Solange der Staat seine Kameralistik nicht durch eine saubere doppelte Buchführung ersetzt und zukünftige Forderungen der Bürger sauber in seine Verschuldung aufnimmt, brauchen wir gar nicht über "Rentengeschenke" etc. pp. sprechen. Bei einem Zeithorizont von 4 Jahren blickt kein Mensch mehr durch, was mit eigentlichen Mehreinnahmen durch eine Steuer mal geplant war und wofür die Mittel jetzt verwendet werden. Die Politik versteht sich schon ganz gut darin, dass einmal eingeführte Steuern nicht wieder abgeschafft werden.
Naja. Der Punkt mag stimmen - kann ich mangels Fachwissens nicht beurteilen. Aber wir können wohl kaum aufhören über diese Themen zu sprechen und sie politisch zu verhandeln, nur weil eine Reform unserer staatlichen Buchführung noch nicht umgesetzt ist.
@Xantos2
Ich unterstelle dir nicht, dass du lügst. Aber ich für mich hat es etwas Heuchlerisches, wenn man beklagt, dass Steuererhöhungen ja okay wären, wenn dafür Geringverdiener entlastet würden und im selben Satz Maßnahmen kritisiert, die primär darauf zielen Geringverdiener besserzustellen.
Ob die jetzt gut umgesetzt sind, ist eine andere Frage.
Prinzipiell bin ich da ganz bei dir und halte die Grundrente ein typisches Beispiel für überspezifische Einzelmaßnahmen, die ein Placebo dafür sind, dass man das System nicht von Grund auf gerechter gestaltet. Bspw. könnte man einfach eine Höchstrente festlegen, die über das Umlagesystem finanziert werden soll und dann könnte man den Rentenanteil, der über die Grundsicherung hinausgeht, einfach proportional zum Beitragszeitraum gestalten mit großzügiger Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung. Dann wäre sichergestellt, dass man für jeden Monat, den man einzahlt, auch mehr Rente rausbekommt.
Aber wie man es genau macht, ist mir prinzipiell egal. Das System sollte einfach und für jeden durchschaubar sein und sich grob mit den Gerechtigkeitsvorstellungen der Bevölkerung vertragen. Letzteres ist offenbar nicht erfüllt, wenn ein Geringverdiener mit 34 Beitragsjahren dieselbe Rente kriegt wie einer mit 4.
Ich habe grundsätzlich ein Problem mit konditionalen Haltungen wie "Steuererhöhungen gern, aber nur wenn die für genau xy eingesetzt werden, sonst muss ich leider FDP wählen". Das ist regelmäßig ein unerfüllbarer Anspruch. Davon abgesehen steht dir Verwendung von Steuern mangels Zweckbindung immer zur Disposition, weshalb es imo wenig Sinn ergibt die Erhebung nur unter bestimmten Bedingungen an die Verwendung zu befürworten.
Insbesondere halte ich es für einen Trugschluss, dass die Staatsquote konstant gehalten werden oder sinken muss. Die Staatsquote ist in meinen Augen ein sehr kontingentes Merkmal. Am Ende kommt es auf den Bang for the Buck an: Was kriege ich an Lebensqualität, Daseinsvorsorge usw. für meine Leistung? Ob der Staat die einzelnen Posten selbst besorgt, an andere öffentliche Institutionen oder private auslagert, ist dabei prinzipiell egal.
Ich persönlich bin bspw. der Ansicht, dass wir sowohl an manchen Stellen zu viel als auch am anderen zu wenig ausgeben. Trotzdem glaube ich unterm Strich, dass der Staat mehr Mittel vertragen könnte, ja sogar relativ dringend mehr Mittel benötigt, um seine Aufgaben erfüllen zu können und ich finde, dass er seine Mittel insgesamt Ich relativ effizient einsetzt.
Bspw. finde ich die Grundrente zwar schlecht umgesetzt, aber ich würde auch nicht sagen, dass das Geld bei den tendenziell ärmeren Rentnern schlechter aufgehoben ist als bei den Nettoleistungszahlern, die dafür aufkommen. Nur weil wir insgesamt viel für Rentner ausgeben, heißt das ja nicht, dass wir nicht Rentner haben, die zu wenig kriegen - auch wenn ich mir wünschen würde, dass man größere Anstrengungen unternähme, um beim wohlhabenderen Teil der jetzigen und baldigen Rentnergeneration zu sparen.