Na ja, mein Punkt war ja gerade, dass das eben nicht so wirklich der Fall ist respektive es ist nur dann der Fall, wenn du außer Acht lässt, wie hoch der Anteil am Volkseinkommen ist, der auf "die Reichen" entfällt. Bei vielen deiner Punkte holst du mich schon ab, ich denke auch der deutsche Staat macht zu viel rechte Tasche linke Tasche "Umverteilungspolitik". Aber es gibt tatsächlich eine inhärente systemische Ungerechtigkeit, dass Leute mit sehr hohen Einkommen effektiv einen niedrigeren Steuersatz zahlen als die obere Mitte. Dafür gibt es keinen Grund und ich glaube auch nicht, dass das gute "Standortpolitik" ist, egal wie oft die Union die Geschichte vom Pferd mit den "Mittelständlern" erzählt, die "das Rückgrat der Wirtschaft" seien.
Da haben wir uns falsch verstanden, ich meinte den Teil der Bevölkerung der wirklich "nur" einfach gut verdient, aber nicht den obersten Zipfel der Einkommens- und insb. Vermögensverteilung der unstrittig in einer anderen Sphäre schwebt.
Ich bin jetzt selbst, nach sehr viel ziemlich harten Lernens (letztlich 1x Informatik komplett neben dem Job) und jahrelangem Workload jenseits der 2000h grob auf dem Level angelangt. Wenn mir dann jemand, der seit immer irgendwo zwischen 35h/Woche und 38h/Woche herumwabert, anfängt zu erzählen, dass ich mal bitte solidarisch sein soll, und dass diese ganzen Gutverdiener (da bin dann ich gemeint) mehr von ihrer Kohle abgeben sollen für die hart arbeitende Bevölkerung, muss ich mir schon etwas auf die Zunge beißen.
Das fühlt sich dann mehr nach freeloading an.
Ich bin sofort dabei, dass man sich das nur freiwillig antun soll, und dass das Default eine gute Balance sein sollte, und dass Löhne bei normaler Leistung auch ein ordentliches Leben ermöglichen sollten, wie auch dass das Tragfähigkeitsprinzip/Leistungsfähigkeitsprinzip in der Besteuerung an sich okay ist. Unter anderem deswegen bin ich auch immer noch aus Überzeugung in der GKV. Aber diejenigen, die sich dazu entscheiden mehr zu tun, sollten nicht auch noch dafür das zusätzliche Gefühl bekommen bestraft zu werden, bzw. zu 80%+ die zu sein die für die soziale Wohltatenwunschliste von Berufspolitikern stets das Melkvieh zu sein.
Das mit den Effizienzgewinnen ist btw eine interessante Sache: Abstrakt glauben wir alle an die (ich auch). Es stellt sich aber raus, dass wir so ganz konkret eigentlich gar nicht so viel Ahnung haben, wie viele Effizienzgewinne da zu heben sind. Ich erinnere mich an eine IW-Studie neulich, die mit DiD-Panelregression feststellen will, dass man das BIP nach einer Dekade um jährlich fast 150 Milliarden Euro steigern könnte, während gleichzeitig die direkten Erfüllungskosten für Bürokratie in Deutschland auf weniger als 50% dieser Zahl geschätzt werden. Gerade letztes Jahr wurde der Erfüllungskosten-Index des Normenkontrollrats mal eben um 50% reduziert, weil irgendwem (nach Jahren!!!) aufgefallen ist, dass in den "Bürokratie-Kosten" nicht nur die Kosten für die Dokumentation des Mindestlohns enthalten waren, sondern die gestiegenen Löhne selbst abgebildet wurden. Mir scheint das ganze Feld ist empirisch mehr oder weniger der Wilde Westen.
Ich würde vermuten, dass das auch stark an der Verfügbarkeit bzw. Existenz von Daten liegt. Habe aber keine echte Ahnung.
Meine Alltagserfahrung sagt aber (hier Referenz auf die Second-Hand-Erfahrungsberichte meiner öD-Homies einfügen), dass eine konsequente Durchorganisierung von sehr vielen Verwaltungsprozessen vermutlich jede Menge Nerven schonen und Zeit sparen würden.
Das verstehe ich auch nicht so recht. Gestern hat Ramelow bei Lanz wieder im Brustton der Überzeugung gesagt für ihn als Linken "gehört die Rente nicht an die Börse". Ich könnte ja verstehen, dass man skeptisch ist, einfach das 401k-Programm der Amerikaner zu übernehmen, weil das letztendlich hauptsächlich Leute bevorzugt, die es sich leisten können etwas anzusparen. Aber das schwedische System bspw. ist durchaus progressiv und hilft dabei, deren Rentenniveau zu stabilisieren. Wo ist das Problem?
Das Problem ist, dass der Deutsche so risikoscheu ist, dass er lieber die Einbußen einer 100% sicheren Auszahlung hinnimmt, als mit moderatem Risiko das Potential zu nehmen.
Die Gewerkschaften haben sich da seit eh und je gegengestemmt. Die linken Parteien machen da mit, und die liberalen (lol) und konservativen Parteien finden es nicht wichtig genug, um wirklich dafür einzutreten. Die Aktienrente die wir jetzt bekommen haben (haben wir? not sure ob das jetzt überhaupt beschlossen wurde), ist vermutlich das Beste auf das man hoffen konnte. Schon traurig wenn man schaut wie wenig das ist. Es bleibt die Hoffnung, dass das ausgebaut wird.