Sozialstaat Deutschland Quo vaids?

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Guest
Naja. In dem Fall, dass der Mieter nicht anreisen kann, sehe ich das noch. Aber wenn wegen eines Lockdowns die sachgemäße Nutzung per se ausgeschlossen ist, dann fällt das für mich eher in die Verantwortung des Eigentümers, weil seine Bude für diesen Zeitraum eben unbrauchbar ist, außer vielleicht als Warenlager. Wenn das Haus abbrennt, kannst du ja auch nicht bis zur ordentlichen Kündigung weiter Miete verlangen, weil Vertrag und so.

Die juristische Frage ist halt, in wessen Risikospähre eine solche, von keinem der Vertragsparteien zu verantwortende, Unnutzbarkeit fällt. mE gibt es für beide Ansichten gute Argumente, aber die Gerichte tendieren aktuell dazu das Risiko beim Mieter zu sehen, da der Vermieter es eben nicht zu verantworten hat, dass die Wohnung in der Zeit unbrauchbar ist, sondern die Behörde, welche die Quarantäne anordnet.

Wenn das Mietobjekt komplett abbrennt, hast du eine etwas andere Situation, da das Mietverhältnis durch Zerstörung des Mietobjekts erlischt. Wenn die Wohnung aber nur vorübergehend unbrauchbar wird (bspw. auch bei einem Brand), muss die Miete grds. weitergezahlt werden. Der Mieter kann die Miete jedoch nach § 536 BGB mindern, weil sie einen Mangel aufweist, den er nicht zu vertreten hat. Das Problem bei Benraths Fall ist aber mE, dass die Nichtnurzbarkeit nicht auf einem Mangel iSd. Gesetzes basiert, (der der Grund für die Nichtnutzbarkeit liegt nicht in der Mietsache selbst) und daher § 536 BGB keine Anwendung findet. Aber ich gebe zu, dass man das sehr gut auch anders sehen kann.
 
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Die geltende Rechtslage kann man viel diskutieren, aber letztlich ist es eine politische Frage, wem man in dieser speziellen Situation den Vorrang einräumt.
parats hat Recht, dass dabei für die meisten auch eine Rolle spielt, welche Art von Eigentümer hier betroffen bist. Aber ungeachtet der Frage, ob man auf sowas überhaupt politisch Rücksicht nehmen kann oder sollte: Hier sind ja Geschäftsräume betroffen. Ohne für diesen empirischen Claim meine Hand ins Feuer zu legen würde ich mal davon ausgehen, dass der Eigentümer hier in aller Regel kein ganz kleiner Fisch ist, sondern mindestens jemand, dem das zugehörige Mehrfamilienhaus gehört oder gleich noch ein paar Nummern größer.

Das heißt jetzt nicht, dass der gewerbetreibende Mieter per se in der schwächeren Position ist. Aber das Recht ist ein Breitschwert und kein Skalpell. Allgemein kann man imo einen guten Punkt machen, dass auf Mieterseite hier regelmäßig eher das Produktivvermögen steht und mehr Arbeitsplätze im Feuer.
Letztlich gehts ja auch gar nicht darum, dass jemand pleite geht. Aber es wäre imo ein politisch dürftiges Ergebnis, wenn Immobilienkonzerne ihre Rendite halten könnten und da zu einem nicht geringen Teil Staatsgeld deinstecken würde.
Ob das so ist oder so kommt, kA.

Was hat so ein so ein Geschäft/Gastrobetrieb sonst noch an Fixkosten, abgesehen von Personal, wofür es Kurzarbeit gibt?
Energiekosten fallen mir noch ein. Auch da könnte man gern die Gläubiger beanspruchen.
 

Benrath

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Sieht leider eher schlecht aus. Hab aus Spaß innerhalb unseres pro bono Programms einer Bekannten geholfen beim Versuch eine Mietminderung durchzusetzen, weil sie aufgrund einer Ausreisesperre in ihrem Heimatland keine Möglichkeit zur Nutzung der Mietwohnung hatte. Keine Chance vor Gericht. Ist auch teleologisch natürlich konsequent, der Vermieter muss ja grsd. nicht für Risiken außerhalb seines Einflussbereichs einstehen.

Wenn morgen eine Baustelle neben meinem Haus startet und viel Lärm macht, kann ich doch auch mindern. Weder Vermieter noch ich können was dafür. Oder ist das urban legend wissen?
 
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Dann entsteht durch die Baustelle aber ein Mangel an der Wohnung durch Lärm. In Heators Fall ist die Wohnung ja ohne Mangel weiter nutzbar. Das man als Mieter irgendwo hockt, wo man nicht weg kommt hat in dem Fall nichts mit der Wohnung zu tun.
 

Benrath

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Dann entsteht durch die Baustelle aber ein Mangel an der Wohnung durch Lärm. In Heators Fall ist die Wohnung ja ohne Mangel weiter nutzbar. Das man als Mieter irgendwo hockt, wo man nicht weg kommt hat in dem Fall nichts mit der Wohnung zu tun.

Ich hab ja auch nie von Heators Fall gesprochen sondern von Corona generell.

Die normalen 0815 Mieter haben halt eventuell weniger Geld können aber normal in ihrer Wohnung wohnen. Da sehe ich keinen Minderungsgrund. Man kann überlegen Mietern zu helfen, aber eigentlich gibts dafür schon genug Prozesse.

Heators Fall ist sehr speziell und jetzt nicht mein Ausgangspunkt.

Mir gehts um kommerzielle Mieter, die afaik beim Baustellenbeispiel mindern könnten. Teilweise haben ganze Einkaufszentren geschlossen, warum sollten die Ladenmieter jetzt miete zahlen? Wofür?
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Okay, hab mir das nochmal versucht vorzustellen und tatsächlich wären wohl Banken sehr schnell betroffen, weil so viele Mieteinnahmen wegfallen, dass die Eigentümer ihre Kredite nicht bedienen können. Dann müsste man direkt die Banken stützen bzw. die ausgefallenen Kredite entschädigen.
Frage wäre nun: Lohnt sich der Umweg, um die Immobilieneigentümer etwas zu schröpfen? Am Ende vermutlich nicht.

Zumindest wäre kein großer Vorteil gegenüber dem normalen Weg, dass man versucht sich etwas Geld über Steuern auf Gewinne oder Vermögen wiederzuholen.


Ich würde vor allem Bedenken, dass das Szenario mehr oder weniger in einer reibungsverlustlosen Welt spielt. Bis du die Banken gestützt hast dürfte sich bereits Panik am Markt verbreitet haben. Ist natürlich alles schwer zu sagen, weil das außerhalb unserer Erfahrungswerte spielt, aber ich vermute du würdest als deutsche Bank instant deinen Zugang zum interbank lending Markt verlieren.
 

parats'

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parats'

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Natürlich. Die Energiewirtschaft in D ist ein Desaster. Voll von Subventionen für den planwirtschaftlichen moral highground mit dem Ergebnis, dass Energie so teuer wie nirgends ist.
 
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