Eine Vergleichsrechnung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (
IfW) veranschaulicht indessen, wie es sich heute mit dem Lohnabstand verhält: mit den Bürgergeldsätzen für 2023 und dem heutigen Mindestlohn von 12 Euro je Stunde. Für ein Elternpaar mit zwei Jugendlichen, die in Hamburg leben, ist es demnach so: Sind die Eltern arbeitslos, zahlt ihnen das Jobcenter monatlich je 451 Euro sowie je 420 Euro für die Kinder, zusammen also 1742 Euro. Außerdem werden Miet- und Heizkosten für eine 95-Quadratmeter-Wohung übernommen, in Hamburg 1190 Euro. Zusammen sind das 2932 Euro.
Arbeitet stattdessen ein Elternteil 38,2 Stunden je Woche zum Mindestlohn, dann bringt das laut IfW 1585 Euro netto. Hinzu kommen 500 Euro
Kindergeld. Außerdem kann dieser Haushalt mit dem Wohngeld für erwerbstätige Kleinverdiener 793 Euro Mietzuschuss erhalten. Das ergibt dann 2878 Euro, also 54 Euro weniger als im Bürgergeld. Allerdings ist darin noch nicht berücksichtigt, dass Kinderzuschlag oder Bürgergeld hinzukommen könnten, wie die Forscher Ulrich Schmidt und Denis Haak deutlich betonen. Mit aufstockendem Bürgergeld könne die Familie am Ende der Antragsprozedur ein um mindestens 378 Euro höheres Gesamteinkommen erzielen als der Arbeitslosenhaushalt.
Auch das schafft aber keinen aus ihrer Sicht überzeugenden Arbeitsanreiz: 378 Euro im Monat für 38,2 Stunden Arbeit je Woche entsprechen 2,28 Euro Nettostundenlohn. Nimmt man Zeit und Geld ins Kalkül, wäre es für diesen Haushalt jedenfalls recht attraktiv, von Vollzeitarbeit auf einen
Minijob umzusteigen. Denn von diesem kleineren Verdienst wird prozentual deutlich weniger aufs Bürgergeld angerechnet als vom Vollzeitlohn: Mit 10 Stunden Arbeit je Woche für einen 520-Euro-Mini-Job kommen dann 184 Euro Zusatzverdienst heraus, also fast halb so viel wie mit Vollzeit. In diesem Fall beträgt der rechnerische Nettostundenlohn 4,23 Euro.
Vorschläge zur Kinderförderung und Hinzuverdienstregeln
Zuweilen wird gegen solche Berechnungen eingewandt, dass es einseitig sei, zum Vergleich Alleinverdienerfamilien heranzuziehen – würden beide Eltern arbeiten, kämen sie leichter und weiter über die Leistungen für Arbeitslosenhaushalte hinaus. Das Statistische Bundesamt weist allerdings aus, dass in der Realität gut die Hälfte aller Paare mit unter dreijährigen Kindern Alleinverdienerfamilien sind.