Soziale Gerechtigkeit

Celetuiw

StarCraft: Brood War
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Ich verstehe eure Argumente jetzt nicht ganz. Xantos spricht von Anreizen zum Arbeiten, also offensichtlich nicht über Sozialhilfeempfänger, sondern Menschen, die prinzipiell arbeiten können.
Und bei den 2-3 € bin ich mir jetzt nicht ganz sicher, aber prinzipiell hat er doch Recht, dass man einen Lohn nicht gegenüber 0€ vergleichen kann, sondern gegenüber den Sozialleistungen.
Lässt man mal die ganz extremen Fälle wie Obdachlose etc weg, bekommt in Deutschland nämlich niemand 0€, sondern mindestens Sozialhilfe. Das ist die Baseline.
Naja aber er argumentiert ja auch, oder war das im anderen fred?, dass das Niveau der Sozialhilfe gesenkt oder zumindest nächstes jahr nicht wie vorgeschrieben, erhöht werden soll um das Problem zu lösen.

Ich gebe ja Recht, dass die Distanz zu gering ist, aber das Problem ist NICHT das Sozialhilfeniveau. Ich kann aus der Praxis sagen, dass es für Hilfebezieher immer schwieriger wird davon zu leben. Grund sind Strom und Lebensmittelpreise. Meine gehen halt alle zur Tafel oder Containern und haben Angst vor der Stromrechnung.


Das Problem ist die Anhebung des Mindestlohns von zwölf Euro auf zwölf komma Arschfick bei den Inflationsraten die wir haben. Das ist eine bodenlose Frechheit.

Es kann nicht ansehen, dass Gottverdammte Arbeitgeberverbände in der Mindestlohn Kommission mit so unverschämten Forderungen auch noch durchkommen. Da ist es mir auch ehrluch gesagt scheiß egal ob gewisse Branchenteile weniger Gewinn vom Umsatz erzielen als den Aktionären passt. Die Menschen die dafür malochen haben bitte Vorrang vor der Dividendenhöhe zu haben!
 
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Naja aber er argumentiert ja auch, oder war das im anderen fred?, dass das Niveau der Sozialhilfe gesenkt oder zumindest nächstes jahr nicht wie vorgeschrieben, erhöht werden soll um das Problem zu lösen.
Ich bin nicht in der Fraktion, die Sozialhilfe real kürzen zu wollen.
Ich sehe aber auch keine große Möglichkeit, die Sozialhilfe real zu steigern, da wir eben...
  • Den geringen ungelösten Abstand zu niedrig entlohnter Erwerbstätigkeit haben
  • Der demographische Wandel einerseits bedeutet, dass wir jede Arbeitskraft brauchen & andererseits die Budgets der nächsten Jahrzehnte sehr herausfordernd werden
  • Das ungelöste Problem hoher Migration ins Sozialsystem haben

Es kann nicht ansehen, dass Gottverdammte Arbeitgeberverbände in der Mindestlohn Kommission mit so unverschämten Forderungen auch noch durchkommen. Da ist es mir auch ehrluch gesagt scheiß egal ob gewisse Branchenteile weniger Gewinn vom Umsatz erzielen als den Aktionären passt. Die Menschen die dafür malochen haben bitte Vorrang vor der Dividendenhöhe zu haben!
Die deutsche Wirtschaft existiert nicht im Vakuum.
Wäre das so, so wäre zu einem gewissen Grade ein reines Verteilungsproblem zwischen Unternehmensgewinnen und Arbeitnehmerlohn.
Die Frage des Standorts ist aber sehr relevant - wo produziere ich, wo ist mein Rechtsstandort, wo betreibe ich Forschung & Entwicklung.

Auch diese 2-3€ Stundenlohn sind so dummes Gelaber.
Was genau ist daran "dummes Gelaber"?

Es ist einfach traurig dass du meinst in deinen 1 Mio € Anwesen in HH was jetzt wichtig ist am Rand des Mindestlohn
Sind wir bei dem Thema jetzt auch bei der Identitätspolitik?
Zur Sozialpolitik dürfen sich nur Betroffene äußern?
 
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Wenn das stimmt ist dein Steuersatz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niedriger als der deiner Eltern im selben Einkommensperzentil gewwesen wäre. In Deutschland jammern ausnahmslos alle über ihre Belastung, als ob Steuern und Abgaben für alle immer nur steigen, dabei sind sie im Großen und Ganzen seit fast 50 Jahren sehr stabil.

Ich hab es schon mal erwähnt, aber in Deutscchland wird über völlig belanglose Themen wie "Enteignung der Sparer" (durch niedrigen Leitzins) gesprochen, während kein Schwein sich für die effektive Sondersteuer interessiert, die man auf den Erwerb von Wohneigentum zahlt, wenn man in den 1980ern statt den 1950ern geboren wurde.
Wie meinst Du Sondersteuer?

Ich glaube Schlem geht es um den gefühlten Gesamtwohlstand und weniger um Grenzsteuersatz o.ä.
Ich kann das ganz gut nachvollziehen, denn ich kriege mit einer Woche von 60-70 Stunden und Akademikerausbildung eben leider nur so viel mehr als irgendein Hanswurst mit Ausbildung und 35 Stunden/Woche der am Ende auch noch einen Scheiß auf seine Arbeit gibt, dass ich mich schon frage ob das so "richtig" ist, weil ich gleichzeitig in absoluten Zahlen auch fast 3mal so hohe Abzüge habe. (ESt+Soli+SV, Steuerklasse I, Zahlen ausgedacht weil ich jetzt grad keine Lust auf komplett korrektes Ausrechnen hatte. Tendenz stimmt aber.)
Und dann sagt man mir an jeder Ecke noch, dass ich noch ein bisschen mehr beitragen soll weil ich doch so privilegiert bin.

Gleichzeitig kaufe ich eigentlich nur bei Aldi und Lidl ein, versuche monatlich ein Bisschen für die Rente zu sparen, wohne auf weniger Quadratmetern als die meisten, habe kein Auto, fahre nicht opulent in Urlaub … und am Ende des Monats ist trotzdem nicht viel Geld übrig. Und dann steppen wieder die üblichen Verdächtigen rein und fordern noch mehr Rücksichtnahme auf ihre Lowperformerbefindlichkeiten sowie mehr Gewicht für ihre dumpfbackigen Ansichten.

Ich mein … die ganze Industriestrompreisdebatte ist an Dummbratzigkeit nicht zu überbieten. Die Tage war das bei irgendeiner Talkshow so schön zu beobachten … erst das Angebot kürzen, dann über die hohen Preise heulen und eine Subventionierung fordern. Und dann noch obendrauf jammern, dass Deutschland so eine CO2-intensive Stromerzeugung hat.
Da weiß man halt nicht mehr wirklich was man dazu sagen soll

Sollte ich jemals Wohneigentum haben, dann deswegen weil ich jahrzehntelang eisern Konsumverzicht geübt habe. Und ich weiß jetzt schon was passieren wird: Man wird wieder sagen "Du bist so privilegiert, zeig Dich mal mit denjenigen solidarisch, die in der Vergangenheit ihr Einkommen verkonsumiert anstatt gespart haben."
Dazu habe ich keine Lust. Die Anreize sind leider so, dass es belohnt wird wenn man verantwortungslos handelt, weil die allgemein herrschende Gefühlslage ist, dass die Menschen die sich in diesen Situationen befinden zu dumm sind, als dass man ihnen Eigenverantwortung zumuten könnte, und dass man sie stattdessen auf Kosten der Allgemeinheit gegen alle Lebensrisiken vollversichern muss––auf Kosten derjenigen die ihr Leben halbwegs im Griff haben.
 
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Sind wir bei dem Thema jetzt auch bei der Identitätspolitik?
Zur Sozialpolitik dürfen sich nur Betroffene äußern?
Das nicht, aber es ist eben offensichtlich, dass Du keinerlei Bezug zur Lebensrealität der Gruppen hast, über die Du sprichst und urteilst - jenseits von CDU/FDP und sonstiger Neolib Propaganda.
 
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Und wie nah bist du an der Lebensrealität der alleinerziehenden Mutter, die vor der Wahl steht, für nur minimal mehr Geld zu arbeiten, anstatt Sozialhife zu beziehen?

Finde immer erstaunlich, dass die Empathie immer genau dann aufzuhören scheint, wenn jemand €1 mehr verdient als Sozialhilfeempfänger.
 
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Das ist halt wieder der Strohmann, den Du aufstellst, genauso wie ich Deine Argumente gegen Lohnerhöhungen für neoliberale Nebelkerzen halte - Standort und R&D hin oder her, solange die Chefetage von Millionären besetzt ist, und Unternehmen in der Krise Rekordprofite einfahren, kann man auch die Löhne erhöhen. Oder eben gegen die Armen hetzen, und Betrug und Arbeitsscheue unterstellen (und natürlich den Ausländer, der das deutsche Geld "klaut", auspacken), wie es deutsche Tradition ist.
 
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Der Strohmann ist, dass ich angeblich gegen Arme "hetze". Dass ein Teil der Sozialhilfeempfänger bevorzugt, nicht zu arbeiten ist so bekannt wie nachvollziehbar. Über den genauen Anteil gibt es wohl keine Statistiken - aber für meine Forderung ist der Anteil auch irrelevant. Ich halte es so oder so für sehr gerecht, den Einkommensabstand zwischen nicht arbeiten und arbeiten deutlich zu erhöhen.

Dieser Abstand ist auch ganz unabhängig von der gesamten Umverteilung. Ihr könnt euch ja gerne für mehr Umstellung einsetzen (bevorzugt aus Vermögen, nicht Einkommen). Aber bitte macht das nicht zu Lasten der Geringverdiener.
 

Celetuiw

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Der Strohmann ist, dass ich angeblich gegen Arme "hetze". Dass ein Teil der Sozialhilfeempfänger bevorzugt, nicht zu arbeiten ist so bekannt wie nachvollziehbar. Über den genauen Anteil gibt es wohl keine Statistiken - aber für meine Forderung ist der Anteil auch irrelevant. Ich halte es so oder so für sehr gerecht, den Einkommensabstand zwischen nicht arbeiten und arbeiten deutlich zu erhöhen
Du willst also die Sozialhilfe kürzen durch Aussetzung der jährlichen Regelvedarfsfortschreibung, ungeachtet dessen, dass du überhaupt checkst, dass es nicht nur "die Hartzer" trifft, du keinen blassen hast in was für Situationen Menschen überhaupt in den Sozialhilfebezug geraten (also was sind das für Leute, können die gesundheitlich nicht arbeiten, sind es Rentner, sind es Behindere in der Behindertenwerkstatt, Kinder, Waisen, Alleinerziehende etc) weil du das alte Pferd reitest vom faulen Hartzer.

Und das musst du quantitativ NICHT belegen um dein Argument zu untermauern?
Junge junge das ist echt steil. Ganz steil.
Wenn du also angenommen zu 90% damit Rentner, Waisen, Alleinerziehende mit Kindern, Familien ab drei Kindern und Behinderte trifft, dann musst du das nicht belegen??
Weil du bei den Ritters gesehen hast das es Leute gibt die Sozialhilfe schmarotzen??
 
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Du willst also die Sozialhilfe kürzen durch Aussetzung der jährlichen Regelvedarfsfortschreibung,
Das Bürgergeld ist gerade am Anfang des Jahres um 50 Euro gestiegen. Jetzt nochmal +12% zum Anfang 2024. Das ist keine reine Regelbedarfsfortschreibung, sondern schlicht eine Erhöhung.

Und nochmal: Ich bin vor allem für einen vernünftigen Abstand zwischen Sozialhilfe und Arbeit. Dafür ist nicht fundamental eine Kürzung der Sozialhilfe nötig - in Ermangelung eines konkreten Konzeptes irgendeiner Partei vermute ich, dass ein weniger starkes Ansteigen des Bürgergeldes ein kleiner Teil eines Gesamtkonzeptes sein könnte.

ungeachtet dessen, dass du überhaupt checkst, dass es nicht nur "die Hartzer" trifft, du keinen blassen hast in was für Situationen Menschen überhaupt in den Sozialhilfebezug geraten (also was sind das für Leute, können die gesundheitlich nicht arbeiten, sind es Rentner, sind es Behindere in der Behindertenwerkstatt, Kinder, Waisen, Alleinerziehende etc) weil du das alte Pferd reitest vom faulen Hartzer.
Einfach ein unverschämtes und billiges ad hominem. Nach deiner Logik ist jeder, der dem Sozialstaat ein Iota unter deiner Idealvorstellung justieren möchte ein Unmensch, hm?

Ich habe keine Aussagen darüber gemacht, wieviele der Sozialhilfeempfänger arbeiten könnten. Es sind aber sicherlich nicht wenige - das sieht man doch allein schon an den Statistiken unter Migranten aus Ländern wie Syrien. Oder meinst du dass da tatsächlich 50% arbeitsunfähig sind?

Und das musst du quantitativ NICHT belegen um dein Argument zu untermauern?
Nein, weil es für meine Kernförderung (mehr Abstand) irrelevant ist, ob nun 0%, 10% oder 30% der Sozialhilfeempfänger auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten, und es nur nicht tun.

Übrigens sehe ich darin eben nicht unbedingt Faulheit: Gerade weil der Abstand so gering ist habe ich volles Verständnis für einen unqualifizierten Familienvater, lieber 100% Freizeit mit 100% Bürgergeld zu haben als 0-50% Freizeit mit 110-125% Bürgergeld. Er hat ja langfristig wenig Aufstiegsmöglichkeiten, und hat auch nichts von dem bisschen Rentenanspruch.

Im Vergleich zu euch möchte ich diesen Familienvater übrigens deutlich besser stellen, wenn er arbeitet.

Mir ist halt Leistungsgerechtigkeit in der Tat wichtiger, als die untere Grenze möglichst weit nach oben zu schrauben.
 
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Das Bürgergeld ist gerade am Anfang des Jahres um 50 Euro gestiegen. Jetzt nochmal +12% zum Anfang 2024. Das ist keine reine Regelbedarfsfortschreibung, sondern schlicht eine Erhöhung.
Unterm Strich ist der Bürgergeldsatz atm dank Inflation und Preissteigerung unter dem Hartz IV Satz, aber ok (afair müsste der insgesamt um 30% steigen, um auf das alte Niveau zu kommen, hab die Zahlen aber nicht zur Hand). Auf den Rest Deines posts muss man schon gar nicht mehr eingehen, da ist halt wieder alles voller ungestützter Behauptungen und Vorstellungen.
 

haschischtasche

Ährenpenis
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Das ist keine reine Regelbedarfsfortschreibung, sondern schlicht eine Erhöhung.
Eine Stromrechnung und den Einkauf in einem Lebensmittelgeschäft hast du in den letzten drei Jahren aber schoneinmal beglichen, oder?
Erhöhung ist ziemlicher Unsinn. Mein Budget für "lebensunwichtigen Quatsch" (Freizeit/Hobbies/Kleidung) ist mit den SGB Erhöhungen in den letzten fünf Jahren mal eben um ein Viertel gesunken.
 

Celetuiw

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Das Bürgergeld ist gerade am Anfang des Jahres um 50 Euro gestiegen. Jetzt nochmal +12% zum Anfang 2024. Das ist keine reine Regelbedarfsfortschreibung, sondern schlicht eine Erhöhung.
Und wurde jahrelang zuvor kaum erhöht weswegen die Erhöhung nur die geringen Zuwächse der Vorjahre kompensiert( 2018 = 416 €, 2019 =424 €, 2020 =432 €, 2021 = 446 €)
Einfach ein unverschämtes und billiges ad hominem. Nach deiner Logik ist jeder, der dem Sozialstaat ein Iota unter deiner Idealvorstellung justieren möchte ein Unmensch, hm?
Unverschämt ist solche Forderungen in völliger Unkenntnis der Zusammenhänge und Struktur der Hilfeempänger und dem Zusammenwirken verschiedener Sicherungssysteme zu stellen. Du hast null peil und gibst dir nichtmal Mühe welchen zu haben. Wenn du derart billige Klischees abreitest musst du mit Gegenwind klarkommen. Gib dir mehr Mühe dann antworte ich auch differenzierter.
Sorry, not sorry.
Nein, weil es für meine Kernförderung (mehr Abstand) irrelevant ist, ob nun 0%, 10% oder 30% der Sozialhilfeempfänger auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten, und es nur nicht tun.
Äh ja, logisch. Deine Forderung Arbeit soll sich mer lohnen stört mich garnicht. Aber was hat das zu tun mit Menschen die nicht für ihren Lebensunterhalt arbeiten können oder realistisch nicht genug verdienen können?
Garnichts.
Und die willst du weshalb mit schlechter stellen? Weil ist ja auch egal? Da ist es zu 100% relevant wieviele von den arbeiten könnten es aber nicht tun.

Lass mich anders fragen: was ist dein positives Argument um Rentnern, Invaliden und Kindern die Sozialhilfe zu kürzen?
Mir ist halt Leistungsgerechtigkeit in der Tat wichtiger, als die untere Grenze möglichst weit nach oben zu schrauben.
Dann muss der Mindestlohn deutlich erhöht werden.
 
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Ich verstehe ehrlich gesagt eure Schärfe nicht, ihr habt doch das gleiche Ziel:
- Arbeit muss sich lohnen
- Sozialhilfe nicht abschmelzen (auch nicht indirekt, durch Erhöhungen die nicht mal die Inflation ausgleichen).

Fakt ist: Es gibt Arbeitslose die nicht arbeiten gehen wollen obwohl sie es könnten, es gibt Konzerne die so viel Kohle verdienen dass sie locker jedem Mitarbeiter 30% mehr bezahlen könnten, es gibt auch Unternehmen die hart am Limit sind und weitere Lohnerhöhungen im Niedriglohnsektor nicht ohne weiteres umsetzen können, und der Mindestlohn ist zu niedrig wenn die gesammelten Rentensprüche daraus am Ende wieder Sozialhilfe bedeuten.

All das sind Parameter und Interessen die man als Volkswirtschaft unter einen Hut bekommen muss damit es läuft.

Daher muss Politik kreativ sein, weil wir mit mehr mehr mehr für gruppe x y und z am Ende nicht weiter kommen.

Welche Vorschläge habt ihr denn? Ihr seid bis jetzt über das bloße Absenken und Steigern von Löhnen und Hilfen auch nicht hinweg gekommen
 

parats'

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Du wohnst in den Vereinigten Staaten, zahlst gefühlt 10% Steuern und Abgaben und kannst mein Leid daher 0 nachvollziehen :troll:

Ich verzeihe dir aber wenn du Solidarität lebst und an arme notleidende deutsche Familien mit einer Spende unterstützt :deliver:

Paypal? :troll:

Nett wie du die Alis in deinem Kiez unterstützt. :deliver:
 
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Puh, hartes Thema. Und ich bin echt hin- und hergerissen. Wem mein rant zu lang ist: Fazit ist im letzten Absatz.

Meine Frau und ich gehören mit unserem Haushaltseinkommen schätzungsweise zu den top 10% in Deutschland, aber dürften sehr weit weg von den top 1% sein. Es reicht bei gemeinsam ca. 65 Wochenstunden Erwerbsjob, um unser Leben als Familie finanziell recht sorgenfrei recht nachhaltig zu gestalten, ohne, dass wir dabei nennenswert Geld übrig hätten (und wenn doch, vergrößern wir Gutmenschen die eine oder andere Spende). Eigenheim, gebrauchte Familienkutsche, zwei ebikes und ein woom sowie die Heißluftfritteuse als Luxusgegenstände; Bio/fairtrade/Öko beim Essen, bei den Klamotten und beim Strom. Rund 2 Wochen Urlaub im Jahr in einer Ferienwohnung.
Ich finde, so ein Lebensstil sollte Durchschnittsverdienenden offen stehen, nicht nur den top 10% Verdienenden.
Wir sind weiß (bzw. schweinchenfarben), in Deutschland geboren, mit jeweils zwei deutschen Elternteilen, durften beide studieren. Viel priviligierter geht nicht.

Ich bin voll dafür, dass in einer Partnerschaft (erst recht: Elternteile) beide arbeiten gehen können sollten, wenn sie es möchten, ohne dass das finanzielle Nachteile hat.
Ich bin voll dafür, dass Kinder keinen finanziellen Nachteil ggü. Kinderlosen darstellen sollten.
Ich bin voll dafür, dass durch 40-50 Std. arbeiten in der Woche auch bei "Arbeiterfamilien" (ich würd mal sagen, definiert durch eine x-beliebige Ausbildung der/des Arbeitenden) genug Geld zusammenkommen sollte, um eine Familie recht sorgenfrei zu finanzieren, wenigstens in einer passablen Mietwohnung.
Ich finde, dass Menschen, die auf Dauer nicht arbeitsfähig sind (z.B. chronisch schwer Kranke) verdammt nochmal vernünftig am Leben teilhaben können sollten. Und ja, dazu gehört, dass die Kinder gesund ernährt werden können und nicht wg. ihrer Klamotten in der Schule ausgeschlossen werden, dazu gehört mal Essen gehen und auch ein Standardurlaub, dazu gehört ausreichend Mobilität genauso wie ausreichende Krankenversorgung.

Ich finde, dass ich mit meiner recht hohen Angestellten-Entgeltgruppe im TVöD mit recht hoher Erfahrungsstufe gemessen an meiner Ausbildung(szeit) und meinen Tätigkeiten gut und auch angemessen verdiene. (Bei meiner Teilselbständigkeit verdiene ich i.d.R. viel mehr pro Stunde.) Ich finde, dass meine Frau (SuE-Tarif) den deutlich wichtigeren und oft schwierigeren Job macht - sie verdient bei gleicher Erfahrungsstufe ganz grob ein Drittel weniger pro Stunde.
Ich könnte relativ oft kotzen, wenn ich sehe, wie nah an meinem Gehalt andere im TVöD sind, die viel einfachere Aufgaben erledigen, schlechter ausgebildet sind und auch schlechtere Arbeit machen.
Ich könnte ganz oft kotzen, wenn ich sehe, wie schlecht manche extrem fähigen und engagierten Bürosachbearbeitungen, Hausmeisterinnen & Co. bezahlt werden.


Ich habe im engeren Freundeskreis zwei Leute, die unverschuldet krankheitsbedingt beruflich komplett ausgefallen sind. Beide promoviert und ehemals sehr gut in ihren Jobs.
Die eine Person hat seit der Schulzeit sehr viel Geld in eine Berufsunfähigkeitsversicherung eingezahlt und kommt deswegen finanziell halbwegs über die Runden. Aber auch nur deswegen.
Die andere Person (alleinstehend) ist wegen der Krankheit in ALG II gerutscht, musste um ihre 1-Zimmer-33m²-Wohnung bangen, hat im Winter im alten Skianzug mit Wolldecken in der Wohnung gesessen und sich fast nur mit nem Waschlappen gewaschen, weil Heizen und Warmwasser zu teuer waren (besonders lustig bei einer rheumatischen Erkrankung), hat sich weitgehend von Haferflocken ernährt und konnte nur deshalb zu Familienfeiern & Co. kommen, weil sie verbotenerweise Zugtickets dahin geschenkt bekommen und diese nicht beim Amt angegeben hat. An Kino, Netflix oder mal einen Drink mit Freunden war genauso wenig zu denken wie daran, für weniger klima-/umweltschädliches Essen oder Klamotten mehr Geld auszugeben.

Ein anderer Freund - 2014 aus Syrien geflohen, wie die Meisten mit heftigsten Erfahrungen (die mich ziemlich sicher in den Selbstmord getrieben hätten), inzwischen Deutscher und mit C1-Sprachnachweis - hat sein syrisches Studium nicht anerkannt bekommen, hat sich hier schon während der Integrationskurse ehrenamtlich engagiert und sobald möglich den nächstbesten Job angenommen, um ja keinen WBS zu brauchen. Er hat nach rund 90 Bewerbungen auf Wohnungs-Kaschemmen im Kölner Osten (auf Deutsch! Mit Gehaltsnachweisen!) dann endlich eine Wohnung bekommen - aber auch nur, weil ich ihm eine Bürgschaft gegeben habe. Davor hat er x-fach (teils auch schriftlich, ich hab's gesehen) frei heraus gehört, dass an Ausländer nicht vermietet wird.
Er hat dann hier studiert, dafür ein Stipendium bekommen und noch nebenbei geminijobbed (mehr ist ja nicht erlaubt). Sein Studium ist gerade eben fertig, neuerdings ist er Vater, seine Frau ist Hausfrau (gegen seinen Wunsch, aber das ist eine andere Geschichte). Mit seinem Einstiegsgehalt (und langem Arbeitsweg) hat er nicht den Hauch einer Chance, seine Familie in der drittbilligsten Wohngegend Kölns ohne Stütze durchzubringen - und mit Stütze reicht es auch für fast nichts.

Fazit:
Wer ernsthaft glaubt, die Stütze würde ein Leben ermöglichen, das irgendwie sorgenarm wäre oder bei dem sogar Teilhabe an ganz normalen gesellschaftlichen Aktivitäten möglich wäre, glaubt an Märchen. Dass Arbeiten-gehen in vielen Berufen finanziell kaum oder nicht attraktiver ist, ist ein vollständig separates Thema.
Und dass die Armen auf die noch Ärmeren spucken, das ist traditionell der große Coup von CSU, CDU und AfD, aber meinem Eindruck nach wollen auch SPD und Linke da in den letzten 5 Jahren ein zunehmend größeres Stück vom Ruhm abhaben.
Ich habe und bin fertig.
 
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Welche Vorschläge habt ihr denn? Ihr seid bis jetzt über das bloße Absenken und Steigern von Löhnen und Hilfen auch nicht hinweg gekommen
  • Krankenversicherung. Mindestbeitrag der GKV abschaffen & ersetzen durch einen %-Betrag, der aber erst über dem persönlichen Freibetrag greift. D.h. man zahlt GKV-Beiträge nur auf das Einkommen über das Sozialhilfeniveau (inkl. übernommene Miete!) hinaus.
  • Rentenversicherung. Jeder Rentenpunkt sollte immer einen kleinen Benefit haben, selbst wenn man auf Grundsicherungsniveau endet. Bspw. könnte man bei Aufstockern dafür sorgen, dass jeder Rentner mindestens bei 10% des Wertes seiner Rentenpunkte über Grundsicherung liegt. Beispiel: Ich habe 10 Rentenpunkte & bin damit eigentlich auf Grundsicherungsniveau. Bekomme so aber 10x 10% von den €37,6 Wert (Rentenwert 2023), so dass ich zumindest €37,6 besser gestellt bin als der Grundsicherungs-Rentner mit 0 Rentenpunkten.
  • Pflege- & Arbeitslosenversicherrung: Analog zu Krankenversicherung, gehe aber nicht ins Detail weil weniger gewichtig (GKV: 14,6%, RV 18,6%, PV 3,4%, ALV 2,6%)
  • Frühstück & Mittagessen an KiTas, Mittagessen an Schulen. Das Essen ist kostenlos, steuerfinanziert. Gleichzeitig Anreiz für arme Haushalte, das Kind länger in der Betreuung zu lassen, Verbesserung der Ernährung von Kindern in ungebildeten Haushalten, und Unterstützung armer Haushalte mit Kindern (weniger Kosten).
  • Wohngeld. Hier würde ich einen Bonus auszahlen an diejenigen, die unter einer bestimmten Kostenschwelle sind. Hier geht es um einen finanziellen Anreiz, bspw von der noch bezahlten 50 m² Wohnung in ein kleineres Studio-Appartment umzuziehen.
Eigenheim, gebrauchte Familienkutsche, zwei ebikes und ein woom sowie die Heißluftfritteuse als Luxusgegenstände; Bio/fairtrade/Öko beim Essen, bei den Klamotten und beim Strom. Rund 2 Wochen Urlaub im Jahr in einer Ferienwohnung.
Ich finde, so ein Lebensstil sollte Durchschnittsverdienenden offen stehen, nicht nur den top 10% Verdienenden.
Sollte im Sinne von "theoretisch wünschenswert"? Agree.
Sollte im Sinne von "ist möglich"? Ich zweifle daran, und ist beim Eigenheim (zumindest wenn als Haus gemeint) & Auto auch nicht unbedingt wünschenswert (Thema Klimaschutz).

Fazit:
Wer ernsthaft glaubt, die Stütze würde ein Leben ermöglichen, das irgendwie sorgenarm wäre oder bei dem sogar Teilhabe an ganz normalen gesellschaftlichen Aktivitäten möglich wäre, glaubt an Märchen.
Agree. Hat hier aber asuch niemand behauptet.
Dass Arbeiten-gehen in vielen Berufen finanziell kaum oder nicht attraktiver ist, ist ein vollständig separates Thema.
Jein. Ich glaube schon, dass du die Situation von zwei armutsbetroffenen Gruppen mit meinen o.g. Vorschlägen signifikant verbesserst:
  • Arbeitende Geringverdiener
  • Arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger -> ein Teil wird durch den höheren Anreiz zu Arbeiten ebendies tun & dadurch besser dastehen
Und dass die Armen auf die noch Ärmeren spucken, das ist traditionell der große Coup von CSU, CDU und AfD, aber meinem Eindruck nach wollen auch SPD und Linke da in den letzten 5 Jahren ein zunehmend größeres Stück vom Ruhm abhaben.
Ich finde beide Seiten bekleckern sich da nicht mit Ruhm.
Der Geringverdiener hat leider keine Lobby (mehr).
  • FDP, CDU haben hier ohnehin keine Tradition
  • SPD, Linke, Grüne interessieren sich für die Verbesserung des sozialen Netzes, nicht ansatzweise so stark aber für eine Entlastung von Geringverdienern
 
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Gleichzeitig kaufe ich eigentlich nur bei Aldi und Lidl ein, versuche monatlich ein Bisschen für die Rente zu sparen, wohne auf weniger Quadratmetern als die meisten, habe kein Auto, fahre nicht opulent in Urlaub … und am Ende des Monats ist trotzdem nicht viel Geld übrig. Und dann steppen wieder die üblichen Verdächtigen rein und fordern noch mehr Rücksichtnahme auf ihre Lowperformerbefindlichkeiten sowie mehr Gewicht für ihre dumpfbackigen Ansichten.
No judging, aber übertreibst du da nicht ein bißchen? Ich habe ein durchschnittliches Ingenieursgehalt, wohne auf mehr Quadratmetern als die meisten, habe zwar kein eigenes Auto aber bleche regelmäßig für Cambio, kaufe bei Edeka ein ohne auf die Preise zu schauen, fliege nach Israel und Jordanien in den Urlaub (nicht mega opulent, aber auch nicht billo) und habe trotzdem jeden Monat noch genug zum sparen übrig (keine Kinder sei Dank). Und das ist ein entspannter Job mit 40-Std. Woche; ich glaube man müsste mir schon 150k++ /Jahr bieten für 60-70 Stunden, die du abreißt.

Das Problem ist, dass das sparen genug ist, um was für die Rente zurückzulegen, aber nie und nimmer genug, um realistischerweise auf ein Eigenheim außerhalb der absoluten Pampa schielen zu können. Und damit habe ich z.B. sehr wenig Anreize (momentan exakt null), mich mit mehr Gehalt ködern zu lassen. Das, was wirklich ködern könnte, wird mir keiner bieten und das mehr, was ich bekommen könnte, brauche ich nicht.
 

Gustavo

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Unverschämt ist solche Forderungen in völliger Unkenntnis der Zusammenhänge und Struktur der Hilfeempänger und dem Zusammenwirken verschiedener Sicherungssysteme zu stellen. Du hast null peil und gibst dir nichtmal Mühe welchen zu haben. Wenn du derart billige Klischees abreitest musst du mit Gegenwind klarkommen. Gib dir mehr Mühe dann antworte ich auch differenzierter.
Sorry, not sorry.

Absolutes verstecktes Forenpost-Kleinod sind die Posts, in denen Xantos wild über irgendwelche sozialpolitischen Zusammenhänge schwadroniert, nur um dann von dir, der damit im Arbeitsalltag zu tun hat, zu hören zu bekommen, dass es seine Ideen entweder schon gibt oder dass er die Lage an einer entscheidenden Stelle falsch dargestellt hat. Sobald es auf die Mikroebene geht, egal ob bei Flüchtlingen oder hier, kann man die Uhr danach stellen. :mond:



Du wohnst in den Vereinigten Staaten, zahlst gefühlt 10% Steuern und Abgaben und kannst mein Leid daher 0 nachvollziehen :troll:

Ich verzeihe dir aber wenn du Solidarität lebst und an arme notleidende deutsche Familien mit einer Spende unterstützt :deliver:

Paypal? :troll:


Können wir machen, wenn auf Reziprozität beruht. Ich würde ganz gerne mal wieder zum Arzt. Hast du Zelle? :troll:



Ich bin nicht in der Fraktion, die Sozialhilfe real kürzen zu wollen.
Ich sehe aber auch keine große Möglichkeit, die Sozialhilfe real zu steigern, da wir eben...
  • Den geringen ungelösten Abstand zu niedrig entlohnter Erwerbstätigkeit haben
  • Der demographische Wandel einerseits bedeutet, dass wir jede Arbeitskraft brauchen & andererseits die Budgets der nächsten Jahrzehnte sehr herausfordernd werden
  • Das ungelöste Problem hoher Migration ins Sozialsystem haben


Die deutsche Wirtschaft existiert nicht im Vakuum.
Wäre das so, so wäre zu einem gewissen Grade ein reines Verteilungsproblem zwischen Unternehmensgewinnen und Arbeitnehmerlohn.
Die Frage des Standorts ist aber sehr relevant - wo produziere ich, wo ist mein Rechtsstandort, wo betreibe ich Forschung & Entwicklung.

Mal ernsthaft: Warum erzählst du einerseits sowas, wenn du andererseits dann Folgendes postest:


Nein, weil es für meine Kernförderung (mehr Abstand) irrelevant ist, ob nun 0%, 10% oder 30% der Sozialhilfeempfänger auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten, und es nur nicht tun.

Das ist, was ich damit meine, wenn ich sage es geht bei dir immer irgendwie drunter und drüber. Ist jetzt das primäre Argument der Wirtschaftsstandort? Dafür ist die Höhe der Sozialhilfe nämlich ein sehr untergeordneter Aspekt, von dem auch überhaupt nicht klar ist ob er einen negativen Einfluss darstellt. Ich habe ja neulich genau aus diesem Grund die Statistik gepostet: Die Kosten im deutschen Sozialstaat fallen nicht hauptsächlich bei denjenigen an, die nicht arbeiten wollen, sondern bei denen die es nicht (mehr) können.

Ich wäre wirklich mal darauf gespannt, eine ethische (!) Begründung dafür zu hören, warum der Lohnabstand als theoretisches Problem so wichtig sein soll im Vergleich zur absoluten Höhe des untersten Sozialhilfeniveaus. Du blendest ja komplett aus, dass es kein irgendwie geartetes Privileg ist, diesen Mindestsatz zu beziehen, das steht jedem offen.
 
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Mein Wunsch hat nicht nur eine einzelne Ursache.
Ich halte ihn aus mehreren Gründen für richtig.

Sprich:
  • Ich glaube, dass es weit mehr als 0% gibt, die arbeiten können, es aber nicht tun (u.a. weil es sich kaum lohnt)
  • Selbst wenn es aber 0% wären, würde ich bei meinem Wunsch bleiben
Ich wäre wirklich mal darauf gespannt, eine ethische (!) Begründung dafür zu hören, warum der Lohnabstand als theoretisches Problem so wichtig sein soll im Vergleich zur absoluten Höhe des untersten Sozialhilfeniveaus. Du blendest ja komplett aus, dass es kein irgendwie geartetes Privileg ist, diesen Mindestsatz zu beziehen, das steht jedem offen.
Es ist immer ein Trade-Off, daher ist die Frage nicht sehr seriös.
Man kann es aber gut an den Extrema durchdenken:
  • Wenn die Leute verhungern, ist die Optimierung der Höhe der Grundsicherung wichtiger als der Kaufkraftabstand.
  • Wenn alle sehr gut versorgt sind, ist der Lohnabstand wichtiger - wäre das nicht so, landete man ja sonst zwangsweise beim vollständigen Sozialismus, bei dem jeder leistungsunabhängig exakt das gleiche hätte. Die ethischen Argumente dafür sind:
    • Leistungs-/Anreizgerechtigkeit als Wert an sich
    • Wohlstandsmaximierung der Gesellschaft über Leistungsgerechtigkeit (sprich: Ich glaube dass auch die Schwachen der Gesellschaft schlechter dran sind, wenn wir nicht ein Mindestmaß an Leistungs-Anreizgerechtigkeit haben)
Die schwer zu beantwortenden Fragen sind:
  1. Welches gesamte Volumen der Umverteilung können wir uns leisten?
  2. Was ist eine akzeptable Untergrenze der Grundsicherung im Vergleich zum gesamten Wohlstand der Gesellschaft?
Da diese Fragen schwer zu beantworten sind & auch kaum objektivierbar, würde ich eben gerne einen Constraint einführen, der dazu führt dass die Grenzbelastung (bspw) 25-30% nicht übersteigt.
Ich denke, dass man auch mit diesem Constraint ein faires Sozialsystem aushandeln könnte, meinst du nicht?
 
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  • Krankenversicherung. Mindestbeitrag der GKV (...)
(...)
Ich sehe die meisten von dir genannten Punkte genauso oder sehr ähnlich wie du. Deine Vorschläge oben klingen für mich als vollkommenen Laien bei diesen Sachen ebenfalls spannend. Und danke, dass du unten noch die FDP mit aufgenommen hast, die für mich so dermaßen das Niveau von bösartigem Karnevalsverein hat, dass ich sie viel zu oft verdränge.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Mein Wunsch hat nicht nur eine einzelne Ursache.
Ich halte ihn aus mehreren Gründen für richtig.

Sprich:
  • Ich glaube, dass es weit mehr als 0% gibt, die arbeiten können, es aber nicht tun (u.a. weil es sich kaum lohnt)
  • Selbst wenn es aber 0% wären, würde ich bei meinem Wunsch bleiben

Es ist immer ein Trade-Off, daher ist die Frage nicht sehr seriös.
Man kann es aber gut an den Extrema durchdenken:
  • Wenn die Leute verhungern, ist die Optimierung der Höhe der Grundsicherung wichtiger als der Kaufkraftabstand.
  • Wenn alle sehr gut versorgt sind, ist der Lohnabstand wichtiger - wäre das nicht so, landete man ja sonst zwangsweise beim vollständigen Sozialismus, bei dem jeder leistungsunabhängig exakt das gleiche hätte. Die ethischen Argumente dafür sind:
    • Leistungs-/Anreizgerechtigkeit als Wert an sich
    • Wohlstandsmaximierung der Gesellschaft über Leistungsgerechtigkeit (sprich: Ich glaube dass auch die Schwachen der Gesellschaft schlechter dran sind, wenn wir nicht ein Mindestmaß an Leistungs-Anreizgerechtigkeit haben)


Ich habe aber nach dem primären Argument gefragt. Und mir scheint, wenn du selbst in einem Szenario, in dem eigentlich niemand der Sozialhilfe bekommt mehr arbeiten könnte immer noch der Meinung wärst, dass der Abstand zu gering ist, dann kann das Primärargument ja nicht das Lohnabstandsgebot sein, da du inkommensurable Gruppen hast, was für mich entweder eben für den Wirtschaftsstandort (was du "Wohlstandsmaximierung" nennst) oder für eine reine Leistungsgerechtigkeitsbetrachtung unter den Arbeitenden spricht. Da hätte ich durchaus Sympathie für die Tatsache, dass Niedriglöhner besser entlohnt werden sollten, aber ich sehe ehrlich gesagt einfach nicht was es mit dem Sozialhilfeniveau zu tun hat. Dass das für den Wirtschaftsstandort einen nennenswerten Einfluss hat sehe ich eigentlich nicht.


Die schwer zu beantwortenden Fragen sind:
  1. Welches gesamte Volumen der Umverteilung können wir uns leisten?
  2. Was ist eine akzeptable Untergrenze der Grundsicherung im Vergleich zum gesamten Wohlstand der Gesellschaft?
Da diese Fragen schwer zu beantworten sind & auch kaum objektivierbar, würde ich eben gerne einen Constraint einführen, der dazu führt dass die Grenzbelastung (bspw) 25-30% nicht übersteigt.
Ich denke, dass man auch mit diesem Constraint ein faires Sozialsystem aushandeln könnte, meinst du nicht?

Die Grenzbelastung für jeden der arbeitet oder die Grenzbelastung für Mindestlöhner?

Ich habe btw mal einen Thread zu einem Reformvorschlag (mittlerweile schon etwas alt) aufgemacht: https://docs.iza.org/sp49.pdf. Ich verstehe die Verengung auf das Thema Mindestlohn/Lohnabstand zu Sozialhilfe nicht so recht, imho wäre es viel sinnvoller sich nicht nur die untersten 20% anzuschauen.

€dit: Interessant wären übrigens auch gangbare Vorschläge, wie man die erlassenen Abgaben ausgleicht, also jenseits von Großprojekten wie "Vermögen mehr besteuern". Einen Vorschlag, den ich ganz apart finde: Die Steigerungsrate der Rente sollte variabel nach Rentenniveau angepasst werden. D.h. jemand der mit einem relativ geringen Rentenniveau startet kriegt weiterhin volle Anpassung an Inflation und Löhne, während Leute mit vergleichbar hohem Rentenniveau maximal noch Inflationsangleichung (oder auch weniger bekommen). Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass damit auch zumindest ein wenig die Ungerechtigkeit ausgeglichen wird, dass viele derjenige, die ein relativ hohes Rentenniveau haben auch diejenigen sind, die relativ lange leben, während viele Leute mit niedrigem Rentenniveau (was in der politischen Debatte immer als hartarbeitende Leute aufgeführt wird) häufig trotz ähnlicher Zahl an Rentenpunkten deutlich kürzer Rente beziehen weil sie kürzer leben.
 
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Ich habe aber nach dem primären Argument gefragt.
Es ist mir ja gerade wichtig, weil es nicht nur ein Argument dafür gibt.
Wie man die Aspekte Leistungsgerechtigkeit als Wert an sich & Wirkung der Anreize gewichtet ist einerseits persönlich, andererseits hängt es von der Unbekannten ab "wieviele könnten arbeiten, wenn sie wollten".

Ich kann dir da gerne jetzt eine Zahl nennen, aber halte das für semi-produktiv, weil sie oft die Diskussion vergiftet:
Ich denke, dass von 100 Sozialhilfeempfängern im Erwerbsalter (18-65) 30 durchaus mindestens Teilzeit, oft Vollzeit arbeiten könnten.
Und dass es auch genug niedrig qualfizierte Dienstleistungsjobs dafür gibt.

Wieviele von den 30 man dann durch eine Änderung der Anreize durch Grenzbelastung zu einer Verhaltensänderung bekommen würde ist dann eine weitere Unbekannte.
Wenn du auch da eine Zahl hören willst: Die Hälfte?
Aber hängt natürlich dann auch davon ab, ob die maximale Grenzbelastung auf 65%, 70%, 75% oder 80% gesenkt würde.

Wie gesagt: Selbst ohne solchen Steuerungseffekt fände ich es sinnvoll aus Gründen der Gerechtigiekti.

Die Grenzbelastung für jeden der arbeitet oder die Grenzbelastung für Mindestlöhner?
Für alle. Das Problem existiert in seiner Schärfe aber mEn derzeit nur am unteren Rand, wo die Grenzbelastung oft 80-100% beträgt.

Ich habe btw mal einen Thread zu einem Reformvorschlag (mittlerweile schon etwas alt) aufgemacht: https://docs.iza.org/sp49.pdf.
Guter Aufschlag!
(Möchte festhalten, dass auch du Dinge in die Diskussion einbringst, die "außerhalb des Diskurses & daher gerade unrealistisch sind" ;))
Ich verstehe die Verengung auf das Thema Mindestlohn/Lohnabstand zu Sozialhilfe nicht so recht, imho wäre es viel sinnvoller sich nicht nur die untersten 20% anzuschauen.
S.o. - an der Stelle existiert für mich heute das eklatanteste Problem.
Und man fokussiert dadurch die Debatte auch auf die dritte Säule neben Steuern & Abgaben: Die (wegfallenden) Transferleistungen.
€dit: Interessant wären übrigens auch gangbare Vorschläge, wie man die erlassenen Abgaben ausgleicht, also jenseits von Großprojekten wie "Vermögen mehr besteuern". Einen Vorschlag, den ich ganz apart finde: Die Steigerungsrate der Rente sollte variabel nach Rentenniveau angepasst werden. D.h. jemand der mit einem relativ geringen Rentenniveau startet kriegt weiterhin volle Anpassung an Inflation und Löhne, während Leute mit vergleichbar hohem Rentenniveau maximal noch Inflationsangleichung (oder auch weniger bekommen).
D.h. du willst weg vom linearen Wert pro Rentenpunkt, und zwar sanft im Laufe der Zeit eingephast?
Bin ich dabei & passt ja auch von der Idee her zu meinem Vorschlag, am unteren Ende dafür zu sorgen, dass Rentenpunkte nicht oft de facto nichts wert sind.
Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass damit auch zumindest ein wenig die Ungerechtigkeit ausgeglichen wird, dass viele derjenige, die ein relativ hohes Rentenniveau haben auch diejenigen sind, die relativ lange leben, während viele Leute mit niedrigem Rentenniveau (was in der politischen Debatte immer als hartarbeitende Leute aufgeführt wird) häufig trotz ähnlicher Zahl an Rentenpunkten deutlich kürzer Rente beziehen weil sie kürzer leben.
Das kann man so als Nebeneffekt gut heißen, wäre aber in der Argumentation damit vorsichtig.
Sonst kommt noch jemand auf die Idee, die Rentenhöhe auch vom Geschnlecht abhängig zu machen oder anderen Variablen!
 
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Celetuiw

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Rentenversicherung. Jeder Rentenpunkt sollte immer einen kleinen Benefit haben, selbst wenn man auf Grundsicherungsniveau endet. Bspw. könnte man bei Aufstockern dafür sorgen, dass jeder Rentner mindestens bei 10% des Wertes seiner Rentenpunkte über Grundsicherung liegt. Beispiel: Ich habe 10 Rentenpunkte & bin damit eigentlich auf Grundsicherungsniveau. Bekomme so aber 10x 10% von den €37,6 Wert (Rentenwert 2023), so dass ich zumindest €37,6 besser gestellt bin als der Grundsicherungs-Rentner mit 0 Rentenpunkten.
Es gibt den Grundrentenfreibetrag für Menschen, die 33 Jahre min. eingezahlt haben. Da sind dann 100 € frei plus 30% von über Hundert bis zur Hälfte des Regelsatzes. Geht imo in die richtige Richtung wobei ich eine Progession besser fände als ne harte Kappzng bei 33 Jahren, ich denke die Intention hattest du auch.


Aber grundsätzlich richtige Idee jo.
Nur, um da jetzt pingelig zu werden, auch dieses "Goody" hat einen Bezug zur Regelsatz Höhe (weil max 50 % rbs 1) so dass du auch die Empfänger des Grundrentenfreibetrages doppelt erwischst wenn der Regelsatz nicht erhöht wird.

Anekdote: als die Grundrente eingeführt wurde kam die DRV ziemlich lange nicht mit der Feststellung der Grundrentenzeiten hinterher. Das führte dazu, dass ich einen Tag für kA .. 15-18 Monate oder sowas den Freibetrag 251 € pro Monat an Herrn Gans *Name von der Redaktion geändert* nachgezahlt hab aus der Grusi. Weil ich noch ein bisschen neu war in dem Bereich hab ich auch kein Begleitschreiben aufgesetzt oder mal vorgewarnt sondern stumpf ~4000 € mit Monatsbescheid rausgeknallt.

Herr Gans rief mich dann an und war sicher, er hätte durch technischen Fehler zu viel Geld gekriegt :rofl:
Als ich ihm das dann verklickert hatte, hat ich echt kurz Sorge ich muss gleich n Notarzt anrufen. Der Mann war völlig von den Socken, dass er "so viel Geld" bekommt.
An dem Tag war ich gerne Weihnachtsmann :)
 
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parats'

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Gleichzeitig kaufe ich eigentlich nur bei Aldi und Lidl ein, versuche monatlich ein Bisschen für die Rente zu sparen, wohne auf weniger Quadratmetern als die meisten, habe kein Auto, fahre nicht opulent in Urlaub … und am Ende des Monats ist trotzdem nicht viel Geld übrig. Und dann steppen wieder die üblichen Verdächtigen rein und fordern noch mehr Rücksichtnahme auf ihre Lowperformerbefindlichkeiten sowie mehr Gewicht für ihre dumpfbackigen Ansichten.
Mal realtalk - kannst und willst du konkrete Zahlen nennen?
 
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@Celetuiw ja, kenne diese "nach 33 Jahren" Regelung und halte sie für absurd. Völlig unnötig wieder eine harte Grenze eingeführt.

Mein Vorschlag ist da quasi der fluide Gegenentwurf dazu.
 
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Wie meinst Du Sondersteuer?

Ich glaube Schlem geht es um den gefühlten Gesamtwohlstand und weniger um Grenzsteuersatz o.ä.
Ich kann das ganz gut nachvollziehen, denn ich kriege mit einer Woche von 60-70 Stunden und Akademikerausbildung eben leider nur so viel mehr als irgendein Hanswurst mit Ausbildung und 35 Stunden/Woche der am Ende auch noch einen Scheiß auf seine Arbeit gibt, dass ich mich schon frage ob das so "richtig" ist, weil ich gleichzeitig in absoluten Zahlen auch fast 3mal so hohe Abzüge habe. (ESt+Soli+SV, Steuerklasse I, Zahlen ausgedacht weil ich jetzt grad keine Lust auf komplett korrektes Ausrechnen hatte. Tendenz stimmt aber.)
Und dann sagt man mir an jeder Ecke noch, dass ich noch ein bisschen mehr beitragen soll weil ich doch so privilegiert bin.

Gleichzeitig kaufe ich eigentlich nur bei Aldi und Lidl ein, versuche monatlich ein Bisschen für die Rente zu sparen, wohne auf weniger Quadratmetern als die meisten, habe kein Auto, fahre nicht opulent in Urlaub … und am Ende des Monats ist trotzdem nicht viel Geld übrig. Und dann steppen wieder die üblichen Verdächtigen rein und fordern noch mehr Rücksichtnahme auf ihre Lowperformerbefindlichkeiten sowie mehr Gewicht für ihre dumpfbackigen Ansichten.

Ich mein … die ganze Industriestrompreisdebatte ist an Dummbratzigkeit nicht zu überbieten. Die Tage war das bei irgendeiner Talkshow so schön zu beobachten … erst das Angebot kürzen, dann über die hohen Preise heulen und eine Subventionierung fordern. Und dann noch obendrauf jammern, dass Deutschland so eine CO2-intensive Stromerzeugung hat.
Da weiß man halt nicht mehr wirklich was man dazu sagen soll

Sollte ich jemals Wohneigentum haben, dann deswegen weil ich jahrzehntelang eisern Konsumverzicht geübt habe. Und ich weiß jetzt schon was passieren wird: Man wird wieder sagen "Du bist so privilegiert, zeig Dich mal mit denjenigen solidarisch, die in der Vergangenheit ihr Einkommen verkonsumiert anstatt gespart haben."
Dazu habe ich keine Lust. Die Anreize sind leider so, dass es belohnt wird wenn man verantwortungslos handelt, weil die allgemein herrschende Gefühlslage ist, dass die Menschen die sich in diesen Situationen befinden zu dumm sind, als dass man ihnen Eigenverantwortung zumuten könnte, und dass man sie stattdessen auf Kosten der Allgemeinheit gegen alle Lebensrisiken vollversichern muss––auf Kosten derjenigen die ihr Leben halbwegs im Griff haben.
Mal ehrlich wenn du bei ner 60-70 stunden woche und "eisernem konsumverzicht" am ende vom Monat nicht mit mehr raus gehst als "ein bisschen was übrig" würd ich mir nen anderen job suchen.
 

Celetuiw

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Ja, die Aussage check ich auch nicht so ganz Boot. Was heißt denn
" … und am Ende des Monats ist trotzdem nicht viel Geld übrig." ?
 
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Grundsätzlich ist der Begriff "sparsam" schon extrem dehnbar. Ich kenne Leute die von sich behaupten quasi in Askese zu leben aber auf der Arbeit jeden Tag ins Restaurant essen gehen und zwei- bis dreimal jährlich in Urlaub fahren.

Interessant fände ich persönlich Mechanismen die Auswüchse in den Topsalären effizient abstrafen. Mir scheint es, Einkommenssteuer reicht an dem Punkt einfach nicht. Und nein, ich rede hier nicht vom unteren Drittel der sechsstelligen Jahreseinkommen.

Ein Approach gab es z.B. hier (nicht ausgegoren aber ansatzweise interessant)

Mir persönlich ist beispielsweise schleierhaft, wie jemand ein Gehalt in mehrstelliger Millionenhöhe mit persönlicher Leistung rechtfertigen kann. Ausserdem ist in dieser Hinsicht der "Filz" in VR und ähnlichen Gremien schon etwas eigenartig. Da schaufelt sich eine schmale Elite im grossen Stil Kohle zu.

Freue mich auf Einwände.
 

Celetuiw

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Grundsätzlich ist der Begriff "sparsam" schon extrem dehnbar. Ich kenne Leute die von sich behaupten quasi in Askese zu leben aber auf der Arbeit jeden Tag ins Restaurant essen gehen und zwei- bis dreimal jährlich in Urlaub fahren.

Interessant fände ich persönlich Mechanismen die Auswüchse in den Topsalären effizient abstrafen. Mir scheint es, Einkommenssteuer reicht an dem Punkt einfach nicht. Und nein, ich rede hier nicht vom unteren Drittel der sechsstelligen Jahreseinkommen.

Ein Approach gab es z.B. hier (nicht ausgegoren aber ansatzweise interessant)

Mir persönlich ist beispielsweise schleierhaft, wie jemand ein Gehalt in mehrstelliger Millionenhöhe mit persönlicher Leistung rechtfertigen kann. Ausserdem ist in dieser Hinsicht der "Filz" in VR und ähnlichen Gremien schon etwas eigenartig. Da schaufelt sich eine schmale Elite im grossen Stil Kohle zu.

Freue mich auf Einwände.
Ah der Gesetzesentwurf. Nee das fand ich extrem sinnvoll. Gibt dem Betrieb Anreize seinen leitenden MA keine Phantasiegehälter zu zahlen sondern vorher die unteren Lohmgruppen anzuheben.
 
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Wieso der Fokus auf Einkommen?

Warum ist es ein großes Problem für dich, dass jemand einem anderen Millionen für einen Job bezahlt - aber kein so großes Problem, dass jemand Millionen / Milliarden erbt? Oder Grundbesitz in München hat, der rein durch die Leistung anderer immer wertvoller wird?

Imo eines der größten Probleme der Debatte in Deutschland. Schlecht ist der böse CEO, der zuviel Geld verdient. Da muss man dringend in die Vertragsfreiheit eingreifen! Und Reichtum hat nur mit Einkommen zu tun, nicht mit Vermögen!
 

Celetuiw

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Ganz deiner Meinung, das darf gerne beides passieren. Vater Staat benötigt Mehreinnahmen um seinen Verpflichtungen gerecht werden zu können. Ich bin ganz dafür Großerberei mehr zu besteuern.

Besonders gerne die von dir angesprochene Sorte Erben halber Wohnblöcke und mittelständischer Firmen.
 
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Wieso der Fokus auf Einkommen?
Ach, ich sehe das jetzt nicht so eng. Wir haben über Einkommensverteilung der unteren Ligen gesprochen und da habe ich angeknüpft. Für mich ist das nicht abschliessend.
Warum ist es ein großes Problem für dich, dass jemand einem anderen Millionen für einen Job bezahlt - aber kein so großes Problem, dass jemand Millionen / Milliarden erbt? Oder Grundbesitz in München hat, der rein durch die Leistung anderer immer wertvoller wird?
Es wurde nicht impliziert, dass dort nicht auch angeknüpft werden könnte. Ich habe einen Input gebracht und bin gespannt auf die Meinung dazu.
Imo eines der größten Probleme der Debatte in Deutschland. Schlecht ist der böse CEO, der zuviel Geld verdient. Da muss man dringend in die Vertragsfreiheit eingreifen! Und Reichtum hat nur mit Einkommen zu tun, nicht mit Vermögen!
Ja, Vermögen muss man imho auch anschauen. Über die Vertragsfreiheit bei Millionengehältern darf man aus meiner Perspektive diskutieren. Es ist ja meist nicht so, dass der Einkommensmultimillionär in einem Unternehmen arbeitet, das sämtliche Mindeststandards um Dimensionen übertrifft was Gehälter angeht.
 

Celetuiw

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Hier nochmal zur Lindnerschen Behauptung Alleinerziehende im Hilfebezug hätten erstmal zu wenig Bock auf Arbeit.

Das ist ganz gut geschrieben und beleuchtet ein paar Hintergründe. Ich persönlich finde es immer wieder krass wieviel Alleinstehende mit Kindergeld ab 2 Kindern überhaupt verdienen müssten um dem Hilfebezug zu entkommt. Das ist in den meisten Jobs in Teilzeit nämlich unmöglich.
 
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Meine Meinung zu hohen Einkommen:

1. Heute schon hoch besteuert. In gewisser Weise ist es Umverteilung, wenn sich vermögende Unternehmensbesitzer entscheiden, ihren Managern viel zu bezahlen. Weil eben stark besteuert.

2. Falscher Fokus. Ich würde meine Energie auf andere Bereiche setzen.

3. Bin ich im Zweifel für weniger Regeln eher als für mehr. Und im Zweifel für Vertragsfreiheit.

4. Begrenzt man Managergehälter ist nicht klar, dass andere Mitarbeiter davon profitieren. Kann auch einfach den Gewinn erhöhen, oder -je nach Impact auf das Talent- die Aussichten der Firma verschlechtern.

Selbst wenn so mancher Manager zu viel bezahlt wird, dann würde ich das hinnehmen und über Erbschaftssteuer mehr belasten.
 
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Hier nochmal zur Lindnerschen Behauptung Alleinerziehende im Hilfebezug hätten erstmal zu wenig Bock auf Arbeit.

Das ist ganz gut geschrieben und beleuchtet ein paar Hintergründe. Ich persönlich finde es immer wieder krass wieviel Alleinstehende mit Kindergeld ab 2 Kindern überhaupt verdienen müssten um dem Hilfebezug zu entkommt. Das ist in den meisten Jobs in Teilzeit nämlich unmöglich.
Exakt: Für Alleinerziehende in Teilzeit lohnt sich Arbeiten kaum. Dadurch wird es für viele Alleinerziehende rational, weniger zu arbeiten. Insbesondere in Bundesländern wo Kinderbetreuung nicht so easy verfügbar und kostenlos ist.

Wer das beklagt, der sagt aber damit doch eben nicht, dass Alleinerziehende "wenig Bock" auf Arbeit hätten. Das ist doch ein Strohmann.

Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Alleinerziehende sehr viel Bock auf Arbeit hätten. In der Kombination "nur minimal mehr Kohle als nicht arbeiten" und "Kinderbetreuung" aber zum Schluss kommen, dass es sich für sie leider nicht lohnt.

Ich will hier nicht Lindner pauschal in Schutz nehmen, aber deine Interpretation hier klingt für mich sehr nach "shoot the messenger", was den Betroffenen wenig hilft.
 

Celetuiw

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Exakt: Für Alleinerziehende in Teilzeit lohnt sich Arbeiten kaum. Dadurch wird es für viele Alleinerziehende rational, weniger zu arbeiten. Insbesondere in Bundesländern wo Kinderbetreuung nicht so easy verfügbar und kostenlos ist.

Wer das beklagt, der sagt aber damit doch eben nicht, dass Alleinerziehende "wenig Bock" auf Arbeit hätten. Das ist doch ein Strohmann.

Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Alleinerziehende sehr viel Bock auf Arbeit hätten. In der Kombination "nur minimal mehr Kohle als nicht arbeiten" und "Kinderbetreuung" aber zum Schluss kommen, dass es sich für sie leider nicht lohnt.

Ich will hier nicht Lindner pauschal in Schutz nehmen, aber deine Interpretation hier klingt für mich sehr nach "shoot the messenger", was den Betroffenen wenig hilft.
Ja, das kann ich nicht nachvollziehen. Es geht ja nicht um Leute die Mindestlohn kriegen und damit u.u. Nur +100 € mehr als Hartz4 haben. Es geht um alleinerziehende Mütter die den Hilfebezug realistisch nicht Beenden KÖNNEN, weil du in Teilzeit nicht genug verdienen KANNST um genug zu haben. Zumindest mit kleineren Kindern Teilzeit 20 std weil du keine ganztagsbetreuung kriegst bist du chancenlos.

Und mal ehrlich: was wünschen wir uns als Gesellschaft? Das Mütter ab dem Alter der Kinder von 2 wieder 40h kloppen müssen nur um dem Jobcenter "ciao kakao" sagen zu können damit die Blagen Mama nie sehn? Papa ist eh tot oder ein HuSo sonst gäbs die Lage nicht.
 
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Exakt: Für Alleinerziehende in Teilzeit lohnt sich Arbeiten kaum. Dadurch wird es für viele Alleinerziehende rational, weniger zu arbeiten. Insbesondere in Bundesländern wo Kinderbetreuung nicht so easy verfügbar und kostenlos ist.

Wer das beklagt, der sagt aber damit doch eben nicht, dass Alleinerziehende "wenig Bock" auf Arbeit hätten. Das ist doch ein Strohmann.

Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Alleinerziehende sehr viel Bock auf Arbeit hätten. In der Kombination "nur minimal mehr Kohle als nicht arbeiten" und "Kinderbetreuung" aber zum Schluss kommen, dass es sich für sie leider nicht lohnt.

Ich will hier nicht Lindner pauschal in Schutz nehmen, aber deine Interpretation hier klingt für mich sehr nach "shoot the messenger", was den Betroffenen wenig hilft.
Nein, linder erzählt da tatsächlich einfach lügen geschichten, dass du das auf dein eigenes narrativ uminterpretierst zeigt eher ne verzerrte wahrnehmung deinerseits.
 
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Ja, das kann ich nicht nachvollziehen. Es geht ja nicht um Leute die Mindestlohn kriegen und damit u.u. Nur +100 € mehr als Hartz4 haben. Es geht um alleinerziehende Mütter die den Hilfebezug realistisch nicht Beenden KÖNNEN, weil du in Teilzeit nicht genug verdienen KANNST um genug zu haben. Zumindest mit kleineren Kindern Teilzeit 20 std weil du keine ganztagsbetreuung kriegst bist du chancenlos.

Und mal ehrlich: was wünschen wir uns als Gesellschaft? Das Mütter ab dem Alter der Kinder von 2 wieder 40h kloppen müssen nur um dem Jobcenter "ciao kakao" sagen zu können damit die Blagen Mama nie sehn? Papa ist eh tot oder ein HuSo sonst gäbs die Lage nicht.
Was ich mir wünsche für die alleinerziehende Mutter:
  • Dass sie eine gute Kinderbetreuung bekommt, so dass sie problemlos Teilzeit arbeiten kann
  • Dass sie durch das Arbeiten in Teilzeit deutlich mehr netto hat als heute durch Transferleistungen allein
  • Dass sie von ihren Rentenpunkten signifikant was hat, auch wenn sie durch ihre Umstände zeitlebens nicht an die 33 kommen wird
Dafür ist in der Tat nicht nötig, dass sie keine Transferleistungen mehr bezieht.
Nötig ist, dass ihre Sozialabgaben sinken & ihre Transferleistungen nicht in dem Maße wegtfallen, wie es jetzt so ist.
 

Gustavo

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Es ist mir ja gerade wichtig, weil es nicht nur ein Argument dafür gibt.
Wie man die Aspekte Leistungsgerechtigkeit als Wert an sich & Wirkung der Anreize gewichtet ist einerseits persönlich, andererseits hängt es von der Unbekannten ab "wieviele könnten arbeiten, wenn sie wollten".

Ich kann dir da gerne jetzt eine Zahl nennen, aber halte das für semi-produktiv, weil sie oft die Diskussion vergiftet:
Ich denke, dass von 100 Sozialhilfeempfängern im Erwerbsalter (18-65) 30 durchaus mindestens Teilzeit, oft Vollzeit arbeiten könnten.
Und dass es auch genug niedrig qualfizierte Dienstleistungsjobs dafür gibt.

Wieviele von den 30 man dann durch eine Änderung der Anreize durch Grenzbelastung zu einer Verhaltensänderung bekommen würde ist dann eine weitere Unbekannte.
Wenn du auch da eine Zahl hören willst: Die Hälfte?
Aber hängt natürlich dann auch davon ab, ob die maximale Grenzbelastung auf 65%, 70%, 75% oder 80% gesenkt würde.

Wie gesagt: Selbst ohne solchen Steuerungseffekt fände ich es sinnvoll aus Gründen der Gerechtigiekti.



Ich verstehe schon was du mir sagen willst. Ich wollte bloß darauf hinweisen, dass du mit dem Begriff "Leistungsgerechtigkeit" den Gerechtigkeitsbegriff schon auf einen der beiden gängigen Gerechtigkeitsbegriffe verengst, nämlich den relativen. Ich sehe aber keinen echten Grund das zu tun, der absolute Begriff spielt imho eine viel größere Rolle.



Für alle. Das Problem existiert in seiner Schärfe aber mEn derzeit nur am unteren Rand, wo die Grenzbelastung oft 80-100% beträgt.

Wenn du für alle meinst, dann ist 30% als maximale Abgabenquote völlig illusorisch. Da müsste man schon einen ganz anderen Staat mit viel geringerem Leistungsumfang anbieten.

Und so ganz stimmt das mit dem unteren Rand auch nicht: Wenn du deren Steuersatz im Vergleich zur Sozialhilfe berechnest, dann gilt das für jeden Arbeitnehmer, nicht nur für Mindestlöhner. Die haben nur das Pech, dass sie dann nicht auch noch in den Genuss der niedrigeren Steuersätze in den höheren Einkommensschichten kommen. Aber wie gesagt: Ich sehe keinen echten Grund, sich auf den unteren Rand zu konzentrieren. Der sinkende Grenzsteuersatz für sehr hohe Einkommen ist imho genauso unfair und selbst mit 65% Grenzbelastung wo wir jetzt eher von 80% oder so reden (100% gibt es effektiv nirgendwo) am unteren Ende wäre Mindestlohnbeziehern nicht wahnsinnig geholfen. Imho sollte jede Reform so aussehen wie das verlinkte Model.

Guter Aufschlag!
(Möchte festhalten, dass auch du Dinge in die Diskussion einbringst, die "außerhalb des Diskurses & daher gerade unrealistisch sind" ;))


Das hatte ich auch am Ende des Eingangsposts erwähnt. Mir ging es allerdings auch nicht darum, ein machbares Modell zu präsentieren sondern eher darum, darauf hinzuweisen wo im bestehenden System die Ungerechtigkeiten stecken, weil das vielen Leuten nicht klar ist. Wenn es mir darum ginge, wie man das ganze politisch verträglich machen will hätte ich da durchaus andere Ideen. Aber man sollte sich auch nichts vormachen: In einem Land, in dem 25% bis 30% der Bürger nicht wählen, tendenziell eher diejenigen mit geringem Einkommen und/oder geringem Sozialkapital, wird es immer schwierig sein das System so zu verändern, dass man explizit Leuten mit dauerhaftem Mindestlohnbezug etwas Gutes tut.


D.h. du willst weg vom linearen Wert pro Rentenpunkt, und zwar sanft im Laufe der Zeit eingephast?
Bin ich dabei & passt ja auch von der Idee her zu meinem Vorschlag, am unteren Ende dafür zu sorgen, dass Rentenpunkte nicht oft de facto nichts wert sind.


Afaik ist es unter Sozialökonomen ziemlich breiter Konsens, dass man einerseits das EIntrittsalter anpassen und andererseits von der starren Gleichbehandlung weg muss, sonst wird das Rentensystem in einem Land wie Deutschland entweder unfinanzierbar teuer oder auf Dauer tatsächlich ein Garant für haufenweise Altersarmut sein.
 
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