Naja was heisst alle Gefährder einsperren. in dem fall hätte es schon gereicht wenn Abschiebehaft auch möglich wäre ohne das alle notwendigen Dokumente für die Abschiebung vorhanden sind.
Aber wenn ich das richtig sehe ist eine Abschiebehaft nur dann möglich wenn eine Abschiebung auch durchführbar ist. Also zb das was in dem Fall hier fehlte die Anerkennung der Rücknahme durch Tunesien.
Genauer: Abschiebehaft geht nicht, wenn feststeht, dass eine Abschiebung innerhalb von 3 Monaten nicht möglich ist und der Betroffene das nicht zu vertreten hat. Die Beseitigung des Abschiebehindernis muss also vom Willen des Betroffenen abhängen, dann hat er es zu vertreten. Das ist bei den fehlenden Papieren aus Tunesien zB. ein klassischer Fall. Da es feststehen muss, dass die Abschiebung nicht innerhalb von 3 Monaten durchgeführt werden kann, muss die Behörde also eine Prognoseeinschätzung vornehmen und zum Entschluss kommen, dass das Abschiebungshindernis sich nicht beseitigen lassen wird. Abschiebehaft kann aber auch bis zu 18 Monate (!) dauern, wenn der Betroffene an dem Abschiebehindernis schuld ist, also Einfluss darauf hat.
Lustig ist ja, dass die Papiere von diesem Amri doch jetzt aus Tunesien kamen. Hätte man das im September schon gewusst, indem man zB. mal in Tunesien angefragt hätte, oder mehr Druck gemacht hätte, ob die das in nächster Zeit hinkriegen, wäre eine Abschiebehaft auch wieder drin gewesen, denn dann hätte ja die Behörde die Gewissheit gehabt, dass demnächst alles klar geht.
Wie bereits ausgeführt, man kann den Leuten als Alternative einfach Auflagen erteilen und wenn diese nicht erfüllt werden zB. keine rechtzeitige Meldung erfolgt oder derjenige den ihm zugewiesenen Ort verlässt, sofort einbuchten, denn dann liegt eine (dringender Tatverdacht für) Straftat und auch ein Haftgrund vor.
Bei den sog. "Gefährdern" sieht das ganze noch drastischer aus. Wobei man hier wiederum schauen muss was denn ein "Gefährder" eigentlich ist. Das ist ja kein Rechtsbegriff und dafür gibt's auch keine Definition wie hier auch von den Vorrednern schon zutreffend drauf aufmerksam gemacht wurde. Ein Gefährder kann praktisch jemand sein, der sich noch im eindeutig straflosen Bereich aufhält und sich einfach ausgedrückt im Stadium des "Gedankenverbrechens" befindet ("ich könnte mir vorstellen in diesem Jahr einen Anschlag für den lieben Gott durchzuführen"), also derjenige bisher nur eine reine Gesinnung zum Ausdruck nach innen oder auch nach außen gebracht hat oder sich mit irgendwelchen suspekten Leuten trifft etwa radikalen Rednern oder anderen bekannten "Kriminellen". Tatsächlich erinnert sowas schon an Minority Report. Eine Strafbarkeit in diesem Bereich halte ich für sehr gruselig...
Ein "Gefährder" ist aber auch jemand, der beispielsweise schon mit anderen "Gefährdern" und anderen Kontakten sich zusammengefunden hat, um Straftsten zu begehen. Strafbar ist auch schon (seit der schmied duchesne Bismarck umbringen wollte) die Verabredung, das sich bereiterklären oder der Versuch der Anstiftung und ähnliches zu einem Verbrechen (Mord, Raub, schwere brandstiftung, Vergewaltigung etc., aber nicht einfacher Diebstahl, Nötigung, Körperverletzung ). Da wird also eine Strafbarkeit schon im frühen Stadium (Vorbereitung) der Tat begründet, wo ansonsten der Täter erst in das Versuchsstadium eintreten muss. (Beispiel für noch-Vorbereitung: Ulf und Detlef wollen in die Fabrik ihres Arbeitsgebers einbrechen und stehlenswertes mitgehen lassen. Als sie vor der Fabrik stehen kommen ihnen Gewissensbisse und sie brechen die Aktion ab.) Ähnlich sieht es auch mit speziellen Straftaten aus, die bereits im Vorfeld ansetzen: Bildung eines kriminellen Vereinigung oder hier bei Anschlägen schon sehr relevant und quasi der Terrorismus-Paragraph: Vorbereitung eines schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 89a. Da reicht es schon aus, wenn sich jemand unterweisen lässt oder selbst unterweist im
Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen usw. oder diese herstellt, verschafft oder aufbewahrt etc. zum Ziele eines Anschlages. (Das war zB. bei diesem anderen idioten der Fall, der sich erhängt hat). Inwiefern sich der jetzige Attentäter schon in der Strafbarkeit wegen "anschlagsplanung" gem. oben gesagten bei Abbruch der Überwachung befand oder doch erst kurz bevor stand, kann man mit den derzeitigen Infos nicht sagen, auf jeden Fall aber zumindestens wegen Verabredung zu einem Verbrechen nach allem was man so liest, war der ja gerade zu scharf sich als Attentäter zu profilieren. Ich nehme an es gab auch TKÜ und die Polizei hat alles mitbekommen. Dh. man hätte da schon zugreifen können oder man hätte wirklich noch abgewartet bis er in die "endgültige" Vorbereitung geht, dann muss man ihn aber auch permanent 24/7 in Blick nehmen...
(Auch an dieser Stelle hätte man doch wieder Abschiebehaft verfügen und ihn nach NRW verbringen können, ggf. wenn Abschiebehaft nicht in Betracht kommt, auch hier Auflage, aber da wusste scheinbar die eine Behörde nicht was die andere macht.)
Wer dort die Entscheidungsgewalt hinsichtlich dieser Vorgehensweisen hatte, wird hoffentlich noch rauskommen. Wahrscheinlich hat man es zumindest "gut gemeint": Man wollte ihn tausicher wegen "Anschlagsplanung" dran kriegen, damit er für längere Zeit weggeschlossen wird und ihn anschließend abzuschieben. Nebenbei noch Hintermänner aus der Moschee dranbekommen und einen großen Erfolg präsentieren. Und dann ging das ganze gravierend in die Hose, weil die Überwachung - warum auch immer - abgebrochen wurde. Bei einigen glühen sicher die Aluhüte schon.
Um nochmal von amri wegzukommen, gruselt es mich ehrlich gesagt, Menschen (für ungewisse Zeit) - auch wenn sie kein Bleiberecht haben und nicht rechtmäßig hier sind - in Zellen zu schmeißen, wenn ihnen sonstige Vorwürfe wie Straftaten oder das aktive Wehren gegen die Abschiebung bzw. Verhindern der Abschiebung nicht gemacht werden können, sie sich also ansonsten rechtmäßig verhalten, und man stattdessen Auflagen erteilen kann.
Dass die Leute am besten überhaupt nicht hierher nach Europa kommen (können), steht auf einem anderen Blatt.