Stimmen Sie zu, dass der Gegner des Bürgerlichen, des Konservativen immer der Radikale, der Revolutionär sein muss?
Ja. Das ist das Gegensatzpaar: Das Revolutionäre, das Utopische, das Nicht-Skeptische, das Die-Gesellschaft-verändern-Wollen, das halte ich für nicht bürgerlich.
Dann können Sie nach Ihrem eigenen Maßstab kein Bürgerlicher sein, weil Sie eine „friedliche Revolution“ gegen das „politische System“ gefordert haben.
Das glaube ich nicht. Ich habe nicht eine Revolution gegen die Grundordnung in diesem Lande gefordert, sondern ich habe mit „System“ die Merkel'sche Politik gemeint.
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Was ist mit inhaltlichen Überschneidungen mit Rechtsextremen? In Ihrem Buch zitieren Sie Joseph Goebbels, der 1932 Reichskanzler Franz von Papen im Radio hört und in sein Tagebuch schreibt: „Eine Rede, die von A bis Z aus unserem Gedankengut stammt.“ Zu mir haben NPD-Politiker genau das Gleiche über Ihre Reden gesagt und über die AfD: Die kopieren unsere Positionen.
Es ist doch völlig klar, dass die NPD alles versucht, um uns zu schaden.
Sie haben im Wahlkampf auch schon die alte NPD-Parole gerufen: „Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.“
Das war in Brandenburg. Da wurde mir ein Plakat mit der Parole entgegengehalten. Mir war unbekannt, dass das von irgendjemandem schon mal benutzt worden ist. Ich fand die Aussage nicht falsch. Deshalb habe ich sie aufgegriffen. Ja – und? Es kann ja sein, dass irgendwer einen Gedanken hatte, der nicht von vornherein falsch ist. Aber wenn NPD-Politiker sagen, wir würden ihre Positionen vertreten, ist das dummes Zeug. Die NPD gehört nicht zum demokratischen Spektrum. Eine Partei, die Adolf Hitler noch heute für einen großen Staatsmann hält, hat jede Legitimation verloren.
Nur dummes Zeug? Immerhin mussten Sie gerade eine Landesvorsitzende aus der Partei ausschließen, die Fördermitglied in einem Verein war, der Holocaust-Leugnern ein Forum bietet.
Deshalb haben wir sie ja auch ausgeschlossen!
Aber Sie mussten das gegen den erklärten Willen der Parteibasis durchsetzen. Die Frau war in Kenntnis der Vorwürfe wiedergewählt worden. Was sagt das über die Bürgerlichkeit der Mitglieder?
Nicht alle bei uns sind vernünftig und klug. Da sind mal wieder einige völlig aus der Rolle gesprungen.
Aus der bürgerlichen Rolle?
Ja. Aber das hat nichts damit zu tun, dass die Partei als ganze in ihrem Programm, in ihrer Führungsstruktur und in den Leuten, die an der Spitze stehen, bürgerlich ist. Ich kann ja nichts dafür, wenn einige Leute spinnen, von denen man sich dann auch trennen muss.