Wenn du den guten Nietzsche auch gelesen hast, weißt du ja sicherlich, dass Nietzsche nicht nur Nihilist war, sondern auch versucht hat diesen zu überwinden.
Nietzsche hat mir als Lebensphilosoph viel gegeben, seine Zentrierung auf das Leben durch Gedanken wie die Ewige Wiederkehr des Gleichen finde ich beispielsweise sehr interessant und eine der besten Möglichkeiten mit dem Thema Tod umzugehen. Imo bei weitem 'produktiver' als eine gewöhnliche Jenseits-Einstellung.
Ein weiterer Punkt der daraus resultiert ist Nietzsches Dekadenz/Uneigentlichkeitsvorwurf (ums mal mit Heidegger zu sagen) an seine Zeit, den man heute sicherlich noch viel leichter an seiner Umwelt erkennt. Der letzte Mensch ist der Mensch des 21. Jahrhunderts.
Daraus resultiert wiederum eine Überdenkung von Schmerzen und deren Nutzen für ein glückliches Leben. Durch Nietzsche wird noch einmal bewusst, wie wichtig auch die negativen Seiten des Lebens sind. Außerdem bringt er einen dazu noch einmal haargenau die eigenen Werte zu reflektieren. Und eine hedonistische Einstellung erhält das Gegenüber des Übermenschen-Prinzips, welches die "Selbstverbesserung" und Schaffenskraft als Lebensmitte prokalmiert - imo ein erstrebenswertes Ziel.
Ein weiterer kleiner Punkt den ich an Nietzsche sehr schätze sind seine Ausführungen über das "intellektuelle Gewissen", dessen Mangel man schnell bei der nächsten Politikdiskussion feststellen wird. Wenn mal wieder jeder ohne auch nur tatsächlich in die Materie eingelesen zu sein - und dafür braucht man lange! - die unumstößliche Wahrheit kennt.
Das nur um einiges zu nennen. Dazu kommt dann noch sein wunderschöner Stil der seine Bücher schon lesenswert macht, ob man nun mit dem Inhalt konform geht oder nicht.
Ich frage mich, wie man nichts bei Nietzsche finden kann.
Das man Nietzsche ambivalent und kritisch sehen muss ist natürlich auch klar.
Der Schwerleidende sieht aus seinem Zustand mit einer entsetzlichen Kälte hinaus auf die Dinge: Alle jene kleinen, lügnerischen Zaubereien, in denen für gewöhnlich die Dinge schwimmen, wenn das Auge des Gesunden auf sie blickt, sind ihm verschwunden: ja er selber liegt vor sich da ohne Flaum und Farbe. Gesetzt, dass er bisher in irgendeiner gefährlichen Phantasterei lebte: Diese höchste Ernüchterung durch Schmerzen ist das Mittel, ihn herauszureißen: und vielleicht das einzige Mittel.
[Morgenröte 114]
Im Moment lese ich "Ein Meister aus Deutschland" von Rüdiger Safranski über Martin Heidegger. Bin erst auf Seite 80, aber es gefällt mir schon jetzt gut. Sehr erzählend, gibt dafür aber auch sehr viele Informationen über die Basis anderer Philosophen die Heidegger vorausgegangen sind und auf welche er aufbaut. Beziehungsweise werden generell die Strömungen vor Heidegger angeschnitten. Bin gespannt auf das eigentliche Denken Heideggers, das mir bruchstückhaft aus dem Philo-Unterricht bekannt ist.