit, hier integrierte menschen auch als deutsche anzuerkennen.