es geht nicht darum, ob man assange vertraut. wenn dann melzer, denn er behauptet für seine behauptungen beweise zu haben (schriftverkehr und co). an dieser stelle geht es nicht mehr um hören-sagen, sondern gerichtsfestes.
allein die tatsache, dass die anhörungen bei der schwedischen polizei manipuliert wurden (saisdead, wo hast du zuvor davon gehört??) oder dass assange x fach zu den vorwürfen bei der polizei aussagen wollte aber es nicht erwünscht war, beweist in meinen augen ein politisch motiviertes vorgehen gegen einen mächtigen whistleblower.
Ob irgendwas davon gerichtsfest ist, darf man bezweifeln. Der UN-Sonderermittler bekleckert sich in diesem Fall imo nicht mit Ruhm, wenn es darum geht, als neutrale Instanz aufzutreten, die nüchtern und sachlich die Fakten prüft und auf Missstände aufmerksam macht. Ich sehe dabei völlig ein, dass man in so einer Rolle auch mal den Finger in die Wunde legt. Aber so wie dieser Melzer vorgeht, untergräbt er imo einfach seine eigene Glaubwürdigkeit, was der Sache kaum dienlich sein dürfte.
Zu den zwei inhaltlichen Punkten:
Ich sehe keine Grundalge für eine (böswillige) Manipulation von Beweismitteln. Alles, was ich in dem zitierten Dokument lese, ist, dass irgendwas zu einem Verhörprotokoll hinzugefügt und das durch die Signatur der Beamtin auch kenntlich gemacht wurde. Dafür kann es eine völlig harmlose und logische Erklärung geben. Vielleicht handelt es sich um eine Aussage, die die Zeugin gemacht hat und die von der anwesenden Beamtin gehört wurde, die Zeugin aber so nicht unterschreiben wollte - es wird explizit erwähnt, dass sie nicht mehr kooperiert hat, als es in Richtung Vergewaltigung ging. Nur weil eine Zeugin eine Aussage nicht durch ihre Unterschrift bestätigen will, bedeutet das aber nicht, dass sie für die Ermittlung keine Relevanz mehr hat.
Und zum zweiten Punkt: Es mag sein, dass Assange bei der Polizei eine Aussage machen wollte. Ich gehe davon aus, dass strafrechtliche Ermittlungen einem gewissen Prozedere folgen und die ermittelnde Behörde - hier wohl die Staatsanwaltschaft - entscheidet, wann sie welchen Zeugen vernimmt. Vielleicht wollte sie vorher weitere Beweise sichten, damit sie eine solidere Grundlage für ein Verhör Assanges hat. Oder sie wollte die Identität der Zeuginnen noch nicht offenlegen. Oder sie hatte einfach noch andere Dinge zu tun als diesem einen Fall nachzugehen - nur weil Julian Assange beteiligt ist, wandert der nicht automatisch ganz oben auf den Stapel.
Aus der Tatsache, dass die Ermittlungsbehörden und nicht Assange über den zeitlichen Ablauf des Verfahrens entscheiden, würde ich jedenfalls nicht schließen, dass man an seiner Aussage nicht interessiert war oder ihn bewusst hingehalten hat.
wo hört denn mangelnde professionalität auf und kriminelles handeln an? es ist leider eine deutsche unart bei jedwedem behörden"versagen" von fehlern zu sprechen anstatt klipp und klar zu bennen, dass kriminell agiert wurd.
"ups, wir haben versehentlich VDLs handy gelöscht"
"ups, wir haben die wichtigsten nsu akten geschreddert"
etc
Ich habe von genug absurden Fällen behördlichen Versagens gehört - und manche selbst erlebt -, um davon überzeugt zu sein, dass da regelmäßig so einiges schief läuft, was man sich als Außenstehender ungern ausmalt. Böse Absichten dürften nur in einer absoluten Minderheit der Fälle eine Rolle spielen. Darum habe ich auch keinen Grund anzunehmen, dass es hier um was anderes geht. Dass Polizisten, Staatsanwälte und Richter einem Beschuldigten gegenüber voreingenommen sind und ihn nicht mit dem eigentlich gebotenen Respekt und der Vorsicht behandeln, die die Unschuldsvermutung gebieten, sollte natürlich nicht passieren, kommt aber dennoch oft vor. Assange scheint nach Schilderung vieler Leute, die persönlich mit ihm zu tun hatten, ein arroganter Narzisst zu sein - dass so jemand schikaniert wird, halte ich a priori schon eher für wahrscheinlich als unwahrscheinlich. Das ist für mich aber kein plausibler Anhaltspunkt für dunkle Mächte, die im Hintergrund Einfluss nehmen.
Und nochmal ganz allgemein: Ich bestreite überhaupt nicht, dass Assange selbst von diesen ganzen Verschwörungstheorien überzeugt ist und oder dass einflussreiche Kreise in den USA ihm an den Kragen wollen. Aber die Theorie, dass der schwedische Staat, einschließlich Justiz, da als Handlanger involviert sind und versuchen ihn aufgrund eines aufgebauschten Sexualdelikts dingfest zu machen, um ihn schließlich an die USA auszuliefern, halte ich für lächerlich. Insbesondere halte ich für lächerlich, dass er es für eine gute Idee hielt, sich ausgerechnet in UK - einem der engsten Verbündeten der USA - vor dem Zugriff der angeblich kompromittierten Schweden zu verstecken. Das passt einfach vorne und hinten nicht zusammen.
Wenn die USA handfeste Vorwürfe gegen ihn in der Hand haben, die eine Auslieferung ermöglichen, dann hätten sie wohl auch Mittel und Wege gehabt, das heimlich in die Wege zu leiten und ihn in irgendeinem verbündeten Staat festnehmen und ausliefern zu lassen. Dazu bedarf es keines Umwegs über erfundene Sexualdelikte, die er in Schweden begangen haben soll.