Der Punkt ist, dass die EU so oder so kaputtgehen wird. Kein Reich ist für die Ewigkeit. So weit, so banal. Die Frage ist nun, ob man das Ganze per langsamer Zersetzung zu Grabe trägt, oder mit einem großen Knall verabschiedet. Der Kniff ist, dass die EU historisch gesehen einen gewissen Sonderstatus hat, da sie weder ein echter Staatenbund, noch ein Bundesstaat ist. Sie soll ja als Dach für die Einzelstaaten fungieren, ihnen dabei die Souveränität lassen, aber gleichzeitig in vielen Fragen alleinig zuständig sein. In diesem Gewurstel liegt das Scheitern begründet.
Beispiel: Bei Beschlüssen zur Umweltpolitik müssen nicht alle 28 Mitglieder zustimmen, es reicht ne Mehrheit. Bei sicherheitspolitischen Beschlüssen müssen alle zustimmen. Die Folge: Es wird quasi gar nichts beschlossen, weil es nicht möglich ist, derart unterschiedliche Staaten unter einen Hut zu bringen. Würde man aber nun alles auf "Mehrheit" drehen, dann läuft es darauf raus, dass die bevölkerungsreichsten Staaten vollends die Zügel in der Hand halten. Was atm ja eh schon der Fall ist, weil diese Staaten auch wirtschaftlich am stärksten sind. Solange die europäischen Staaten in ihrer jetzigen Form existieren, ist eine EU nach dem "Dachprinzip" praktisch unmöglich. Vor allem nicht, wenn die wirklichen Entscheidungsgremien in Brüssel sich aus Mitgliedern der Länderregierungen, bzw. von diesen Regierungen bestimmten Hanseln zusammensetzen. Das Volk wählt ja nur das Parlament direkt, und das ist ca. so mächtig wie David Hasselhoff.
Die Menschen haben durchaus Bock auf Demokratie, und sind auch nicht vollends verblödet. Zwar wissen nur wenige, wie die EU funktioniert, sie kriegen aber schon mit, wie groß die Distanz zwischen EU-Bürger und EU-Kommission ist.
Wobei eine EU-Reform im Sinne einer echten parlamentarischen Demokratie nur mit weitestgehender Aufgabe der Souveränität der Einzelstaaten sinnvoll wäre. Was wiederum völlig utopisch und angesichts der Tatsache, dass die parlamentarische Demokratie jetzt auch nicht gerade das bombigste System auf Erden ist, auch nicht sonderlich toll wäre.
Eigentlich gibts aus dem ganzen Schlamassel keinen echten Ausweg. "United States of Europe" klingt vielleicht nett, ist aber schon wg. der europäischen Geschichte ("Einheit in Vielfalt" vs. "Volles Pfund aufs Maul") kaum vorstellbar. Fürs erste wäre es vernünftig, wenn man einen Weg finden würde, dass es mehr Solidarität zwischen den Einzelstaaten gibt. Also weniger Alleingänge und Durchregiererei. Dann würde auch die Akzeptanz für die EU steigen. Die Flüchtlingskrise hat ja gezeigt, was passiert, wenn sich ein Land fröhlich an die Spitze setzt und einfach mal erwartet, dass alle anderen das geil finden. Ich halte zwar die Idee von Merkels Asylpolitik nicht falsch, die Umsetzung war aber derart stümperhaft und undiplomatisch, dass man sich über den Scherbenhaufen nun wirklich nicht wundern muss. "Hey, wir schaffen das!", und Griechenland so: "Wir sind immer noch pleite. Jetzt kommen lauter Syrer. Gehts noch?". Und Deutschland so: "Ihr müsst sie nur durchlaufen lassen. Wir schaffen das."