Ich hab das Interview auch gelesen und finde, dass der Typ sich ziemlich durch Übertreibung profiliert. Welche "harten Einschränkungen" gelten denn bitte noch? Clubs sind vielerorts noch zu, okay. Private Treffen und Parties sind schon länger wieder möglich und waren es auch letzten Sommer. Niemand musste ein Jahr lang zur Hause im Zimmer sitzen.
Ich hab durchaus Verständnis für die Situation junger Leute - mich hätte es auch stark abgefuckt, wenn ich ums Abi oder den Studienbeginn rum so ausgebremst worden wäre. Vieles davon wird man imo einfach nachholen und es wird okay sein. Dass die Leute, die jetzt randalieren udn sich mit der Polizei anlegen, eigentlich ganz vernünftige Gesellen sind, die jetzt ihrem berechtigten Unmut Luft verschaffen, bezweifle ich dann doch irgendwie.
Was mich vor allem stört, ist der offen vorwurfsvolle Ton, obwohl viele der Einschränkungen schlicht für alle Menschen galten und ziemlich alternativlos waren. Was hätte die Politik denn groß anders machen sollen?
Jo klar, mal so richtig ausgelassen unter Aufsicht und Kontrolle "Verantwortlicher" anbandeln oder einfach die Sau raus lassen -darauf hat die Jugend von 2020/21 gewartet.
So unrecht hat der Typ nicht. Deine Kritik verstehe ich ich in manchen Bereichen, bei Kitas & co. ist man angeschissen - viel mehr als Dichtmachen und Rahmen bauen ging nicht. An sich wären Schulschließungen und Einschränkungen im Privaten auch für Teenager nicht "das Problem", es "trifft ja alle". *
Allerdings kann man sich das im Gesamtpaket für Schüler anschauen: Gerade wie mit dem Thema Distanzunterricht umgegangen wurde und noch wird, ist lächerlich. Es gab schlicht kaum eine spürbare Verbesserung, noch ein Umdenken, noch sonstwas wirkungsvolles, sondern das Versprechen von mehr des immer gleichen. Gerade ab dem Alter 15+ ist das eklig, weil es tatsächlich um den Berufseinstieg geht. Informieren und gut planen sieht anders aus, bzw. war das eigentlich überhaupt nicht möglich, außer über tolle Selbstinfo-Portale. Egal ob du die klassischen Streber oder 0815 Teenager-Bummler anschaust, das hat schon gut Panik ausgelöst.
Ich weiß nicht ob es dir bewusst ist, aber die Zustände in puncto Psyche sind enorm gestiegen. Hier, vor Ort, nehmen die Geschlossenen beispielsweise nur noch akkut Selbstmordgefährdete auf. Klar, Nahfeldempirie, aber im Schnitt zehn Aufnahmen pro Tag über mehrere Wochen (!) sind heftig, üblich wären eher so 2-3 pro Woche. Und das sind dann wirklich krasse Fälle.
Gepaart mit der generellen Stimmung bezüglich Klimapolitik, Rentnergeschenke und co. ergibt das ein ungesundes Gesamtbild, wie man als Jugendlicher von den Rentnerparteien wahrgenommen wird. Verstehe jede Hormonbestie, die etwas pissed ist.
Was Feiern und anderes angeht: Verstehe auch das, bzw. kann sehen wo es herkommt. Es gab so gut wie kein Ventil für diese Altersgruppen, jetzt eskaliert es halt. Find' ich zwar nicht gut, absehbar war es dennoch. Dass so was passiert wurde schon von Durkheim postuliert und zeigt sich auch gut immer wieder. Ist jetzt kein Alleinstellungsmerkmal für diese Altersgruppen, eher vorhersehbar für die angespannte Lage gesamtgesellschaftlich.
*Wieder Nahfeldempirie, lebe neben einem Friedhof mit entsprechenden Rentnertreffs. Das erste, das schon April / Mai 2020 zu sehen war, waren die Alten, die sich in Grüppchen unter Vorwand trafen ["Grabpflege oder sonstigen wichtigen Beweggründen"], weil "die Grippe" ihnen egal war. Sehe jetzt nicht den postulierten Lebenswandel der armen Mumien. Verstehe aber die Attitüde "sterbe eh bald", was tatsächlich immer kommt, wenn man fragt. Tatsächlich begegneten mir viel mehr Jugendliche, die aus Angst um Oma & Opa zu Hause blieben. Zumindest recht lange.