Was heißt denn "konsequent durchziehen", welche konkrete Maßnahmen schlägst du vor?
Die erfolgreiche Kontaktverfolgung war btw mit dafür verantwortlich, dass wir im Sommer weitgehend so tun konnten, als gäbe es keine Pandemie mehr.
Derzeit ist sie eigentlich unsere einzige Hoffnung: Die Zahlen müssen so schnell sinken, dass die Kontaktverfolgung wieder einen signifikanten Dämpfungseffekt auf die Ansteckungsrate entfaltet, bevor die Inzidenz der Mutanten zu hoch wird. Sonst haben wir demnächst wieder steigende Zahlen, ohne dass wir dazu überhaupt lockern müssten.
und genauso gab es Experten die sich dagegen ausgesprochen haben, wie zB Kekule, Gerd Antes oder Jochen Werner...und nu?
Daher nochmal die Frage, warum soll die Ausgangssperre in BaWü nun wichtig gewesen sein, wo sieht man da einen signifikant anderen Verlauf als in den Bundesländern, die nicht zu diesem Mittel gegriffen haben?
1. Und wenn Experten unterschiedlicher Meinung sind, ist es Aufgabe eines Gerichts, darüber zu urteilen, wer Recht hat?
Davon abgesehen: Zwei Ü-60- und ein Ü-70-Jähriger, die in der Wissenschaft allesamt keine Rolle mehr spielen sind deine Zeugen?
Es geht gerade nicht um willkürliche Expertenmeinungen, sondern um Experten, die Zugang zum Stand der Forschung haben, diesen bevorzugt sogar mitgestalten und deshalb am tiefsten drinstecken - letzteres trifft freilich auf Lauterbach nicht zu, der als Politiker und (ehemaliger) Wissenschaftler eine seltene Doppelrolle einnimmt, aber er rezipiert imo den Stand der Forschung weitgehend vorurteilsfrei und mit wissenschaftlichem und politischem Sachverstand.
Wenn man sich die Leute anguckt, auf die meine Beschreibung zutrifft und die deshalb - nicht aus Willkür - der Bundesregierung auch von den führenden Forschungsinstitutionen dieses Landes empfohlen werden (Drosten, Meyer-Hermann, Brockmann, Priesemann usw.), dann ergibt sich nun mal ein relativ einhelliges Bild: Wir sollten aktuell eher mehr einschränken als weniger. Das gilt natürlich nochmal besonders, wenn wir bestehende Beschränkungen (Kitas/Schulen) dringend zurücknehmen wollen.
2. Ein pauschaler Vergleich zwischen BaWü und anderen Bundesländern ist hier überhaupt nicht zielführend, weil flankierende Maßnahmen und die Situation sich unterscheiden. Zu glauben, dass man den Effekt einer einzelnen Maßnahme mal eben anhand pauschaler Zahlen eyeballen könnte, ist einigermaßen naiv.
Ich habe ja schon mal angerissen, dass es halt mehr Experten gibt, als angenommen. Jeder sucht sich gefühlt diejenigen raus, die die eigene Meinung am besten widerspiegeln. Und wer Karl Lauterbach zum Experten gemacht hat, ist mir z.B. schleierhaft.
Wenn man eine umfassende Expertenempfehlung will, dann muss halt endlich mal ein breites Gremium eingerichtet werden, aber bitte auch mit Pädagogen und Psychologen, die bestimmte Maßnahmen nach den Kollateralschäden beurteilen können.
Ich lasse mir nicht den Schuh anziehen, dass ich mir gezielt Experten raussuche, die meine Meinung am besten widerspiegeln. Ich habe hier im Frühjahr noch eine ganz andere Auffassung vertreten und war dem ersten Lockdown und der dahinterstehenden Güterabwägung gegenüber sehr kritisch eingestellt. Ich bin aber durchaus in der Lage anzuerkennen, dass wissenschaftliche Evidenz meinem Bauchgefühl widerspricht und meine Meinung dann entsprechend anzupassen.
Eine breite und fachübergreifende wissenschaftliche Grundlage ist wünschenswert, würde in diesem Fall aber imo wenig ändern. Denn den Experten aller Fachgebiete wissen und erkennen an, wie wünschenswert es ist, dass Kinder wieder in die Kita und Schule gehen können. Das ändert aber nichts an den epidemiologischen Auswirkungen, die das hat. Die kann man durch gutes Management abmildern und durch andere Maßnahmen kompensieren. Das ist aber Aufgabe der Politik, nicht der Wissenschaft.