Endless Space 2
Gilt ja vielen als neue Referenz im 4X-/Scifi-Genre. Ich finde es in vielen Bereichen sehr gelungen, aber in manchen anderen leider auch erstaunlich schlecht. Fangen wir mal mit den positiven Seiten an: Das Spiel ist ziemlich komplex aber dennoch sehr zugänglich. Das User Interface ist übersichtlich und reagiert schnell, für fast alle Werte gibt es detaillierte Tooltips, Tutorial kann in mehreren Stufen aktiviert werden. Die Spielmechanik ist unheimlich facettenreich, neben klassischem Planeten- und Ressourcenmanagement gibt es Bevölkerungsverwaltung, Helden als Gouverneure/Admirale, Wahlen und Gesetze, natürlich Forschung, individualisierbare Raumschiffe, kooperative Quests, lohnenswerte Erkundung, Terraforming, Taktikkarten, Echtzeit-Raumkämpfe denen man zuschauen kann, Faction-Lore, diplomatische Expansion, Handelskompanien, und und und. Mir gefällt gut, dass sich die eingebauten Völker stark voneinander unterscheiden und häufig einzigartige Spielmechaniken mit sich bringen.
Vermutlich das umfangreichste Scifi-Strategiespiel was ich bisher kenne, es ist ziemlich beachtlich wie eingängig und schnell lernbar die zentralen Mechaniken trotzdem sind. Es gibt leider einige wenige (durchaus wichtige) Ausnahmen, ich habe z.B. nach 20 Stunden Spielzeit noch nicht ansatzweise verstanden, wie ermittelt wird welcher Bewohner auf welchem Planeten eingesetzt wieviele Ressourcen generiert.
Auch der Forschungsbaum könnte etwas übersichtlicher sein. Hier kann man häufig zentrale Verbesserungen freischalten, sieht das aber nur sehr versteckt beim aufmerksamen Untersuchen der einzelnen Technologien. Wer auf gut Glück losforscht oder sich an die (nicht sehr sinnvollen) Vorschläge des Spiels hält ist schnell ziemlich eingeschränkt. Schade finde ich auch, dass es nur ca. eine handvoll Schiffstypen gibt, die man erforschen kann. Waffen und sonstige Module sind zwar individuell zusammenstellbar, aber die Anzahl der verschiedenen Rümpfe ist sehr überschaubar.
Mein Hauptproblem mit dem Spiel ist aber: Man hat zu schnell keine sinnvollen Ziele mehr. Wer seine Planeten und Systeme vernünftig managed, dem gehen schnell die Gebäude und selbst Terraforming-Optionen aus, mit denen er sie weiter verbessern könnte. Beim ersten Helden freut man sich noch über jeden verdienten XP (z.B. fürs Erkunden eines Systems), aber wenn es dann irgendwann 5 sind, die beim Levelup nichtmal mehr sinnvolle Skills freischalten können?
Beliebig expandieren kann man auch nicht: Ab einer bestimmten Zahl besiedelter Systeme gibt es Abzüge auf die Zufriedenheit der Bevölkerung. Diese Zahl liegt anfangs bei etwa 5 Systemen und kann im späteren Verlauf auf vllt. 10 erhöht werden. 10?! Schon ein mittelgroßes Szenario enthält locker 50 Systeme, möglich sind deutlich mehr. Das Limit scheint auch nicht mit der Spielgröße zu skalieren.
Ich gelange also schnell in eine Situation, in der ich meine Systeme kaum noch ausbauen kann, gleichzeitig fürs kolonisieren/erobern weiterer Systeme bestraft werde - tja was soll ich denn an dem Punkt noch machen? In meinem aktuellen Spiel erobere ich ein System nach dem nächsten von der KI, nur um sie dann schnellstmöglich zu evakuieren und den Zufriedenheitsmalus loszuwerden. Während dessen sind die Heimatsysteme längst komplett hochgerüstet und produzieren entweder Schiffe (die ich nicht wirklich brauche) oder zusätzliches Geld (was ich auch nicht wirklich brauche).
Sicherlich könnte ein höherer Schwierigkeitsgrad hier helfen (spiele auf Normal), aber selbst wenn man alles steamrolled sollten solche Situationen in einem guten Strategiespiel eigentlich nicht eintreten.