Inflation & Rezession

Celetuiw

StarCraft: Brood War
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Wenn das so selten klappt, ist es halt vielleicht doch nicht das beste Instrument.

Direkt eine ganze Ausbildung ist ja auch ein Commitment für drei Jahre.

Natürlich wäre toll, wenn die langfristigen Bürgergeldler eine Ausbildung machen. Ich fände aber auch schon einen Erfolg, wenn sie einfach arbeiten - inkl Lieferdienst, Paketbote, Kellnern. Und da hapert es oft am finanziellen Anreiz gegenüber dem nicht-arbeiten.
Warum? Sagst du das nur nach Bauchgefühl oder gibts dazu valide Zahlen, die ich nicht kenne?
Wenn jmd theoretisch mit dem Lohn nur so viel verdient wie er auch an SGB II Leistungen erhält, ist die Person theoretisch immer noch um den Freibetrag besser gestellt. Das sind auch 348 €. Viel Geld für einen Geringverdiener.
 
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Da hast du bspw die Sozialabgaben vergessen. Krankenkasse. Auch Rentenversicherung - weil die Rentenpunkte sind für die meisten in der Situation nicht viel wert (Rente erwartbar unter Grundsicherungsniveau).

Ich denke es war hier Konsens, dass die Grenzbelastung (Steuern, Abgaben und wegfallende Transferleistungen) zwar nicht 100% übersteigen, aber zu oft über 80% liegen. Klassische Fälle wären Mindestlohn Vollzeit, aber auch Teilzeit mit höherem Stundenlohn (alleinerziehende Mutter bspw).

Und bei Mindestlohn über 80% Grenzbelastung bedeutet, dass du effektiv für €2-2,40 pro Stunde verdienst. Mehr als nichts, aber eben für viele die sich bereits im Bürgergeld eingerichtet haben, eben nicht genug. Und ich kann das sogar nachvollziehen.
 
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Ich verstehe das Gesetz ehrlich gesagt nicht, ich weiß nicht auf wen es genau abzielt, oder was es lösen sollte - scheint eine dicke Nebelkerze zu sein, irgendwie der Versuch wieder Wähler zu adressieren, die man verloren glaubt oder so was i.S.v. "Politik für den einfachen (Nicht)Arbeiter".
Nur mal als Erinnerung, seit mehreren Jahren gibt es das "Arbeit von Morgen"-Gesetz, das u.a. das Qualifizierungschancengesetz beinhaltet. Nachzulesen hier, zumindest knapp zusammengefasst: https://www.ihk.de/blueprint/servle...handout-qualifizierungschancengesetz-data.pdf

Unter'm Strich: Wer einen Berufsabschluss nachholt wird gefördert, wobei das nicht nur für die Maßnahme gilt, sondern auch Boni für das Bestehen von Zwischenprüfungen (1.000 €) und Abschlüssen (1.500€) in einer Kammer beinhaltet. Das funktioniert für Erwerbslose (ALG I oder II spielt keine Rolle), aber auch für Umschüler und bereits Beschäftigte. Es sollte erwähnt sein, dass auch die Betriebe davon dick profitieren, weil die teilweise das Gehalt der Leute erstattet bekommen, abhängig von der Betriebsgröße und dem Zielbild. Theoretisch müssen die Leute nichtmal in die Schule, wenn sie das nicht wollen und älter als 18 sind. Kirsche on top, es braucht keine zwielichtigen Bildungsträger, wirklich nur platt die Berufsschulen. Mit bißchen Tricksen und Bildungsträger könnte ich sogar nur Teile der Ausbildung finanzieren lassen, damit wenigstens diverse Scheine (Gabelstapler, etc. pp.) abfallen.

Es ist trotzdem kackschwer Leute und v.a. Betriebe dafür zu begeistern. Ich war in >50 Betrieben mit sicherlich genügend Potenzial, zwei Betriebe versuchten es, beide scheiterten an den Leuten. Einer war einfach dum ("sitze das bis zur Rente aus"), die andere hätte gerne, aber Lebensumstände liesen es bis dato nicht zu (Berufsrückkehrerin und keine adäquate Kinderbetreuung für Berufsschulzeiten). Die meisten Betriebe belächeln und ignorieren das aus denn unwirklichsten Gründen. Unter anderem "die müssen ja aber auch arbeiten, wer ersetzt mir denn deren Tätigkeit, wenn die lernen müssen?" oder best "dann muss ich aber ja auch mehr zahlen!" und "dann lieber einen Jungen, den ich formen kann, wie ich ihn brauche". WTF. Alles Aussagen, die ich gehört habe.

Gefühlt die 100 mal bessere Maßnahme, zielt gut ab, keine Sau kennt es. kA warum, finde ich mehr als schade. Im Gegensatz zu dieser Prämie motiviert das, baut Leute _nachhaltig_ auf und kann Netzwerke unterstützen. Da das ganze vom Arbeitgeberservice kontrolliert wird, könnte man auch regional Engpassberufe stärker subventionieren, vermarkten und Lücken schließen, wenn es denn Ressourcen und Willige gäbe.

Die Prämie liest sich für mich in etwa "nimm irgendwas an, auch wenn's wirklich keinem dient". Glaube Personen, die so was annehmen würden, wären dann wieder so prekär, dass es trotzdem Subventionsbedarf auslöst. Am Rande soll erwähnt sein, dass es auch wieder mal das Bild malt, es gäbe signifikant viele Leute, die keine Arbeit wollen, sich aber von dem Kleingeld aus der Asozialität "befreien" würden. Lmao, als ob. Entweder ich bin so ein Totalverweigerer, dann aber aus Überzeugung, oder es gilt andere Hürden abzubauen, weil ich sowieso alles annehme, was ich kriege. Es ist zwar besser als das Geld zu verbrennen, weil jeden früh irgendein Trottel aufsteht, der auf die Masche reinfällt, aber trotzdem ermlich. Ich habe nichts erwartet und wurde trotzdem enttäuscht.
Qualitätsposting as usual, aber shit man, das macht betroffen :8[:

Direkt eine ganze Ausbildung ist ja auch ein Commitment für drei Jahre.
Jo. Das ist 1,5x die Mindestlaufzeit eines Handyvertrags. Shit man, das ist echt unüberschaubar lange. (Und das auch nur wenn wir wirklich von einer 3-jährigen Ausbildung sprechen und nicht von einer der vielen Ausbildungen die viel schneller machbar sind.)

Wenn ich mal berücksichtige was man so erreichen muss, um eine Ausbildung abzuschließen (von gut war ja nicht die Rede), dann kann es nur krass betroffen machen, wenn eine relevante Menge an Menschen eine dermaßen krasses Set myopischer Präferenzen hat, dass nichtmal die Aussicht auf "eigentlich alles wie bisher, aber bisserl lernen was man mit der Berufserfahrung ganz okay wuppen kann" und "ab in 2-3 Jahren dann viel mehr Chancen und mehr Geld und mehr Ansehen" immer noch zu dem Schluss kommen "boah ne, lieber chillen."

Da komme ich kaum drüber hinweg :|
 

parats'

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Dazu kommt, dass eine Ausbildung idR. kein schlechtes Investment seiner Zeit ist um seinen Marktwert zu verbessern. Ausbildungsberufe sind idR. immer in Berufsfeldern die ohnehin Facharbeiter benötigen würden.
 
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Die Frage ist, was das realistische Potential wievieler Dauer-Bürgergeldler ist - und was der beste Trigger, es zu heben.

Natürlich wäre es toll wenn die alle eine Ausbildung machen. Das passiert bisher nicht, trotz der natürlichen Anreize, und Programmen wie von Gecko beschrieben.

Das heißt nicht, dass andere Anreize funktionieren würden. Aber das ist das, was ich an der Idee zumindest grundsätzlich mag - weswegen ich sie gern als lokales Experiment sähe.

Noch besser wäre es, wenn der Unterschied zwischen Bürgergeld und Vollzeit-Mindestlohn für alle steigen würde. Über die Mischung der Maßnahmen dafür kann man vortrefflich streiten zwischen Reform von Abgaben und Transferleistungen.
 

GeckoVOD

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Wenn das so selten klappt, ist es halt vielleicht doch nicht das beste Instrument.

Direkt eine ganze Ausbildung ist ja auch ein Commitment für drei Jahre.

Natürlich wäre toll, wenn die langfristigen Bürgergeldler eine Ausbildung machen. Ich fände aber auch schon einen Erfolg, wenn sie einfach arbeiten - inkl Lieferdienst, Paketbote, Kellnern. Und da hapert es oft am finanziellen Anreiz gegenüber dem nicht-arbeiten.

Natürlich ist es nicht das beste Instrument, unter anderem wegen der Bürokratie, bzw. eher dem Organisationsaufwand, wenn man das das erste mal macht. Das Gesetz ist komplex, d.h. es braucht lange, die Pfade und Möglichkeiten zu verstehen, nicht nur für den Arbeitgeberservice, sondern auch für potenzielle Bildungsträger, das Unternehmen und den Bildungsempfänger. Daran scheitert es in meinen Augen eher, als an allem anderem: Der Bereitwilligkeit sich mit dem Angebot an sich auseinanderzusetzen, bzw. die Netzwerke aufzubauen. Es wurde zu schnell umgesetzt und zu wenig / an falscher Stelle beworben.

Aber mal einen Schritt zurück, dein Bild geht immer noch davon aus, die Hauptlast liegt irgendwo zwischen einzelnem Sozialhilfe-Empfänger und Staat, die Wirtschaft selbst ist da immer außen vor. Zumindest liest es sich so für mich und da krieg ich mental Brechdurchfall. Der Empfänger ist in der Regel motiviert genug, nur sind seine Gründe für den Status Legion. Ich erspare mir den nächsten ellenlangen Post welche Personen "Dauer-Bürgergeldbezieher" sind, die hatte ich schon häufiger.

Ansonsten erlaubt das Gesetz explizit - und das gibt es bereits erprobt "regional für Bayern" - Teilqualifikationen. Alle Ausbildungen (falsches Wort in dem Kontext, aber es tut's fürs Verständnis völlig) sind in dem Gesetz üblicherweise verkürzt, also ein halbes bis 1.5 Jahre kürzer als normal. Üblich zielt es auch auf Leute mit Vorerfahrung in dem Beruf ab, sei es als Helfer oder Quereinsteiger, es geht explizit nicht darum exakt bei 0 anzufangen. Theoretisch lässt sich jede Ausbildung zudem modular abbilden, bspw. jeweils ein HAlbjahr pro Lehrjahr. Man könnte die Qualifikation so machen (wird gemacht, Google "BFZ + Teilqualifikation"), dass zunächst nur diverse Module (Halbjahre) angegangen werden: So erhält man schon Scheine, die für die Produktion / Logistik / Pflege völlig ausreichen würden. Theoretisch könnte man auch den Weg nur über innerbetriebliche Hilfe (die durch Ausbilder vermittelt werden) gehen und "nur" die Externenprüfung anstreben. Das ist gewagt, aber auch das kann klappen.
Aus Sicht des Empfängers bekommt er übrigens kein Azubi-Gehalt, sondern das, was "üblich" für einen Helfer in der Branche ist, also deutlich mehr, als was er jetzt wahrscheinlich an Bezügen bekäme - das geht in deine Richtung von wegen "als Auslieferer / in der Gastro arbeiten" geht. Der Staat subventioniert diesen Lohn für die Dauer der Maßnahme, irgendwas zwischen 20% - 100% inkl. Spesen und Wegegeld, sollte wirklich eine Berufsschule / ein Bildungsträger eingebunden werden. Es ist also win-win-win. Win für die Person, weil sicherer Arbeitsplatz und QUalifikation, Win für die Betriebe weil gute und anfangs billige Arbeitskraft, win für uns als Gesellschaft, weil der Teufelskreis mit Bürgergeld - Prekär - Bürgergeld gebrochen werden kann.

Das Kernproblem ist eher das Verständnis für die Lage, auf allen Seiten. Es gibt bis dato nur relativ wenige Bildungsträger, die so was tun wollen, u.a. weil es wenig in Anspruch genommen wird - man braucht für einen Kurs schon 10+ Leute, damit sich das finanziell und organisatorisch lohnt (es braucht ja auch Maschinen etc. pp.). Hinzu kommt, dass entweder die HR der Betriebe oder die Leitung der Betriebe dermaßen blödsinnig denkt: Ich hatte dutzende Betriebe, die absolut keine Leute bekommen, also weder Azubis, noch Fachkräfte. Aber "die zweite Wahl" qualifizieren und so eventuell loyale Personen zu finden (die i.d.R. ewig dankbar für eine Chance wären) kannste knicken. Stattdessen dreht man leiber das Leiharbeiterkarussell oder nimmt maximal den Weg über Teilqualifikationen: In etwa, ich hole mir jemand für zwei Jahre, er bekommt 1-2 Scheine, dann läuft die Subvention aus. Dann halte ich die Karotte hin, lasse ihn noch ein Jahr arbeiten und kegel ihn dann raus, bevor er doch zu teuer wird. Repeat. Höher qualifiziert, so dass wirklich eine Fachkraft dasteht, passiert in deren Logik nicht, "wEiL dIe SiCh DaNn WoAnDeRs BeWeRbEn". Warum sie das nur tun würden :rolleyes:
Ich hatte exakt einen (!) Betrieb, der sich erst Zeit nahm, das Gesetz zu lesen, sich beraten zu lassen, ein Entwicklungsplan aufstellte, das als Werkzeug effizient verankern wollte und inzwischen hat: Der qualifizierte so seine Mitarbeiter aus den Produktionshallen sukzessive nach, damit er auf der anderen Seite konstant mehr automatisieren konnte ohne dabei strategischen Personalabbau zu betreiben. Aus deren Belegschaft hat exakt einer eine Verweigerungshaltung eingenommen, wie oben beschrieben, weil er dum war. Sehr löblich und empfehle den auch im Freundeskreis immer wieder als Arbeitgeber.
Die anderen KMUs kommen seit Ausbruch von Corona und Ukraine aus dem Heulen nicht mehr raus.

Sorry, aber da kann sich die Branche (Automotive, DeHoGa und Logistik <3) irgendwann selbst ins Knie ficken, man versucht ihnen Mittel an die Hand zu geben und es wird Lohndumping. Und exakt so sehe ich die 1000€ Anschubprämie. Super, hab ich dann einen HElfer, der 1.5 bis 2 Jahre beschäftigt wird, alle Torturen mitnimmt und am Ende wieder auf der Straße landet und sich die nächste Scheiße suchen kann. Der EINZIGE Vorteil der Anschubprämie ist, dass es wirklich jeder Depp versteht. Na klasse.

Das ist btw nicht als Beleidigung gemeint, es ist eher ein Auskotzen.

Quelle: 2 Jahre Nahfeldempirie in 183 Betrieben, Austausch mit RD Bayern, AG-S Nordbayern und diversen Bildungsträgern, sowie DGB, IGM und ver.di.
 
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Natürlich ist es nicht das beste Instrument, unter anderem wegen der Bürokratie, bzw. eher dem Organisationsaufwand, wenn man das das erste mal macht. Das Gesetz ist komplex, d.h. es braucht lange, die Pfade und Möglichkeiten zu verstehen, nicht nur für den Arbeitgeberservice, sondern auch für potenzielle Bildungsträger, das Unternehmen und den Bildungsempfänger. Daran scheitert es in meinen Augen eher, als an allem anderem: Der Bereitwilligkeit sich mit dem Angebot an sich auseinanderzusetzen, bzw. die Netzwerke aufzubauen. Es wurde zu schnell umgesetzt und zu wenig / an falscher Stelle beworben.
Was ist eigentlich die Kernidee an dem Programm?
Damit meine ich nicht das Ziel - das ist klar.
Aber welche Hürde soll es entfernen?
  • Motivation? Also Anreiz?
  • Information? Also dass man auf eine neue Weise kommuniziert, was so möglich ist?
  • Reduziert es irgendwie Hürden für den Bürgergeld-Empfänger?
Mir ist das nicht ganz klar - aber vielleicht übersehe ich auch ein klares Problem, was es lösen soll.

Aber mal einen Schritt zurück, dein Bild geht immer noch davon aus, die Hauptlast liegt irgendwo zwischen einzelnem Sozialhilfe-Empfänger und Staat, die Wirtschaft selbst ist da immer außen vor.
Warum sollte das anders sein?
Du kannst natürlich zurecht sagen, dass die Wirtschaft als Ganzes ein Interesse hat, dass mehr Sozialhilfe-Empfänger arbeiten.
Aber für solche "Bürger als Ganzes", "Wirtschaft als Ganzes" gibt es doch gerade den Staat.
Ich sehe tatsächlich nicht, wieso ein einzelnes Unternehmen Verantwortung tragen sollte, einen Sozialhilfe-Empfänger ins Arbeitsleben einzugliedern, die irgendwie über die ganz normale Verantwortung eines Arbeitgebers hinaus geht.
Der Empfänger ist in der Regel motiviert genug, nur sind seine Gründe für den Status Legion.
Du hattest oben zwei Beispiele genannt.
In einem war der Zeitpunkt nicht richtig - im anderen Fall lag es an der Motivation des Empfängers.
Aus Sicht des Empfängers bekommt er übrigens kein Azubi-Gehalt, sondern das, was "üblich" für einen Helfer in der Branche ist, also deutlich mehr, als was er jetzt wahrscheinlich an Bezügen bekäme - das geht in deine Richtung von wegen "als Auslieferer / in der Gastro arbeiten" geht. Der Staat subventioniert diesen Lohn für die Dauer der Maßnahme, irgendwas zwischen 20% - 100% inkl. Spesen und Wegegeld, sollte wirklich eine Berufsschule / ein Bildungsträger eingebunden werden. Es ist also win-win-win. Win für die Person, weil sicherer Arbeitsplatz und QUalifikation, Win für die Betriebe weil gute und anfangs billige Arbeitskraft, win für uns als Gesellschaft, weil der Teufelskreis mit Bürgergeld - Prekär - Bürgergeld gebrochen werden kann.
Jo, wenn es funktioniert, ist es win-win-win.
Ich habe ja nichts per se gegen das Programm.
Aber wenn es nicht funktioniert, ist es ja kein besonders überzeugendes Argument, nicht andere Dinge auszuprobieren.
Ich hatte exakt einen (!) Betrieb, der sich erst Zeit nahm, das Gesetz zu lesen, sich beraten zu lassen, ein Entwicklungsplan aufstellte, das als Werkzeug effizient verankern wollte und inzwischen hat: Der qualifizierte so seine Mitarbeiter aus den Produktionshallen sukzessive nach, damit er auf der anderen Seite konstant mehr automatisieren konnte ohne dabei strategischen Personalabbau zu betreiben. Aus deren Belegschaft hat exakt einer eine Verweigerungshaltung eingenommen, wie oben beschrieben, weil er dum war. Sehr löblich und empfehle den auch im Freundeskreis immer wieder als Arbeitgeber.
Das Beispiel ist schön, aber wenn ich dich richtig verstehe geht es hier um Menschen, die bereits arbeiten & höher qualifiziert werden.
Das Problem, welches wir gerade diskutieren (Gustavo hat ja den €1000-Anreiz reingebracht) ist ja aber, Menschen die längerfristig nicht arbeiten dazu zu bringen.

Die anderen KMUs kommen seit Ausbruch von Corona und Ukraine aus dem Heulen nicht mehr raus.
Sorry, aber da kann sich die Branche (Automotive, DeHoGa und Logistik <3) irgendwann selbst ins Knie ficken, man versucht ihnen Mittel an die Hand zu geben und es wird Lohndumping. Und exakt so sehe ich die 1000€ Anschubprämie. Super, hab ich dann einen HElfer, der 1.5 bis 2 Jahre beschäftigt wird, alle Torturen mitnimmt und am Ende wieder auf der Straße landet und sich die nächste Scheiße suchen kann.
So wie ich dich verstehe, besteht ein großes Problem in der Zeitarbeit / Leiharbeit.
Dass der Helfer also grundsätzlich produktiv ist & bereit wäre weiter zu arbeiten -- aber aus regulatorischen Gründen nicht weiterbeschäftigt werden kann.

Das würde für mich dafür sprechen, den Arbeitsmarkt weniger zu regulieren - so dass Arbeitgeber für den Vorteil der Flexilibilität eben nicht auf Leiharbeiter zurückgreifen & den Helfer nach nach 2 Jahren weiterbeschäftigen kann.
 

GeckoVOD

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Was ist eigentlich die Kernidee an dem Programm?
Damit meine ich nicht das Ziel - das ist klar.
Aber welche Hürde soll es entfernen?
  • Motivation? Also Anreiz?
  • Information? Also dass man auf eine neue Weise kommuniziert, was so möglich ist?
  • Reduziert es irgendwie Hürden für den Bürgergeld-Empfänger?
Mir ist das nicht ganz klar - aber vielleicht übersehe ich auch ein klares Problem, was es lösen soll.
Es ist die Nebelkerze des Anschubsbonus in etwas besser ausgekleidet, das lässt sich nicht in wenigen Worten ausdrücken - eine Verbesserung und Erweiterung bestehender Maßnahmen im Gesamtguß. Eine Motivation für alle Beteiligten sollte klar sein, deutlich mehr als die 1000€ für den Bürgergeldempfänger (den es damals zu Start des Programms nicht gab): Lebenslanges Lernen, bzw. ein nachhaltiger Abschluss steht im Fokus. Es entfernte insofern Hürden für den Empfänger, als das Vermittlung und Qualifikation in einem Wasch erledigt sind. Davor hättest du fragmentiert "ins Blaue" eine Qualifikation gemacht, so hast du schon den dahinterstehenden Arbeitsplatz, inklusive den Inhalten, die auch wirklich benötigt werden, da es vom Arbeitgeberservice (AG-S) und der Wirtschaft koordiniert wurden. Eine Art Controlling steckt also drin.

Weiterhin, und hier ist die Crux, sollte es auch helfen das Stigma des "Unqualifizierten" abschaffen. Du siehst die Welt aus der Brille einer hochqualifizierten Person, die es nie _wirklich_ schwer hatte einen Arbeitsplatz zu bekommen. Je nach Ausgangslage bist du da in einer Schublade, sobald irgendwie klar wird, dass du ALG II (Bürgergeld) empfangen hast. Aus mir unerfindlichen Gründen sorgen sich dann die HR-Leute zu Tode, ob das denn überhaupt den Aufwand wert wäre, wenn jemand wirklich Brüche im Lebenslauf hat (nein, ein Sabbatical eines BWLers ist nicht gemeint). Es soll ja alles möglichst perfekt sein und nichts kosten, selbst wenn die Alternativen schon fast gänzlich ausgeschöpft sind.

Warum sollte das anders sein?
Du kannst natürlich zurecht sagen, dass die Wirtschaft als Ganzes ein Interesse hat, dass mehr Sozialhilfe-Empfänger arbeiten.
Aber für solche "Bürger als Ganzes", "Wirtschaft als Ganzes" gibt es doch gerade den Staat.
Ich sehe tatsächlich nicht, wieso ein einzelnes Unternehmen Verantwortung tragen sollte, einen Sozialhilfe-Empfänger ins Arbeitsleben einzugliedern, die irgendwie über die ganz normale Verantwortung eines Arbeitgebers hinaus geht.

Weil die von mir angesprochenen Branchen fast täglich Fördergelder en masse einheimsen, gleichzeitig aber nichts dafür tun wirkliche Transformationsprozesse einzuleiten, die sie aus der eigen geschaffenen Misere herausleiten. Schau dir VW an, oder die ganze Kette an ach-so-wichtigen-Zulieferern. Zu schweigen von meinem ganz persönlichen Hass auf Personen wie Stoschek, siehe hierzu Böhmermann (den ich zwar auch sehr behindert finde, aber die Reportagen über Brose vs. Coburg passen, obwohl sie VIEL auslassen). Man kann nicht auf der einen Seite nur einstreichen, aber sich nie bewegen. Hier wird von Individuen Dinge verlangt, die nichtmal im Ansatz für die "Wirtschaft" gelten, es geht hier um eine Insider vs. Outsider-Logik, die mein Weltbild völlig unterläuft, oder anders ausgedrückt, was ich von einer Demokratie eines Wohlfahrtsstaates erwarte. Das Abwälzen der Lasten auf den einen Akteur geht nicht an. Das kann man jetzt anders sehen, gibt sicher auch Argumente dafür, nur teile ich diese nicht.

Du hattest oben zwei Beispiele genannt.
[...]

Das würde für mich dafür sprechen, den Arbeitsmarkt weniger zu regulieren - so dass Arbeitgeber für den Vorteil der Flexilibilität eben nicht auf Leiharbeiter zurückgreifen & den Helfer nach nach 2 Jahren weiterbeschäftigen kann.
Ja, ne, absolut nicht. Das Kernproblem, meiner Auffassung nach, liegt in dem Planungshorizont der betreffenden Unternehmen.

Da wird in 3 bis maximal 5 Jahren gedacht, nicht sehr viel länger. Mir ist völlig klar, dass es eine Hausnummer ist langfristig zu planen, gerade in der heutigen Welt. Es wird sich zu viel darauf verlassen, dass es schon so weitergehen kann, weil geklappt hat es schon immer. Tatsächlich tut es das auch, aber nur, weil wir als Gesellschaft irgendwie nicht auf die Kette kriegen mal "nein" zu sagen, wenn VW wieder mal sagt, sie werden von China verdrängt.
Für mich liegt das Ding eher so, dass wir eine überalternde Demographie haben, d.h. Leute möglichst lange halten müssten, dafür aber nichts tun. Lebenslanges Lernen ist ein absolutes Fremdwort in der Industrie, wenn dann nur für High-Performer die irgendwie mal studiert haben. Der Rest lässt sich irgendwie stopfen, so das Mantra.

Zu deiner Frage zurück: Die ALG-II-Empfänger sind ein Rest der Bevölkerung, die du nie wirklich "los wirst", weil es ein heterogener Brei ist. Das sind ältere Personen, die nicht mehr körperlich arbeiten können, für das Büro aber keine Quali haben. Das sind Berufsrückkehrerinnen, die nur teilweise eingebunden werden können, das sind Niedrigqualifizierte, die man erstmal formal (Bildungsabschluss) aktivieren muss, das sind Personen mit sonstigen körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. Das sind Leute, die aus <irgendwelchen Gründen> nie über eine Ausbildung Fuß gefasst haben und immer wieder als Helfer von A nach B durchgereicht werden, oder Leute die was gelernt haben, das es nicht mehr braucht (go-to-Beispiel: Drucker). Das sind Migranten und Flüchtlinge, die keine Chance hatten, direkt eine Ausbildung zu machen, jetzt aber hier sind. Letztlich sind das dann auch Totalverweigerer, aber das sind eher Bruchteile der Masse.
Hier treffen dann die Welten aufeinander: Für die Hilfstätigkeiten bedienen sich die Firmen an dem Pool, stellen in Spitzen Leute für 1 bis maximal 2 Jahre ein, lassen Verträge auslaufen. Und wieder und wieder. Dazu kommt noch die Personalvermittlung, die hier und dort parasitär was vermietet.
Wüsste ich nicht, dass diese Firmen fast dauerhaft mit so einem Karusell drehen, hätte ich gedacht "tja, machste nix, Spitzen sind halt Spitzen, wenigstens können sie mal was arbeiten". Allerdings sind in dem Betrieb diese Stellen schon da, sie sollen halt möglichst billig bleiben.

Wo setzt da der 1000€ Bonus an? Schon verständlich, dass es genügend ALG-II-Empfänger gibt, die solche Blutmühlen-Stellen etwas früher hinwerfen, weil sie nicht mehr können oder wollen. Trotzdem werden die früher oder später wieder was haben, meist früher als du glauben würdest. Ob sie die 1000€ erhalten liegt da nicht primär nur in den eigenen Händen. Das ist eine Farce.
Das Qualifizierungschancengesetz versucht hier wenigstens die Brücke zu bauen und das Dumping etwas abzuschwächen: Es soll helfen, dass ein HElfer für 1.5 - 3 Jahre da ist, danach aber tatsächlich viel universeller genutzt werden kann. Es gibt sogar flankierende Hilfen um eine Integration möglichst wahrscheinlich zu machen. Aber dann kostet es am Ende ja doch wieder was, also lieber doch nicht zu viel davon.

Ein Umdenken wäre zu forcieren, das ist jetzt v.a. meine Meinung aus dem Sozen-Wunderland. Ich würde zunächst eine Axt an die 450€-Jobs ansetzen - weg damit, Ausnahmen für Schüler und Studenten, sowie Rentner, die aufstocken wollen, sonst niemanden. Leiharbeit darf gerne weiterhin existieren, nur werden die Kräfte nach einem Tarif bezahlt, die Vermittler bekommen nur eine Prämie, die nichts mit dem Lohn der Personen zu tun hat. Es gilt das Arbeitsrecht für die Personen, auch wenn diese nur im Transit sind (bspw. Fahrer, die aus dem Ausland in Deutschland anliefern). Es wird geprüft, ob die Leiharbeiter auch alle notwendigen Zertifikate haben, ansonsten wird der Betrieb direkt bestraft. Ansonsten auch ein Anrecht auf Bildungsurlaub oder eine bezahlte Freistellung nach X Jahren Betriebszugehörigkeit, wenn eine Weiterbildung in Anspruch genommen wird. Kein Anspruch auf Fördergelder, wenn in den letzten drei Jahren ein Leiharbeiter oder eine ähnliche Form der AÜN in Anspruch genommen wurde, Ausnahmen müssen sehr gut begründet sein (Bspw. Durchführung von Sonderprojekten mit geliehenen Experten).
 
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Danke für die ausführliche Antwort!

Mich würden mal Statistiken interessieren, welches Modell häufiger / realistischer ist für Bürgergeldempfänger, die sagen wir >6 oder 12 Monate out of job sind:
  1. Qualfizieren, damit sie dann einen gut bezahlten Job bekomnmen.
  2. Hauptsache erstmal wieder wieder in einen Job, eigenes Geld verdienen, geregelter Alltag. Das ggf weitermachen (auch gering qualifizierte Tätigkeiten werden gebraucht), oder halt dann qualifizieren.
Meine Befürchtung wäre, dass #1 in der Theorie attraktiv ist, aber aus vielen Gründen an der Praxis scheitert.
So wie ich verstehe ist das die Kernidee des Programs, welches du gut findest, welches aber nicht breit zu verfangen scheint.

Und meine Hoffnung wäre, dass #2 realistisch ist, aber auf monetären Anreizen beruht.
Aus o.g. Gründen fände ich da eine strukturelle Reform besser als so eine "€1000 Bestechungs-Aktion", hätte aber nichts gegen einen lokalen Test.

Weiterhin, und hier ist die Crux, sollte es auch helfen das Stigma des "Unqualifizierten" abschaffen. Du siehst die Welt aus der Brille einer hochqualifizierten Person, die es nie _wirklich_ schwer hatte einen Arbeitsplatz zu bekommen.
Ist es wirklich so schwer, einen gering qualifizierten Job zu bekommen?
Kellner, Produktionshelfer, Logistik etc.
Je nach Ausgangslage bist du da in einer Schublade, sobald irgendwie klar wird, dass du ALG II (Bürgergeld) empfangen hast. Aus mir unerfindlichen Gründen sorgen sich dann die HR-Leute zu Tode, ob das denn überhaupt den Aufwand wert wäre, wenn jemand wirklich Brüche im Lebenslauf hat (nein, ein Sabbatical eines BWLers ist nicht gemeint).
Kann grundsätzlich schon nachvollziehen, warum man Leute bevorzugt, die nicht jahrelang arbeitslos waren.
Daher sind natürlich eher Jobs realistisch, bei denen es einen ungedeckten Bedarf auf AG-Seite gibt.

Weil die von mir angesprochenen Branchen fast täglich Fördergelder en masse einheimsen, gleichzeitig aber nichts dafür tun wirkliche Transformationsprozesse einzuleiten, die sie aus der eigen geschaffenen Misere herausleiten.
Bin oft kein Freund von Fördergeldern / Subventionen.
Vermute aber, dass diese oft konkrete Zwecke verfolgen.
Entweder tun sie das gut -- dann sehe ich nicht, wieso sich daraus eine Verantwortung der Unternehmen an ganz anderer Front ableiten sollte.
Oder sie funktionieren nicht gut / werden missbraucht -- dann sollte man sie abschaffen.
Ja, ne, absolut nicht. Das Kernproblem, meiner Auffassung nach, liegt in dem Planungshorizont der betreffenden Unternehmen.

Da wird in 3 bis maximal 5 Jahren gedacht, nicht sehr viel länger. Mir ist völlig klar, dass es eine Hausnummer ist langfristig zu planen, gerade in der heutigen Welt. Es wird sich zu viel darauf verlassen, dass es schon so weitergehen kann, weil geklappt hat es schon immer. Tatsächlich tut es das auch, aber nur, weil wir als Gesellschaft irgendwie nicht auf die Kette kriegen mal "nein" zu sagen, wenn VW wieder mal sagt, sie werden von China verdrängt.
Für mich liegt das Ding eher so, dass wir eine überalternde Demographie haben, d.h. Leute möglichst lange halten müssten, dafür aber nichts tun. Lebenslanges Lernen ist ein absolutes Fremdwort in der Industrie, wenn dann nur für High-Performer die irgendwie mal studiert haben. Der Rest lässt sich irgendwie stopfen, so das Mantra.
Dass der Planungshorizont selten länger als 3-5 Jahre ist, das überrascht nicht.
Es ist scheinbar kein hinreichend großer Wettbewerbsvorteil, viel längerfristig zu denken -- insbesondere bei Themen wie Personalpolitik, wo vermutlich deine Idee wäre, in den 5 Jahren mehr Geld auszugeben um dann einen Wettbewerbsvorteil in Puncto Personal in den Jahren 6+ zu haben.

Deswegen haben wir ja einen Staat, der längerfristig denken kann / sollte.
Was er aber bekannterweise gerade beim Thema demographischer Wandel nicht tut.

Zu deiner Frage zurück: Die ALG-II-Empfänger sind ein Rest der Bevölkerung, die du nie wirklich "los wirst", weil es ein heterogener Brei ist.
Was ist denn für diese Segmente, die du aufzählst, der realistische good case?

  • Ältere Personen, die nicht mehr körperlich arbeiten können, für das Büro aber keine Quali haben.
    • Vorbild Japan & Korea, wo viel mehr Alte arbeiten. In teils extra dafür geschaffenen Jobs, die nicht körperlich schwer sind.
    • Plus ggf Deregulierung (die Tätigkeit ist vielleicht oft keinen Mindestlohn wert)
  • Berufsrückkehrerinnen, die nur teilweise eingebunden werden können.
    • Teilzeit & gesellschaftliches Umdenken -> imo durchaus vorhanden, auch wenn es immer besser sein könnte
  • Niedrigqualifizierte
    • Deine Sicht: "die man erstmal formal (Bildungsabschluss) aktivieren muss."
    • Meine Vermutung: "die oftmals optimalerweise Vollzeit geringqualifiziert arbeiten sollten, weil Qualifikation ein hehres, aber theoretisches Ziel ist. Natürlich sollte es Angebote geben für die hochmotivierte Teilmenge - das kann aber nicht die Hauptstrategie sein.
  • Leute, die aus <irgendwelchen Gründen> nie über eine Ausbildung Fuß gefasst haben und immer wieder als Helfer von A nach B durchgereicht werden
    • Siehe Niedrigqualifizierte
  • Leute die was gelernt haben, das es nicht mehr braucht (go-to-Beispiel: Drucker)
    • Siehe Niedrigqualifizierte
  • Migranten und Flüchtlinge, die keine Chance hatten, direkt eine Ausbildung zu machen, jetzt aber hier sind.
    • Siehe Niedrigqualifizierte
  • Personen mit sonstigen körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen.
    • Siehe Niedrigqualifizierte plus siehe ältere Personen
  • Totalverweigerer, aber das sind eher Bruchteile der Masse.
    • Anreizfrage. Aber sicherlich nie komplett lösbar.
Sprich: Für die meisten Segmente ist es für mich der Standard-Weg, dass die Leute halt einfach irgendwas arbeiten.
Dass dazu für hochmotivierte / hochqualifizierte Optionen bestehen, sich auf Eigeninitiative weiterzubilden: Super!
Hier treffen dann die Welten aufeinander: Für die Hilfstätigkeiten bedienen sich die Firmen an dem Pool, stellen in Spitzen Leute für 1 bis maximal 2 Jahre ein, lassen Verträge auslaufen. Und wieder und wieder. Dazu kommt noch die Personalvermittlung, die hier und dort parasitär was vermietet.
Wüsste ich nicht, dass diese Firmen fast dauerhaft mit so einem Karusell drehen, hätte ich gedacht "tja, machste nix, Spitzen sind halt Spitzen, wenigstens können sie mal was arbeiten". Allerdings sind in dem Betrieb diese Stellen schon da, sie sollen halt möglichst billig bleiben.
Aus meiner Sicht ist das ein Regulierungsproblem, so wie es noch extermer lange in Spanien der Fall war:
Die etablierten älteren Mitarbeiter waren super gut geschützt vor Entlassung etc. -- so dass junge Leute nur Zeitarbeitsverträge bekommen haben.

Auch in Deutschland wurde das aus meiner Sicht aus ähnlichen Gründen eingeführt:
Man wollte einerseits nicht ans Arbeitsrecht ran, andererseits realisierte man aber den Bedarf von Unternehmen nach Flexibilität.

Das führt zu einer Zweiklassengesellschaft. Und Missbrauch.

Eine Analogie wäre der Mietmarkt, wo der Altmieter top geschützt ist, der Neumieter für die gleiche Wohnung 2-3x bezahlen kann.

Ich bin da klar im Camp, ein flexibleres Arbeitsrecht zu schaffen.
Damit es halt keinen abrupten Nachteil hat, die Dudes länger als die 1-2 Jahre zu beschäftigen.

Wo setzt da der 1000€ Bonus an? Schon verständlich, dass es genügend ALG-II-Empfänger gibt, die solche Blutmühlen-Stellen etwas früher hinwerfen, weil sie nicht mehr können oder wollen.
Sind alle geringqualifzierten Jobs "Blutmühlen"?
Ich kenne bspw. Kellner, die mit ihrer Arbeit zufrieden sind.

Ein Umdenken wäre zu forcieren, das ist jetzt v.a. meine Meinung aus dem Sozen-Wunderland. Ich würde zunächst eine Axt an die 450€-Jobs ansetzen - weg damit, Ausnahmen für Schüler und Studenten, sowie Rentner, die aufstocken wollen, sonst niemanden.
Ich bin grundsätzlich bei dir, würde aber dann im Gegenzug die Sozialabgaben für Geringverdiener anders einphasen.
Also nicht "gar keine bei €450 Job" zu "direkt voll deine GKV selbst zahlen".
Sondern ein System, wo die Abgaben bei Einkommen unter dem Existenzminimum viel niedriger sind als heute.

Leiharbeit darf gerne weiterhin existieren, nur werden die Kräfte nach einem Tarif bezahlt, die Vermittler bekommen nur eine Prämie, die nichts mit dem Lohn der Personen zu tun hat. Es gilt das Arbeitsrecht für die Personen, auch wenn diese nur im Transit sind (bspw. Fahrer, die aus dem Ausland in Deutschland anliefern). Es wird geprüft, ob die Leiharbeiter auch alle notwendigen Zertifikate haben, ansonsten wird der Betrieb direkt bestraft. Ansonsten auch ein Anrecht auf Bildungsurlaub oder eine bezahlte Freistellung nach X Jahren Betriebszugehörigkeit, wenn eine Weiterbildung in Anspruch genommen wird. Kein Anspruch auf Fördergelder, wenn in den letzten drei Jahren ein Leiharbeiter oder eine ähnliche Form der AÜN in Anspruch genommen wurde, Ausnahmen müssen sehr gut begründet sein (Bspw. Durchführung von Sonderprojekten mit geliehenen Experten).
Ich verstehe die Idee, habe aber bei Aspekten davon Sorgen vor "noch mehr Bürokratie."
Stichwort "es wird geprüft." Bitte Lösungen, wo keine Behörde irgendwas überprüfen muss-

Das mit den Fördergeldern, da bin ich aber ganz bei dir.
 
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Was mich bei solchen Themen fuchsig macht, ist die ewige Diskussion, die wir als Gesellschaft darüber führen, statt den offensichtlichen Weg zu gehen und einfach mal eine nützliche Datengrundlage zu schaffen. Ich seh schon, dass es für sowas gesetzliche Hürden gibt, aber z.B. mal relevante Daten wie Alter, Qualifikation, Gesundheitszustand, Arbeitswünsche etc. für alle Arbeitslosen zu erfassen und für ein paar exemplarische Gruppen verschiedene Anreizsysteme auszuprobieren, sollte doch irgendwie möglich sein?

Stattdessen können wir natürlich auch noch in 50 Jahren philosophisch darüber diskutieren, was eventuell wem helfen könnte ...
 

GeckoVOD

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Was mich bei solchen Themen fuchsig macht, ist die ewige Diskussion, die wir als Gesellschaft darüber führen, statt den offensichtlichen Weg zu gehen und einfach mal eine nützliche Datengrundlage zu schaffen. Ich seh schon, dass es für sowas gesetzliche Hürden gibt, aber z.B. mal relevante Daten wie Alter, Qualifikation, Gesundheitszustand, Arbeitswünsche etc. für alle Arbeitslosen zu erfassen und für ein paar exemplarische Gruppen verschiedene Anreizsysteme auszuprobieren, sollte doch irgendwie möglich sein?

Stattdessen können wir natürlich auch noch in 50 Jahren philosophisch darüber diskutieren, was eventuell wem helfen könnte ...

Ich hatte schon mal etwas länger darüber geschrieben: https://broodwar.net/forum/threads/deutschland-im-vergleich.244949/page-11#post-7095783

Das IAB hat die Daten normalerweise vorliegen, die Bundesagentur normalerweise auch. Für eine Meldung muss man zwingend den Lebenslauf ausfüllen, damit der Sachbearbeiter nicht bei 0 mit einer Beratung anfängt. Basierend auf den Dingen kommen auch automatische Stellenvorschläge, allerdings mit teilweise sehr fraglichen Ergebnissen - auch in dem Topic behandelt. Einige Probleme entstehen aber automatisch:

  • Zensur: Bei Aufnahme einer Tätigkeit verschwindet die Person, ohne Möglichkeit die Paneldaten zu füllen. D.h. du wirst nicht wirklich wissen, ob die Anstellung dauerhaft erfolgreich war, oder welche Qualität die Aufnahme hat (Entlohnung, Wochenstunden, ...). Theoretisch lassen sich die Punkte füllen, u.a. wäre es denkbar andere Ämter (Finanzamt, GKV, PKV, RV) zu verschränken. Dafür fehlt jegliche technische Schnittstelle (daher eher ein Punkt an dich) und auch datenschutztechnisch ist es eher fraglich, ob und in welchem Ausmaß wir das tatsächlich wollen.
  • Juristische Aspekte: Maßnahmen sind immer denkbar, wobei ich stützende meine, allerdings gilt, dass jeder eine Wahlfreiheit hat, was den Beruf angeht. Das finde ich sehr gut. Entsprechend umsichtig sollte so was ausgewertet werden.
  • Regionalspezifika: Die gehen aus den Daten nicht ohne weiteres vor. V.a. bei speziellen Formen der Arbeitslosigkeit (strukturelle) sollten diese Faktoren berücksichtigt sein. Besonders außerhalb der Ballungsräume kannst du sehr spezifische Stellenmärkte haben, für die Instrumente augenscheinlich schlechter funktionieren als andernorts.
  • "Die Realität": Erlebte in der Zentrale mal ein wirklich furchtbares Gespräch zur Einführung eines Sternesystems für Maßnahmen in einer Datenbank. Grundsätzlich war die Idee gut, die Sterne sollten auf einer Skala zeigen, wie gut die Bildungsinteressenten das Angebot fanden, eine zweite Skala wie hoch der Ermittlungserfolg danach war. Die Umsetzung lasse ich mal aus, ich weiß nicht wie viel ich darüber schreiben darf, da interna. Allerdings viel von einem Juristen-Brain so ein Satz wie "Eine einzige Bewertung ist statistisch signifikant, insofern die Person das ja tatsächlich gemacht hat". Sagen wir es so, es gibt leider das Phänomen, dass viele Köche in diesem Brei mitmischen wollen, weil man auch Scheiße als gute Werbung verkaufen möchte.
Grundsätzlich finde ich das Thema unfassbar spannend und spielte damals auch mit der Idee eine Diss exakt darüber zu schreiben, weil es schön kompliziert aber lösbar scheint. Allerdings hatte ich dann auch irgendwann die Schnauze von dem Laden voll und die Stellen am IAB für so was waren echt unterirdisch entlohnt.

Danke für die ausführliche Antwort!

Mich würden mal Statistiken interessieren,[...]

Und meine Hoffnung wäre, dass #2 realistisch ist, aber auf monetären Anreizen beruht.
Aus o.g. Gründen fände ich da eine strukturelle Reform besser als so eine "€1000 Bestechungs-Aktion", hätte aber nichts gegen einen lokalen Test.

Ich bin grundsätzlich bei dir, würde aber dann im Gegenzug die Sozialabgaben für Geringverdiener anders einphasen.
Also nicht "gar keine bei €450 Job" zu "direkt voll deine GKV selbst zahlen".
Sondern ein System, wo die Abgaben bei Einkommen unter dem Existenzminimum viel niedriger sind als heute.

Die Zitate mal zusammengefasst, sorry für die massiven Edits, habe gerade ausversehen schon abgeschickt.
Ja, dagegen habe ich überhaupt nichts, also gegen die Einphasung, die du ansprichst. Gegen eine De-Regulierung allerdings schon. Mein Kernproblem an dem aktuellen System ist, dass die Arbeitgeber, v.a. die, die auf viele Hilfskräfte angewiesen sind, alles daran setzen, Exploits zu generieren und das Insider/Outsider-System zu stärken und zu rekonstruieren. Ihnen freie Hand zu lassen hilft, meine Einschätzung, kein bißchen. Mir ist kein Wohlfahrtsstaat bekannt, in dem es selbst mit Hire & Fire so viel besser läuft. Meist kommen viele andere Themen dazu, die in Deutschland so nicht existieren. Um deinen anderen Punkten vorwegzugreifen: Deutschland ist in meinen Augen an irgendeinem Punkt aus der Industrialisierung nicht vorwärts gekommen, der Übergang zur Dienstleistungsgesellsschaft stottert, um es milde auszudrücken. V.a. ist es immer noch sehr untypisch Kinder von früh an in eine Betreuung zu geben, allerdings nicht aufgrund von Einstellungen, sondern von fehlendem Angebot. In Bayern bekomme ich 250€, damit "ich selbst entscheiden darf" - gemeint ist: weil wir zu dum sind Kita-Plätze zu organisieren. Nur so als Beispiel. In skandinavischen Ländern und im angloamerikanischen Raum ist es da anders, zumindest soweit mir bekannt. Auch innerhalb der EU sehe ich da keine besseren Beispiele als uns. Stärkere De-Regulierung würde den Wettkampf nur verschärfen und mehr Leute in den Bereich drängen, in dem es langsam prekär wird. Völlig falsche Marschrichtung.

Ansonsten: Was ich mit den Leuten tun würde, steht in dem Link oben. Vieles ist ganz okay bis jetzt, man sollte nicht vergessen, dass Arbeitslosigkeit bis zu einem Grad normal ist und nie völlig verschwinden wird. Wir sind nunmal gerade durch zwei globale (!) Krisen gelaufen, eine Untergangsstimmung ist imo nicht gerechtfertigt.

Ist es wirklich so schwer, einen gering qualifizierten Job zu bekommen?
Kellner, Produktionshelfer, Logistik etc.

Kann grundsätzlich schon nachvollziehen, warum man Leute bevorzugt, die nicht jahrelang arbeitslos waren.
Daher sind natürlich eher Jobs realistisch, bei denen es einen ungedeckten Bedarf auf AG-Seite gibt.

Ja und Nein, ich greife auch hier wieder deinen Fragen vor. Dein Kellnerbeispiel ist ja schön und gut, aber auch nicht auf jeden übertragbar. Schau dir Frauen an, die kellnern oder in die Gastro könnten, aber noch Kleinkinder haben. Überlege wann du in der Gastro (oder vma. als Bäckereifachverkäuferin) arbeiten müsstest und stelle dem gegenüber, wann deine Kinder betreut werden müssen. Das geht meist bis zur 7. oder 8. Klasse (bis ganztags Schule "normal" ist), das sind schnell mal 10+ Jahre, in denen eine bessere Anstellung einfach nicht geht. Das beißt sich früher oder später. Abgesehen davon ist Gastro nicht gleich Gastro, ein Kellner ist ein Restaurantfachmann, also eine Fachkraft. "Kellnern" allgemein gemeint sind eher Helfer als Bedienung, so viele richtige Kellner gibt es nicht und die Helfer werden auch völlig anders entlohnt und behandelt. Es macht einen riesen Unterscheid ob du in der Gammelkneipe hinterm Thresen stehst, auf dem Oktoberfest drei Wochen arbeitest, in einem Schankhaus ausschenkst oder in einem 0815-Restaurant Teller von A nach B bringst, oder in einem gehobenen Restaurant tatsächlich ein Kellner bist. Die Spannbreite ist massiv. Hint, die richtigen Scheiß-Hilfsjobs kriesgte schnell, die sind aber i.d.R. eher prekär und saisonal.

In der Logistik und der Industrie kriegt man relativ schnell etwas, aber relativ ist... relativ. Die typischen Drehtür-Leute fliegen raus und tanzen dann erst wieder 1-3 Monate mit Ämtern, in der Zeit geht i.d.R. auch relativ wenig, weil das beschäftigt, doppelt und dreifach, wenn du eher simpel gestrickt und wenig strukturiert bist. Darauf kommt dann die Bewerbungs- und Vorstellungsphase, selbst wenn diese ultrakurz ist gehen wieder mehrere Wochen ins Land, bis HR und Ämter alles gestrickt kriegen. So entstehen schnell fragmentierte Lebensläufe, die bei "normalen" Menschen fast ohne Unterbrechung wären. Sieht grausig aus, ist aber eigentlich nicht wild. Auch hier ist die Entlohnung meist wirklich am untersten Spektrum.
Zu schweigen von den komischen Formen der AÜN, in denen du da irgendwie als Pseudo-Freelancer bist. Theoretisch vermitteln die dich, geben dir Auflagen analog zu ämtern bezüglich Bewerbung, Vorsprechen, etc. pp. und geben dir halt Spesen zurück. Lohn gibt's aber erst, wenn du auch wirklich irgendwo genommen wirst, in der Zwischenzeit bist du noch im ALG (1 oder 2).

Wenn ich ehrlich bin, muss ich auch hier die Kirche im Dorf lassen. Es ist völlig utopisch jeden Deutschen auf ein qualifiziertes Niveau zu heben. Es wird immer diese Leute geben, die überall die Klinke putzen und alle zwei Jahre in einem neuen Betrieb sind. Nur sollten es deutlich weniger sein, als es jetzt der Fall ist. Früher oder später passiert das eigentlich auch immer, dass irgendwer irgendwo lang und bis zur Rente unterkommt.
Mein Kernproblem damit ist nur, dass die Leute bis dahin schon wirklich geschleift sind, d.h. dass zu den Erwerbsbrüchen (Die uns alle Geld kosten) noch meist eine Frühverrentung kommt, weil dann der Saft raus ist, entweder physisch oder psychisch. Je früher also eine stete Stelle genommen werden kann, desto besser für alle Systeme.
Bei Frauen ist es häufig dann ein langer fragmentierter Lebenslauf nach Kindern, die mit Teilzeit und gering entlohnter Beschäftigung einhergeht. Auch hier wäre früher und höher besser. Da fehlt die Infrastruktur, die Systeme und die Willigkeit der "Wirtschaft" das auch zu unterstützen. Hier sind wir schnell wieder in der Gender-Debatte, ob da noch Einstellungen verkalkt sind oder nicht. Ich kann nur berichten, dass ich verkalkte Einstellungen in dem Kontext selbst häufig zwischen den Zeilen und als Ergebnis erlebt habe. Kann man anders sehen, muss man nicht.

Eventuell erledigt sich das Thema früher oder später durch die Boomer und deren unabdingbaren Abgang von selbst. Nur Automatisieren hilft nicht, also muss es wohl mehr an Qualifikationen geben. Oder es stellt sich raus, dass die Wasserköpfe in Privatwirtschaft und Staat von alleine schrumpfen und es allein dadurch irgendwie leicht effizienter wird.

Ich verstehe die Idee, habe aber bei Aspekten davon Sorgen vor "noch mehr Bürokratie."
Stichwort "es wird geprüft." Bitte Lösungen, wo keine Behörde irgendwas überprüfen muss-

Das mit den Fördergeldern, da bin ich aber ganz bei dir.

Vorsicht, ich meine schon wirklich Förderungen, die existieren und eine Schwelle überschreiten. Nicht so Kleinkram wie den Digitalbonus in Bayern, der maximal 50.000€ sind. Ich rede von den großen Paketen, die sehr gängig sind, bspw. wenn mit EFRE eine neue Werkshalle hingekotzt wird, oder den Auffangsschirm von Söder zu Corona für Automotive / Maschinenbau in höhe von 40.000.000€. In diesem Zug (google: De-Minimis) muss ich sowieso ziemlich viel über meinen Betrieb sagen, u.a. auch die Mitarbeiterzahl. Da langt nicht "X Personen", sondern aufgeschlüsselt nach TZ, VZ, 450€-Jobs, usw. usf. Eigentlich braucht man da einen Wirtschaftsprüfer. Die Angabe eines weiteren Kennpunkts, der v.a. mit "Ja/Nein" + Freitext angegeben wird, wäre jetzt nicht die Welt. Geprüft wird das jetzt schon und das auch völlig zu recht, weil die Höhe nicht gerade wenig ist.
Unabhängig davon spielt die EU-Taxonomie (hoffe das richtige Wort gewählt) auch in diese Richtung, für einen Kredit soll mittelfristig auch die Aspekte der Nachhaltigkeit geprüft werden. Ich empfinde es als sozial völlig gerechtfertigt auch zu prüfen, ob der Staat (und somit wir als Gesellschaft) als Investor dort fördern und subventionieren sollte, wo gegebenenfalls einfach nicht nachhaltig geplant wird. Es werden ja sonstige Ausgaben geprüft, warum nicht auch ob die Angestellten gerecht behandelt werden? Stattdessen erlebe ich eher pauschalen, weil die Denke anders ist: Wenn ich die nicht fördere, dann fallen GANZ SICHER Arbeitsplätze weg. Und dann werden die trotzdem abgebaut. Erlebe ich hier im Eck und in den Medien gefühlt viel zu häufig. Und das macht verdammt wütend.
 
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Ich hatte schon mal etwas länger darüber geschrieben: https://broodwar.net/forum/threads/deutschland-im-vergleich.244949/page-11#post-7095783

Das IAB hat die Daten normalerweise vorliegen, die Bundesagentur normalerweise auch. Für eine Meldung muss man zwingend den Lebenslauf ausfüllen, damit der Sachbearbeiter nicht bei 0 mit einer Beratung anfängt. Basierend auf den Dingen kommen auch automatische Stellenvorschläge, allerdings mit teilweise sehr fraglichen Ergebnissen - auch in dem Topic behandelt. Einige Probleme entstehen aber automatisch:

  • Zensur: Bei Aufnahme einer Tätigkeit verschwindet die Person, ohne Möglichkeit die Paneldaten zu füllen. D.h. du wirst nicht wirklich wissen, ob die Anstellung dauerhaft erfolgreich war, oder welche Qualität die Aufnahme hat (Entlohnung, Wochenstunden, ...). Theoretisch lassen sich die Punkte füllen, u.a. wäre es denkbar andere Ämter (Finanzamt, GKV, PKV, RV) zu verschränken. Dafür fehlt jegliche technische Schnittstelle (daher eher ein Punkt an dich) und auch datenschutztechnisch ist es eher fraglich, ob und in welchem Ausmaß wir das tatsächlich wollen.
  • Juristische Aspekte: Maßnahmen sind immer denkbar, wobei ich stützende meine, allerdings gilt, dass jeder eine Wahlfreiheit hat, was den Beruf angeht. Das finde ich sehr gut. Entsprechend umsichtig sollte so was ausgewertet werden.
  • Regionalspezifika: Die gehen aus den Daten nicht ohne weiteres vor. V.a. bei speziellen Formen der Arbeitslosigkeit (strukturelle) sollten diese Faktoren berücksichtigt sein. Besonders außerhalb der Ballungsräume kannst du sehr spezifische Stellenmärkte haben, für die Instrumente augenscheinlich schlechter funktionieren als andernorts.
  • "Die Realität": Erlebte in der Zentrale mal ein wirklich furchtbares Gespräch zur Einführung eines Sternesystems für Maßnahmen in einer Datenbank. Grundsätzlich war die Idee gut, die Sterne sollten auf einer Skala zeigen, wie gut die Bildungsinteressenten das Angebot fanden, eine zweite Skala wie hoch der Ermittlungserfolg danach war. Die Umsetzung lasse ich mal aus, ich weiß nicht wie viel ich darüber schreiben darf, da interna. Allerdings viel von einem Juristen-Brain so ein Satz wie "Eine einzige Bewertung ist statistisch signifikant, insofern die Person das ja tatsächlich gemacht hat". Sagen wir es so, es gibt leider das Phänomen, dass viele Köche in diesem Brei mitmischen wollen, weil man auch Scheiße als gute Werbung verkaufen möchte.
Grundsätzlich finde ich das Thema unfassbar spannend und spielte damals auch mit der Idee eine Diss exakt darüber zu schreiben, weil es schön kompliziert aber lösbar scheint. Allerdings hatte ich dann auch irgendwann die Schnauze von dem Laden voll und die Stellen am IAB für so was waren echt unterirdisch entlohnt.





Ja, dagegen habe ich überhaupt nichts, also gegen die Einphasung, die du ansprichst. Gegen eine De-Regulierung allerdings schon. Mein Kernproblem an dem aktuellen System ist, dass die Arbeitgeber, v.a. die, die auf viele Hilfskräfte angewiesen sind, alles daran setzen, Exploits zu generieren und das Insider/Outsider-System zu stärken und zu rekonstruieren. Ihnen freie Hand zu lassen hilft, meine Einschätzung, kein bißchen. Mir ist kein Wohlfahrtsstaat bekannt, in dem es selbst mit Hire & Fire so viel besser läuft.

Gibt durchaus einen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktflexibilität & Unemployment, incl. Jugend- & Langzeitarbeitslosigkeit:
1728896573490.png
Quelle: https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2012/wp1264.pdf

Meist kommen viele andere Themen dazu, die in Deutschland so nicht existieren. Um deinen anderen Punkten vorwegzugreifen: Deutschland ist in meinen Augen an irgendeinem Punkt aus der Industrialisierung nicht vorwärts gekommen, der Übergang zur Dienstleistungsgesellsschaft stottert, um es milde auszudrücken. V.a. ist es immer noch sehr untypisch Kinder von früh an in eine Betreuung zu geben, allerdings nicht aufgrund von Einstellungen, sondern von fehlendem Angebot. In Bayern bekomme ich 250€, damit "ich selbst entscheiden darf" - gemeint ist: weil wir zu dum sind Kita-Plätze zu organisieren. Nur so als Beispiel. In skandinavischen Ländern und im angloamerikanischen Raum ist es da anders, zumindest soweit mir bekannt. Auch innerhalb der EU sehe ich da keine besseren Beispiele als uns. Stärkere De-Regulierung würde den Wettkampf nur verschärfen und mehr Leute in den Bereich drängen, in dem es langsam prekär wird. Völlig falsche Marschrichtung.
So schlecht ist die Labor Market Participation Rate bei uns nicht, auch für Frauen.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Ländern_nach_Beschäftigungsquote

Und die Länder, die höher sind, haben oft einen flexibleren Arbeitsmarkt.
Damit will ich überhaupt nicht sagen, dass bspw Kinderbetreuung nicht relevant wäre.
Im Gegenteil: Ist auch sehr relevant - und ich schätze, dass ich hier in Hamburg lebe, wo es besser gelöst ist als bspw. in NRW.

Ich sehe bei dir nur einen Fokus auf einen Teil der Faktoren wie Kinderbetreuung -- und ein gewisses Ignorieren von Faktoren wie Arbeitsmarktflexibilität.
Dabei ist ja gerade das Problem Leiharbeit / Zeitarbeit absolut darauf zurück zu führen, dass es eine der wenigen Möglichkeiten für Arbeitgeber ist, flexibel Arbeitskräfte einzusetzen.
Die Kosten für den Arbeitgeber sind dabei oftmals gar nicht so gering, da ja die Zeitarbeitsfirma auch ihren Schnitt machen will.

Ansonsten: Was ich mit den Leuten tun würde, steht in dem Link oben. Vieles ist ganz okay bis jetzt, man sollte nicht vergessen, dass Arbeitslosigkeit bis zu einem Grad normal ist und nie völlig verschwinden wird. Wir sind nunmal gerade durch zwei globale (!) Krisen gelaufen, eine Untergangsstimmung ist imo nicht gerechtfertigt.
Arbeitslosigkeit sehe ich auch nicht als dramatisches Problem.
Als Problem sehe ich, dass es viele offene Jobs gibt, auch geringqualifiziert - und viele, welche diese Jobs ausfüllen könnten, es aber nicht tun.
Das ist schon heute schlecht, und wird mit demographischem Wandel noch schlechter.

Und ich verdenke es eben nicht den Individueen.
No Judgement, wenn jemand lieber Bürgergeld bezieht (+ ggf bissl schwarz was macht) als für €200-300 mehr Vollzeit arbeiten zu gehen.
Ja und Nein, ich greife auch hier wieder deinen Fragen vor. Dein Kellnerbeispiel ist ja schön und gut, aber auch nicht auf jeden übertragbar. Schau dir Frauen an, die kellnern oder in die Gastro könnten, aber noch Kleinkinder haben. Überlege wann du in der Gastro (oder vma. als Bäckereifachverkäuferin) arbeiten müsstest und stelle dem gegenüber, wann deine Kinder betreut werden müssen. Das geht meist bis zur 7. oder 8. Klasse (bis ganztags Schule "normal" ist), das sind schnell mal 10+ Jahre, in denen eine bessere Anstellung einfach nicht geht. Das beißt sich früher oder später.
Es gibt fast 3 Millionen Bedarfsgemeinschaften in Deutschland.
Davon hat nur eine knappe Million Kinder unter 18 Jahre - und selbst da gibt es dann wieder eine Teilmenge von BG mit zwei Eltern.
Und dennoch ist deine einzige Replik auf das Beispiel kellern ein Bezug auf die eine Gruppe, bei der es nicht geht - Frauen mit Kleinkindern.

Abgesehen davon ist Gastro nicht gleich Gastro, ein Kellner ist ein Restaurantfachmann, also eine Fachkraft. "Kellnern" allgemein gemeint sind eher Helfer als Bedienung, so viele richtige Kellner gibt es nicht und die Helfer werden auch völlig anders entlohnt und behandelt. Es macht einen riesen Unterscheid ob du in der Gammelkneipe hinterm Thresen stehst, auf dem Oktoberfest drei Wochen arbeitest, in einem Schankhaus ausschenkst oder in einem 0815-Restaurant Teller von A nach B bringst, oder in einem gehobenen Restaurant tatsächlich ein Kellner bist. Die Spannbreite ist massiv. Hint, die richtigen Scheiß-Hilfsjobs kriesgte schnell, die sind aber i.d.R. eher prekär und saisonal.
Ich meine mit Gastro das Volumengeschäft - weder High End Kellner mit Ausbildung, noch Raucherkneipe. Jobs wie McDonalds, Spüler & Kellner in "normalen Mittelklasserestaurants", bspw. sowas wie Schweinske oder dein Braunhaus ums Eck.
Dass das keine Traumjobs sind, ist klar.
Deswegen möchte ich ja die relative Attraktivität dieser Jobs gegenüber der Alternative Bürgergeld maximieren.
In der Logistik und der Industrie kriegt man relativ schnell etwas, aber relativ ist... relativ. Die typischen Drehtür-Leute fliegen raus
Aber warum?
Imo auch, weil der Anreiz solche Jobs längerfristig zu machen nicht groß genug ist.
Könnte schon anders aussehen, wenn der Netto-Unterschied zu Bürgergeld eher €500 als €250 wäre.
(Und selbst wenn das keinen MEGA-Effekt hätte, so fände ich es gerecht.)
Wenn ich ehrlich bin, muss ich auch hier die Kirche im Dorf lassen. Es ist völlig utopisch jeden Deutschen auf ein qualifiziertes Niveau zu heben. Es wird immer diese Leute geben, die überall die Klinke putzen und alle zwei Jahre in einem neuen Betrieb sind. Nur sollten es deutlich weniger sein, als es jetzt der Fall ist. Früher oder später passiert das eigentlich auch immer, dass irgendwer irgendwo lang und bis zur Rente unterkommt.
Schön wäre es.
Meine Sorge sind Langzeitarbeitslose - und dass gerade viele unqualifizierte Migranten in diese Kategorie rutschen.
Diese Gruppe war 2019 auf einem Low von ~700k (damals zählte vemrutlich auch noch kein Flüchtling von 2015/16 rein), und jetzt sind wir bald bei einer Million.
Eventuell erledigt sich das Thema früher oder später durch die Boomer und deren unabdingbaren Abgang von selbst.
Fürchte nein, da junge Männer in der Gruppe "NEET" (not in employmnet, education or training) wachsen - nicht nur in Deutschland:
Vorsicht, ich meine schon wirklich Förderungen, die existieren und eine Schwelle überschreiten. Nicht so Kleinkram wie den Digitalbonus in Bayern, der maximal 50.000€ sind. Ich rede von den großen Paketen, die sehr gängig sind, bspw. wenn mit EFRE eine neue Werkshalle hingekotzt wird, oder den Auffangsschirm von Söder zu Corona für Automotive / Maschinenbau in höhe von 40.000.000€. In diesem Zug (google: De-Minimis) muss ich sowieso ziemlich viel über meinen Betrieb sagen, u.a. auch die Mitarbeiterzahl. Da langt nicht "X Personen", sondern aufgeschlüsselt nach TZ, VZ, 450€-Jobs, usw. usf. Eigentlich braucht man da einen Wirtschaftsprüfer. Die Angabe eines weiteren Kennpunkts, der v.a. mit "Ja/Nein" + Freitext angegeben wird, wäre jetzt nicht die Welt. Geprüft wird das jetzt schon und das auch völlig zu recht, weil die Höhe nicht gerade wenig ist.
Unabhängig davon spielt die EU-Taxonomie (hoffe das richtige Wort gewählt) auch in diese Richtung, für einen Kredit soll mittelfristig auch die Aspekte der Nachhaltigkeit geprüft werden. Ich empfinde es als sozial völlig gerechtfertigt auch zu prüfen, ob der Staat (und somit wir als Gesellschaft) als Investor dort fördern und subventionieren sollte, wo gegebenenfalls einfach nicht nachhaltig geplant wird. Es werden ja sonstige Ausgaben geprüft, warum nicht auch ob die Angestellten gerecht behandelt werden? Stattdessen erlebe ich eher pauschalen, weil die Denke anders ist: Wenn ich die nicht fördere, dann fallen GANZ SICHER Arbeitsplätze weg. Und dann werden die trotzdem abgebaut. Erlebe ich hier im Eck und in den Medien gefühlt viel zu häufig. Und das macht verdammt wütend.
Hier bin ich einfach lieber für keine Subventionen dieser Art, keine Bürokratie wie der Taxonomie-Wahnsinn - dafür einfach geringere Unternehmenssteuern.
 

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Gibt durchaus einen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktflexibilität & Unemployment, incl. Jugend- & Langzeitarbeitslosigkeit:
Anhang anzeigen 11733
Quelle: https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2012/wp1264.pdf


So schlecht ist die Labor Market Participation Rate bei uns nicht, auch für Frauen.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Ländern_nach_Beschäftigungsquote

Und die Länder, die höher sind, haben oft einen flexibleren Arbeitsmarkt.
Damit will ich überhaupt nicht sagen, dass bspw Kinderbetreuung nicht relevant wäre.
Im Gegenteil: Ist auch sehr relevant - und ich schätze, dass ich hier in Hamburg lebe, wo es besser gelöst ist als bspw. in NRW.

Ich habe irgendwie wenig Muße mir 20 Seiten des IMF durchzulesen und jetzt jeden Punkt zu filtern, der mir aufstößt, oder der hier von dir etwas geplättet dargestellt wird, selbiges für die plakative Wikipedia-Liste. Ich weiß schon wovon ich rede, ich habe im Studium einen Schwerpunkt auf Arbeitsmarktwissenschaft und int. Vergleiche von Lebensläufen mit Schwerpunkt Bildung hinter mir, dazu noch 5 Jahre Erfahrung in Bundesagentur und in Zusammenarbeit mit RDs und Agenturen.

Vorneweg, natürlich "hilft" De-Regulierung alle möglichen Randgruppen in eine Beschäftigung zu drängen, das sagt nur nichts über die Qualität aus. Abgesehen davon steckt es auch in meinem vorigen Post mit dem Hinweis auf die anglo-amerikanischen / liberalen Systeme, bspw. UK und USA. Weniger Kündigungsschutz und eine viel höhere Akzeptanz (weil Notwendigkeit) so viel wie möglich zu buckeln. Das lässt aber neben reinen Arbeitsmarktindikatoren aus, welche Sozialsysteme diese Staaten haben. Ich persönlich wünsche mir kein System, in dem ich alles einstecken MUSS, damit ich eine Basisversorgung im Gesundheitswesen bekomme - und die zu einer wirklich horrenden Qualität. Davon kann ich mir wenig bis nichts kaufen. Zudem sind diese Regimes m.W.n. nicht dafür bekannt intergenerationelle Schwächen der Stratifikation von Wohlstand zu glätten, eher das Gegenteil.
Selbstverständlich können wir uns auch nicht so viel leisten wie die skandinavischen Regimes, dafür fehlen uns andere Vorraussetzungen und wir sind auch deutlich größer als alle Regimes zusammengenommen. Äpfel und Birnen.

Daneben fehlt mir ein Verständnis was DU unter Regulierung und De-Regulierung verstehst, damit ich überhaupt erahnen kann, was du meinst aus dem IMF-Paper zu lesen. Ich tippe auf den Kündigungsschutz, der in DE relativ hoch ist und die scheinbar "vielen" Rechte, die wir als Arbeitnehmer bekommen, bspw. wohlgemeinte Arbeitszeugnisse. Im Detail können wir gerne darüber reden, nur sind das wahrscheinlich nicht die Dinge, die das Kraut fett machen. Der Kündigungsschutz, wie von mir beschrieben, kann von Unternehmen bereits jetzt schon gut umgangen werden, in dem mit Befristungen (mit oder ohne Grund), Leiharbeit, Arbeitnehmerüberlassung, 450€-Jobs und sonstigen halblegalen Konstrukten gearbeitet wird, inkl. Sub- und Tochterunternehmen usw. usf. Ob das so viel aufwändiger ist, als es in den liberalen Regimes läuft müsste man erst zeigen.
Grundsätzlich bin ich bereit über "weniger Rechte" zu reden, wenn mir gezeigt wird, dass es auf der anderen Seite auch was geht. Da der Arbeitsmarkt aber in den Wohlfahrtsstaat eingebettet ist und keinerlei Anzeichen auf eine Entlastung deuten, werde ich den Teufel tun und mich mit mehr Pflichten abzugeben, damit "die Wirtschaft" flexibel bleibt.

Jugendarbeitslosigkeit ist auch so ein Ding, das Deutschland ausnahmsweise mal ganz gut kann dank dem dualen System. Problematisch ist nur, wenn da keiner drin war, oder zu spät mit einer Ausbildung / Studium am Start ist. Aber kann man sich sparen. Ironischerweise ist das Duale System allerdings sehr stark reguliert, hier würde ich die Axt nur an Anerkennungsverfahren setzen, bzw. diese besser gestalten. Aber auch hier sind wir wieder in Details, die irgendwie untergehen würden und mir auch etwas zu mühselig sind. Ich verweise auf unsinnige Prüfungsmodalitäten (Abschlussprüfungen), "spezifische Kenntnisse" (DSGVO-Module oder so Nonsense) und veraltete Technik (digitale Berichtsmappen und co.). Aber dazu hab ich über die Jahre mehr als genug gepostet und ich weiß, dass du die Topics gelesen hast.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist "okay", aber da steht nichts über Qualität (in der Wikipedialiste), denn die ist in DE deutlich geringer als in anderen Ländern - u.a. wegen den Care-Aspekte. Auch hier habe ich schon elendig viel getippt, vma. googlen von Allmendinger oder wie die Frau heißt, die hat sehr gute Paper zu dem Kontext. Frauen in Teilzeit sollten mehr in Vollzeit arbeiten können, aber Wunschdenken. Da hilft dein Handwedeln mit "so viele sind das nicht" nicht.

Ich sehe bei dir nur einen Fokus auf einen Teil der Faktoren wie Kinderbetreuung -- und ein gewisses Ignorieren von Faktoren wie Arbeitsmarktflexibilität.
Dabei ist ja gerade das Problem Leiharbeit / Zeitarbeit absolut darauf zurück zu führen, dass es eine der wenigen Möglichkeiten für Arbeitgeber ist, flexibel Arbeitskräfte einzusetzen.
Die Kosten für den Arbeitgeber sind dabei oftmals gar nicht so gering, da ja die Zeitarbeitsfirma auch ihren Schnitt machen will.
Ironischerweise ist mir das bewusst, dennoch tritt es häufig genug auf. Schrieb ich ja jetzt schon oft genug.

Es gibt fast 3 Millionen Bedarfsgemeinschaften in Deutschland.
Davon hat nur eine knappe Million Kinder unter 18 Jahre - und selbst da gibt es dann wieder eine Teilmenge von BG mit zwei Eltern.
Und dennoch ist deine einzige Replik auf das Beispiel kellern ein Bezug auf die eine Gruppe, bei der es nicht geht - Frauen mit Kleinkindern.


Ich meine mit Gastro das Volumengeschäft - weder High End Kellner mit Ausbildung, noch Raucherkneipe. Jobs wie McDonalds, Spüler & Kellner in "normalen Mittelklasserestaurants", bspw. sowas wie Schweinske oder dein Braunhaus ums Eck.
Dass das keine Traumjobs sind, ist klar.
Deswegen möchte ich ja die relative Attraktivität dieser Jobs gegenüber der Alternative Bürgergeld maximieren.

Aber warum?
Imo auch, weil der Anreiz solche Jobs längerfristig zu machen nicht groß genug ist.
Könnte schon anders aussehen, wenn der Netto-Unterschied zu Bürgergeld eher €500 als €250 wäre.
(Und selbst wenn das keinen MEGA-Effekt hätte, so fände ich es gerecht.)
Ich hab es dir schon mal gesagt, trotzdem: Von mir aus gerne weniger Belastung, solange das sozialversicherungspflichtig ist und Basisrechte eingeräumt werden, die mit einem 450€-Job nicht vergleichbar sind. Unabhängig davon, auch deine "Gastro"-Jobs zeichnen sich seltsamerweise dadurch aus, dass da entweder sehr junge Menschen arbeiten, oder dann Muttis und Väter ab 45 bis frühe 50er, die typischen 30-45 Jährigen und 55+ Jährigen findest du da seltsamerweise nicht oder eher selten. Eventuell hängt es dann doch mit dem Care-Aspekt und der physischen Belastung zusammen. Gleiches gilt für alles, was irgendwie mit Schicht und körperlicher Arbeit zu tun hat und ist systemimmanent. Ob du das mit ein paar wenigen % mehr Gehalt verbesserst weiß ich nicht. Noch sehe ich die Gastro als systemkritisch oder besonders schützenswert.
Reden wir lieber über 0815 Sachen wie Reinigung, Entsorgung, (Brief)Logistik, Erziehung, Pflege - viel wichtiger, gleiche Probleme.

Schön wäre es.
Meine Sorge sind Langzeitarbeitslose - und dass gerade viele unqualifizierte Migranten in diese Kategorie rutschen.
Diese Gruppe war 2019 auf einem Low von ~700k (damals zählte vemrutlich auch noch kein Flüchtling von 2015/16 rein), und jetzt sind wir bald bei einer Million.

Fürchte nein, da junge Männer in der Gruppe "NEET" (not in employmnet, education or training) wachsen - nicht nur in Deutschland:
Klingt für mich nicht viel, abhängig von der Definition. Du bist mir immer noch schuldig geblieben den Eindruck zu belegen, dass diese Leute einfach "nicht wollen". In dem Link oben zu dem anderen Topic hatte Boot doch sogar so eine Analyse gepostet, aus der für mich ersichtlich war, dass die Leute durchaus auch Shit-Stellen annehmen, selbst wenn es für sie rational sinnvoller wäre besser zu verhandeln oder was besseres zu suchen.

Hier bin ich einfach lieber für keine Subventionen dieser Art, keine Bürokratie wie der Taxonomie-Wahnsinn - dafür einfach geringere Unternehmenssteuern.

Würden die Unternehmen nachhaltiger Denken wäre das nicht nötig, wir reden hier über die Vergabe von Krediten an Wirtschaft und Privatpersonen. Wir können das natürlich auch alles lassen, weil die unsichtbare Hand es regelt, dann haben wir aber so kluge Köpfe wie in den Staaten, die in Hurrikan-Gebieten und wasserknappen Gegenden richtig dumm bauen. Können wir dann wieder und wieder mit Sonderfonds retten, weil es ja in Zukunft auch bei uns weniger Hochwasser und co. gibt. Der Gedanke ist eine Risikoanalyse vor Vergabe von Geldern, was daran "Wahnsinn" ist, erschließt sich mir nicht. Es sei denn du meinst tatsächliche Details der Umsetzung, statt dem Grundgedanken.

Ansonsten, wenn wir EFRE und Konsorten nicht mehr vergeben, dann kriegen wir noch viel mehr urbane Megastreifen, dazwischen nur Einöde, mit allen Problemen die damit folgen.
 
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