Da ich mir das Spiel gerade nochmal genau anschaue, mal meine Spielanalyse.
1. Halbzeit
Sehr nervöser deutscher Beginn: Unaufmerksamkeiten, Fehlpässe, zu Anfang besonders von Metze, Lahm, Ballack, Rolfes und Schweinsteiger. Auch Lehmann nimmt sich mit ein, zwei Wacklern selbst die Sicherheit.
Die Türken ziehen ihr destruktives Spiel gekonnt auf und gehen sehr viel aggressiver in die Zweikämpfe (spielen auch deutlich öfter Foul).
Die Türkei hat mit dem Lattentreffer eine Großchance, danach noch zwei, drei geringere Chancen, von welchen "sechs großen Chancen" Bela gefaselt hat, weiß wohl nur er selbst.
Dann Deutschland eigentlich besser im Spiel, jedoch nur mit einem echten Angriff.
Das Tor ist eigentlich eine Kombination eines individuellen Fehlers von Podolski und unverschämtem Glück, dass der Ball so abspringt.
Dann haben wir das Spiel ganz gut in den Griff bekommen, obwohl es natürlich immernoch lange nicht rund lief. Vor allem hat Lahm seine Souveränität zurückgewonnen und Schweinsteiger für mich bester deutscher Spieler: Der Junge hat soviel Biss und Engagement, rennt mehrmals zur anderen Seite, um mitzuarbeiten, dazu die ein oder andere gekonnte Aktion und das soo wichtige Tor.
Ballack fand unter seiner Sonderbewachung nie wirklich ins Spiel: zu passiv, zu schwach in den Zweikämpfen, an zu wenigen Aktionen beteiligt. Ich fand ihn auch taktisch etwas ungünstig in Szene gesetzt. Er hat wohl im Vergleich zum Portugalspiel nochmal eine offensivere Rolle verpasst bekommen, spielte teilweise wie ein zweiter Stürmer.
Hitzl mit passabler Vorstellung, jedoch auch eher unauffällig. Als nicht gut empfand ich Rolfes, der vor allem im Passpiel seine Unsicherheit nie abgelegt hat und auch nicht so richtig ins Spiel fand.
Für mich das größte Problem: Alle drei zentralen Mittelfeldspieler mit einer passablen (Hitzl) oder schlechten (Ballack, Rolfes) Leistung. Darum ging es eigentlich nur über außen.
Insgesamt recht ausgeglichenes Spiel, sowohl was Spielanteile als auch was Torchancen anbelangt.
2. Halbzeit
Deutschland zwar immernoch holprig, aber Tonangebend, hinten sicher, vorne mit mehr Drang zum Tor. Hitzl und Frings harmonieren gut. Hitzl kompensiert Ballacks Schwäche, so gut es geht, Frings verleiht dem deutschen Spiel die nötige Aggressivität.
Das Foul an Lahm... nun ja, klares Foul, klare Gelbe. Obs auch ein Elfer war, ist wohl Auslegungssache. Ich hätte auf Freistoß entschieden.
Nach kurzer Drangphase der Türkei in den 60ern Deutschland ab der 70. wieder etwas stärker, Ballack etwas besser im Spiel, teilweise extrem weit vorne.
Deutschlands Hauptproblem ist die mangelnde Kreativität im Offensivspiel, die Türken nun weitgehend harmlos. Lediglich zwei gefährliche Angriffe über außen, als Lahm jeweils den entscheidenden Zweikampf verliert, wovon einer zum Tor führt - Lehmann natürlich mit dickem Schnitzer.
Fazit:
Deutschland insgesamt sicherlich spielerisch unter den Erwartungen, aber lange nicht so desaströs, wie (Hurensohn) Bela Rethy es geredet hat.
Stärkster Deutscher vor allem in der ersten Halbzeit für mich Schweinsteiger, gefolgt von Hitzl (bester in Hälfte zwei) und Lahm, der zwar wie alle nervös begann und sich zweimal ausspielen ließ, ansonsten aber souverän wie stets war und mit seinem selbsteingeleiteten Siegtor hat er seine entschuldbaren Fehler mehr als wettgemacht.
Die Taktik, Ballack als Quasi-zweiten-Stürmer aufzustellen, hat sich nicht bewährt. Ansonsten wurde er natürlich gut aus dem Spiel genommen und stand insgesamt eher neben sich.
Frings hat mir entgegen der Rethyschen Hetze gut gefallen: aggressiv in den Zweikämpfen, nicht brilliert, aber im Vergleich zu Rolfes, der diesmal nicht gut war, ein großer Bonus an Sicherheit.
Ich würds mal unter der Kategorie glanzloser Arbeitssieg verbuchen. Besonders gefällt mir die im Vergleich zur Vorrunde stark gesteigerte Effizienz im Angriff. Zwei Tore waren wieder sehr gut herausgespielt, kaum große Chancen wurden ausgelassen - obwohl natürlich zu wenige erspielt wurden, aber das sagt sich so leicht in einem EM-Halbfinale...