Ich habe diesen Strang nicht so sehr verfolgt, bzw. weiß nicht so genau was am Inflation Reduction Act alles dranhängt.
Habe jetzt kurz den Wikipedia-Artikel überflogen und habe etwas gefährliches Halbwissen.
Das klingt insgesamt nicht so komplett verkehrt wenn das so stimmt.
Allerdings bin ich auch grundsätzlich pro zielgerichtete strategische Industrieförderung, insbesondere weil ich der Meinung bin, dass dies in den letzten Jahren in Deutschland viel zu wenig gemacht wurde (strategisch und mit Plan, nicht mit Gießkanne). Quasi die wirtschaftsstrategiepolitische Entsprechung der Russlandpolitik. Man war naiv und dachte, dass mit Welthandel und Globalisierung schon alles gut werden wird. Meanwhile haben uns insgeheim andere Länder ausgelacht und strategisch investiert.
So haben wir zum Beispiel aus dem deutschen Weltkonzern Hoechst in nur wenigen Schritten einen französischen Global Player gemacht. Ähnlich haben wir es bei Airbus gemacht, was mittlerweile mehr ein französischer als ein französisch-deutscher Konzern ist. Ich werfe das den Franzosen auch gar nicht vor, sondern viel mehr der dumpfbackigen deutschen Naivität. Vermutlich dürfen wir noch dankbar sein, dass es die Franzosen waren mit denen wir ein halbwegs gutes nachbarschaftliches Verhältnis haben.
Zur Einschätzung der Ursprungsfrage denke ich, dass Xantos nicht ganz falsch liegt. Journalisten sind halt in Deutschland häufig keine Volkswirte. Die guten Journalisten mit VWL-background sind rar und dann nicht beim ÖRR, sondern bei Reuters (Storbeck), FAZ (Braunberger) oder sonstwo, aber nochmal: safe nicht in einer der ÖRR-Bumsbuden. Ohne mit diesen Menschen gesprochen zu haben würde ich nämlich eine Wette darauf eingehen, dass sie fachlich gut genug sind, um sich dem Leistungsdruck bei Top-Institutionen zu stellen und keinen Bock auf das inzestuöse öffentlicher-Dienst-artige Politik-Gebumsel bei den ÖRR haben, bei denen Linientreue/Loyalität im Zweifel über der Kompetenz steht.
@saistaed Zu Deiner Frage gibt es einen ganzen Forschungsbereich in der VWL (und vermutlich auch darüber hinaus). Der Suchbegriff im engeren Sinne wäre "
infant industries" (mit dem zusätzlichen Aspekt der Schutzzölle). Das stark vereinfachte Fazit ist, dass es, wenn man es geschickt, langfristig und strategisch angeht, sehr gut funktioniert. Beispiele für diesen Erfolg sind die Tigerstaaten und China.
PS: Ich habe erst Chipsfabrik gelesen
an anderer Stelle:
https://archive.is/8cwq9
keine öffentliche Presseförderung, dafür aber gemeinnützigen Journalismus fördern … Moneyquote:
Beim Thema gemeinnütziger Journalismus, bei dem die Ampelkoalition laut Koalitionsvertrag „für Rechtssicherheit sorgen“ will, ist die Regierung ebenfalls noch in der Diskussionsphase. „Da sind wir noch nicht einer Meinung“, sagte Roth. Sie denke aber, „dass der Umbruch der Medienlandschaft so groß ist, dass der gemeinnützige Journalismus ein Zusatz zum gewinnorientierten sein kann“.
Damit vollzieht Claudia Roth die schon erkennbare medienpolitische Linie der Grünen nach. Diese nimmt „gemeinnützigen“ Journalismus als potentiell förderungsfähig in den Blick, nicht aber eine Förderung der Presse, nicht einmal vor dem Hintergrund des sich bereits abzeichnenden Regionalzeitungssterbens. Auf dieses hatten Politiker der SPD und der Union wiederholt dringlich hingewiesen, auch in der F.A.Z., etwa die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD) und die Staatskanzleichefs aus NRW und Sachsen, Nathanael Liminski und Oliver Schenk (CDU). Demgegenüber hatten in der F.A.Z. die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner und der Staatsrechtler Karl-E. Hain die Unterstützung der gedruckten Presse als überholt dargestellt und ein Fördermodell favorisiert, das dem der Filmförderung ähnelt.
Das finde ich "leicht" problematisch, da man so die Förderung der Menschen in die Hand der Politiker und ihres Apparats legt (so lese ich es zumindest), was dann grundsätzliche Fragen bezüglich der Unabhängigkeit aufwirft. Ich sehe da direkt die Gefahr, dass sich der Apparat dann seine eigenen Claqueure schafft, die als "gefördertes" Prekariat ihre gemeinnützigen Interessen zum Lebensinhalt erheben können, während sich die Förderer ihrer Unterstützung sicher sein können. Imo nicht gut.