Diese Einstellung finde ich höchstproblematisch, geradezu demokratiefeindlich. Eine politisch legitime Meinung im Volk "klein zu halten" ist genau das Gegenteil der demokratischen Mitbestimmung. Es ist letztendlich der Grundsatz eines totalitären Regimes, das keine abweichenden Positionen zulässt.
Diversität ist ein ganz zentraler Bestandteil der Demokratie, diese unterdrücken zu wollen greift somit die Grundfeste der Demokratie an.
Selbstverständlich denke ich persönlich beispielsweise, dass dieses Land ohne die Linkspartei besser wäre. Dennoch würde ich jederzeit ihr Existenzrecht und das Recht auf freie Äußerung linker Positionen verteidigen, so sehr ich diese persönlich auch ablehne.
Die Antwort kann nur ein offener politischer Diskurs sein, kein gezwungenes "klein halten".
Na ja, ich denke wir haben schlicht und ergreifend unterschiedliche Definitionen davon, was "legitim" ist und was nicht. Letztendlich halte ich deinen Legalismus für verfehlt: Politik und Recht sind zwei unterschiedliche Dinge und auch wenn sie teilweise überlappen funktionieren sie unter unterschiedlichen Prämissen. Nicht alles was rechtlich legal ist ist politisch legitim und nicht alles was politisch illegitim ist sollte illegal sein. Niemand stellt ernsthaft das Existenzrecht der AfD (wie sie sich momentan präsentiert) in Abrede* oder redet davon, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ihrer Politiker zu beschneiden. Das ändert nichts daran, dass die AfD klein gehalten werden sollte, da sie für die demokratische Kultur in Deutschland aus mehreren Gründen, die hier bereits erörtert wurden, eine Katastrophe ist.
Im Übrigen: Dass die AfD tatsächlich "demokratisch" ist, ist mir keineswegs so klar wie dir. Die AfD hat eine ziemlich deutliche wesensverwandtheit mit anderen rechtspopulistischen Parteien, seien es die PiS oder Fidesz in Europa oder die Republikaner in den US. Wenn du "demokratisch" nur schwarz/weiß definierst, dann sind alle diese Parteien demokratisch, keine hat die Wahlen abgeschafft; gleichzeitig zeigen diese Parteien alle eine mehr oder weniger stark ausgeprägten Drang, das politische System dahingehend zu manipulieren, dass der eigene Machtverlust unwahrscheinlicher wird. Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, weil diese Parteien alle eine andere Gesellschaft wollen, als diejenige, die sie beim Machterhalt vorgefunden haben, aber legitim ist es trotzdem nicht. Dasselbe Spiel mit deiner Erklärung zum "Rassismus": Das halte ich aus sozialwissenschaftlicher Sicht für legalistischen Unfug. Ja, es ist nicht denklogisch notwendig, dass rassistische Einstellungen rassistisches Handeln nach sich ziehen, aber es ist ein absoluter Ausnahmefall, wenn dem nicht so ist. Sich darauf zu kaprizieren halte ich für eine Verschleierung der Tatsachen. Ich habe das schon ein paar Mal geschrieben und es wird nicht weniger wahr: Ja, wer ein Problem mit Einwanderung hat ist deswegen noch kein Rassist, aber so gut wie jeder Rassist hat ein Problem mit Einwanderung. Mal abgesehen davon, dass ich das Wort "bürgerlich" für blödsinnig halte, weil es absolut nichts bedeutet: Die AfD ist nach gängiger Parlance keine "bürgerliche" Partei, weil sie auf Xenophobie aufgebaut ist. Ja, sie ist konservativer als die Union heute, aber wie hier im Threads mehrfach mit Studien untermauert wählt ein Großteil der AfD-Wähler die Partei nicht, weil sie konservativ ist, sondern wegen ihrer Xenophobie. Das hast du meines Wissens noch nie eingestanden, obwohl es imho völlig offensichtlich ist. Dazu passt entsprechend der Link, der diese Diskussion losgetreten hat: Wenn es tatsächlich darum ginge, konservativere Standpunkte zu vertreten, dann sollte eine Rechtsverschiebung der etablierten konservativen Parteien einen Stimmenverlust der Rechtspopulisten zur Folge haben. Die Studie zeigt, dass das nicht der Fall ist.
*die SRP war übrigens nicht lediglich "rechtsradikal", sondern in ihren Zielen eindeutig wesensgleich mit der NSDAP, weshalb sie verboten wurde