Naja ich habe es mir nicht zurechtgelegt, sondern aus deinen Zahlen, die ja fiktiv und nicht präzise sind, versucht zu rekonstruieren. Genauere Angaben hast du halt auch nicht gemacht. Aber geschenkt, ich sehe jetzt auch keinen Wert darin über die fiktiven Zahlen weiter zu streiten, da geb ich dir recht.
Ne, so stimmt das halt auch nicht.
Gespart werden nur die 1000 + das was vom variablen Gehaltsanteil reinkommt. Die 600 EUR sind ja einfach nur eine Umlage von unregelmäßigen Kosten auf die Monate, um immer genügend Liquidität zu haben. Der Bestand auf diesem Konto bleibt im großen und ganzen konstant.
Vom variablen Gehaltsanteil gab es die letzten Jahre zwischen 0 und 102%. Für dieses Jahr sind eher so 0 oder 80% absehbar, weil der Laden ziemlich am Arsch ist.
Den Eindruck teile ich. Imo haben wir ein Technokratiedefizit: Wir verfügen in 2023 in Anbetracht der prinzipiell vorhandenen Expertise nur über unterentwickelte Mechanismen, um fundamentale, pfadanhängige Entscheidungen sinnvoll zu treffen. Zu viel läuft, weil irgendwer es sich irgendwann mal ausgedacht hat und die Beharrungskräfte enorm sind. Zu selten gibt es die Möglichkeit und den Willen Systeme von Grund auf nach den besten verfügbaren Erkenntnissen zu erneuern. Fast immer sitzen zig Stakeholder und Leute mit am Tisch, die den vorhandenen Ballast mit zu verantworten haben oder davon profitieren. Es gibt zu wenig Stellen, an denen Macht und Verantwortung so gebündelt sind, dass jemand Umbrüche effektiv angehen und managen kann.
Besonders tragisch finde ich das, weil in vielen Bereichen meinem Empfinden nach durchaus die Ideen und Vorbilder, wie man es besser macht, und die Expertise für die Umsetzung gefunden werden könnten.
Das kenne ich von der Arbeit nur zu gut. Das Schlimmste ist wenn das Management entscheiden will weil sie wichtig sein wollen, sie gleichzeitig aber nichts verstehen und auch nicht die Zeit investieren wollen es sich von den Fachexperten erklären zu lassen. Da wird dann jede noch so gute Grundidee in einer Reihe von Meetings von Menschen die keine Ahnung haben so lange zerfrickelt, bis am Ende alle Manager zufrieden sind und nur noch der Name des Projekts geblieben ist. Das ganze wird dann mit den Erwartungen an den ursprünglichen Vorschlag in die Umsetzung geschickt, kostet zwei- bis dreimal so viel wie veranschlagt und leistet wegen bescheuerter Vorgaben nicht einmal die Hälfte. Schuld ist dann am Ende natürlich die Entwicklung, die bei jeder problematischen Entscheidung gesagt hat "das sollten wir so nicht machen". Management says "wir wollen Lösungen, keine Probleme" <bullshitbingo />
Das ist leider ein Allgemeinplatz, je nach Ansicht will keiner sinnlose Investitionen. In meiner Erinnerung der letzten 20 Jahre hat die FDP wenig sinnvolles geleistet, mir fällt ad hoc nur das Aufheben der Denkmalschutzverordnungen für PV-Anlagen in Halle ein - und das ist meilenweit von einer bundesweiten Maßnahme entfernt. In jüngerer Erinnerung habe ich eFuel-Wissing und das Zusammenstreichen der Mittel für die öffentliche Digitalisierung. Zwischen Wahlversprechen, Parteiprogramm und FDP-Mottos und deren realer Tätigkeit liegen Welten. Die ganze Partei bräuchte deutlich mehr fähige Leute, v.a. in Entscheidungspositionen und nicht in der dritten oder vierten Reihe.
Ja klar ist es das. Ich wollte jetzt nicht hundert einzelne Punkte reiterieren. Ich bin auch kein Fan dieser FDP. Aber es wäre halt auch etwas zu hoch gegriffen wenn man behauptete, dass es nicht einen Haufen saudumme Ideen für "Investitionen" bei den Grünen und der SPD gäbe. Nur in diesem engen Rahmen sehe ich die FDP als Gegengewicht. Darüber hinaus … geht so. Gibt ein paar Initiativen von ihnen die ich okay finde/fand, aber das wars dann auch schon.
Unter "nicht so sinnvolle" Investitionen würde ich eben alle Markteingriffe mit starken Reibungsverlusten, rein konsumptive Sozialleistungen zum Stimmenkauf, zusätzlichen Verwaltungsaufwand usw. bezeichnen, der scheinbar bei linken Projekten ganz besonders gerne ignoriert wird. Ähnlich wie bei konservativen Projekten gerne ignoriert wird, dass "der Markt" nicht einfach magisch alles löst.
Gute konkrete Beispiele sind aktuell die Heizungssache oder das Verbrennerverbot, oder der CO2-Preis oder die AKW-Geschichte oder die Kindergrundsicherung. Da wird mit der kurzfristigen Brechstange gearbeitet, weil Dogma und das Zeigen von Aktivismus wichtiger sind als der langfristige Erfolg.
Das sind alles inhaltlich gute Projekte, die aber in der Umsetzung riesigen und vollkommen unnötigen Flurschaden anrichten.
Das von dir beschriebene Phänomen kenne ich tatsächlich eher aus den KMU (c) der Industrie, andernorts ist mir das nur eingeschränkt begegnet. Gefühlt ist das aber auch ein Stück weit normal, wenn etwas funktioniert, man an alles gewöhnt ist, dann ist Veränderung in erster Linie ärgerlich, v.a. wenn es eher zäh abläuft.
Fairerweise muss man aber auch sagen, dass Akademiker der IT-Bubble dazu tendieren wahnsinnig schlecht zu kommunizieren, bzw. sich als Heilsbringer zu verkaufen. Das sind dann so Dienstleister, die irgendwie nur Dinge hinschmeißen und nicht genug reflektieren, warum ihre agilen/hybriden Ansätze mit Tech-Sprache bei den Abteilungen nicht verstanden wird. Bei größeren Projekten habe ich zumindest immer den Eindruck, dass der Faktor Mensch zu kurz kommt. Die Leute, bzw. Abteilungen, sind meist wahnsinnig asynchron im Zielbild, im Vorwissen um die neue Technologie / der Technologie überhaupt und bezüglich des firmeninternen Mikrokosmos. Da entstehen auf natürliche Weise viele Animositäten, kA ob das immer "die Akademiker ölöpö" sind. Kann auch "der Berater", "die scheiß IT", "das Management", etc. pp. sein. Oder vma. Marketing vs. Entwicklung, gleiches "natürliches" Spannungsfeld.
Ajo. Ich arbeite in genau so einem Laden und will genau deswegen da weg.
Das Schlimme ist, dass ich kein originärer IT-ler bin und wirklich gut kommunizieren kann. Das Problem mit der Wertschätzung geht einfach einmal komplett quer durch das Management, was mit 1,5 Ausnahmen komplett aus Menschen besteht, die sich ihren Aufstieg von nix ins Management "sauer erarbeitet" haben. Dummerweise geht damit einher, dass sie alle schon seit einer ganzen Weile an ihrem Skillceiling angekommen sind, deswegen ständig außerhalb ihrer Komfortzone agieren, wenig bis gar nicht bereit und fähig zum Erlernen neuer Dinge sind, und entsprechend auf alles was sie nicht kennen und nicht verstehen ablehnend reagieren. Der Klassiker ist, dass Dinge die sie nicht kennen in jeder Diskussion abgesägt werden mit den Worten "das ist nicht wichtig, das müsst ihr auf der Fachebene klären", um sich nicht die Blöße zu geben. Dadurch bleiben dann viele wichtige Dinge unerwähnt bzw. die Verantwortung geht komplett in die Entwicklung, wo aber dann viel Kontextwissen fehlt, weil es eben Dinge sind die abhängig von einer Strategie entschieden werden müssten.
Dummerweise (again) existiert so eine Strategie auch gar nicht, weil das Top-Management nie gelernt hat was eine Strategie ist. Allein schon die Markt- und Wettbewerbsanalysen die da produziert werden sind so schlecht, dass man sie einem Oberstufenschüler im Grundkurs Wirtschaft mit einer 6 um die Ohren hauen würde.
Da das Management sich auch nur alle Jubeljahre dazu herablässt dem Pöbel zu erklären was sie so vorhaben, fühlt sich auch fast jeder unterinformiert und nicht wahrgenommen oder gar wertgeschätzt (außer Sales vielleicht, aber selbst da brodelt es). Da die meisten Menschen im Fußvolk, die ausreichend gefragte Skills haben, keine Lust darauf haben, gibt es einen schön stetigen Fluss an relevanten Menschen, die in kleineren bis größeren Kündigungswellen das Unternehmen verlassen. Ich hoffentlich demnächst auch.
Ich wollte auch noch was zu bootys exemplarischer Rechnung sagen: So sehr ich den Ärger verstehen kann, aber ich sehe nicht so richtig was die Politik für so jemanden groß ändern kann. Hier kommen halt alle "versteckten" Probleme der Einkommensverteilung zusammen:
- Kein nennenswertes Vermögen, auf das man zurückgreifen kann
- Wohnt alleine, d.h. keine aufteilbaren Ersparnisse beim Wohnen (Lebenshaltungskosten, niedrigere Grenzkosten bei höherer Quadratmeterzahl etc.)/kein zweites Gehalt oder Steuerersparnisse
- Neumiete in teurer Stadt
- Gehalt reizt Bemessungsgrenze voll aus
Selbst wenn man die steuerliche Bevorzugung von gut verdienenden Familien ein bisschen abschmelzen will, wie das Modell vom IZA es vorschlägt, wäre für so einen Haushalt maximal ein paar Hundert Euro mehr drin pro Monat. Die Miete ist natürlich hoch, aber wenn man nicht schon in so einer Stadt wohnt, würden einem Mietpreisregulierungen auch nicht wirklich helfen. Und selbst wenn man tatsächlich "bauen, bauen, bauen" würde läge der aufgerufene Mietpreis, damit es sich lohnt in so einer Stadt Neubau für Mieter zu betreiben, nicht weit vom dem veranschlagten Mietpreis weg (vermutlich eher darüber) und man lügt sich auch in die Tasche, wenn man so tut als wäre das hauptsächlich irgendwelchen politischen Bauauflagen geschuldet und nicht etwa höheren Materialpreisen und Kosten für Bauland.
Natürlich zahlt man nicht ewig Auto und Fahrrad ab und mir kommen 1000 Euro pro Monat für einen ETF auch ein bisschen arg hoch vor in der Einkommenssituation, aber letztendlich weiß ich nicht, wie man politisch so einen Haushalt merklich entlasten könnte ohne deutlich wo anders zu kürzen. Wenn man wie Winkelmann von der JU suggeriert, das ginge bei irgendwelchen faulen Sozialhilfeempfängern ist das natürlich politisch vermittelbar, wenn man allerdings sieht bei wem man das tatsächlich einsparen müsste (Rentnern und Leute, die nicht arbeiten können) dann fällt es mir schwer daran zu glauben, dass das politisch vermittelbar wäre. Selbst wenn man noch höhere Einkommen und Vermögen stärker besteuern wollte (was ich prinzipiell begrüßen würde), würde man die zusätzlichen Mittel wohl dafür nutzen, am unteren Ende stärker zu entlasten (siehe IZA-Modell).
Ich wollte ja auch nicht auf eine politische Lösung oder weniger Steuern hinaus, sondern mehr auf die gesellschaftliche Problematik, nämlich die Missgunstdebatte und die mangelnde Möglichkeit, selbst mit Topverdiensten irgendwie in die Nähe eines Lebens zu kommen, was "uns" über nahezu alle Kanäle als normale erstrebenswerte Baseline präsentiert wird.
Da ich die Bude von
@wutvolta kenne, kann ich sagen, dass er zwar ein schönes Haus, eine coole Frau und eine liebe Tochter hat (das zweite Kind kenne ich noch nicht), aber auch bei ihm sieht es nicht so aus als ob er einfach mal so den Neuwagen aus der Portokasse zahlt.
Das was mir politisch einfallen würde als sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit wäre vielleicht, dass man viele Dinge konsolidiert. In der diskutierten Gehaltsklasse ist man typischerweise von nahezu jeder Förderung ausgeschlossen und steht teilweise dann am Ende ähnlich gut oder schlecht da wie jemand der deutlich weniger monatlich bekommt, aber durch Erbe oder Familienhilfe ein Haus hat und dafür noch einen Haufen Förderung für Ladestation, PV-Anlage usw. einstreicht. Das wurmt auch ziemlich, denn bei Ansicht der Fördermittel die (in meinem Fall in der FAZ) in der Regierung diskutiert werden bekommt man nicht den Eindruck, dass das irgendwie zugunsten der breiten Bevölkerung passiert. Eine starke Konsolidierung und Skalierung entlang weniger Messwerte könnte mE mehr Gerechtigkeit im Querschnitt zu schaffen, weil es z.B. solche Abrisskanten wie beim Elterngeld vermeiden würde. Letztlich denke ich da an das Friedman'sche Modell der negativen Einkommensteuer … das war im Kern halt schon keine schlechte Idee.
Ich persönlich spare, seit ich nach dem Studium die Diss angefangen hatte, jeden Monat alles was ich kann, um irgendwann zumindest einmal die Option auf entweder Wohneigentum oder andere größere Anschaffungen zu haben. Damit bin ich einigermaßen erfolgreich würde ich sagen. Allerdings reicht es eben trotz im Großen und Ganzen guter Rahmenbedingungen bei Bildung usw. nicht für ein relativ sorgloses Leben.
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Zu den Kosten: klar, das Rad ist nach 20 Monaten inkl. Zubehör abbezahlt. Ein Auto würde ich eher dauerhaft mit ähnlichen Kosten einstellen, weil da ja regelmäßig Kosten anfallen die schnell eskalieren können.
Ich sehe wirklich die Wohn-Debatte als Dreh- und Angelpunkt. Die von mir hypothetisierte Wohnung mit 60m² ist echt nichts besonderes, und ganz ehrlich hätte ich bei einem Umzug gerne mehr als das, weil ich echt sehr lange Jahre meines Lebens auf deutlich weniger Fläche und in echt nur mittelguten Vierteln gelebt habe. Das was ich gerne hätte, insbesondere mit Fernwärme, akzeptablem Standard, Balkon, guter Anbindung und gutem Internetanschluss … wird in einer der teuren Städte leicht und locker seine 1200+ kosten.
Das führt auch zu einer unguten Rentenabschöpfung und Verteilung von Wohlstand innerhalb der Bevölkerung hin zu denen die Immobilieneigentum mit hohem Kredithebel für wenig Zinsen eingekauft haben … und jetzt wegen steigender Zinsen mit dem Argument "alles wird teurer" die Mieten anheben.
Auch hier übrigens
@GeckoVOD : Das Problem angehen wäre eine super Sache. Mietpreisbremsen und Enteignungen wiederum sind die vermutlich dümmste aber "schnellste" und aktivistischste Variante mit der beschissensten Langzeitwirkung. Da frage ich mich eben warum Grüne und SPD es nicht schaffen irgendwie sinnvoller zu agieren und zu investieren (bzw. es zu planen).