Deutschland: Wahlen 2021

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Besitzen denn heute weniger Bürger Wohneigentum in Hamburg als vor 40 Jahren (weil z.B. mehr irgendwelchen Gesellschaften oder so gehört)? Erst dann wäre es ja im Schnitt eventuell eine Verschlechterung zu früher.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Liegt nicht das Problem (das vielleicht auch damit verbunden ist) nicht darin, dass seit 45 Vermögen eben auch ungebremst vererbt wurde und dadurch gerade das klassische Vermögensaufbauprojekt, nämlich Wohneigentum, immer unerschwinglicher für "Normalverdiener" wurde? Dadurch profitieren diese dann auch nicht mehr an der Wertsteigerung von Wohneigentum und vererben auch nichts und die Spirale dreht sich weiter.


Das ist in gewisser Weise ein Problem, allerdings sollte man nicht unterschätzen dass das früher auch absolut üblich war. Der Punkt ist nämlich:


Kommt drauf an, worauf man abstellt. Aus der Perspektive des einfachen Bürgers ist das doch aber nicht verkehrt. 1982 konnte ein ordentlich verdienender Angestellter auch in Hamburg noch von seinem Gehalt die komplette Familie ernähren und Wohneigentum abbezahlen. Nichts davon geht heute noch. Insofern, doch schon, das war irgendwie besser.

1. Die meisten Leute wohnen aber nun mal nicht in Hamburg (oder einer der anderen Schwarmstädte). Du musst dir schon den Bevölkerungsdurchschnitt anschauen und für den sind Wohnimmobilien tatsächlich allerhöchstens minimal teurer geworden, dementsprechend ist aber auch das vererbbare Vermögen nicht wirklich gewachsen.
2. Du überschätzt drastisch, wie einfach es war, sich früher eine Wohnung in einer Schwarmstadt zu leisten. In Hamburg war die Wohneigentumsquote im Jahr 1982 bei ganzen 17,1% (im Vergleich zu 15,3% im Jahr 1961, 15,6% im Jahr 1972, 19,2% im Jahr 1993, 22,3% im Jahr 2003 und 21% im Jahr 2013). Insofern würde ich jetzt behaupten, du liegst nicht falsch damit dass das heute nicht geht, aber es ging damals wohl auch nicht.



Nur sind eben die meisten dieser Dinge im Vergleich zum Wohneigentum weniger bedeutend bis bedeutungslos. Ich meine, toll, wir können uns alle 2 Jahre neue Unterhaltungshardware kaufen. Super. Ich hätte irgendwie lieber ein Haus. Nur kann man das eine nicht von dem anderen "umschichten". Also selbst wenn ich auf die ganzen tollen "erschwinglichen" Konsumgüter verzichte, hab ich immer noch nicht genug Geld für Wohneigentum.


Na ja, so trivial ist das nun auch nicht. Vom Auto über die Urlaubsreise bis hin zu den Möbeln sind die Preise für so ziemlich alle größeren Anschaffungen in der Zeit langsamer gestiegen als die Inflation (bei steigender Qualität). Selbst die Qualität der Bausubstanz und Größe durchschnittlicher Wohnungen ist in derselben Zeit deutlich gestiegen. Ich will jetzt nicht sagen dass es nicht ein Problem ist, dass seit ungefähr 15 Jahren in bestimmten Städten die Miet- und Kaufpreise durch die Decke gehen, aber um damit zu begründen warum es "der Jugend" heute schlechter geht als vor 40 Jahren taugt das nun auch noch nicht. Zumal du ja auch etwas für deine Miete bekommst: Vielleicht würdest du nicht 100% der Preisdifferenz dafür ausgeben wollen, aber Hamburg heute ist garantiert auch deutlich lebenswerter als Hamburg 1982.
 

parats'

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Kommt drauf an, worauf man abstellt. Aus der Perspektive des einfachen Bürgers ist das doch aber nicht verkehrt. 1982 konnte ein ordentlich verdienender Angestellter auch in Hamburg noch von seinem Gehalt die komplette Familie ernähren und Wohneigentum abbezahlen. Nichts davon geht heute noch. Insofern, doch schon, das war irgendwie besser.

Du kannst das auch heute noch in geringen Teilen, allerdings in einer anderen Peripherie, die es so damals in den 80ern halt in anderen Stadtteilen gab.
Der Osten Hamburgs ist halt zur Stadtgrenze hin immer etwas teurer geworden. Geblieben sind eben Stadtteile südlich der Elbe oder Vier- und Marschlande.
 
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Ich hasse es wie Gustavo recht hat und mir die Grundlage für mein Jammern entzieht.
Denn ich sehe das eher wie Heat und denke es läuft was falsch, wenn wir auch als double income über dem Median-People unfassbar weit davon entfernt sind eine 120qm+ Wohnung in Berlin-Friedenau kaufen zu können :mond:.

Aber wie Gustavo wohl recht hat assume ich damit, dass es früher anders war und das scheint, zumindest nach Wendezeiten, nicht der Fall zu sein.
 
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Die Urbanisierung ist auch ein krasser Faktor. Auf dem Land kann man sich sehr wohl mit nem normalen Einkommen ein Eigenheim leisten, allerdings gibt es da gerade für Akademiker zu wenig Jobs. Und die Akademikerquote ist immens gestiegen. Damit hängt natürlich auch zusammen, dass sich die Arbeitswelt generell extrem verändert hat in den letzten 40 Jahren. Der Dienstleistungssektor ist explodiert. Die Städte platzen, das Land verödet. Sehe das bei meinem eigenen Heimatkaff. Aus meinem Abi-Jahrgang (ca. 60 Leute) leben ca. fünf (!) noch/wieder in der Heimat. Das wäre vor 40 Jahren sicher nicht so gewesen.

Vermögen aufbauen ist für mich z.B. trotz eines wirklich anständigen Gehalts praktisch nicht drin. Ich lege was zur Seite, lege auch ein bisschen was an, aber der Gedanke, sich hier in München was Eigenes zu kaufen... lol. Selbst, wenn ich ultraknauserig lebe und maximal spare, müsste ich bis zu meinem Lebensende abbezahlen. Gleichzeitig möchte ich aktuell nicht mehr aufs Land. Im Alter gerne wieder, aber aktuell ist es hier einfach beruflich und privat besser.

Der Lebensstandard allgemein ist schon klar gestiegen. So etwas passiert aber eher schleichend, sodass es die Leute gar nicht wirklich merken. Man gewöhnt sich einfach dran.
 
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Denn ich sehe das eher wie Heat und denke es läuft was falsch, wenn wir auch als double income über dem Median-People unfassbar weit davon entfernt sind eine 120qm+ Wohnung in Berlin-Friedenau kaufen zu können
sry, weißt du wie normal double income leicht über dem Median ist?
weißt du wie wenig 120qm Wohnungen es in Friedenau gibt?
Angebot und Nachfrage eben. Was läuft denn da deiner Meinung nach falsch?

Dieses gejammer der Mittelschicht dass sie sich nichts in Grunewald leisten kann triggered mich hart. Zieh halt aufs Land wo du her kommst :P

100k verdienen (nicht zu zweit lel) oder halt erben is the way to go.
 
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Das Schaf

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Nur sind eben die meisten dieser Dinge im Vergleich zum Wohneigentum weniger bedeutend bis bedeutungslos. Ich meine, toll, wir können uns alle 2 Jahre neue Unterhaltungshardware kaufen. Super. Ich hätte irgendwie lieber ein Haus. Nur kann man das eine nicht von dem anderen "umschichten". Also selbst wenn ich auf die ganzen tollen "erschwinglichen" Konsumgüter verzichte, hab ich immer noch nicht genug Geld für Wohneigentum.
Hast du schon.
Nur halt nicht in HH.

Du verdienst glaub besser als ich/ meine Frau macht Teilzeit.
Und wir suchen im Einzugsbereich von München.
Trotzdem gibt es einiges was finanzierbar ist.
 

Gustavo

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Die Urbanisierung ist auch ein krasser Faktor. Auf dem Land kann man sich sehr wohl mit nem normalen Einkommen ein Eigenheim leisten, allerdings gibt es da gerade für Akademiker zu wenig Jobs. Und die Akademikerquote ist immens gestiegen. Damit hängt natürlich auch zusammen, dass sich die Arbeitswelt generell extrem verändert hat in den letzten 40 Jahren. Der Dienstleistungssektor ist explodiert. Die Städte platzen, das Land verödet. Sehe das bei meinem eigenen Heimatkaff. Aus meinem Abi-Jahrgang (ca. 60 Leute) leben ca. fünf (!) noch/wieder in der Heimat. Das wäre vor 40 Jahren sicher nicht so gewesen.

Ist bei mir ähnlich. Hatte 69 Leute in meinem Abi-Jahrgang vor 17 Jahren, davon lebt fast niemand mehr in der 40k-Einwohner-Stadt. Genauso in der Familie: Als vor ca. zehn paar Jahren meine beiden Großmütter innerhalb von kurzer Zeit nicht mehr alleine zuhause leben konnten, haben meine Eltern nur mit Mühe und Not die Häuser (in Gemeinden mit 7000 und 3500 Einwohner ca.) überhaupt verkauft bekommen. Für solche Orte gibt es so gut wie keine Nachfrage mehr, wenn sie nicht gerade im Speckgürtel einer großen Stadt liegen. Ich würde da auch nicht wohnen wollen, selbst wenn ich dort arbeiten könnte. Das erscheint mir auf Dauer ein ziemliches Problem zu werden, weil es doch relativ teuer ist, staatliche Versorgung auf dem Niveau zu gewährleisten, das die Leute in Westdeutschland gewohnt waren, selbst wenn ihre Orte mehr oder weniger aussterben. Klar kann man sich das leisten, aber es wird zu Unzufriedenheit führen, weil die Leute die dort geblieben sind selten weg können oder wollen.
 
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Bei dem ganzen Homeoffice Boom kann man eigentlich gut aufs Land ziehen, einmal im Monat real life JF und das wars...

Und das seit 45 wird nur noch vererbt wird und der kleine Mann leer aus geht, ist auch Unsinn, gerade auf dem Land hat doch fast jede Familie ein eigenes Haus.
Was erwartet ihr in Berlin, München und HH.
Heult ihr auch wenn ihr nach San Francisco zieht und euch dann dort nichts leisten könnt, weil das durchschnittliche Gehalt weit über 100k beträgt?
Lasst es halt oder verdient eben das dort übliche Durchschnittsgehalt.
 
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Bei dem ganzen Homeoffice Boom kann man eigentlich gut aufs Land ziehen, einmal im Monat real life JF und das wars...

Und das seit 45 wird nur noch vererbt wird und der kleine Mann leer aus geht, ist auch Unsinn, gerade auf dem Land hat doch fast jede Familie ein eigenes Haus.
Was erwartet ihr in Berlin, München und HH.
Heult ihr auch wenn ihr nach San Francisco zieht und euch dann dort nichts leisten könnt, weil das durchschnittliche Gehalt weit über 100k beträgt?
Lasst es halt oder verdient eben das dort übliche Durchschnittsgehalt.
Lies mal meinen Post richtig. Auf dem Land ist Eigenheim natürlich für die meisten Leute drin. Aber was willste als Akademiker am Arsch der Welt? Sehe das z.B. bei den Kindern meiner Brüder. 4 von 6 sind Akademiker (Ärztin, Kulturwissenschaftlerin, Physiker, Ingenieur). Die leben alle in größeren Städten, eine arbeitet sogar in fucking London. Der Haken ist einfach, dass man sich für ne Karriere entscheidet und dann eben mit den Folgen Handel betreiben muss. Wenn ich ich ne Top-Ausbildung habe, werde ich fast immer in nen Ballungsraum ziehen müssen, um Karriere zu machen. Ist ja auch nicht das Ende der Welt, man weiß ja, worauf man sich einlässt. Meine Brüder haben alle ein Eigenheim in der Heimat und "normale" Jobs. Es geht locker.
 
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was erwartest du? privilegierte gut bezahlte Jobs und billigen Wohnraum gleichzeitig? Wie soll das gehen?
Gute Jobs ziehen Menschen an, gut bezahlte Jobs machen den Wohnraum teuer.

Die Menschen die da drunter leiden seid doch nicht ihr die vom Land wegen den Jobs in die Städte ziehen.
Sondern wenn die Menschen die aus ihren Städten in denen sie geboren sind vertrieben werden.
 
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Ich erwarte gar nix mehr, aus dem Alter bin ich raus. Das ist ein ziemlich fundamentales Problem, ich glaube, dass die extreme Urbanisierung riskant ist. Aber natürlich bin ich selber Teil des Problems. Kann mir hier ja auch ne Wohnung leisten, nur ist die eben halb so groß wie eine gleich teure Bude aufm Land. Dafür hab ich die Stadt und die ist 100x geiler als irgendein verschissenes Provinznest, in dem es nur Kirche und Blasmusik gibt.

Es ist aber wirklich ein Problem, wenn ganze Viertel weggentrifiziert werden. Eine Lösung dafür hab ich nicht. Bauen, bauen, bauen? Vielleicht. Aber neue Ghettos braucht man auch nicht. Evtl. wird der Trend wirklich wieder mehr in Richtung Land gehen, wenn Home Office sich durchsetzt - und davon gehe ich langfristig aus. Aber ganz so simpel ist es halt nicht, es hängt ja z.B. auch schlicht davon ab, wo sich Firmen ansiedeln und welche Arten von Jobs es gibt.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
Die meisten Sachen sind aber relativ deutlich billiger geworden und wir können uns DEUTLICH mehr davon leisten als unsere Eltern, wenn wir nicht DEUTLICH niedriger in der Einkommensverteilung stehen.

Ja eben nicht mehr. Ich verdiene deutlich mehr als 100k und kann mir trotzdem nichts in der Stadt leisten. Klar kann ich aufs Land ziehen oder in Randbezirke wie alle anderen Kollegen. Aber warum konnten sich die älteren Kollegen in den 80ern offensichtlich noch Stadthäuser leisten und wir müssen in Neubauwohnungen in der Peripherie leben? Und wie wird das in den nächsten Generationen? Man sieht doch in San Fran und co. wo diese Entwicklung hinsteuert: völlig verwaiste Städte mit Reichenghettos, dazwischen Mad Max wo sich Junkies um McDonaldspommes prügeln. kA was daran erstrebenswert sein soll.

Du verdienst glaub besser als ich/ meine Frau macht Teilzeit.
Und wir suchen im Einzugsbereich von München.
Trotzdem gibt es einiges was finanzierbar ist.

Klar geht das. Ich kann auch was in den Randbezirken kaufen, so ist das nicht. Das ist aber nicht mein Punkt. Wenn ich mir schon nichts in der Stadt leisten kann, wie geht es dann den anderen 99% der Arbeitnehmer? Wollen wir wirklich Städte, in denen ausschließlich Millionäre leben und warum?

Heult ihr auch wenn ihr nach San Francisco zieht und euch dann dort nichts leisten könnt, weil das durchschnittliche Gehalt weit über 100k beträgt?
Lasst es halt oder verdient eben das dort übliche Durchschnittsgehalt.

Wie gesagt, San Fran ist das Paradebeispiel für eine extrem negative Entwicklung, die eigentlich keiner wollen sollte. Ich weiß nicht, ob du da schon mal warst in den letzten 5 Jahren, aber die Stadt wirkt stellenweise wie ein postapokalyptischer Alptraum.
 
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Im Moment gibt es halt die Babyboomer aus den 60ern die immer noch in Ihren Wohnungen leben und gleichzeitig unsere Generation die ebenfalls auf den Hausmarkt strömt.
Das ganze wird sich in 20-30 Jahren ganz anders darstellen.
Bis dahin glaube ich, dass Homeoffice und irgendwann selbstfahrende Autos den weiteren Bereich um die großen Städte nochmal deutlich aufwerten werden, also nicht den Speckgürtel sondern nochmal 20-40km hinter dem Speckgürtel.
 
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Es ist aber wirklich ein Problem, wenn ganze Viertel weggentrifiziert werden. Eine Lösung dafür hab ich nicht. Bauen, bauen, bauen? Vielleicht. Aber neue Ghettos braucht man auch nicht. Evtl. wird der Trend wirklich wieder mehr in Richtung Land gehen, wenn Home Office sich durchsetzt - und davon gehe ich langfristig aus. Aber ganz so simpel ist es halt nicht, es hängt ja z.B. auch schlicht davon ab, wo sich Firmen ansiedeln und welche Arten von Jobs es gibt.
Hier mal ne Seite zu ner Doku - ich habe etliche Jahr ein Köln gewohnt und Köln platzt jetzt schon aus alle Nähten. Da entstehen halt solche Siedlungen mit viele neuzugezogenen. Nach Zeitungsartikel etwas verkürzt dargestellt, aber da kann man sich selbst ne Meinung bilden.

Edith:
Zum Thema Homeoffice mal ein Link zu einer Marko-Sendung:

Es wird von der Wissenschaftlerin der Max-Planck-Gesellschaft gesagt, dass es wohl 60-40 werden wird anstatt 100-0 für Homeoffice. Somit ist die Hoffnung auf Homeoffice-Boom nur bedingt für die Wohnungslage in Städten entscheidend.
Ich würde auch zu der Fraktion Arbeit vor Ort anstatt zu Hause gehören. Auf alle Fälle mal ein paar Tage und nicht die ganze Woche. Nur ist das für meinen Job uninteressant, da ich immer in der Schule sein muss/darf.
 

Benrath

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Ja eben nicht mehr. Ich verdiene deutlich mehr als 100k und kann mir trotzdem nichts in der Stadt leisten. Klar kann ich aufs Land ziehen oder in Randbezirke wie alle anderen Kollegen. Aber warum konnten sich die älteren Kollegen in den 80ern offensichtlich noch Stadthäuser leisten und wir müssen in Neubauwohnungen in der Peripherie leben? Und wie wird das in den nächsten Generationen? Man sieht doch in San Fran und co. wo diese Entwicklung hinsteuert: völlig verwaiste Städte mit Reichenghettos, dazwischen Mad Max wo sich Junkies um McDonaldspommes prügeln. kA was daran erstrebenswert sein soll.

mit deutlich mehr als 100k kannst du dir doch Problemlos 1 Mio leihen und damit ginge schon was, vor allem wenn deine Partnerin auch noch was verdient. Überall außer in HH kannst du damit was anfangen :) Und ok sonst ist halt HH jetzt das absolute Extrembeispiel.

Imho überschätzt du glaub ich die Beispiele und den Wert der "Stadthäuser" der Kollegen oder deren Gehalt war damals relativ gesehen einfach auch höher. Vielleicht haben die damals in den 80ern schon nicht nur mit Eigenkapital gebaut / gekauft.
 
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Ich bin bei dem Thema ja zwiegespalten. Dass die Boomer-Generation sich gehörig an den direkt nachfolgenden bereichert, lässt sich imo kaum in Abrede stellen. Das spielt zweifellos auch beim Thema Wohnraum ne Rolle.

Grundsätzlich halte ich Wohnraum für ein so knappes und essentielles Gut, dass es politisch weitgehend disponibel sein sollte. Andererseits ist es eins der Themen, wo selbst ich mit meinem technokratischen Optimierungsfetisch spontan nicht wüsste, nach welchem Prinzip man den Wohnraum in gefragten Ballungszentren gerecht verteilen soll, selbst wenn man freie Hand hätte.
Darum kann man gegen die unliebsame Entwicklung in einigen Großstädten imo nur mit einem Bündel aus Einzelmaßnahmen vorgehen und selbst die werden den Prozess hier und da nur verlangsamen - dazu gehört für mich auch Mietpreisregulierung, aber auch Erleichterungen für den Neubau und staatliche Investitionen.
Zum Teil handelt es sich imo auch um ein Übergangsproblem. Irgendwann sind die Babyboomer halt auch weg und dann sieht es allein demographisch wieder ganz anders aus. Pünktlich zum Ruhestand sind unsere Stuckaltbauten dann wieder zum Vorzugspreis beziehbar. :troll:



Btw, zum eigentlichen Thema:
Unterstreicht imo die Hilflosigkeit der CDU.
 
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ich bin mir noch nicht zu 100% sicher, aber das wird vermutlich die erste wahl in meinem leben sein, bei der ich mich für eine außenseiterpartei entscheide. die humanisten könnte ich mir vorstellen.

müsste ich mich zwischen einer von laschet angeführten schwarz-grünen koalition und einer von baerbock angeführten grün-schwarzen koalition entscheiden, so würde meine wahl definitiv auf letztere fallen. die cdu hat einfach fertig und müsste eigentlich mal auf richtige distanz zum regieren gehen, aber abseits von schwarz-grün bzw. grün-schwarz sehe ich im moment nichts ernstzunehmendes.
gleichzeitig gehe ich davon aus, dass bei dieser koalition zwei partner auf augenhöhe miteinander regieren und es daher keinen spielentscheidenden unterschied macht, wer am ende tatsächlich kanzler oder kanzlerin wird. bin ich zu desillusioniert? lasse mich gerne vom gegenteil überzeugen.

was ich bei den grünen überhaupt nicht ausstehen kann, ist die bewusste betonung auf sogenannte werte- oder moralgeleitete politik, die sich augenscheinlich darin ausdrückt, immer neue sanktionen und boykotte anzustoßen oder oberlehrerhafte finger in irgendeiner form aufs papier zu bringen. ich kann es einfach nicht mehr hören und sehen.

idpol, gender usw. spielen für mich keine rolle, zumindest nicht in ausreichendem maße, um meine wahl zu beeinflussen. zumal ich auch gar nicht davon ausgehe, dass die grünen sich hier außerordentlich hervortun würden. sie laufen da dem zeitgeist hinterher wie alle anderen auch.
 

parats'

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Ja eben nicht mehr. Ich verdiene deutlich mehr als 100k und kann mir trotzdem nichts in der Stadt leisten.
Meine Frau und ich kommen auf gute 130k mit zwei Kindern und könnten auch relativ zentral was kaufen. Ich glaub in den Preisregionen ist es eher das wollen, zumindest ist es bei uns so. Ich zahle keine 1m zzgl NK und Zinsen für Wohneigentum.
 

Gustavo

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Ja eben nicht mehr. Ich verdiene deutlich mehr als 100k und kann mir trotzdem nichts in der Stadt leisten. Klar kann ich aufs Land ziehen oder in Randbezirke wie alle anderen Kollegen. Aber warum konnten sich die älteren Kollegen in den 80ern offensichtlich noch Stadthäuser leisten und wir müssen in Neubauwohnungen in der Peripherie leben? Und wie wird das in den nächsten Generationen? Man sieht doch in San Fran und co. wo diese Entwicklung hinsteuert: völlig verwaiste Städte mit Reichenghettos, dazwischen Mad Max wo sich Junkies um McDonaldspommes prügeln. kA was daran erstrebenswert sein soll.

Na ja, ich sage ja nicht dass ich das gut finde. Aber es ist nun auch nicht verallgemeinerbar in einer Weise, dass ich sagen würde es macht für allzu viele Leute in Deutschland einen Unterschied bzgl. der Möglichkeit, Wohneigentum zu erwerben. Wie oben gezeigt: Die Wohneigentumsquoten in Städten wie Hamburg waren immer niedrig und trotzdem stellt sich ein ordentliches Stadtgefühl ein. Dass in einer Stadt wie Hamburg die meisten Menschen zur Miete wohnen ist normal. Dass es jetzt auch gut bezahlte Anwälte tun, welche sich sowieso fast nur in einem Land wie Deutschland ein Haus in bester Wohnlage hatten leisten können, ist eher ein marginaler Unterschied.

Weil ich mich aus persönlichen Gründen mit SF gut auskenne: Das Problem in SF ist nicht das, was Leute wie dich davon abhält, Wohneigentum in einer Stadt zu erwerben. SF ist einfach viel zu dünn bebaut, aber die Häuser gehören jetzt auch selten irgendwelchen LLCs in den Bahamas. Das relevantere Problem sehe ich in Städten wie Vancouver oder London, wo so viel (größtenteils) nicht stadtansässiges Geld reinfließt, dass selbst Leute wie du, die sehr gut verdienen aber halt immer noch "nur" ein Gehalt beziehen, sich Häuser in bester Lage nicht mehr leisten können.
 
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Warum macht man eigentlich nicht dagegen etwas?
Gibt es nicht eine ganze Reihe von Ländern, wo z.B. der Erwerb von Grundstücken an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist?
 
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Es werden doch immer wieder (vielleicht unbeholfene) Massnahmen getroffen:
- KFW Förderung für Wohneigentum
- Baukindergeld
- Mietdeckel
Vereinzelt nutzen Kommunen auch ihr Vorkaufsrecht bei Grundstücken, aber die Fehler der letzten Jahrzehnte kann man halt auch nicht so schnell ausbügeln
 

Benrath

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KFW bringt doch auch eher institutionellen Bauherren, die Sachen mit vielen Wohneinheiten bauen.

Baukindergeld ist je nachdem ein Tropfen auf den heißen stein.

Beide Maßnahmen sind halt eher Mitnahmegeschichten als das jemand nur Dank dieser Maßnahme bauen würde.
 

Gustavo

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Warum macht man eigentlich nicht dagegen etwas?
Gibt es nicht eine ganze Reihe von Ländern, wo z.B. der Erwerb von Grundstücken an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist?

Endlos faszinierende Frage imho. Die kurze Antwort ist wohl: "Weil die Wähler es nicht wollen." Die etwas längere Antwort wäre in etwa sowas: Tatsache ist, dass Deutschland lange ein kompletter Outlier im internationalen Immobilienmarkt war. In fast allen anderen Industrieländern sind die Hauspreise nach dem Krieg bis in die 1990er langsam, aber konstant gestiegen, in Deutschland waren sie lange Zeit konstant und sind sogar leicht gefallen. In den anderen Ländern sind die Preise seitdem historisch ohne Präzedenz gestiegen und das betrifft sowohl Land als auch Stadt gleichermaßen. Das hier ist ein Durchschnitt aus 14 Ländern aus diesem Artikel:

Screen Shot 2021-05-05 at 3.52.13 PM.png

Weil in den meisten Ländern die Hausbesitzerquote um die 50% liegt und diese Leute auch deutlich überdurchschnittlich häufig wählen, dürfte es für die Politik kaum attraktiv sein, irgendwelche Kapitalkontrollen einführen, zumal das ja auch dem lange Zeit herrschenden Zeitgeist widersprochen hat. Und heute wissen die meisten Staaten nicht mal mehr zwingend so richtig, wem Immobilien eigentlich gehören, weil dahinter häufig rechtliche Konstrukte stehen, die sich nur schwer auflösen lassen. In Deutschland haben wir jetzt eher im internationalen Vergleich eine aufholende Entwicklung, die sich besonders in Städten konzentriert. Woran das liegt hat meines Wissens noch niemand so richtig zeigen können, aber die Vermutung liegt nahe, dass es an Mangel an anderweitigen Investitionsmöglichkeiten liegt, alternde westliche Gesellschaften aber konstant auf der Suche nach gewinnbringenden Investitionen sind.
 
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Im Tagesspiegel gibt es das schöne Projekt "Wem gehört Berlin?" Daran muss ich immer denken, wenn CDU und FDP von den Vorzügen des freien Wohnungsmarkts schwärmen.
Imo ist es also politisches Thema durchaus interessant, gerade für Parteien wie SPD und Grüne. Ich verstehe leider, dass es nicht leicht anzupacken ist, da die Materie komplex ist und man nachhaltige Lösungen dem Wähler im Zweifel schwerer vermitteln kann als plumpe Mittel.
 

Gustavo

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Im Tagesspiegel gibt es das schöne Projekt "Wem gehört Berlin?" Daran muss ich immer denken, wenn CDU und FDP von den Vorzügen des freien Wohnungsmarkts schwärmen.
Imo ist es also politisches Thema durchaus interessant, gerade für Parteien wie SPD und Grüne. Ich verstehe leider, dass es nicht leicht anzupacken ist, da die Materie komplex ist und man nachhaltige Lösungen dem Wähler im Zweifel schwerer vermitteln kann als plumpe Mittel.

Habe die Serie auch gelesen. War faszinierend, zeigte aber auch deutlich die Grenzen dessen, was man effektiv machen kann. Das Haus, in dem ich gewohnt habe, bevor ich in die USA gezogen bin, wurde auch kurz vor meinem Umzug an "unbekannt" verkauft.

Bzgl. der politischen Dimension war ich auch überrascht, dass die SPD da nicht mehr insistiert hat. Aber letztendlich finde ich es gar nicht so schlimm, dass sich bspw. in einer Stadt wie Berlin wenige Leute Wohneigentum leisten können; das ist letztendlich einfach die Normalität einer Großstadt, wenn man nicht jwd wohnen will. Die wichtigere Frage für die Politik ist imho, wie viel Miete man bezahlt und da kann die Politik sehr viel mehr machen als bei den Hauspreisen selbst, wobei da letztendlich die Not künstlich klein gehalten bleibt, weil so viele Mieter in teilweise sehr alten Mietverträgen wohnen.

Um mal wieder auf das Ursprungsthema zurückzukommen: Wenn man wirklich will, dass Deutsche mehr Vermögen aufbauen, dann wäre bezahlbarer Wohnraum nicht schlecht, aber den kann man in Großstädten auch durch Mieten drücken bekommen. Viel wichtiger und viel günstiger zu haben sind vor allem zwei Themen:
- Wie schafft man es, dass Deutsche ihr Geld besser anlegen
- Wie schafft man es, dass Arbeitnehmer möglichst hohe Löhne erzielen
Ersteres ist ein rein technischer Fix, könnte aber ENORM helfen, einfach weil viel zu viele Leute ihr Geld auf dem Sparbuch rumliegen lassen oder in grauenhafte Finanzprodukte investieren, obwohl klar ist, dass bis auf wenige, wenige Ausnahmen das optimale Portfolio Aktien mit breiter Risikostreuung sind. Deutschlands Firmen sind übrigens auch miserabel darin, ihr Geld im Ausland zu investieren, aber das nur nebenbei. Da hätte die Politik längst mehr gegensteuern müssen; wenn man es nicht schafft Private zu bewegen dann halt über Abgaben an einen staatlich gemanagten Fond.
Zweiteres ist natürlich ein viel umfassenderes Problem, aber eine Idee wäre bspw. weiter am Mindestlohn zu drehen. Es ist imho absurd, dass wir (wie so gut wie alle anderen Länder) den Mindestlohn nicht ausreizen und im Gegenteil sogar noch so tun, als sollte der Mindestlohn durch die Tarifpartner vereinbart werden. Die Wahrheit ist, dass es super einfach wäre, quasi das Rawlssche Differenzprinzip auf den Mindestlohn anzuwenden: Wir optimieren den Mindestlohn dahingehend, dass wir die durchschnittliche Menge des Lohns maximieren, der an die (status quo) unterste Gruppe von Lohnbeziehern geht. Irgendwann ist ein Scheitelpunkt erreicht, wo zu viele Leute, die vorher Arbeit hatten, ihre Arbeit verlieren, als dass deren Lohneinbußen durch die Gewinne derjenigen ausgeglichen werden, die den dann höheren Mindestlohn verdienen. Diejenigen, die ihre Arbeit in so einem System verloren haben, kann man dann im Nachhinein entschädigen, bspw. durch geförderte Jobs oder großzügigeres Arbeitslosengeld. Empirisch ist nicht ganz klar, wo dieser Scheitelpunkt erreicht wäre, aber die Vermutung liegt nahe dass wir in Deutschland noch nicht dort angekommen sind. Das ließe sich dann durchaus auch regional unterschiedlich bestimmen, weil die Vermutung nahe liegt dass ob der niedrigeren Produktivität vieler kleinerer Betriebe im Osten dort der Mindestlohn weniger stark angehoben werden könnte. Manko ist natürlich, dass das sehr viel schwieriger zu erklären ist als sich hinzustellen und zu sagen "12 Euro die Stunde", wobei 12 Euro die Stunde durchaus drin sein könnte.
 
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Was mich ja schon ein bisschen aufregt, ist Hartz 4. Ja, es hat seinen Teil zum stabilen Wachstum beigetragen. Aber zu welchem Preis? Millionen von Leute hängen in Maßnahmen und Minijobs fest, manche natürlich weil sie keinen Bock auf "richtige" Arbeit haben, sehr viele aber unfreiwillig. Hinzu kommen dann noch die absurden Gängelungen und die immense Bürokratie. Es verrät ja viel, dass die Union sich so richtig in Hartz 4 verliebt hat. Ich halte es für grundfalsch, dass der Staat sich hier mit einem herzhaften "ololo" aus der Verantwortung gestohlen hat.

Nahbereichsempirie:
Einer meiner Brüder ist Abteilungsleiter in so nem Logistikzentrum für Autoteile. Die Drecksarbeit wird vornehmlich von Minijobbern gemacht. Im Schnitt schmeißen die meisten nach spätestens nem halben Jahr hin. Die Arbeit ist scheiße, die Bezahlung lächerlich. Pro Jahr haben sie im Betrieb eine auffällig hohe Quote an Schwäche- und Herzanfällen. Natürlich kommen immer wieder neue Minijobber nach. Alles super also für die Firma. Sowas passiert derzeit in vielen Branchen. Wenn wir hier in unserem akademischen Elfenbeinturm davon faseln, dass man mit >100k p.a. keine Wohnung kaufen kann, dann ist das von der Lebensrealität eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung unendlich weit weg.

Ca. 8 Millionen Leute arbeiten im Niedriglohnsektor. Das ist ein Fünftel aller Arbeitnehmer. Was wurde eigentlich aus den Gewerkschaften? Wo ist das Aufbegehren der Leute? Meiner Meinung nach wäre es DAS linke Thema. Die SPD druckst herum, die Grünen deuten maximal an. Bleibt tatsächlich die Linke, die als einzige Partei zumindest klar sagt, dass da was passieren muss. Lustigerweise sind auch Teile der FDP gegen Hartz 4, hier aber aus anderen Gründen. Letzten Endes ließe sich hier aber einfach sehr gut Wahlkampf machen. Was werden wir im Sommer diesbezüglich sehen? Ein paar halbgare "Mindestlohn erhöhen"-Versprechen und Tumbleweed.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Einfache Frage: denkst du denn die Leute wären ihne Hartz4 alle in tollen Vollzeitjobs? Die Wahrheit ist wohl, dass es für einen signifikanten Teil der Bevölkerung schlicht keine Arbeit gibt und dieser Anteil wird in Zukunft immer größer werden. Wir müssen uns überlegen, wie wir damit umgehen, aber zu denken, dass ohne H4 für die irgendwas besser wäre, ist mE illusorisch (ja doch ok für sie persönlich wäre es natürlich besser sie würden ohne irgend eine Maßnahme lebenslang Sozialhilfe bekommen was deutlich mehr als H4 war).
 
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@ pinko: agreed

@ heute ist der Lebensstandard höher als früher: Klares jein.
Ja wir können uns jedes Jahr ein neues Schrottsmartphone aus China und monatlich neue Billigklamotten aus vietnamnesischen Sweatshops kaufen und zweimal im Jahr in den All-Inklusive Urlaub nach Malle düsen und jeder hat ein eigenes Auto. Da ist definitiv mehr Konsum drin, als früher.
Ich bin in einer Nachkriegssiedlung aufgewachsen, wo sich die Leute gegenseitig die Gruben für den Hausbau ausgehoben haben. Das waren normale kleine Angestellte, direkte Nachbarn waren ein Behinderten-Pfleger und ein Feldwebel der Luftwaffe. Die sind anstatt nach Malle zu fliegen einige Jahre ihres Lebens am Wochenende in die Baugrube gestiegen. Aber sie konnten sich ein eigenes großes Haus leisten, haben später eine anständige Rente bekommen und ihre Frauen mussten NICHT arbeiten, sondern haben sich um die Kinder gekümmert.
Diesen Lifestyle gibt es für normale Angestellte nicht mehr.
Und dass jetzt zwei Personen pro Haushalt Vollzeit ackern müssen, damit man in den Urlaub fliegt, Handys kauft und ein zweites Auto hat (dass man nur braucht, um zur Arbeit zu fahren :8[: ist in meinen Augen kein echter Zugewinn an Lebensqualität oder Kaufkraft.
 
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ich sag mal so, wenn man gut verdient (wie die meisten hier) kann man doch aufs Land ziehen. Da gibt es Wohnraum im Überfluß.

Mein Onkel (Physiker, arbeitet bei SAP) hat sich einen Bauernhof gekauft, seine Frau musste NIE arbeiten, die haben 4! Kinder großgezogen. Bedürftig kamen die mir jetzt nicht vor.
Ok er musste viel Pendeln aber aktuell sitzt er in seinem Bauerhof im Home Office.

Ich finde es irgendwie dämlich in einer Großstadt zu sitzen und zu heulen, dass das Leben nicht wie auf dem Land ist.
Hat halt alles Vor- und Nachteile.

Ich denke die meisten hier könnten als Alleinverdiener eine Familie ernähren, ich denke das ist ab 60-80k auf dem Land problemlos möglich. Müssen ja nicht direkt 4 Kinder ;)
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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ich sag mal so, wenn man gut verdient (wie die meisten hier) kann man doch aufs Land ziehen. Da gibt es Wohnraum im Überfluß.

Es geht nicht darum jetzt irgend eine konkrete Einzelfalllösung zu suchen, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wollen wir, dass in zentralen Lagen der Innenstädte zukünftig nur noch Hochverdiener leben und nur Multimillionäre EIgentümer sein können, während das ganze Personal, das den Laden am Laufen hält (Krankenschwester, Putzfrau, Kellnerin usw. usf.) 20% ihres Lebens in Zügen beim Pendeln verbringen müssen, während Leute die "arbeiten" indem sie Vermögen hin und her schieben, was sie genau so gut auf dem Land machen könnten, die Innenstädte blockieren?

Auch ist das Leben auf dem Land höchst ineffizient was die Energiebilanz angeht, sodass schon mit Blick auf den Klimawandel eigentlich hochkonzentrierte Wohnformen gefördert und gewollt sein müsssten. Also "zieht doch alle aufs Land" ist halt ein Rumwerkeln am Symptom, ohne die Ursache anzugehen und gerade mit Blick auf Klimaschutzziele die schlechteste Idee. Und die Ursache ist, dass es einfach scheisse ist, wenn 1% über 1/3 des gesamten Vermögens besitzt und sich dieser Wert immer weiter steigern wird, weil das Vermögen sich von alleine vermehrt und nicht an den Sozialkosten beteiligt wird, im Gegensatz zum Arbeitslohn (= nicht in vergleichbarer Höhe). kA wie man das gerecht finden kann.

Hinzu kommt, dass eine Gesellschaft mE ein attraktives Aufstiegsversprechen braucht. Es muss möglich sein mit Talent und Fleiß richtig aufzusteigen und zwar nicht nur zu "Doppelhaushälfte auf dem Dorf wenn du ganz viel Glück hast", sondern zu echtem Vermögen. Wenn das aber selbst als 1% der Lohneinkommen nicht mehr geht, was ist dann die Perspektive der 99% der Lohnabhängigen? "Oh toll, wenn ich mir ganz viel Mühe gebe und sehr fleißig bin und glück habe und meine Talente ausspiele, dann kann ich eventuell das Lebensniveau meiner Eltern gerade so halten JUHU"?
Und die Atnwort darauf kann nicht sein "ja dann musst du halt selbstständig BIZNIZ machen". Das ist kein attraktives Aufstiegsversprechen und ist eher ein Zeichen von failed states wie Postsovjet Russia, wo auch jeder irgend ein BIZNIZ machen musste, weil es einfach keine vernünftigen Jobs gab. Um es dann nochmal einzugrenzen: ich sage nicht, dass man allein mit Lohnarbeit zu den Top 1% Vermögen aufsteigen können sollte. Das ist schon ok, wenn das nur den Ausnahmefällen vorbehalten ist. Aber so in die oberen 10% müsste eigentlich möglich sein, sonst ist der Deal mE broken.
 
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Man kann immer die Nase rümpfen, wenn Leute, die schon viel haben (hohes Einkommen) sich über die beklagen, die noch mehr haben (großes Vermögen). Aber das Allokationsproblem lässt sich nicht wegdiskutieren, insbesondere innerhalb der gefragten Städte. Hier in Berlin zahlst du nach dem Umzug zum Teil den doppelten Quadratmeterpreis. Das ist gerade für Familien, die sich irgendwann mal vergrößern müssen, schwer zu stemmen. Klar kannst du nach Brandenburg ziehen und ne Stunde reinpendeln, aber dann siehst du von deinen Kindern auch nicht mehr viel und mit mehreren Kindern mal eben weg von Kita, Schule und Freunden ziehen ist auch nicht ohne.


@Gustavo
Ich wollte nicht speziell auf den Punkt bezahlbares Wohneigentum hinaus, sondern bin da auch eher bei effektiver Regulierung des Mietmarktes. Aber richtige Wucht spüre ich bei SPD und Grünen da auch nicht. Die Mietpreisbremse war mal ein Anfang, aber wenn Angebotsmieten trotzdem regelmäßig das doppelte der Bestandsmieten betragen - und wir reden jetzt nicht vom 2020er Neubau -, dann ist da offensichtlich Luft nach oben.
 
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Meiner Meinung nach sollte man ja eher Arbeitsplätze aus den Metropolen raus locken als noch mehr Menschen in die Städte rein. Das ist doch eine ewige Spirale bis wir alle in Night City leben.
 
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Klingt gut, aber das ist halt schwer zu organisieren, insbesondere wenn wir nicht über hypermobile Singles, sondern Familien reden, wo du dann regelmäßig halt auch einen Arbeitsplatz für beide Eltern brauchst.
 
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Naja, es geht ja auch um die ganzen Leute, die nach wie vor in die Metropolen hinzu ziehen und nicht schon dort leben. Wenn man davon welche statt nach Hamburg nach Kiel (willkürliches Beispiel) locken könnte, wäre ja auch schon was gewonnen.
 
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Meiner Meinung nach sollte man ja eher Arbeitsplätze aus den Metropolen raus locken als noch mehr Menschen in die Städte rein. Das ist doch eine ewige Spirale bis wir alle in Night City leben.
Oben drauf kommt dann ja auch noch, dass selbst innerhalb der Metropole die Arbeitsplätze nicht gut verteilt sind. IdR hat man dann ja einen Fokus auf die Innenstadt + 1 Hotspot. Der Hotspot ist dann gerne am jeweiligen Fluss (Düsseldorf Medienhafen, Köln auch ehemaliger Hafen, Hamburg Landungsbrücken) und selbst wenn das hinpendeln mit jedem möglichen Verkehrsmittel schon an/über der Lastgrenze ist, wird da noch mehr angesiedelt. Ist gefühlt wie Modetrends bei Hipstern nur für Firmen.
Würde mir zumindest bei den Flächenländern da ja irgendwann mal wünschen, dass das Land eingreift. Auch wenn ich natürlich nicht wirklich annehme, dass das mal passiert.
 

Benrath

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Es geht nicht darum jetzt irgend eine konkrete Einzelfalllösung zu suchen, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wollen wir, dass in zentralen Lagen der Innenstädte zukünftig nur noch Hochverdiener leben und nur Multimillionäre EIgentümer sein können, während das ganze Personal, das den Laden am Laufen hält (Krankenschwester, Putzfrau, Kellnerin usw. usf.) 20% ihres Lebens in Zügen beim Pendeln verbringen müssen, während Leute die "arbeiten" indem sie Vermögen hin und her schieben, was sie genau so gut auf dem Land machen könnten, die Innenstädte blockieren?

War das denn wirklich jemals anders? Als ob der Kellner jemals häufiger Eigentümer in zentralen Lagen "relevanter" Innenstädte waren.

Ich sehe das auch eher als vorgeschoben, weil du es nicht kannst oder denkst nicht zu können, und zwischen diesen beiden Gruppen stehst und denkst du solltest eigentlich Eigentümer sein können.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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War das denn wirklich jemals anders? Als ob der Kellner jemals häufiger Eigentümer in zentralen Lagen "relevanter" Innenstädte waren.

Eigentümer nicht, das habe ich auch nicht gemeint, aber eben doch Mieter. Wir sehen jetzt eine Londonisierung der Metropolen, wo eben auch schon die Mieten in einigermaßen zentralen Stadtteilen nicht mehr erschwinglich sind für Normalverdiener. Aber das hängt eben auch mit der Vermögensverteilung zusammen.

Einfachstes Beispiel: die Miete in meiner Singlebude, in der ich am Anfang gewohnt habe, betrug noch in den 80er 470 € warm (mein Nachbar unter mir hatte so einen Mietvertrag). Ich habe für exakt dieselbe Wohnung einen Stock drüber (natürlich schön saniert) 1500 € warm (wir reden hier von 52qm und 2 Zimmern) gezahlt. Also locker flockig eine Steigerung von etwa 300% - ich glaube nicht, dass die Reallöhne seit den 80ern auch um 300% gestiegen sind.
 

Gustavo

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Und dass jetzt zwei Personen pro Haushalt Vollzeit ackern müssen, damit man in den Urlaub fliegt, Handys kauft und ein zweites Auto hat (dass man nur braucht, um zur Arbeit zu fahren :8[: ist in meinen Augen kein echter Zugewinn an Lebensqualität oder Kaufkraft.

Na ja, kommt imho alles auf deine Wohnsituation an. Wenn du im abbezahlten Eigenheim wohnst oder 20% deines Gehalts für Miete ausgibst, dann kann sich auch eine Familie diesen ganzen Kram leisten, auch mit einem Alleinverdiener im mittleren Einkommenssegment. Ich erinnere mich, dass du hier schon mal was von wegen "früher konnte man sich alleine das leisten wofür heute zwei Leute arbeiten gehen" geschrieben hast, aber es stimmt halt einfach nicht. Gerade wenn du von zwei Vollzeit-Beschäftigten redest kann man sich heute eine Menge (!) mehr leisten als ein Vollzeitbeschäftigter es konnte.

Es wird hier in Deutschland oft über Inflation gejammert, aber ich muss einfach mal sagen, dass Deutschland einen enormen Vorteil gegenüber den anderen Ländern hat, in denen ich bisher gelebt habe, was das angeht. Es gibt einfach bestimmte Güter, bei denen funktioniert "der Markt" (den ich übrigens sonst für die Verteilung vieler Güter sehr gut finde) nicht. Entweder weil die Leute keine informierten Käufer sind und/oder ihre Kosten externalisieren können (bspw. Gesundheit) oder weil sie rein positional sind, d.h. der Wert meines Gutes hängt hauptsächlich vom Wert der Güter aller anderen ab (bspw. Bildung). Glücklicherweise haben wir hier sowohl einen staatlich finanzierten und relativ egalitären Bildungssektor, in dem Sinne dass es keine Schulen/Universitäten gibt, die für doppelt so viel Renomee fünf Mal so viel Kohle verlangen können und einen nahezu komplett staatlich regulierten Gesundheitssektor, so dass Leute nicht dazu gezwungen werden irgendwelche Fabelsummen für Behandlungen zu bezahlen, die sie entweder absolut oder gar nicht brauchen, aber aufgeschwätzt bekommen. Das sind in den USA bspw. DIE Preistreiber der letzten Jahrzehnte und das gibt es in Deutschland halt so überhaupt nicht. Aber Immobilien sind halt der eine Markt, wo das tatsächlich auch in Deutschland so laufen kann: Wenn alle in die Stadt wollen, dann wird auf einmal eine Stadtwohnung sehr viel wertvoller als vorher, selbst wenn sich die Qualität der Wohnung nicht verbessert hat.
Klar hat man in bestimmten Städten dann auch eine gewisse Gentrifizierung, die was die Lebensqualität angeht eine umgedrehte U-Kurve beschreibt (am Anfang fliegen die ganzen Niedriglöhner/Ausländer/Penner raus, die erst durch Kunstschaffende/Studenten ersetzt werden, dann durch kleine Kaffees und Krimskrams-Läden, bis die Stadt irgendwann teilweise so teuer wird, dass viele Leute die dort wohnen kaum zu Hause sind, entweder weil sie ständig arbeiten oder weil sie die Wohnung gar nicht mehr als Hauptwohnsitz haben sondern als Investition), aber selbst wenn man am Scheitelpunkt ist ist niemand bereit für die hübschen kleinen Restaurants das doppelte der Miete zu bezahlen, wenn er es vermeiden kann.



Eigentümer nicht, das habe ich auch nicht gemeint, aber eben doch Mieter. Wir sehen jetzt eine Londonisierung der Metropolen, wo eben auch schon die Mieten in einigermaßen zentralen Stadtteilen nicht mehr erschwinglich sind für Normalverdiener. Aber das hängt eben auch mit der Vermögensverteilung zusammen.


Jetzt auch nicht übertreiben. Ein Freund von mir ist gerade nach Berlin gezogen, weil seine Frau eine Professorenstelle an der Hertie School bekommen hat und deren Gehalt reicht locker für eine schöne Wohnung in zentraler Lage. Dagegen kenne ich mehrere Leute, die an der LSE unterrichten, bei denen ein britisches Professorengehalt gerade mal für eine WG (!) gereicht hat, bis sie weit nach draußen gezogen sind. So weit wie in London sind wir noch lange nicht und kommen hoffentlich auch niemals auch nur in die Nähe.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
Na die Situation in London ist ja auch nicht von heute auf morgen entstanden. Ich sage ja nicht, dass wir jetzt schon so weit sind wie in London, sondern dass wir uns zumindest in Hamburg, München, Düsseldorf/Köln und Frankfurt eindeutig darauf zubewegen. Nun sind das aber auch Wirtschaftszentren des Landes, die mit Abstand die größten Jobmöglichkeiten bieten, d.h. "zieh doch einfach aufs Land" ist - je nach Job - keine gangbare Möglichkeit.
 
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