Sicher ist Zeit ein kritischer Faktor, aber eben nicht der einzige. Speziell für Schlaganfälle sind afaik sogar mobile Stroke-Units sehr effektiv, damit eine spezialisierte Versorgung direkt beginnen kann. Statt vom erstbesten RTW ins nächstgelegene KH gefahren zu werden, kann es dann eben deutlich besser sein, wenn der erstbeste RTW oder Notarzt die Erstversorgung übernimmt und möglichst schnell an eine spezialisierte Einheit (Wagen oder Heli) übergeben wird, die direkt die nächste Spezialklinik ansteuert.
Ein zentralisierteres Krankenhaussystem funktioniert natürlich erst dann optimal, wenn die Logistik darauf eingestellt ist. Man hat einen erhöhten Aufwand, um Patienten zu transportieren. Das ist aber leistbar und unterm Strich besser, als gleich ganze KHs übers Land zu verteilen. In Ländern wie Schweden ist es bspw. viel üblicher, dass man (selbst für sowas wie ne Geburt) mit dem Heli zur nächsten Klinik geflogen wird. Das mag für den einzelnen Patienten erstmal etwas nerviger sein und kontraintuitiv wirken. Aber das sollte es wert sein, weil man damit letztlich im Durchschnitt eben mit größerer Konfidenz in einer Klinik behandelt wird, in der einerseits die entsprechende Expertise wirklich vorhanden ist, um die fachlich beste Entscheidung zu treffen und auf der zweitens auch weniger wirtschaftlicher Druck lastet, sich durch bestimmte Eingriffe finanziell über Wasser zu halten.
Mir als Patient wäre es das vollkommen wert. Man muss sich halt von dem Anspruch lösen, dass es sowas wie "flächendeckend gleich gute Versorgung" gibt. Man kann halt nicht gute Luft und günstige Immobilien auf dem Land wollen, aber den gleichen Anspruch auf erstklassige Infrastruktur haben. Irgendwo müssen Abstriche gemacht werden und im Fall der medizinischen Versorgung ergeben sich daraus sogar handfeste Vorteile. Ein größeres Problem für die Versorgung in der Fläche ist imo der Zugang zu Haus- und Fachärzten, die man ja auch deutlich öfter in Anspruch nimmt als das Krankenhaus.
In Zukunft werden Telemedizin und Digitalisierung hoffentlich dazu führen, dass man sich viele Wege sparen kann und dass Abläufe überhaupt patientennäher und effizienter werden. Mein Anfahrtsweg zur Charité in Mitte beträgt bspw. keine 10 Minuten. Davon kann ich mir aber nichts kaufen, wenn ich bei einem Termin in der Hochschulambulanz trotzdem mit 3 oder 4 oder 5 oder 6 Stunden Wartezeit zu rechnen habe.