Sorry, ich will dir jetzt ernsthaft nicht zu nahe treten, aber du hast die Tendenz bestimmte fixen Ideen wie diese hier als Monstranz vor dir her zu tragen und das hier ist die neueste.
Ich weiß, dass du diese Wahrnehmung hast.
Ich kann dir aber versichern, dass das immer sehr themen- bzw diskussionsspezifisch ist.
Es ist nicht so dass ich mich gerade Tag & Nacht bspw mit öffentlichem Wohnungsbau beschäftige.
In den letzten Monaten sogar exakt nur hier in diesem Forum, wenn entsprechende Diskussionen aufkommen.
Gib mir da mal den Benefit of Doubt, dass ich leidenschaftlich Positionen und Meinungen vertreten kann, ohne dass diese in meinem Leben insgesamt eine relevante Rolle spielen.
Du hast hier die typischen Parameter bzgl. staatlichem Handeln: Was ist der Kapitaleinsatz, was ist der Ertrag, was sind die Opportunitätskosten etc. Momentan gibt es in Deutschland schlicht nicht die Baukapazitäten, um Mietpreise durch irgendeine Art von Neubau merklich zu senken.
Das stimmt grundsätzlich, könnte sich aber gerade wegen des Zinsumfeldes ändern.
Teile der Baubranche haben einen deutlichen Rückgang im Auftragseingang.
Aber selbst wenn es so wäre: Du überschätzt die Ressourcenersparnis von kleinen Wohnungen. Die größte Ressourcenersparnis beim Wohnen gibt es immer dort, wo mehrere Menschen zusammen leben, weil du dir dabei viele Dopplungen sparen kannst. In Wohnungen, wie du sie dir vorstellt, werden aber keine Zwei-Personen-Haushalte einziehen wollen (und schon gar keine Kleinfamilien bleiben).
Ja, aber es gibt nun einmal sehr sehr viele Single-Haushalte.
Und das kleine Studio-Appartment ist ja nur ein Beispiel. Auch 2-Zimmer-Wohnungen, die Paar-/WG-Tauglich und auch für "1 Kind bis 6" tragbar sind, ist ein weiteres wichtiges Segment.
Dazu musst du bedenken, dass der Kapitaleinsatz des Staates beim Bauen auch direkt damit verrechnet werden muss, was für eine Mischung an Mietern du anziehst: Umso weniger Leute sich eine unsubventionierte Miete, welche nur die reinen Baukosten deckt, leisten können, umso höher subventionierst du de facto ihre Miete später (und pro Quadratmeter sind kleinere Wohnungen nicht günstiger zu bauen als große, sondern teurer).
Für einen Ein-Personen-Haushalt ist trotzdem eine kleine Wohnung billiger für den Staat als eine große Wohnung.
Auch wenn in der Tat kleine Wohnungen pro m² teurer sind.
Insofern verlierst du direkt Teile der staatlichen Ersparnisse beim Bauen wieder dadurch, umso kleiner der Teil des Gehalts ist, den die Leute an den Staat abgeben können (bei Sozialhilfeempfängern wäre das natürlich direkt 0%). Vollzeiterwerbstätige werden nicht in solchen Wohnungen leben wollen, schon nicht kurzfristig aber mit Sicherheit nicht auf Dauer.
Jein. Viele nicht, aber es gibt auch viele, für die das schon heute OK wäre & besser als die komische WG oder extrem langes Pendeln.
Menschen sind verschieden. Kurze Pendelzeit, kleine Wohnung ist nichts für jeden, aber für viele ein solider Deal. Und eben ordnungspolitisch gewünscht, weil man dann bspw. weniger oft Auto braucht.
Und wie gesagt: Neue Wohnungen schaffen neuen Bedarf, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass du dadurch von unten einen Effekt hast, der nennenswert die Preise weiter oben nach unten zieht.
Das gilt lokal, aber ich denke im Wesentlichen für ganz Deutschland & sehe da Berlin nur als ein eklatantes Beispiel, um das sich die Debatte ja oft dreht.
Versteh mich nicht falsch, sowas kann für bestimmte transitäre Mietergruppen, wie die Großstadt sie anzieht, vernünftig sein, Studenten beispielsweise. Aber zu glauben das könnte mehr als der Bruchteil einer Lösung des Problems steigender Mieten sein ist einfach illusorisch. Dass das besser ist als das Vorkaufsrecht gegenüber Immobilieninvestoren geltend zu machen ist *vielleicht* richtig (wobei ich vermute so groß wäre der Unterschied zwischen den Alternativen pro Mieter nicht), aber selbst da bist du ja durch die Kapazitäten der Baubranche gedeckelt. Zumal das eine falsche Dichotomie ist: Das sind ja nicht die einzigen Möglichkeiten, die der Staat hat.
Oh ja, da stimme ich dir zu.
Wenn ich rübergekommen bin als "Das alleine ist der Big Game Changer auf dem Wohnungsmarkt", dann ist das natürlich nicht so.
Und insbesondere ein Aspekt "kleiner Wohnungen" ist auch tatsächlich ein Pet Topic von mir:
Ich fände toll, wenn man Obdachlosen ein 10m² Zimmer anbieten könnte, wo man mit Chipkarte reinkommt, wo der Flur überwacht/sicher ist, etc. (Statt der Dichotomie unattraktive, unsichere Obdachlosenunterkunft oder direkt normale H4-Wohnung.)
Das fände ich einfach sozialpolitsch ein tolles Experiment. Aber ja, wie gesagt, absolutes Pet Topic.
Der andere Grund warum ich es nannte ist rein komparativ. Also eben als bessere Alternative zum Einsatz von X Mrd, statt Wohnungen aufzukaufen.
Wenn es um Game Changer Maßnahmen gehen soll, dann wären wir bei einem ganz anderen Pet Topic von mir:
Hier sähe ich LVT (Bodenwertsteuer) als eine Möglichkeit, den Landwertorientierten Gewinn der Immobilienbesitzer ("Land Rent)" abzuschöpfen, was fair & effizient wäre. Das + mit den Einnahmen der LVT Mieten subventionieren (oder lokale "Citizen's Dividend" aus LVT Einnahmen, oder andere Steuersenkungen) fände ich persönlich besser als Regulierung der Mieten.
Aber: Ich sehe LVT nicht als realistisch an in Deutschland, was die politische Debatte angeht. Während sozialer Wohnungsbau zumindest realisitsch sein könnte & potentiell von sehr breiten Schichten getragen werden könnte (also bzgl politische Zustimmung).
Und wenn ich jetzt noch öfter über LVT schreibe, dann
Für eine vollständigere Liste meiner Immobilien-/Wohnungsmarkt-Meinungen, sortiert von Impactful bis nicht:
- Für hohe LVT
- Gegen populistische Maßnahmen wie Mietpreisdeckel und "Enteignungen"
- Für Abschaffung der Grunderwerbsteuer & deutliche Senkung der Transaktionssteuern
- Für Abbau von Regulierungen, die Verdichtung behindern (Geschossflächenmaßgaben, Parkplatzpflicht)
- Für preisgünstigen sozialen Wohnungsbau, wo langfristig erwartbar ist, dass die Nachfrage hoch sein wird
Dazu fände ich auch andere Maßnahmen cool, wenn man die Mietdeltas zwischen Altmietern und Neumietern reduzieren könnte (mit ca gleicher Durchschnittsmiete), mir fällt dazu außer LVT + Citizen's Dividend aber wenig ein. Vielleicht hast du da ja Ideen, deren Fan ich werden könnte
Okay, aber siehst du nicht dass das völlig zirkulär ist? Wenn man nicht kostendeckend für den Bedarf bauen kann, dann muss subventioniert gebaut werden (oder man verzichtet halt auf Neubau). Lange Jahre hat der Staat das dadurch abgedeckt, dass er privaten Bauherren günstige Bürgschaften gegeben hat, die dafür Sozialwohnungen (mit-)gebaut haben, die allerdings auch nach einer gewissen Zeit aus der Preisbindung fielen.
Jo diese zeitlich limitierte Preisbindung finde ich deswegen semi-cool. Ist typisch für kurzfristig denkende Politik -- was in 20 Jahren passiert, ist egal.
Auch hat diese Regulierung für diese Spaltung des Marktes geführt zwischen Luxussegment & WBS-Buden. Imo nicht optimal.
Wenn Vonovia selbst auf einem heißgelaufenen Mietmarkt nicht kostendeckend bauen kann, selbst wenn sie für Neubauten* Marktpreise aufrufen können, dann liegt der Verdacht nahe dass man sowas wie Vonovia schlicht einfach nicht braucht und uns als Gesellschaft keinen nennenswerten Vorteil bringt.
Ja, das mag sein. Aber es ist auch nicht klar, dass ohne Vonovia da viel gewonnen würde.
Der kleine Vermieter hat auch Bock, Mieten zu erhöhen wo möglich. Und er mag weniger systematisch an Thema wie Nebenkosten oder Modernisierungen rangehen, aber ist dafür auch weniger effizient. Du hast mit kleinen Privatvermietern halt viel mehr Varianz.
Wäre eine Welt besser, wo bspw Berlin die Sozialwohnungen aber erst gar nicht an bspw Vonovia verkauft hätte? Tendentiell ja.
Ok, ganz jenseits davon haben wir noch ein etwas grundsätzlicheres Problem, das in der öffentlichen Betrachtung viel zu selten erwähnt wird:
Das ganze Paper ist super interessant (leider ist die Datenlage mittlerweile etwas alt), aber stellvertretend für die Befunde ist diese Grafik gut:
Ich habe Schularick mal gesehen, wie er das in Berkeley präsentiert hat, als es noch Work in Progress war. Das Paper hat eine Erklärung sowohl für die Stabilität der Preise bis nach dem zweiten Weltkrieg (technologischer Fortschritt in der Mobilität, der Land bis zu einem gewissen Punkt den Charakter als fixed asset aufweichen konnte) als auch für den langsamen, leichten Anstieg bis in die 1990er (seit dem das Auto zum präferierten Mittel des Individualverkehrs wurde, gab es keine weiteren großen Sprünge mehr, weshalb Land wieder stärker ein fixed asset wurde). Aber Schularick selbst hat zugegeben, dass er keine Erklärung für die Explosion seit den 90ern hat.
Danke fürs Teilen!
Spricht aber gerade dies nicht stark in die Richtung des Georgismus, also der LVT?
Also dass es eben nur eine Weile Sonderfaktoren gab, welche das krasse Abschöpfen von Land Rent gedämpft haben?
Wenn du dir als Extremfall einen Markt wie NYC anschaust:
Dort wird halt erschreckend viel der Wertschöpfung einfach als Land Rent generiert & dann nichtmal stark besteuert.
Da die Wertschöpfung überall tendentiell in Ballungsräumen stattfindet, wo genau diese Wertschöpfung dann Bodenpreise treibt, sehe ich genau das als das große Thema an.
Und diese Explosion fand zwar in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten statt (die Grafik ist ein composite, die individuellen Bewegungen sieht man im Paper), aber getroffen hat es letztendlich eben doch fast alle. Deutschland war bei dieser Bewegung mit am langsamsten (und sie hatte auch am Endpunkt der Datenreihe gerade erst fahrt aufgenommen),
Dämpfender Effekt durch Mietspiegel + vergleichsweise gute Verteilung der Wertschöpfung ggf? (Stichwort Industrialisierung aufm Land.)
aber mittlerweile holt Deutschland exakt diese Entwicklung nach. Die Entwicklung hat auch nichts mit Einwanderung zu tun* (de facto scheint niemand so richtig zu wissen womit sie etwas zu tun hat). Das ist effektiv eine riesige Umverteilung von Wohlstand von arm zu reich und jung zu alt, der ökonomisch völlig ungerechtfertigt ist.
Agree.
Für mich sind die Remedies Erbschaftssteuer + LVT.
Mag sein, dass auch staatliche Regulierung zu etwas ähnlichen Ergebnissen führt, aber glaube gerade den Umverteiliungseffekt zu Landbesitzern in Lagen, wo nicht diese, sondern die gesellschaftliche Dynamik für Wertsteigerungen sorgt, wirst du mit Regulierung nicht wirklich gezielt treffen. Oder?