Naja. Anderen einen Sparkurs aufzuerlegen ist schon was anderes als sich selbst. Insofern überrascht mich nicht wahnsinnig, dass man bereit ist Geld in die Hand zu nehmen.
Das ist natürlich prinzipiell wahr. Allerdings hatten wir seit 2008 ff. quasi ein natürliches Experiment und da hat sich gezeigt, dass das Finanzministerium damals voll mit Leuten wie Schuknecht waren, die diesen Kram tatsächlich geglaubt haben. Dass Deutschland so glimpflich aus der Krise kommen würde war damals nicht abzusehen und entgegen der landläufigen Meinung war Deutschland auch damals nicht allzu hoch verschuldet, trotzdem hat man damals sehr viel kleinere Brötchen gebacken als bspw. die USA. Ob das wirklich durchzuhalten gewesen wäre wenn die Wirtschaft sich nicht so schnell erholt hätte steht sicher auf einem anderen Blatt, aber insgesamt ist es schon erstaunlich, wie sich die Meinung da in Deutschland gedreht hat. Vor 15 Jahren war es in den Wirtschaftsredaktionen selbst in Blättern wie der SZ und der Zeit noch gang und gebe, Leute wie Bofinger als Märchenonkel der Gewerkschaften abzutun und darüber zu sinnieren, wie viel vom Hamburger Appell man umsetzen muss, um die eigene Wirtschaft nicht zu ruinieren.
Ich lasse mich da gerne belehren, bin vorerst aber skeptisch, ob diese Maßnahmen einen signifikanten Impuls auf den Konsum haben. Gerade sowas wie die Mehrwertsteuer: Das sind letztlich solche Kleckerbeträge, dass sie im Alltag überhaupt nicht wahrgenommen werden.
Na ja, zumindest in der Theorie ist der Gedanke ja ein anderer als bei der Bahn-Rabattierung. Die Idee ist hier weniger, dass jemand denkt, whoa, wenn die Schuhe 97 statt 100 Euro kosten schlage ich direkt mal zu, sondern eher, dass sich die vielen kleinen Ersparnisse am Ende des Monats auf eine Betrag summieren, der Leute denken lässt "ok, habe wohl noch genug Geld übrig um mir die Schuhe zu leisten, selbst wenn sie 100 Euro kosten".
Sehe das ähnlich wie der Herr. Obwohl ich ja sonst ein wilder keynesianischer Geldrauswerfer bin sehe ich gar nicht so die mega Voraussetzungen jetzt ein Konjunkturpaket iSv breiter Nachfragestützung durchzuführen. Sinn der Übung ist ja immer, dass Verbraucher und Unternehmen wieder bessere Zukunftsaussichten entwickeln und die animal spirits in die Pötte kommen. Das wird aber diesmal so nicht funktionieren, weil ja jeder genau weiß, dass die Unsicherheit von einem Faktor bestimmt wird, auf den weder Politik, noch Unternehmen, noch Haushalte einen Einfluss haben: Die weitere Entwicklung der Pandemie.
Na ja, das Problem daran ist halt, dass ich nicht glaube, dass wir die weitere Entwicklung der Pandemie groß mit Geld beeinflussen können. Klar kann man den Gesundheitsämtern mehr Geld in die Hand drücken und das könnte at the margin helfen, aber so wie es aussieht müssen wir uns darauf verlassen dass Leute sich an die Abstandsregeln halten und hoffen, dass das reicht.
Im Übrigen scheint mir, dass der Typ auch ein Konjunkturpaket will, er würde es nur nicht so nennen. Wenn wir darüber spekulieren, was jetzt GENAU Sache ist, begeben wir uns natürlich auf dünnes Eis, weil Präzendenzfälle quasi nicht vorhanden sind, aber ich habe meine Zweifel an so einem Programm wie dem, was er vorschlägt. Mal ehrlich, wenn du weißt dass ein großer Teil deines (möglicherweise ja vor der Krise gar nicht so schlechten) Einkommens einzig und alleine davon abhängt, dass der Staat es dir zu großen Teilen ersetzt, wie viel würdest du davon ausgeben und wie viel würdest du sparen? Klar, wenn du Kellner im Strandrestaurant bist vermutlich fast alles, weil du auch vorher finanziell keinen Spielraum hattest, aber das gilt sicher nicht im großen Rahmen. Klar wäre es ideal wenn der Staat so viel Geld wie möglich selbst ausgibt, aber wenn das nicht geht, bin ich mir nicht sicher ob das Konjunkturprogramm nicht doch die beste Alternative ist (die mit der Union zu machen ist).