Aus aktuellem Anlass im Russland-Thread, da Hummel als AfD-Wähler noch zu kritiker (der das natürlich abstreiten wird) hinzugestoßen ist und ich dabei an die Diskussionen zur Auseinandersetzung mit der AfD denken musste: Beide sind gute Beispiele dafür, dass kritische Auseinandersetzung mit ihren Überzeugungen keinerlei Einfluss auf ihre Ansichten zu den Themen hat. Weil die Ansichten nicht aus faktisch, rationaler Abwägung entstehen, sondern ideologisch begründet sind. Und dann kann man natürlich hervorragend über Cherrypicking und Ignoranz behalten.
kritiker wird wahrscheinlich innerlich überzeugt sein, dass er nur versucht, den Bias der MSM auszugleichen und in Wirklichkeit neutral auf die Lage schaut. Und wenn's einem dann mal doch zu schwer zu Rationalisieren wird: Einfach ignorieren, dass man behauptet hat es gäbe keine Currywurst aus Schweinefleisch in Köln mehr.
@Xantos2: Bezogen auf den Russland Thread, wo wir ja unabhängig von anderen Ansichten mehrheitlich doch übereinstimmender Meinung sind und man jetzt 200+ Seiten kritische Diskussionen mit kritiker verfolgen kann: Bist du wirklich der Meinung, es wäre sinnvoll, mit solchen Menschen zu diskutieren? Da wurde der Konsens der rationalen Meinungsfindung doch schon lange verlassen.
Ich würde da zwischen drei Dingen unterscheiden:
1. Mit AfD-Funktionären diskutieren.
Würde ich tun (a) aus Prinzip und (b) um gegenüber der Öffentlichkeit aufzuzeigen, welche Positionen grundfalsch sind.
Das sollte man natürlich klug tun, d.h. sehr gut vorbereitet & mit guten Argumenten.
Und nicht naiv mit "Gegenideologie" wie bspw beim Thema Migration oder Unterstützung der Ukraine rein mit Moral zu argumentieren.
2. Mit AfD-Wählern diskutieren.
Hier gibt es ja ganz verschiedene.
Ich würde erstmal mit jedem diskutieren, der sachlich diskutiert.
Aber natürlich wird es hoffnungslose Fälle geben.
Meine Erfahrung aber ist, dass es sehr viele Protestwähler gibt (immer noch viel durch Thema Migration, aber auch durch Thema Corona).
Mit diesen Protestwählern sollte man auf jeden Fall diskutieren. Beispielsweise um Ihnen zu zeigen, dass man ihre Concerns ernst nehmen kann & Lösungen anbieten kann, ohne zum Schluss zu kommen AfD wählen zu wollen.
Und selbst unter Die-Hard-Rechten gibt es welche, mit denen sich Diskurs lohnt.
Aber natürlich auch welche, wo es sich nicht lohnt. Beim Thema Ukraine merkt man bspw recht schnell, wo jemand steht - und da gibt es welche mit ekelhaften Äußerungen, wo ich schnell auf reine Konfrontation schalte - aber auch diese "puh kA ich weiß ja nicht, Russland stronk"-Leute, bei denen ein gutes Gespräch absolut positiven Einfluss haben kann. Bspw. indem man ihnen die vielen Gründe erklärt, warum man für die Ukraine ist & warum ein "Frieden" halt nicht realisitsch ist. Selbst wenn sie nicht ihre Meinung ändern: Du zeigst ihnen, dass es in ihrer sozialen Bubble auch diese Meinung gibt - eine große Gefahr ist ja, dass Leute nur noch in einer Bubble unterwegs sind & sich dadurch ihre Meinung stets weiter verfestigt.
Zwei Beispiele zu #2:
Die-Hard-Rechter: Der Stiefvater von meinem besten Freund Klasse 5-10 war Republikaner in den 90ern. Hat mit seiner Meinung auch nicht hinterm Berg gehalten. Erfolgreicher Unternehmer mit einer kleinen Kette an Bäckereien. Er war aber nicht ekelhaft rassistisch & sonst irgendwie lost (auch wenn das natürlich in der Erinnerung schwer ist), so dass ich überzeugt bin, dass ich heute mit seinem damaligen Ich ein gutes Gespräch über Politik führen könnte.
Protestwähler: Mein Vater hat 2015/16 durch die Migrationskrise angefangen AfD zu wählen & macht es immer noch, weil er das Thema für so wichtig hält & ihn aufregt, dass die anderen Parteien da nichts machen.
Sein Background: Aktiv bei den liberalen Studenten, hat damals mit seinem Chapter gegen den Mainstream für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze geworben. Hat sich in den 90ern für politische Flüchtlinge engagiert, ich kann mich bspw erinnern dass ein Ghanaischer Häuptling, der in unserem Kaff gelandet war, oft Gast bei uns zu Hause war. Bei uns zu Hause waren oft Studenten zu Besuch, bspw. erinnere ich mich an eine innige Beziehung zu einem kurdischen Studenten, der in der PKK aktiv war - oder an seinen Studienfreund aus Polen, der dort Berater vom polnischen Präsidenten Kwaśniewski war.
Beispielhaft andere politische Meinungen von ihm:
- Sozialliberal. Dediziert antiklerikal / antireligiös, auch bei Kirchen.
- Unterstützt die Ukraine bedingungslos & ist für mehr Waffenlieferungen.
- Entspannt bei Corona, war nie krass gegen Maßnahmen & hat mehrere Impfungen.
- Pro Bau von Windrädern auch in seinem Backyard aufm Land (3 sind schon da), pro Atomkraft.
- Hält soziale Ungleichheit für ein großes Problem (ohne selbst betroffen zu sein).