ZEIT ONLINE: Spielt das Verhalten des Westens in diesem Ringen zwischen Propaganda und Realität überhaupt eine Rolle?
Yudin: Der Westen wird von den meisten Russen als derart weich wahrgenommen, dass man ohnehin nicht davon ausgeht, dass er irgendetwas ernst meint, außer seinen Wohlstand zu erhalten. Solange der Westen nicht zeigt, dass er bereit zu wirklichen Opfern ist, bleibt es bei dem in der russischen Gesellschaft verbreiteten Fatalismus, dass Putin sowie immer alles bekommt, was er will. Egal, was man tut.
ZEIT ONLINE: Was meinen Sie mit wirklichen Opfern? Dass wir Europäer auch unsere eigenen Kinder in den Krieg schicken?
Yudin: Es ist nicht an mir, Ratschläge zu erteilen. Aber dies ist nicht nur ein Krieg gegen die
Ukraine, sondern er richtet sich ebenso gegen die Nato und den Westen. Von dieser Tatsache sollten möglichst alle Entscheidungen ausgehen, auch in der Embargofrage. Ohne die westliche Bereitschaft, Lasten zu tragen, bleibt Putin bei seinem alten Bild vom ungefährlichen Westen, den man unaufhaltsam zerstören kann.