Ein Glück glaubt den Schwachsinn niemand mehr. Sieht man ja wie wunderbar die 30% schon schön weh tun im Osten. Wird sicher noch schöner wenn es bald 40% sind. Alles eine Frage der Zeit
Die Reaktion von einem typischen AfD concern troll würde mich jetzt eher in meinem Eindruck bestärken: Die Haltung wirkt.
Glaub ich nicht.
Wenn man nur mal das umsetzen würde, was man ankündigt und keine Lippenbekenntnisse tätigt, würde man der AfD das Wasser abgraben.
Na ja, ich glaube wir reden von unterschiedlichen Dingen. "Inhaltlich stellen" heißt für mich mit der AfD zu diskutieren und darauf zu hoffen, dass die Mehrheit ihrer Wähler entweder mit (a) Argumenten oder mit (b) Änderung von Policy überzeugt werden kann.
Bei (a) sehe ich nicht, dass das irgendwo in der westlichen Welt so funktioniert, obwohl alle rechtspopulistischen Parteien ein mehr oder weniger funktionalistisches Verhältnis zur Wahrheit haben, wenn man sich anschaut was Themen wie Klimawandel oder "Nutzen von internationaler Kooperation" angeht. Das sind beides Themen, die relativ leicht quantifizierbar sind und wo eigentlich alle rechtspopulistischen Parteien der absolut dominierenden Mehrheitsmeinung unter Experten ("Klimawandel ist real und man muss etwas dagegen tun" und "internationale Kooperation hilft Staaten deutlich mehr als sie schadet") entweder direkt widersprechen oder mit komplettem Wunschdenken argumentieren. Da ließe sich dann per se mit Policy auch nicht viel machen, weil keine vernünftige Partei der Welt bereit sein wird zu sagen "hey, lass mal einfach nix mehr (oder deutlich weniger) gegen Klimawandel tun weil dann hat die hiesige rechtspopulistische Partei vielleicht ein paar Prozent weniger".
Bei (b) reden wir, ich glaube so realistisch kann man sein, mehr oder weniger nur über Einwanderung. Auf allen anderen wichtigen Politikfeldern bietet die AfD überhaupt kein kohärentes Konzept an, über das es sich lohnt zu reden. Am Ende laufen alle AfD-Vorschläge auf einen von zwei Fällen hinaus: Entweder die AfD will in eine Richtung, während alle anderen Parteien in die andere wollen (und sich nur über die Geschwindigkeit streiten) oder es handelt sich um einen tradeoff, bei dem die AfD den nicht wünschenswerten Teil kritisiert, ohne zu sagen wie man den wünschenswerten Teil ohne ihn kriegen soll, außer halt am Ende irgendein Handgewedel von wegen man spart es am Ende bei den Flüchtlingen ein. Keine bezahlbaren Wohnungen? Flüchtlinge. Zu wenige Lehrer? Flüchtlingskinder aus den Schulen. Zu wenig medizinische Versorgung? Flüchtlinge kriegen keine Versorgung. Wirtschaft läuft schlecht? Steuersenkungen, finanziert über Einsparungen bei Flüchtlingen. Rente zu niedrig? Rentenerhöhung, Einsparungen bei Flüchtlingen. Arbeitskräftemangel? Deutsche sollen mit Geld animiert werden mehr Kinder zu bekommen, einzusparen bei Flüchtlingen. Bei allem, wo man Flüchtlinge nicht direkt oder indirekt verantwortlich machen kann, wird einfach mehr Geld (bzw. Steuersenkungen) gefordert ganz ohne zu sagen wo es herkommen soll: Bundeswehr, Infrastruktur, Erbschaftssteuer.
Ich rede nicht von irgendwelchen Pushbacks, oder sonstigem AfD geblubber.
Schieb Straftäter ab, sorg dafür dass die Asylverfahren schnell und geordnet ablaufen und stelle Ressourcen bereit.
Momentan passiert davon nichts und was kommt beim Rest an? Dass dieses Land scheinbar überfordert ist und sowas erzeugt eben Unsicherheit, die sich mit simplen Parolen wie die der AfD einsammeln lässt.
Die drei Punkte oben sind alle durch die Bank der Parteien Konsens. Von Grün bis Union fordert keiner, dass Straftäter hier bleiben sollen oder Asylverfahren von 3 Jahren i.O. sind.
Ich bin dabei, dass man sich der AfD nicht inhaltlich nähern sollte. Aber einfach mal das aktuelle Recht durchsetzen und die Ressourcen zuweisen ist möglich und hat eine politische breite Unterstützung.
Nimm der AfD den Hass auf Migranten und es existiert keine Basis mehr.
Dazu gibt es eigentlich nur zwei Sachen zu sagen. Die eine davon hat Cele schon erwähnt: Es liegt nicht am fehlenden politischen Willen, es liegt an der praktischen Durchsetzbarkeit. Leute reden bei dem Thema so, als wäre das zwischenstaatliches Recht dasselbe wie Recht innerhalb eines Staates, aber das ist es halt einfach nicht. Deutschland kann Gesetze erlassen, die besagen dass Marokkaner ausreisen müssen. Deutschland kann aber keine Gesetze machen, die Marokko zwingen, Marokkaner auch zurückzunehmen. Konsequenterweise läuft die erste Rechtsetzung ins Leere. Kein Rechtssystem der Welt geht davon aus, dass sich Missstände einfach von selbst beheben. Meines Wissens gibt es auch kein Land in Europa, das sonderlich großen Erfolg damit hat, Menschen in Länder abzuschieben, die sie nicht zurücknehmen wollen, auch nicht die in denen Rechtspopulisten regieren. Ich sehe nicht, wie du der AfD das Wasser abgraben willst, wenn es keinen konkreten Plan gibt, wie man das Problem lösen soll.
Der zweite Punkt ist imo aber wichtiger und fundamentaler: Ich glaube nicht, dass "kriminelle Ausländer ohne Bleiberecht" das Problem sind. Ich glaube nicht mal, dass "Flüchtlinge" an sich der Kern des Problems sind und dass du selbst bei sehr niedrigen Zahlen an neu ankommenden Flüchtlingen die Werte der AfD ceteris paribus groß drücken wirst. Die AfD stand auch 2015 nicht kurz vor dem Tod, wie manchmal behauptet wird. Die AfD vertritt einfach eine Geisteshaltung (ich weiß nicht ob man wirklich Ideologie dazu sagen kann), die ein bestimmter Teil der Bevölkerung teilt. Das ist in Deutschland so, das ist im Rest Europas so, das ist in der anglophonen Welt so. Wenn es nicht die Flüchtlinge sind, über die sie aktiviert wird, ist es etwas anderes. Darüber muss man sich im Klaren sein. Nicht jeder der 17% oder was auch immer die AfD gerade hat gehört dazu. Aber ein beträchtlicher Teil tut es und viele von denen, die es nicht tun, kommen auch nicht für andere Parteien in Frage sondern eher fürs Nichtwählen. Das will sich in Deutschland keiner eingestehen*, weil es politisch nicht opportun ist, aber das heißt nicht dass es deshalb weniger wahr ist. Die AfD wird eine Konstante in der deutschen Parteienlandschaft bleiben, das Potenzial für eine AfD gab es seit mal Einstellungen messen konnte sowieso.
Schau dir nur mal an, wie über Flüchtlinge diskutiert wird. Bis vor ganz kurzem (und selbst jetzt nur sehr verhalten) sagt niemand "wir wollen weniger junge Muslime". Leute sagen unsere Aufnahmekapazitäten sind erschöpft, vielleicht noch mit dem vagen Hinweis darauf, dass Aufnahme eine kumulative Sache ist. Aber die Wahrheit ist natürlich, dass nicht nur neue Flüchtlinge ins Land kommen, sondern Flüchtlinge aus anderen Jahren das System weniger beanspruchen: Integrationskurse sind irgendwann gemacht, eigene Wohnungen gefunden, Arbeitsplätze finden die meisten nach einer Weile (auch wenn es im Schnitt keine besonders gut bezahlten sind). In so einem System ist es ziemlich ausgeschlossen, dass "unsere Aufnahmekapazitäten" heute tatsächlich weiter überfordert sind als 2022, als in einem Jahr fast eine Million Ukrainer kamen. Aber obwohl wir zu 98% über Ressourcen und Aufnahmekapazitäten sprechen, die Ukrainer sicherlich nur unwesentlich weniger beanspruchen als Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan führte das nicht annähernd zur selben Diskussion. Und die letzte Verschärfung der Debatte kam nicht etwa durch ein Ansteigen der Neuankommenden im Vergleich zum Vorjahr (diese Zahlen sinken schon eine ganze Weile) zustande, sondern durch einen Anschlag von dem wirklich JEDER wusste, dass er völlig innerhalb dessen ist, was passieren kann. DAS hat dazu geführt, dass die Union von einer Forderung, die als sine qua non behandelt wurde (Grenzkontrollen, die damals die Ampel nicht wollte) und die bestenfalls zu einer leichten Senkung der Zahlen geführt hätte (was wir wissen, weil es genau das aktuell gibt und der Rückgang gering war), zu einer Forderung umgeschwenkt ist, die effektiv darauf hinausläuft überhaupt niemanden aufzunehmen, wenn es sich vermeiden lässt. Jetzt kann man die damalige Forderung oder die aktuelle Forderung besser finden, das braucht hier gar nicht bewertet zu werden. Was aber auf keinen Fall sein kann ist dass sowohl die damalige als auch die aktuelle Forderung beide rationale Reaktion auf die Faktenlage waren. Offensichtlich hält die Union die Bürger für dumm und sie kommt damit auch ziemlich gut durch, während die Ampel die Bürger zwar auch für dumm hält ("Maßnahme X ist nicht möglich"), dafür aber immerhin abgestraft wird. Wenn die Debatte wirklich so irrational verläuft ist mir völlig unklar, wie man mit der AfD konkurrieren will, die fordern kann was sie will, weil sie eh nichts umsetzen muss.
*stattdessen verlieren wir uns in VÖLLIG sinnlose Diskussionen, entweder in "wir brauchen mehr politische Bildung" (links) oder "aber in Dänemärk" (mitte-rechts). Ich habe aus Interesse mal eine dänische Kollegin gefragt, was an der Idee dran ist, dass "harte Flüchtlingspolitik" die Rechtspopulisten dezimiert hat und die Wahrheit sieht in etwa so aus: Vor der Flüchtlingskrise hatte ein gewisser Teil (etwas über 10%) der Bevölkerung Rechtspopulisten gewählt. In der Flüchtlingskrise ist die Zahl dann auf 20% hoch, woraufhin die Partei die Regierung tolerieren sollte, dann an innerparteilichen Konflikten bzgl. dem Verhältnis zur Regierung zerstritten und letztendlich in drei Parteien zersplittet ist: Die Ursprungspartei, eine erste neue rechtspopulistische Partei (die untergegangen ist) und eine weitere neue rechtspopulistische Partei, die weiterhin existiert und jetzt die stärkere Partei ist. Zusammen kommen die erste und dritte Partei aktuell auf 15% der Stimmen in Umfragen. Das ist ein Rückgang, aber so zu tun als wäre der Rechtspopulismus in Dänemark erledigt, wie hier oft getan wird, ist schlicht falsch. Darüber, dass es exakt gar keinen Beweis dafür gibt, dass "mehr politische Bildung" das Problem in irgendeiner Weise löst, will ich gar nicht erst anfangen
€dit:
Und der nächste Landesverräter wird durchsucht. https://www.faz.net/medienberichte-bundestag-genehmigt-durchsuchungen-bei-afd-politiker-bystron-19722971.html Das ist dieses Mal allerdings hoch aktuell ;)
broodwar.net
Gustavo schrieb hier, man sollte den Effekt von Filterblasen nicht überbewerten.
Nur als Anmerkung: Das stimmt, aber das meint auch wirklich das Phänomen einer Filterblase, d.h. du konsumierst Nachrichten aus einer bestimmten Richtung und kriegst dann über einen Feedback-Loop immer mehr Nachrichten aus derselben Richtung. Dafür sind die Effekte gering, zumal vergleichsweise wenig Leute tatsächlich in solchen Filterblasen hängen. Dasselbe gilt für "fake news" im eigentlichen Sinn, also bewusst gestreute Falschmeldungen die aussehen sollen als wären sie echt. Effekte für Medienkonsum insgesamt gibt es schon, allerdings sollte man die auch nicht überschätzen. Ich vermute (ohne es belegen zu können) dass Effekte auf AfD-Wähler sowieso eher auf der Schiene laufen, dass ihre eigene Meinung in den Medien vertreten zu sehen diese Meinung erst wirklich legitim erscheinen lässt. Du musst dir nur mal anschauen, wie viele der AfD-Politiker, selbst damals schon erwachsene Menschen, darauf verweisen dass das Buch von Sarrazin für sie die Initialzündung gewesen ist. Das hätte man sich alles auch vorher schon bei PI-News abholen können, aber ein "ehemaliger Bundesbanker" war für diese Leute eine andere Hausnummer bezüglich Legitimation.