ZDF darf Imam nicht "Hassprediger" nennen
Der umstrittene ehemalige Imam der Kreuzberger Mevlana-Moschee hat einen weiteren Sieg im Kampf gegen seine Abschiebung errungen: Nach einem Urteil des Potsdamer Landgerichts vom Mittwoch darf das ZDF den 60-jährigen Yakup Tasci nicht mehr als "Hassprediger" bezeichnen. Das Gericht untersagte dem Sender auch, dem gebürtigen Türken Zitate zuzuordnen, wonach Nichtgläubige "stinkende Deutsche" seien, die "in der Hölle landen" würden. Das ZDF will dagegen Einspruch einlegen. Seit November vergangenen Jahres hat der Prediger in diversen Gerichtsverfahren erreicht, seine Abschiebung zu verhindern.
Das Urteil in Potsdam bezieht sich auf eine im November letzten Jahres ausgestrahlte Sendung des ZDF-Magazins "Frontal". Für einen Bericht war der Imam mit versteckter Kamera während der Predigt gefilmt worden. Aus der sollen die umstrittenen Zitate stammen. Auf der ZDF-Internetseite wurde der Imam als Hassprediger bezeichnet. Tasci bestreitet alle ihm zugeordneten Zitate. Seine Predigten, so einer seiner Anwälte, seien fehlerhaft ins Deutsche übersetzt worden. In einer Erklärung hatte Tasci vor Monaten sich als "Opfer eines momentanen politischen Aktionismus" bezeichnet, für den "ein Sündenbock" gesucht würde.
Seit das Magazin damals Auszüge der Predigten des Imams veröffentlicht hatte, versucht Innensenator Ehrhart Körting (SPD) den seit mehr als 30 Jahren in Deutschland lebenden muslimischen Geistlichen in die Türkei auszuweisen. Dies hat zuletzt im Juni das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhindert. Das Gericht hatte dem Muslim Rechtsschutz gegeben und damit Beschlüsse Berliner Gerichte wieder aufgehoben. Von seiner Funktion als Prediger in der Mevlana-Moschee am Kottbusser Tor hat ihn allerdings die Islamische Föderation suspendiert.
Körting wirft dem Mitbegründer der Kreuzberger Moschee auch vor, Selbstmordattentate im Nahen Osten verteidigt zu haben. Konkret wird ihm zur Last gelegt, auf einer Kundgebung am 12. Juni 2004 auf dem Oranienplatz für diejenigen "Märtyrer" gebetet zu haben, "die ihr Blut im Irak vergießen". Daher hält Körting nach Auskunft seines Sprechers Martin Steltner auch an einer Ausweisung fest. Das Verwaltungsgericht wird darüber erst in einem Hauptverfahren entscheiden. Das soll frühestens Anfang nächsten Jahres ein Urteil fällen. Bis dahin kann Tasci weiter in Berlin bleiben. Hier wohnen auch seine Frau und sein Sohn, der einen deutschen Pass besitzt.
Bei der Verhandlung in Potsdam war kein Anwalt des ZDF erschienen. Deshalb hat das Landgericht ein so genanntes Versäumnisurteil erlassen - zu Gunsten des Imams. Falls das ZDF die umstrittenen Passagen besonders im Internet weiter verbreitet, drohen ein Ordnungsgeld von 200 000 Euro oder ersatzweise sechs Monate Haft. Das ZDF setzt darauf, vor anderen Gerichten zu siegen. Beim Landgericht München liegt eine Feststellungsklage, mit der der Sender sich gegen Tasci durchsetzen will. Ein Sprecher sagte, in einem ersten Verfahren sei das ZDF erfolgreich gewesen.
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/505496.html