Sozialstaat Deutschland Quo vaids?

parats'

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Achso, und dieses Land haben sie Babyboomer aus dem Nichts erschaffen?
Ich glaube nicht, dass man irgend jemandem vorwerfen oder zugute halten kann, dass er in seiner Zeit lebt.
Nur wenn man das tut - und du warst es, der angefangen hat von Verdiensten zu sprechen -, dann komme ich eher zu dem Schluss, dass gerade die Babyboomer es im historischen Vergleich sehr gut hatten.
Darum stört mich das Gerede davon, dass wir dieser Generation gegenüber bin besonderem Maße verpflichtet seien.

Was lässt dich denn zu dem Schluss kommen, dass es die Generationen danach schlechter hatten? Bin wirklich offen für Input, insofern raus damit.
 
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1970 waren die Babyboomer irgendwas zwischen 6 und 34 Jahren, also fängt wohl mit denen der Trend zum geringer Arbeitszeit an. Ich glaube da verwechselt man schnell Kohorten und fällt in die Propagandafalle des Senioritätsrespekts.

Ne, das ist mir schon klar, dass die Babyboomer erst ab den 80ern gearbeitet haben. Ändert ja nichts an dem Trend. (Der Trend zu weniger Arbeitszeit fing in den 20ern oder früher an, dank Gewerkschaften.)

Das ist auch nicht deren "Verdienst", darum geht es nicht. Aber saistaed hatte ja quasi gesagt, dass die Boomer nur alles geil gehabt hätten und jetzt abkassieren.
 

Gustavo

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Gustavo:
Was meinst Du mit progressiver Lohnersatzquote?


Das Differenzial zwischen unterschiedlichen Einkommensklassen, ein wie hoher Anteil des Lohns in der Rente ersetzt werden soll:

S9gcGtG.png


Die Systeme sind natürlich nie im Leben 1:1 vergleichbar. De facto erscheint es mir aber so, dass 56% für jemanden, der die Hälfte des Durchschnittslohns nicht genug ist, während 51% für jemanden mit dem Dreifachen eher zu viel ist, zumal wenn man sich die Vermögensverteilung in Deutschland anschaut.
 

parats'

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Das ist auch nicht deren "Verdienst", darum geht es nicht. Aber saistaed hatte ja quasi gesagt, dass die Boomer nur alles geil gehabt hätten und jetzt abkassieren.

Das ist der Punkt der mich dabei auch so gestört hat. Ich habe es mir aber jetzt nochmal als Verlauf durchgelesen und glaube, dass es ihm eigentlich immer um die Verhältnis zu den vorherigen Generationen ging, die quasi immer schlechter gestellt waren. Aus der Perspektive der 70er/80er Jahre hatte man natürlich die beste Grundlage als im Verhältnis zu den 50ern oder gar der Zeit während der Weltkriege. Insofern habe ich da etwas zu viel rein interpretiert, vielleicht löst er es ja noch auf.
 
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Das ist auch nicht deren "Verdienst", darum geht es nicht. Aber saistaed hatte ja quasi gesagt, dass die Boomer nur alles geil gehabt hätten und jetzt abkassieren.
Ich hab nicht gesagt, die hättens geil gehabt. Ich sage, die haben über ihre Verhältnisse gelebt. Und ich finde nicht, dass das die heutige Generation ausbaden sollte.

Worum es mir eigentlich geht: Renten sollten imo politische Verhandlungsmasse sein in demselben Maße wie es alle öffentlichen Ausgaben sind. Es wird aber oft so getan, als müsse man die irgendwie ausklammern, weil es ja irgendwie verdient erworbene Ansprüche seien. Das halte ich für Unsinn.
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Es geht doch nicht darum, ob wir es heute schlechter haben als unsere Eltern. Haben wir nicht: Die Welt wird immer besser, big deal.
Es geht hier aber um einen spezifischen Ausschnitt, nämlich die Generationengerechtigkeit in unserem Rentensystem. Und da siehts so aus, dass unsere Generation höhere Abgaben zahlt, länger wird arbeiten müssen, nebenbei noch nachhaltiger lebt und trotzdem weniger Rente bekommen wird, wenn das System bleibt, wie es ist.

Ich lamentiere darüber nicht, sage aber, dass man daran was ändern muss. Das geht letztlich nur durch Umverteilung: von den reicheren Rentnern/Pensionären zu den ärmeren.


Interessante Frage. Erinnert mich ein bisschen an den Toil-Index von Robert Frank. Ob wir jetzt tatsächlich mehr arbeiten ist imho nicht so wichtig, abzüglich der längeren Jahresarbeitszeit, dem früheren Berufseinstieg und der niedrigeren Lebenserwartung bin ich nicht sicher, ob der Anteil Arbeit an Lebenszeit wirklich günstiger für die Boomer-Generation ausfällt. Ich denke wo wir uns deutlicher von unseren Eltern unterscheiden ist darin, wie einfach es ist, eine Mittelklasse-Existenz zu führen.
Das ist, was mir hier in den USA im Gegensatz zu Deutschland am deutlichsten auffällt: Es gibt Aspekte, die einerseits kulturell völlig selbstverständlich zum Leben in der Mittelschicht gehören, die aber andererseits kostenmäßig seit Jahrzehnten viel schneller steigen als die Einkommen. Die Krankenversicherung für die Familie, die (staatliche!) Uni für die Kinder, dafür muss man heute sehr viel länger arbeiten als die Boomer in den Arbeitsmarkt eingestiegen sind. Glücklicherweise ist die Erschwinglichkeit solcher Dinge in Deutschland nicht an den eigenen Verdienst gebunden*, dafür ist bei uns Wohneigentum seit Ewigkeiten ein Problem. Das wird umso schwieriger, umso mehr sich die Lebensentwürfe in Richtung Stadt verlagern. Insgesamt habe ich aber das Gefühl, der Sozialstaat federt das in Deutschland gut ab, insofern bin ich allso sehr zufrieden.
Klar leben wir im Schnitt deutlich luxuriösere Leben als unsere Eltern im selben Alter, aber wir zahlen halt auch dafür. Einverdienerhaushalt und trotzdem ein Eigenheim, das ist heute nicht mehr vorstellbar, außer halt man erbt. Auf sowas sollten wir als Gesellschaft ein Auge haben, da gehört die Rente natürlich auch dazu. Ich hoffe niemand hier will geriatrische Wal-Mart-Greeter in Deutschland sehen.



*btw: Hier möchte ich mal meinen inneren Heator ausleben und sagen, dass ich finde insgesamt geht es in Deutschland doch sehr gerecht zu. Man muss sich wirklich nicht allzu sehr anstrengen, damit aus einem etwas wird. Ja, in Einzelfällen rutschen Leute durchs Raster und (wie überall) ist der Anfang auf dem Arbeitsmarkt der schwerste Part, aber wenn ich sehe, mit was für einer Leistung Leute in Deutschland sehr ordentliche Gehälter beziehen (SOWOHL im staatlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft), wird da schon auf sehr hohem Niveau gejammert.
 
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Ich hab nicht gesagt, die hättens geil gehabt. Ich sage, die haben über ihre Verhältnisse gelebt. Und ich finde nicht, dass das die heutige Generation ausbaden sollte.

Finde ich nicht. Wenn, dann lebt sie jetzt über ihre Verhältnisse.

Und ich finde nicht, dass das die heutige Generation ausbaden sollte.

Richtig.

Worum es mir eigentlich geht: Renten sollten imo politische Verhandlungsmasse sein in demselben Maße wie es alle öffentlichen Ausgaben sind. Es wird aber oft so getan, als müsse man die irgendwie ausklammern, weil es ja irgendwie verdient erworbene Ansprüche seien. Das halte ich für Unsinn.

Zustimmung.
Wir haben ein Umlagefinanziertes System, ergo sollten sich die Rentenansprüche einer Generation nicht aus dem, was sie geleistet haben, ergeben, sondern aus dem, was die Gesellschaft jetzt im Moment leistet. Sowohl wenn es nach oben als auch nach unten geht.

Das Problem ist halt, das (kommende) Rentner eine Menge Stimmen bei Wahlen stellen. Damit können sie leider über "fremdes Geld" bestimmen.
 

parats'

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Worum es mir eigentlich geht: Renten sollten imo politische Verhandlungsmasse sein in demselben Maße wie es alle öffentlichen Ausgaben sind. Es wird aber oft so getan, als müsse man die irgendwie ausklammern, weil es ja irgendwie verdient erworbene Ansprüche seien. Das halte ich für Unsinn.

Dann sind wir doch unterm Strich einer Meinung. Hab wie gesagt wohl mehr rein interpretiert, als Du schlussendlich meintest. sry.
 

Deleted_228929

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Ich habe jetzt die ganzen walls of text ab Seite 3 noch nicht gelesen, aber damit Bootdiskette endlich mal eine Antwort kriegt...

Also ich gebe zu, dass mein Informationsstand etwas negativer war als die Entwicklung wohl tatsächlich ist. Ich hatte vor zwei Jahren dieses Buch hier gelesen: https://www.amazon.de/Die-große-Rentenlüge-bezahlbare-Alterssicherung/dp/3864891779

Ungeachtet des reißerischen Titels und der Tatsache, dass die Autoren aus ihren politischen Wünschen wenig Hehl machen, hat sich das ziemlich seriös gelesen. Allerdings stützen sie ihren Argumentation immer nur auf die Rente der langjährig Versicherten, die sich deutlich mieser entwickelt haben als die Renten allgemein (siehe erste Grafik).

Was man also sieht ist, dass die durchschnittlichen Ausgaben pro Rentner gestiegen sind, wenn auch etwas geringer als die Inflation,
Hier sollte man nicht einfach die Durchschnittsrente pro Rentner nehmen, wenn man die aktuelle Entwicklung betrachten möchte. Denn hierin sind ja immer Bestandsrenten enthalten, die Höher sind.

Guck mal hier: https://statistik-rente.de/drv/

Bei Rentenversicherung -> RV in Zeitreihen und dann das Dokument "Rentenzugang". Da kann man die ausbezahlten Renten für Neurentner sehen. Ich habe mal für alten Bundesländer die Altersrenten nominal und real dargestellt (siehe zweite Grafik, real nur ab 1991). Zugegeben, seit 2013 geht es wieder ein wenig nach oben, davor ist es aber 20 Jahre nur nach unten gegangen. Ich habe das jetzt nicht mit dem realen BIP/Kopf verglichen, aber es wäre mir neu, dass sich das auch nur annähernd so schlecht entwickelt hätte.

Wenn man sich das nur für westdeutsche Männer anschaut, dann sieht es übrigens nicht besser aus, sondern noch schlechter. An Frauen und Ossis liegt es also nicht. ;)

Aus dem Dokument geht auch hervor, dass die Zahl der Versicherungsjahre zumindest seit Anfang der 90er-Jahre konstant angestiegen ist. D.h. die Leute kriegen weniger obwohl sie länger einbezahlt haben.

Verweise auf einen Anstieg der aggregierten Ausgaben überzeugen mich da jetzt offen gestanden nicht so sehr in einem Land mit Hausnummer 7% Leistungsbilanzüberschuss, das gerade mal etwas mehr als 9% des BIP für Rente aufwendet, wohingegen es z.B. in Österreich 14% sind. Und das Land wirkt es so von außen betrachtet nicht so als ob es aus dem letzten Loch pfeift.
 
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Deleted_228929

Guest
So, habe jetzt alles gelesen.

dafür ist bei uns Wohneigentum seit Ewigkeiten ein Problem.
Inwiefern ist das ein Problem? Welche pauschalen Vorteile erwachsen sich aus dem Besitz einer Wohnung gegenüber der Miete? Ich habe nicht das Bestreben, Wohneigentum zu besitzen, jedenfalls nicht in diesem Lebensjahrzehnt.


Einverdienerhaushalt und trotzdem ein Eigenheim, das ist heute nicht mehr vorstellbar, außer halt man erbt.
Wenn du dir sonst den Lebensstandard der 60er oder 70er (oder welche Referenzperiode du da auch immer im Kopf hast) gönnst, dann geht das locker.
 
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Die Menschen haben früher im Schnitt aber auch deutlich früher mit dem Arbeiten angefangen, oder nicht? Mit nem Hauptschulabschluss kannst du dich heute doch nur noch für H4 bewerben und für nen Job bei McD brauchst du Abitur mit Bachelor. Mit 15/16 Arbeiten anfangen und trotzdem Teil der Mittelschicht sein war damals dagegen normal.

Jo. Ich habe drei ältere Brüder. Einer ist gelernter Dreher, einer Industriekaufmann, einer Polizist. Alle drei haben ein großes Haus mit Garten. Zwar auf dem Land, aber trotzdem. Vor allem haben die das easy vor dem 30. Lebensjahr auf die Beine gestellt. Heute würde das wahrscheinlich nur noch der Polizist leicht stemmen.

Aber man darf die anderen Faktoren, die hier bereits genannt wurden, natürlich nicht einfach ausklammern.
 

Benrath

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Jo. Ich habe drei ältere Brüder. Einer ist gelernter Dreher, einer Industriekaufmann, einer Polizist. Alle drei haben ein großes Haus mit Garten. Zwar auf dem Land, aber trotzdem. Vor allem haben die das easy vor dem 30. Lebensjahr auf die Beine gestellt. Heute würde das wahrscheinlich nur noch der Polizist leicht stemmen.

Aber man darf die anderen Faktoren, die hier bereits genannt wurden, natürlich nicht einfach ausklammern.

Wieso eigentlich? Ist der Drehe schon so obsolet geworden? Afaik heißt das jetzt anders, aber glaub solche Leute braucht man immer noch.

Kann mir gerade wenig unter Industriekaufmann vorstellen, scheint irgendwie ohne Spezialisierung zu sein. Geht man dann eher in den Vertrieb. Kann man sich da ohne Abitur nicht durchsetzen

Gerade im Handwerklichen Bereich gäbe es doch genug Berufe für die man kein Abi bräuchte, aber es hält sich hartnäckig die Legende, dass man ohne Abi und Studium nicht durchs Leben gehen könnte.
 
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Wieso eigentlich? Ist der Drehe schon so obsolet geworden? Afaik heißt das jetzt anders, aber glaub solche Leute braucht man immer noch.

Kann mir gerade wenig unter Industriekaufmann vorstellen, scheint irgendwie ohne Spezialisierung zu sein. Geht man dann eher in den Vertrieb. Kann man sich da ohne Abitur nicht durchsetzen

Gerade im Handwerklichen Bereich gäbe es doch genug Berufe für die man kein Abi bräuchte, aber es hält sich hartnäckig die Legende, dass man ohne Abi und Studium nicht durchs Leben gehen könnte.

Man kann wunderbar ohne Abi/Studium durchs Leben gehen. Industriekaufmann ist im Prinzip Bürokaufmann im produzierenden Gewerbe, mittlerweile leitet dieser Bruder das Büro eines Standorts eines großen Logistikunternehmens. Angefangen hat er (wie sehr viele Leute aus meiner Heimat) im heimischen Stahlwerk, das um 2000 rum in Konkurs gegangen ist.

Mit nem "normalen" handwerklichen Beruf verdient man aber bei heutigen Lebenshaltungskosten (v.a. im städtischen Raum) eindeutig zu wenig, um sich ernsthaft was aufzubauen - außer man macht den Meister und gründet ein eigenes Unternehmen. Von irgendwas zwischen 1k und 1,5k Netto wirste niemals in die Nähe eines Eigenheims kommen.
 
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Also der "Dreher" ist ein Zerspanungsmechaniker und verdient laut Stepstone ( :deliver: ) im Schnitt 42.800€. Das macht Netto ~2.200€.
In solchen Berufen bekommt man oft noch Schichtzulagen oder ähnliches, das ist da wahrscheinlich noch nicht mit drin.
 

Benrath

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Ich hab gerade mal Maler im Raum Bonn geguckt und da steht 38.000€. Damit ist man nciht weit weg vom Durchschnittseinkommen 46.560 (erste Zahl die ich gefunden hab) und weit über dem Medianeinkommen.

https://www.stepstone.de/gehalt/Maler-in/city/Bonn.html

Was man auch nicht unterschätzen sollte ist das man sich als Maler oder mit anderen Handwerksberufen leicht schwarz was dazu verdienen kann.
 
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Das Differenzial zwischen unterschiedlichen Einkommensklassen, ein wie hoher Anteil des Lohns in der Rente ersetzt werden soll:
[.IMG]https://i.imgur.com/S9gcGtG.png[/IMG]
Die Systeme sind natürlich nie im Leben 1:1 vergleichbar. De facto erscheint es mir aber so, dass 56% für jemanden, der die Hälfte des Durchschnittslohns nicht genug ist, während 51% für jemanden mit dem Dreifachen eher zu viel ist, zumal wenn man sich die Vermögensverteilung in Deutschland anschaut.
Ah okay thx. Ja, da bin ich quasi Deiner Meinung und habe mich aus einem ähnlichen Grund über diese unsägliche Umsetzung der Grundrente aufgeregt … wenn ich nur daran denke kommt mir die Kotze hoch.
Mein Vorschlag wäre da eher: Die Rentenpunkte nach der üblichen Berechnung entweder
a) degressiv modifizieren, d.h. man bekommt (bspw., Zahlen erfunden) für die ersten 5 Rentenpunkte die man erwirbt einen Bonus von X, für die nächsten 5 Punkte sinkt der Bonus etwas, und für die nächsten sinkt er weiter … usw., oder
b) grundsätzlich etwas anders gestalten indem man den Erwerb eben nicht linear an die eingezahlte Summe koppelt, sondern etwas unterproportional und zusätzlich die Beitragshöhe weiter oben erst deckelt.
Beides ließe sich auch kombinieren, wobei ich den a)-Anteil geringer halten würde, um keine perversen Anreize zu schaffen. Damit hätten wir dann den Effekt, dass man schneller ein akzeptables Niveau an Rente erreicht und vor allem das ganze auch noch ohne die absurden Prüfaufwände des aktuellen Vorschlags bei dem ich mich frage wie bescheuert man sein muss, um überhaupt auf sowas zu kommen.
Zusätzlich könnte man dann gleich auch noch für Erwerbsgemeinschaften analog zur Besteuerung (=erfolgt gemeinsam als Einheit) auch den Erwerb von Rentenansprüchen als Einheit regeln, wodurch man die Ungerechtigkeiten bei Einverdiener-Ehen beseitigt weil der Lastenausgleich bei Scheidung entfällt und stattdessen einfach die jeweils individuell erworbenen Punkte 50/50 auf die Rentenkonten verteilt werden.
Alles Dinge die ohne riesigen Verwaltungsaufwand möglich sein sollten und bei grundsätzlicher Beibehaltung der bestehenden Prozesse einen relevanten Anteil existierender Ungerechtigkeiten stark reduzieren.
Wenn man da dann noch eine Pflichtversicherung der Beamten in der DRV hinzunimmt und die Beihilfe so reformiert, dass Beamte nicht dem perversen Privatversicherungsanreiz unterliegen, haben wir einen deutlich verbesserten Sozialstaat bei dem auch insb. die Länder nicht komische Anreize zur Verbeamtung oder nicht-Verbeamtung von Lehrern haben wenn sie eigentlich Geld sparen wollen/müssen.

Mein Sonderwunsch wäre dann noch: Das deutsche Umlagemodell der Rente ergänzen um eine verpflichtende kapitalmarktorienterte Komponente. X% der eingezahlten Beiträge gehen in den "Deutscher Rentenfonds" (DRF) der wiederum langfristig orientiert international anlegt wie der Norwegische Ölfonds. Dividenden und Gewinne werden zur Finanzierung der Rente genutzt. Der DRF muss möglichst weit weg von Berlin institutionalisiert werden, um möglichst wirkungsvoll vom politischen Betrieb entkoppelt zu sein und nicht instrumentalisiert zu werden abseits sinnvoller Richtlinien.
Einen ähnlichen Fonds dann bitte auch allgemein als "Deutscher Investment Fonds" der weltweit in Zukunftstechnologie investiert und mit den Erträgen die Entwicklung von Zukunftstechnologien in Deutschland fördert. Ansiedlung ebenfalls weit weg von politischer Einflussnahme.

*btw: Hier möchte ich mal meinen inneren Heator ausleben und sagen, dass ich finde insgesamt geht es in Deutschland doch sehr gerecht zu. Man muss sich wirklich nicht allzu sehr anstrengen, damit aus einem etwas wird. Ja, in Einzelfällen rutschen Leute durchs Raster und (wie überall) ist der Anfang auf dem Arbeitsmarkt der schwerste Part, aber wenn ich sehe, mit was für einer Leistung Leute in Deutschland sehr ordentliche Gehälter beziehen (SOWOHL im staatlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft), wird da schon auf sehr hohem Niveau gejammert.
Danke. Ich krieg immer Pickel wenn irgendwer versucht Deutschland zum rassistischsten und ungerechtesten Land der Welt zu stilisieren. Ich habe dann immer den Eindruck, dass diese Menschen noch nie lange genug irgendwo im Ausland waren, um zu realisieren wie kaputt, rassistisch und ungerecht so das durchschnittliche nicht-europäische Land ist (und auch genügend europäische).
Apropos. Frage an Dich: würdest Du die USA als strukturell rassistischer als Deutschland einschätzen oder umgekehrt? Ich habe schon beides gehört, kenne die USA aber nicht wirklich gut genug, um das einschätzen zu können.

SFJunky:
Danke für die Zahlen. Ich hatte halt das genommen was beim statistischen Bundesamt da war. Da wäre es jetzt natürlich interessant die Quantile anzuschauen, um zu sehen wie sich so mean und median unterscheiden. Zusätzlich müsste man dann auch in der Breite über die Kohorten die Erwerbsbiographien anschauen, um wirklich die Gründe für diese Entwicklung im Kern zu erfassen.

ad Handwerksberufe:
Was da auch wichtig ist ist der Besteuerungsvorteil wenn man Handwerker plus frühe Bindung in einer Partnerschaft macht. Wenn man dann einmal Voll und einmal Teilzeit verdient und recht bald ein Kind hat, dann ändert das den Nettoertrag doch recht schnell massiv. Rechenbeispiel:
--> Steuerklasse III
--> 3500 EUR/Monat Bruttoverdienst (Verteilung des Verdienstes auf die Partner ist hier egal)
--> 1 Kinderfreibetrag
--> Gesetzliche Krankenkasse mit 15,7% Beitragssatz
Ergibt: 2745 EUR netto.
Mit 500 mehr brutto oder einem zweiten Kind ist man dann schon bei 3030 respektive 2950 netto. Das ist schon vergleichsweise respektabel was man da anteilig rausbekommt. Klar lebt man nicht auf riesigem Fuß, aber anders gesagt: Ich schaue auf meine Abzüge in Steuerklasse I und denke mir: :8[:
 

parats'

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Da Äquivalent zu SK 1 wäre bei 3/5 eine 4 (mit oder ohne Faktor), wobei 4 und 1 sich gleichen. Allerdings ist 3/5 bei Vollzeit/Teilzeit in der gemeinschaftlichen Veranlagung nicht immer "vorteilhaft" (unter Strich zahlt man weniger aber sollte eine Reserve zurücklegen), denn durch die Ungleichverteilung kriegt die SK5 niemals das delta der SK3 zusammen, wenn am Jahresende die Steuerlast festgelegt wird.

Man sollte zumindest die etwaige Nachzahlung immer im Kopf behalten.
 
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Wie soll man denn "unterm Strich" weniger zahlen? Die Steuerklasse beeinflusst doch allein den unterjährigen Abzug.
 

parats'

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Das meinte ich mit der Reserve, etwas unglücklich formuliert tbh. Unterjährig zahlst du weniger und musst am ende das Delta ausgleichen, was du vorher durch 3/5 erzeugt hast. Die Steuerlast ist natürlich immer gleich, insofern ist das Geschiebe mit der SK nur Augenwischerei.
 
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Das wiederum ist so nun auch nicht wahr. Wenn in der Vergleichenden Politischen Ökonomie bzgl. der deutschen Rente irgendetwas auffällt, dann ist es Folgendes: In so ziemlich jedem Land ist die Lohnersatzquote progressiver ausgestaltet als bei uns. Auf Dauer wird man nicht drumherum kommen, das Äquivalenzprinzip aufzuweichen, wenn man Altersarmut weiterhin vermeiden will.

Die Progressivität der Lohnersatzquote des Auslands kenne ich in der Tat nicht. Allerdings vertrete ich die Auffassung, dass sich das Problem nur durch eine komplett andere Finanzierung lösen lässt. Wenn ich bis 67 weiter so einzahle gilt folgendes:

Ca. 2000 € Rente brutto (Einkommenssteuer, Krankenversicherung usw. sind davon noch zu zahlen).
Einzahlungen während meines Erwerbslebens: ca. 250.000 €
Einzahlungen durch Arbeitgeber: ca. 250.000 €

Ausgehend von der Vereinfachung, dass sich Inflation durch höhere Beiträge und Rentenerhöhungen gegeneinander aufheben, muss ich mindestens 88 werden. Ich will gar nicht daran denken, was ich für eine Rente bekäme, wenn ich diese tatsächlich anlegen dürfte (ETF; Immobilienfonds; .....).
Eine ordentliche Umverteilung findet also meiner Meinung nach heute schon in der Rente statt. Ich habe einfach ein Problem damit, dass alles nur auf der Ebene der Erwerbseinkommen finanzieren zu wollen.

Die Rufe nach stärkerer Progression kommen doch nur daher zu Stande, dass die Schwachen mit zu wenig Rente dastehen. Nicht aus der Perspektive, dass die Leistungsträger übervorteilt würden!

€: Davon ab, dass jemand mit 76.000 € Brutto im Jahr ein maximaler gesellschaftlicher Wohltäter sein soll, Menschen mit 1 Mrd. Vermögen und Kapitaleinkünften ohne Ende aber hinsichtlich der Rente gar nicht. Beamte halten sich natürlich auch komplett raus (haben über 70% ihres letzten! Nettos ohne dafür entsprechende Abzüge zu haben --> viel mehr Netto vom Brutto)
 
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Dass das jetzige System ein Rip-Off für den Arbeitnehmer ist, bestreitet wohl niemand.

Welche guten Gründe jenseits des politischen Havocs gibt es eigentlich dagegen, die RV platt zu machen und eine steuerfinanzierte Volksrente einzuführen?
 

Deleted_228929

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Dass das jetzige System ein Rip-Off für den Arbeitnehmer ist, bestreitet wohl niemand.

Welche guten Gründe jenseits des politischen Havocs gibt es eigentlich dagegen, die RV platt zu machen und eine steuerfinanzierte Volksrente einzuführen?
Rente direkt nur noch nach aktueller Kassenlage? Nein danke.

Es denkt ja auch hoffentlich keiner, dass bei Umstellung des Systems nicht eine kräftige Verlagerung der Zahllast in Richtung AN stattfinden würde.

Und was wäre der konkrete Vorteil? Was könnte das neue System, was das alte nicht auch hinbekäme wenn man wollte?
 

Benrath

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Rente direkt nur noch nach aktueller Kassenlage? Nein danke.

Es denkt ja auch hoffentlich keiner, dass bei Umstellung des Systems nicht eine kräftige Verlagerung der Zahllast in Richtung AN stattfinden würde.

Und was wäre der konkrete Vorteil? Was könnte das neue System, was das alte nicht auch hinbekäme wenn man wollte?

Glaubst du an die Illusion AN und AG Anteil für die Rente?
 
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Sorry, aber derlei Einwände sind bei einer rein hypothetischen Diskussion bescheuert: "Du würdest also x machen, aber glaubst doch wohl nicht, dass du auch y machen würdest!"
Unsinn ...

Das ist doch alles eine Frage der Übergangsregelung und ließe sich relativ beliebig steuern, wenn man denn will.

Darum zieht auch das Argument "Rente nach Kassenlage" bei mir überhaupt nicht: Beamtenpensionen werden auch aus dem Haushalt bezahlt und sind deshalb kein bisschen weniger sicher.

Den Vorteil sehe ich darin, dass man die Finanzierung nicht künstlich auf einen Teil der Erwerbseinkommen verengt, sondern mehr Gestaltungsspielraum hätte.
Im Ergebnis würde die Rente genau wie andere Sozialleistungen behandelt, was sie in meinem Augen auch sein sollte.

Politische Risiken sehe ich eher in der anderen Richtung, dass es für den Gesetzgeber eventuell eine noch niedrigere Hemmschwelle gäbe Rentenerhöhungen als Wahlgeschenke zu verteilen.
 
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Benrath

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Wie meinst Du das?

Die Rente zahlst immer du mit deiner Arbeitskraft, egal ob das AN oder AG Anteil ist.

Die Framing Frage ob sich ein anderes Lohnniveau einstellen würde, wenn es keine Unterscheidung gäbe, ist ne andere.

Läge dann eher daran, dass die Leute es nicht merken, das ihr Nettolohn sich ändert, wenn es keinen AG Anteil gäbe.. Meinetwegen.
 
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Das könnte man ja gesetzlich regeln. Schritt 1: AG-Anteil an der SV wird auf Lohnabrechnung ausgewiesen. Schritt 2: AG-Anteil wird rausgenommen und rechnerisch dem AN-Anteil zugeschlagen. Schritt 3: RV fällt weg und wird der Lohnsteuer draufgeschlagen.

Das ist letztlich nur Hin-und-her-Gerechne. Die Frage ist, welche inhaltlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.
Danach habe ich ja gefragt. Und das war auch bewusst als offene Frage formuliert.
Ich bin aus Gründen der Konsistenz grundsätzlich skeptisch gegenüber Subsystemen wie unserer Sozialversicherung. Darum interessiert mich, was der Wert davon ist jenseits historisch bedingter Status-quo-Bias.

Ich würde dieselbe Frage bei AV und KV stellen, um die es hier aber nicht geht.
 

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Die Rente zahlst immer du mit deiner Arbeitskraft, egal ob das AN oder AG Anteil ist.

Die Framing Frage ob sich ein anderes Lohnniveau einstellen würde, wenn es keine Unterscheidung gäbe, ist ne andere.
Der Punkt ist: Wenn der RV-Beitrag abgeschafft wird, werden AN und AG entlastet. AN, weil mehr Netto vom Brutto. AG, weil die Lohnnebenkosten (also auf gut deutsch: die Lohnkosten) sinken. Soll die Rente über Steuern finanziert werden, müssen diese dann entsprechend erhöht werden. Und es glaubt hier ja wohl keiner ernsthaft, dass bei der AG-Seite genauso zugelangt wird wie bei der AN-Seite. Unterm Strich wird es eine Verschiebung der Last hin zu den AN geben. Und natürlich ist es ein politökonomisches Argument. Sehe jetzt nicht, warum das "Unsinn" sein soll.

Aber wenn man das nun ausklammern will und es einfach nur stumpf um die Frage geht, ob man nicht Finanzierungsbasis der RV verbreitern sollte: Das geht doch auch mit dem momentanen System indem man einfach die Beitragsbemessungsgrenzen abschafft oder stark anhebt und auch Kapitaleinkommen heranzieht. Auch eine Progression bei den RV-Beiträgen ist machbar. Diese gibt es (rudimentär) in Österreich.

Ach ja: Sämtliche Forderungen nach einer Kapitaldeckung der Rente triggern mich auch direkt hart. Totales Pfuipfui für mich.
 
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Benrath

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Der Punkt ist: Wenn der RV-Beitrag abgeschafft wird, werden AN und AG entlastet. AN, weil mehr Netto vom Brutto. AG, weil die Lohnnebenkosten (also auf gut deutsch: die Lohnkosten) sinken. Soll die Rente über Steuern finanziert werden, müssen diese dann entsprechend erhöht werden. Und es glaubt hier ja wohl keiner ernsthaft, dass bei der AG-Seite genauso zugelangt wird wie bei der AN-Seite. Unterm Strich wird es eine Verschiebung der Last hin zu den AN geben. Und natürlich ist es ein politökonomisches Argument. Sehe jetzt nicht, warum das "Unsinn" sein soll.

Aber wenn man das nun ausklammern will und es einfach nur stumpf um die Frage geht, ob man nicht Finanzierungsbasis der RV verbreitern sollte: Das geht doch auch mit dem momentanen System indem man einfach die Beitragsbemessungsgrenzen abschafft oder stark anhebt und auch Kapitaleinkommen heranzieht. Auch eine Progression bei den RV-Beiträgen ist machbar. Diese gibt es (rudimentär) in Österreich.

Ach ja: Sämtliche Forderungen nach einer Kapitaldeckung der Rente triggern mich auch direkt hart. Totales Pfuipfui für mich.

Schau mal, an sich widersprechen wir uns glaub ich gar nicht so sehr. Irgendwer muss die Rente zahlen. Und im Umlageverfahren passiert das durch die Arbeitskraft der AN wenn sie die RV Beiträge zahlen oder wenn es irgendwie anders geartet durch Steuern finanziert würde.

Was ist jetzt das Problem?

Wer am Ende wieviel von der Rente trägt hängt von den Elastizitäten des Arbeitsangebots / nachfrage oder auch des Kapitals ab, wenn versucht wird die Mittel für die Rente zu erheben.

There is no free lunch.


Und dann ist halt naiv zu sagen zur ZEit ist das System besser, weil 50% vom AG bezahlt werden. Das sind für den genauso Lohnkosten, wie wenn der AN 100% zahlen würde. Wenn der AN in der anderen Welt aus ungeklärten Gründen ein niedrigeres Bruttoeinkommen akzeptiert, sähs anders aus. Ich wüsste jetzt aber eigentlich nicht wieso*. Würde doch total auffallen, die jetztig Trennung zwischen AG und AN Anteil passiert doch an der Quelle und damit unbemerkt für den AN.

*ka obs da jetzt andere verzerrende Effekte gibt, weil der AG das irgendwie anders geltend machen kann.


edit: lol genau #2 an Stirling und dann noch zeitgleich
 
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Der Punkt ist: Wenn der RV-Beitrag abgeschafft wird, werden AN und AG entlastet. AN, weil mehr Netto vom Brutto. AG, weil die Lohnnebenkosten (also auf gut deutsch: die Lohnkosten) sinken. Soll die Rente über Steuern finanziert werden, müssen diese dann entsprechend erhöht werden. Und es glaubt hier ja wohl keiner ernsthaft, dass bei der AG-Seite genauso zugelangt wird wie bei der AN-Seite. Unterm Strich wird es eine Verschiebung der Last hin zu den AN geben. Und natürlich ist es ein politökonomisches Argument. Sehe jetzt nicht, warum das "Unsinn" sein soll.

Der AG ist für eine Arbeitskraft bereit, eine bestimmte Summe auszugeben. Was er an Versicherung zahlt, hat er dir vorher vom Brutto abgezogen. Der sagt sich doch nicht "die Arbeitskraft ist mir 3000€ wert. Ah shit, da kommen ja noch Sozialbeiträge drauf. Ajo, hab ich halt Lohnkosten von 3500€".

Also ja, rein rechnerisch wird die AN Belastung mehr, aber unterm Strich bleibt dem AN das selbe Netto.
 
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Ich glaube, dass SFJ das wohlbewusst ist. Er glaubt einfach, dass der AN beim Übergang benachteiligt wird, weil der Staat sich die fehlenden AG-Anteile nicht vollständig über Unternehmenssteuern zurückholen wird, sondern verstärkt über die Lohnsteuer, womit des ANs Netto beschnitten wird.

Ich halte diesen Einwand für widersinnig, weil er imo den politischen Gestaltungsspielraum des Übergangs außer Acht lässt.

Letztlich geht es mir um die Frage, welchen selbständigen Wert es hat, wenn das Rentensystem als Versicherung ausgestaltet ist.
Offen gestanden, bin ich wohl einfach dem Prinzip des Generationenvertrags gegenüber negativ biased. Ich sehe immer eins von zwei Problemen: Entweder hat man durch die Rentenansprüche einen starken Lock-In-Effekt. Dann ist ein nicht unbedeutender Teil des Staatshaushalts dem Zugriff des Gesetzgebers entzogen, was sich schwerlich mit dem Demokratieprinzip verträgt. Oder es gibt nur einen schwachen Lock-In-Effekt, d.h. die Rentenansprüche sind relativ beliebig politisch disponibel. Dann ist der Versicherungscharakter überhaupt nicht gegeben und man kann sich diese Hilfskonstruktion im Grunde sparen, weil sie alles nur komplizierter macht und undurchsichtiger macht.

De facto befinden wir uns irgendwo in der Mitte, aber meine Intuition geht sehr stark davon, dass der zweite Weg der einzige ist und man daher keine gesetzliche RV benötigt.
 

Benrath

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Ich glaube, dass SFJ das wohlbewusst ist. Er glaubt einfach, dass der AN beim Übergang benachteiligt wird, weil der Staat sich die fehlenden AG-Anteile nicht vollständig über Unternehmenssteuern zurückholen wird, sondern verstärkt über die Lohnsteuer, womit des ANs Netto beschnitten wird.

Mein Einwand ist halt, dass AN schon jetzt alles durch seine Arbeitskraft zahlt, weils ein Teil seines Bruttolohn ist. Wenn es morgen heißt 100% sind AN ändert sich doch am Lohn nichts?

Komplexer ist die Frage, wenn der RV Anteil komplett raus geht und der Bruttolohn sich darum verringert. Das müsste durch eine Erhöhung z.B. der Mwst oder anderer Steuern aufgefangen werden.

Dann kämen die Gleichgewichtsüberlegungen, dass das de facto einer Reallohnsenkung entsprechen würde, wenn sich das Lohnniveau nicht wieder anpassen würde, um die Steuern für die RV zu zahlen.
 
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Mein Einwand ist halt, dass AN schon jetzt alles durch seine Arbeitskraft zahlt, weils ein Teil seines Bruttolohn ist. Wenn es morgen heißt 100% sind AN ändert sich doch am Lohn nichts?

Komplexer ist die Frage, wenn der RV Anteil komplett raus geht und der Bruttolohn sich darum verringert. Das müsste durch eine Erhöhung z.B. der Mwst oder anderer Steuern aufgefangen werden.

Dann kämen die Gleichgewichtsüberlegungen, dass das de facto einer Reallohnsenkung entsprechen würde, wenn sich das Lohnniveau nicht wieder anpassen würde, um die Steuern für die RV zu zahlen.

Ich möchte bei dieser Diskussion darauf hinweisen, dass der Bund für 2020 einen steuer-finanzierten Bundeszuschuss von 101,8 Mrd. € (75% sind wohl direkt für die RV, der Rest sind Zuschüsse für Kindererziehungszeiten etc.) für die Rentenversicherung eingeplant hat. De facto reichen die Zahlungen für die Rentenversicherung schon lange nicht mehr aus, um die Rentner zu versorgen.

Die Versorgungslücke steigt durch den Demographie-Faktor immer weiter (für 2023 geht man von 113,7 Mrd. € aus) und gerade diese Lücke fußt auf unserem Verfahren, wie unsere Rente grundsätzlich finanziert wird. An der Rente selbst wird eben immer geschraubt, um die Zuzahlungen notdürftig zu begrenzen.
 

Benrath

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Ich möchte bei dieser Diskussion darauf hinweisen, dass der Bund für 2020 einen steuer-finanzierten Bundeszuschuss von 101,8 Mrd. € (75% sind wohl direkt für die RV, der Rest sind Zuschüsse für Kindererziehungszeiten etc.) für die Rentenversicherung eingeplant hat. De facto reichen die Zahlungen für die Rentenversicherung schon lange nicht mehr aus, um die Rentner zu versorgen.

Die Versorgungslücke steigt durch den Demographie-Faktor immer weiter (für 2023 geht man von 113,7 Mrd. € aus) und gerade diese Lücke fußt auf unserem Verfahren, wie unsere Rente grundsätzlich finanziert wird. An der Rente selbst wird eben immer geschraubt, um die Zuzahlungen notdürftig zu begrenzen.

Stimmt, ich wollte nur abstrakt diese Diskussion zu AN und AG Anteil führen. De facto sind wir schon lange in der Steuerfinanzierung angekommen.
 

Gustavo

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Inwiefern ist das ein Problem? Welche pauschalen Vorteile erwachsen sich aus dem Besitz einer Wohnung gegenüber der Miete? Ich habe nicht das Bestreben, Wohneigentum zu besitzen, jedenfalls nicht in diesem Lebensjahrzehnt.


An (alleinstehende?) PhD-Studenten dachte ich da jetzt auch nicht unbedingt, als ich das geschrieben habe. Du wirst doch wohl auch sehen, dass ein Eigenheim Leute zur Vermögensbildung zwingt, die sonst kaum Vermögen aufbauen würden, oder?


Wenn du dir sonst den Lebensstandard der 60er oder 70er (oder welche Referenzperiode du da auch immer im Kopf hast) gönnst, dann geht das locker.


Kommt drauf an wo du wohnen möchtest. Wenn das in der klassischen (west-)deutschen Universitätsstadt oder einer Schwarmstadt ist wohl eher nicht, weil selbst das Grundstück, auf dem ein etwaiges Reihenhaus stünde, unerschwinglich sein wird. Mal ganz abgesehen davon ist die Anspruchsinflation ja durchaus nicht irrational: Wir sind ja als Arbeitnehmer auch produktiver als unsere Eltern es waren. Gerade bei Wohneigentum sind Annehmlichkeiten imho relativ nachrangig (zumindest im Rahmen dessen, was man sinnvollerweise überhaupt auf den Markt bringen darf). Ich habe sowas wie den Toil-Index jetzt noch nicht für Deutschland gesehen, aber was glaubst du wie sich die Zahl an Arbeitsstunden entwickelt hat, die ein durchschnittlicher Arbeitnehmer leisten muss, um sich Wohneigentum in vergleichbarer Lage leisten zu können im Vergleich zu unserer Elterngeneration. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie konstant geblieben ist, wenn man nicht gerade auf dem Dorf wohnen möchte.


[...]

Danke. Ich krieg immer Pickel wenn irgendwer versucht Deutschland zum rassistischsten und ungerechtesten Land der Welt zu stilisieren. Ich habe dann immer den Eindruck, dass diese Menschen noch nie lange genug irgendwo im Ausland waren, um zu realisieren wie kaputt, rassistisch und ungerecht so das durchschnittliche nicht-europäische Land ist (und auch genügend europäische).
Apropos. Frage an Dich: würdest Du die USA als strukturell rassistischer als Deutschland einschätzen oder umgekehrt? Ich habe schon beides gehört, kenne die USA aber nicht wirklich gut genug, um das einschätzen zu können.


Der Rentenreform würde ich vorbehaltlos zustimmen. In Zeiten, in denen sich der Bund umsonst Geld leihen kann, ist es absurd, wie viel Geld diesbezüglich liegen gelassen wird, weil es letztendlich nicht so schwer wäre, temporäre Kursverluste auszugleichen. Seltsamerweise wird diese Reform allerdings hierzulande immer nur im Zug von "mehr Eigenverantwortung" gebracht, als ob nicht alle wüssten fehlende Eigenverantwortung nicht das Problem ist.


Zu der Rassismus-Frage: Schwer zu sagen und schwierig zu vergleichen. Ich würde vermuten es ist in den USA schon schlimmer, alleine schon weil es hier das lange kulturelle Erbe einer Gesellschaft gibt, die Rassismus aktiv politisch genutzt hat, um einen nennenswerten Teil der Bevölkerung in die Rolle des Bürger zweiter Klasse zu drängen. Dafür gab es in Deutschland nie eine echte Notwendigkeit, weil der Anteil derjenigen, gegen die man "rassistisch" sein konnte, lange Zeit sehr überschaubar war.
 

Deleted_228929

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Ich glaube, dass SFJ das wohlbewusst ist. Er glaubt einfach, dass der AN beim Übergang benachteiligt wird, weil der Staat sich die fehlenden AG-Anteile nicht vollständig über Unternehmenssteuern zurückholen wird, sondern verstärkt über die Lohnsteuer, womit des ANs Netto beschnitten wird.
Danke.

Scheint einige zu überraschen, aber ich bin tatsächlich in der Lage etwas mit Begriffen wie "Bruttoeinkommen" und "Arbeitnehmerentgelt" und den jeweiligen Definitionen anzufangen.


Ich halte diesen Einwand für widersinnig, weil er imo den politischen Gestaltungsspielraum des Übergangs außer Acht lässt.
Nö, gerade eben nicht. Nur bin ich halt ziemlich sicher, dass dieser Gestaltungsspielraum nicht zugunsten der AN genutzt werden würde.


Du wirst doch wohl auch sehen, dass ein Eigenheim Leute zur Vermögensbildung zwingt, die sonst kaum Vermögen aufbauen würden, oder?
Ich kapier das Argument nicht. Warum zwingt einen ein Eigenheim zur Vermögensbildung? Wenn ich ein Eigenheim habe, dann habe ich doch schon Vermögen gebildet: Das Eigenheim.
 
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Leute geben ihr Geld für Quatsch aus, bis Konto leer ist.
Wenn man ein Haus über Kredit kauft, zwingt dich die Bank dazu, den Kredit abzubezahlen, bevor man den Urlaub all inclusive bucht -> Vermögensbildung über das Haus.

Und wo ist jetzt der Unterschied für den AN, ob man die Rente 100% über eine Versicherung oder 100% über Steuern zahlt?
 

Benrath

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Stirling wieder Ninja :) der Rest bezieht natürlich auf SFJ

Also manchmal kann man sich echt nicht entscheiden ob du trollst oder....

Die Minderheit kauft ein Eigenheim auf Cash, daher zwingt dich der Kauf über einen Kredit und das Abzahlen desselben Vermögen zu bilden. Klar könntest du sonst auch einfach sparen und anlegen whatever, scheinbar wirds dann doch eher konsumiert.

Übrigens find ich das jetzt etwas traurig von dir, wir haben uns alle Mühe geben unseren Standpunkt klarzumachen und deiner ist imho mega weak. Gekrönt eigentlich durch Bahamas gute Anmerkung, dass das System sowieso schon 3/4 Steuerfinanziert ist, würde ich mal ganz kleine Brötchen backen was man dir zutrauen kann und nicht.
 

parats'

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Ich kapier das Argument nicht. Warum zwingt einen ein Eigenheim zur Vermögensbildung? Wenn ich ein Eigenheim habe, dann habe ich doch schon Vermögen gebildet: Das Eigenheim.

Das bedingt aber, dass dir die Bude btw auch gehört und nicht über 30j finanziert ist.

€: danke Benrath. -.-
 
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