Flüchtlingsströme Richtung Europa

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Benrath

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Solange wir uns als Basis darauf einigen können, dass wir Menschen nicht einfach ertrinken lassen sollten. Sind wir (k)einen Schritt weiter. Ich hörte nämlich Stimmen laut werden.

Irgendwann wird es echt bizarr.


Ansonsten drehen wir uns immer schön weiter im Kreis. Und ja ich trage dazu bei mit einem relativ(!) inhaltslosen Beitrag.

Es tut mir soooo Leid.

Ich Nehms jetzt doch mal auf. Ich bin dabei, man sollte niemand ertrinken lassen.

Wie stehst du zu der Frage, was mit den geretteten Leute macht?
 
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Solange wir uns als Basis darauf einigen können, dass wir Menschen nicht einfach ertrinken lassen sollten.
First things first!

Zuerst einigen wir uns bitte darauf, dass wir aufhören sollten, Leute ins Wasser zu locken und Leute die ins Wasser gegangen sind, nach der notwendigen Rettung zu belohnen um als Motivation für andere zu dienen, auch ins Wasser zu gehen!

Okay?
 
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Schwierig zu sagen. For the record: Abzüglich des fiskalischen Impulses, der generiert wird, wohl deutlich weniger als 30 Milliarden. Mit steigender Aufenthaltsdauer sinken weiterhin die Ausgaben pro Millionen. Aber selbst wenn es sagen wir mal 20 Milliarden pro Million Flüchtlinge jedes Jahr wären: Das würde bedeuten dass fünf Millionen Flüchtlinge zusätzliche Ausgaben in Höhe von 3% des BIP von 2017 bedeuten. Glaubt hier jemand ernsthaft wenn das BIP dauerhaft 3% geringer ausfallen würde als Wachstumspfad würden wir unseren Sozialstaat "opfern"? Das erscheint mir ein bisschen lächerlich.

Wie ihr wisst, bin ich ja ein Freund von Milchmädchenrechnungen, da sie, auch wenn grob/angreifbar/Pi mal Daumen die Diskussion breichern.

Wollte aber darauf hinweisen, dass es etwas heuchlerisch ist, dass du, Gustavo, die stark vereinfachenden/abschätzenden Rechnungen anderer immer scharf angreifst, sie aber selbst nutzt.

Konkret:
Bei einer Staatsquote von 43,9% entsprechend 3% des BIP als zusätzliche Staatsausgaben knapp 7% des BIP.

Zumal du eben von nur 20 Mrd pro Jahr ausgehst, was ja selbst von den direkten Ausgaben des Bundes übertroffen wird. Mehrkosten für Verwaltung, Polizei, Schulen etc. sind da ja gar nicht berücksichtigt.

Und sonst stimme ich Arrythmie zu:
So zu tun, als wären 100 Mrd pro Jahr Peanuts ist einfach absurd angesichts unseres Staatshaushaltes und den intensiven Debatten um viel kleinere Ausgabenposten in Infrastruktur, Bildung, Sozialsystem.

Zumal das Sozialsystem ja bereits auf dem Abwärtstrend ist: Viel mehr Renter haben de facto nur noch Leistungen auf Mindestsicherungsniveau. Bereits das heutige H4 wird oft als zu wenig für gesellschaftliche Teilhabe kritisiert.

Letztlich geht es eben auch nicht immer nur um 1-2 Millionen, die schon da sind (und die bereits einen sehr spürbaren Impact haben), sondern eben auch darum, was langfristig passiert. Wenn es nach Seawatch & Claudia Roth geht, dann könnte es bei akuten Krisen in Afrika eben auch viel mehr werden.
 
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First things first!

Zuerst einigen wir uns bitte darauf, dass wir aufhören sollten, Leute ins Wasser zu locken und Leute die ins Wasser gegangen sind, nach der notwendigen Rettung zu belohnen um als Motivation für andere zu dienen, auch ins Wasser zu gehen!

Okay?

Wer ist "Wir"?

Locken? Erkläre bitte!


@Benrath: Meine Meinung ist; wenn die geretteten aus einem Land kommen in dem sie nicht sicher sind (Krieg, Verfolgung usw..) dann sollten sie in Europa (idealerweise sogar größer gedacht - unter den westlichen/kapitalistischen/zivilisierten/"reichen"/"reicheren") Ländern dieser Welt (fair - müsste man halt politisch aushandeln was fair in dem Zusammenhang heißt) verteilt werden; wenn sie aus einem Land kommen in dem sie sicher sind dann können sie natürlich dorthin zurück.

Leider wird es unmöglich sein das so zu handhaben. Wir scheitern ja schon unter ein paar wenigen europäischen Ländern an einer guten Lösung. Also wir es EU- technisch oder sogar größer gedacht unmöglich sein. Einfach zu komplex & viel zu langsam/schlecht sinnvoll zu lösen (mit den politischen Mitteln die wir haben).
 
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Benrath

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Wer ist "Wir"?

Locken? Erkläre bitte!


@Benrath: Meine Meinung ist; wenn die geretteten aus einem Land kommen in dem sie nicht sicher sind (Krieg, Verfolgung usw..) dann sollten sie in Europa (idealerweise sogar größer gedacht - unter den westlichen/kapitalistischen/zivilisierten/"reichen"/"reicheren") Ländern dieser Welt (fair - müsste man halt politisch aushandeln was fair in dem Zusammenhang heißt) verteilt werden; wenn sie aus einem Land kommen in dem sie sicher sind dann können sie natürlich dorthin zurück.

Leider wird es unmöglich sein das so zu handhaben. Wir scheitern ja schon unter ein paar wenigen europäischen Ländern an einer guten Lösung. Also wir es EU- technisch oder sogar größer gedacht unmöglich sein. Einfach zu komplex & viel zu langsam/schlecht sinnvoll zu lösen (mit den politischen Mitteln die wir haben).

Naja das ganze läuft halt auch nur, wenn wir in der Lage sind innerhalb weniger Wochen zu entscheiden, wer rein kommt und wer nicht und die zurückzuschicken, die nicht bleiben dürfen. Solange das nicht geht, schickt man die bitte zurück wo sie herkommen.
 
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Naja. Wir reden uns leicht. Muss schon ziemlich abgefuckt sein, wenn du aus einem Land kommst in dem du Freunde/Familie durch Krieg/Verfolgung verloren hast & dann wieder dort hin musst..

Und ja.. diese Länder gibt es.
 
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das betrifft aber nicht alle die da in Nordafrika am Meer ankommen. Du kannst nicht bei Themen wie kriminellen Flüchtlingen alles mit "aber das sind ja nicht alle" abtun wollen und gleichzeitig hier dann mit denen ais verfolgten Ländern ankommen. Das ist dann nämlich genauso eine Verallgemeinerung.
 

Benrath

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Natürlich reden wir es uns leicht, aber um den Zirkel zum drölften Mal zu starten. Wir werden nicht alle aufnehmen können und wollen. Gewissen Überlegungen welche Prozess der optimale ist, darf es dabei geben. Die Leute erst übers Meer fahren zu lassen, um sie dann retten zu drüfen, ist imho auch nicht die moralisch beste Variante.

Langfristig rettet man imho mehr Menschen, wenn man die Seeroute dicht macht, sprich die Leute wieder nach Lybien zurück bringt.

Irgendwie muss man sich auch eingestehen, dass da Fehler passieren werden und es nicht die perfekte Lösung gibt.
z.B. geht mir das Seehofer gebash auf den Keks. Wir sind erstmal nicht am Suizid eines abgelehnten Asylbewerbers Schuld.
Im speziellen Fall lasse ich mich ja überzeugen, aber bisher wurde wenig geschrieben, dass das so ein spezieller Fall eines überintegrierten Paradeasylbewerbers wäre.

Wir wären genausowenig Schuld, wenn er in Afghanistan einen Autounfall gehabt hätte. Wenn man den Weg konsequent weitergehen will, können wir nie jemanden abschieben.
 

Gustavo

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Also, die Nettoempfänger nehmen das Geld der Nettosteuerzahler und geben es an die Flüchtlinge, um sich dann besser zu fühlen. Sozialismus ist doch etwas tolles, solange man jemanden hat, dem man in die Tasche greifen kann.

Den Post hatte ich gar nicht gesehen. "Umverteilung, und das in MEINEM Sozialstaat???"


Wie ihr wisst, bin ich ja ein Freund von Milchmädchenrechnungen, da sie, auch wenn grob/angreifbar/Pi mal Daumen die Diskussion breichern.

Wollte aber darauf hinweisen, dass es etwas heuchlerisch ist, dass du, Gustavo, die stark vereinfachenden/abschätzenden Rechnungen anderer immer scharf angreifst, sie aber selbst nutzt.


Ich habe an sich keine Probleme mit toy models. Ich habe ein Problem mit deinen, weil sie mit Annahmen starten, dann die Folgen durchexerzieren, du aber am Ende regelmäßig die Tatsache unter den Tisch fallen lässt, dass es sich um reine (und häufig nicht sehr plausible) Annahmen handelt; bestenfalls tust du so als wärst du mit dem arithmetischen Mittel der Erwartungen gestartet ("könne besser sein, könnte schlimmer sein"). Wenn die Annahmen passen, kannst du in der Tat eine Milchmädchenrechnung so ziemlich alles sagen lassen. Ich erinnere nur an die unsäglichen Rechnungen zur explosionsartig steigenden Kriminalität oder der Frage, wie viele Menschen im Rahmen des Familiennachzugs nachkommen würden.


Konkret:
Bei einer Staatsquote von 43,9% entsprechend 3% des BIP als zusätzliche Staatsausgaben knapp 7% des BIP.

Zumal du eben von nur 20 Mrd pro Jahr ausgehst, was ja selbst von den direkten Ausgaben des Bundes übertroffen wird. Mehrkosten für Verwaltung, Polizei, Schulen etc. sind da ja gar nicht berücksichtigt.

Und sonst stimme ich Arrythmie zu:
So zu tun, als wären 100 Mrd pro Jahr Peanuts ist einfach absurd angesichts unseres Staatshaushaltes und den intensiven Debatten um viel kleinere Ausgabenposten in Infrastruktur, Bildung, Sozialsystem.


Erstens: BIP ist BIP und Staatsquote ist Staatsquote. 3% des BIPs mehr als Staatsausgaben entsprechen 3% des BIPs, egal ob es die ersten oder die letzten 3% sind. Sie entsprechen allerdings einer Steigerung um 7% der Staatsausgaben (!).

Zweitens: Wir (oder zumindest ich) reden hier über die Langzeitperspektive. Raffelhüschen, der jetzt nicht gerade für seine optimistischen Annahmen bzgl. Flüchtlinge bekannt ist, rechnet mit einem negativen Saldo von 450.000 über die Lebenszeit. Wenn wir mal davon ausgehen, dass der Altersdurchschnitt bei irgendwo Anfang 20 liegt und wir von 50 verbleibenden Lebensjahren ausgehen, wären wir langfristig bei 9000 Euro pro Jahr. 20 Milliarden pro Jahr wäre langfristig mehr als das doppelte. Kann sich jetzt jeder selbst überlegen, ob er das für übermäßig optimistisch hält.

Drittens (und mit Abstand am wichtigsten): Hier nochmal was du gesagt hast.

Wenn er einen Tacken ehrlicher wäre, dann fände ich seinen Artikel richtig gut. Denn er zeigt den Leuten, worum es den linken Ideologen eigentlich geht: Ihnen ist der Sozialstaat scheißegal, wenn er zugunsten der "Rettung" von ein paar Millionen ungebildeten Einwanderern geopfert werden muss.


Ich habe nirgendwo auch nur annähernd so getan als ginge es hier um Peanuts. In Anbetracht der Tatsache, dass kein Land auch nur die Hälfte dieses Betrages für Entwicklungshilfe ausgibt, wäre das auch nicht angebracht. Aber du hast nicht gesagt "das sind keine Peanuts", du hast gesagt man müsse den Sozialstaat zugunsten von ein paar Millionen ungebildeten Einwanderern opfern. Das ist aus zwei Gründen falsch:
1. Ist der Betrag hoch, aber keineswegs so hoch dass es nicht möglich ist, ihn aufzubringen, ohne große Einsparungen am Sozialetat zu machen.
2. Ich kann dir zig Leute nennen (Paul Pierson, Herbert Obinger, Uwe Wagschal, Reimut Zohlnhöfer, eigentlich die Mehrzahl der Leute die bei Manfred G. Schmidt studiert haben), die sich mit dem Thema Sozialpolitik auseinandersetzen. Ich garantiere dir dass niemand dieser These zustimmen würde, weil Sozialpolitik die Tendenz hat, sich immer stärker auszuweiten. Vom Wagnerschen Gesetz bis zur Sättigungsgrenze (mit modernen Staatsquoten im Bereich um 45%) zur Verdrängung anderer Posten zugunsten von Sozialpolitik. Es ist politisch völlig unmöglich, stark am Sozialstaat zu kürzen, außer man ist nicht auf Wählerstimmen angewiesen. Es würde eine Menge anderer Sachen gekürzt, bevor man auch nur auf die Idee käme, den Sozialstaat nennenswert zu beschneiden; das ist so nahe wie du in der Politik einem Naturgesetz kommst (etwas überdramatisiert). Zu glauben der Sozialstaat würde "geopfert" ist einfach ABSURD. Ich kann dir wirklich nicht drastisch genug sagen, was für eine weltfremde Annahme das ist.

Im Übrigen noch eine Sache, die für die Frage nur am Rande eine Rolle spielt, die aber aus dem zweiten Punkt folgt: Du gehst davon aus, dass Flüchtlinge immer nach heutigen Standards versorgt werden. Ich würde dir garantieren: Bevor nennenswerte Kürzungen beim Sozialetat für die Bürger gemacht würden, hättest du Leute an der Macht, die bestimmte Sozialleistungen nur noch Deutschen zahlen würden. Da würde derjenige, der dem Bundesverfassungsgericht sagt, es habe seine Entscheidung getroffen, jetzt möge es die bitte eigenständig durchsetzen, auf Händen durch Deutschlands Innenstädte getragen, wenn die Alternative echte Ressourcenkonkurrenz ist.



Zumal das Sozialsystem ja bereits auf dem Abwärtstrend ist: Viel mehr Renter haben de facto nur noch Leistungen auf Mindestsicherungsniveau. Bereits das heutige H4 wird oft als zu wenig für gesellschaftliche Teilhabe kritisiert.

Letztlich geht es eben auch nicht immer nur um 1-2 Millionen, die schon da sind (und die bereits einen sehr spürbaren Impact haben), sondern eben auch darum, was langfristig passiert. Wenn es nach Seawatch & Claudia Roth geht, dann könnte es bei akuten Krisen in Afrika eben auch viel mehr werden.


Ich habe auch nicht gesagt, dass das gilt, wenn absolut jeder auf jetzigem Niveau versorgt würde, der das gut fände. Der Punkt ist aber: Das hast du auch nicht, dementsprechend ging es darum nicht.
 
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Den Post hatte ich gar nicht gesehen. "Umverteilung, und das in MEINEM Sozialstaat???"
Ich habe an sich keine Probleme mit toy models. Ich habe ein Problem mit deinen, weil sie mit Annahmen starten, dann die Folgen durchexerzieren, du aber am Ende regelmäßig die Tatsache unter den Tisch fallen lässt, dass es sich um reine (und häufig nicht sehr plausible) Annahmen handelt; bestenfalls tust du so als wärst du mit dem arithmetischen Mittel der Erwartungen gestartet ("könne besser sein, könnte schlimmer sein"). Wenn die Annahmen passen, kannst du in der Tat eine Milchmädchenrechnung so ziemlich alles sagen lassen. Ich erinnere nur an die unsäglichen Rechnungen zur explosionsartig steigenden Kriminalität oder der Frage, wie viele Menschen im Rahmen des Familiennachzugs nachkommen würden.
Achso, aber deine Rechnungen sind voll solide, oder was?

Beispiel direkt darunter:
Erstens: BIP ist BIP und Staatsquote ist Staatsquote. 3% des BIPs mehr als Staatsausgaben entsprechen 3% des BIPs, egal ob es die ersten oder die letzten 3% sind. Sie entsprechen allerdings einer Steigerung um 7% der Staatsausgaben (!).
Du hast die Kosten für den Staat in Höhe von 3% BIP mit dem Szenario verglichen, was passieren würde, wenn das BIP 3% niedriger wäre. Das genau ist ein schlechter Vergleich, da die Situation eben vergleichbar damit ist, dass das BIP um 7% niedriger wäre. Denn dann wären Staatseinnahmen in Höhe von 3% BIP weniger vorhanden -- um Kosten in dieser Höhe geht es in deiner Rechnung ja.

Zweitens: Wir (oder zumindest ich) reden hier über die Langzeitperspektive. Raffelhüschen, der jetzt nicht gerade für seine optimistischen Annahmen bzgl. Flüchtlinge bekannt ist, rechnet mit einem negativen Saldo von 450.000 über die Lebenszeit. Wenn wir mal davon ausgehen, dass der Altersdurchschnitt bei irgendwo Anfang 20 liegt und wir von 50 verbleibenden Lebensjahren ausgehen, wären wir langfristig bei 9000 Euro pro Jahr. 20 Milliarden pro Jahr wäre langfristig mehr als das doppelte. Kann sich jetzt jeder selbst überlegen, ob er das für übermäßig optimistisch hält.
Die Kosten von 450.000€ pro Migrant beziehen sich auf den heutigen Zeitwert der Gesamtkosten.
Ich kassiere gern von dir jetzt €450.000, selbst wenn ich dir danach für 50 Jahre jedes Jahr €12.000 geben muss.

Und nochmal: Es geht nicht um einen einmaligen Vorgang von 1 Million Migranten.
Es geht um stetig weiteren Zuzug, plus Familiennachzug.
Der eben, wenn es nach dir und Claudia Roth geht, so immer weitergehen wird -- und bei der nächsten großen Krise in Afrika nochmal drastisch steigen wird.

Drittens (und mit Abstand am wichtigsten): Hier nochmal was du gesagt hast.
Wenn er einen Tacken ehrlicher wäre, dann fände ich seinen Artikel richtig gut. Denn er zeigt den Leuten, worum es den linken Ideologen eigentlich geht: Ihnen ist der Sozialstaat scheißegal, wenn er zugunsten der "Rettung" von ein paar Millionen ungebildeten Einwanderern geopfert werden muss.
Richtig, habe ich geschrieben, und stehe auch dazu.
Dem Gesinnungsethiker ist es ja quasi per Definiton egal, was die Konsequenzen seines "ethisch notwendigen" Handelns sind.
Augstein wird dabei sehr konkret: Er schreibt, dass er die Aufnahme von Migranten klar über die Aufrechterhaltung des Sozialstaates stellt.

Das finde ich inhaltlich schlecht. Die Äußerung aber gut, weil dann die SPIEGEL-Leser, die auf den Sozialstaat angewiesen sind, und trotzdem auf der Merkel-Roth-Gustavo-Linie sind, was Sache ist.

Ich habe nirgendwo auch nur annähernd so getan als ginge es hier um Peanuts. In Anbetracht der Tatsache, dass kein Land auch nur die Hälfte dieses Betrages für Entwicklungshilfe ausgibt, wäre das auch nicht angebracht. Aber du hast nicht gesagt "das sind keine Peanuts", du hast gesagt man müsse den Sozialstaat zugunsten von ein paar Millionen ungebildeten Einwanderern opfern. Das ist aus zwei Gründen falsch:
1. Ist der Betrag hoch, aber keineswegs so hoch dass es nicht möglich ist, ihn aufzubringen, ohne große Einsparungen am Sozialetat zu machen.
Erneut:
1. Ist der Sozialstaat heute bereits rückgebaut im Vergleich zu vor 15 Jahren, und das wäre auch ohne Migration weitergegangen. Stichwort Rentenreformen, H4 Reforen.
2. Geht es nicht nur um die Migration der letzten 3 Jahre, sondern auch um die der nächsten 20.

Wenn die nächsten 20 Jahre so werden wie die letzten 3, dann ist der Sozialstaat, wie wir ihn kennen, am Ende.

2. Ich kann dir zig Leute nennen (Paul Pierson, Herbert Obinger, Uwe Wagschal, Reimut Zohlnhöfer, eigentlich die Mehrzahl der Leute die bei Manfred G. Schmidt studiert haben), die sich mit dem Thema Sozialpolitik auseinandersetzen. Ich garantiere dir dass niemand dieser These zustimmen würde, weil Sozialpolitik die Tendenz hat, sich immer stärker auszuweiten. Vom Wagnerschen Gesetz bis zur Sättigungsgrenze (mit modernen Staatsquoten im Bereich um 45%) zur Verdrängung anderer Posten zugunsten von Sozialpolitik. Es ist politisch völlig unmöglich, stark am Sozialstaat zu kürzen, außer man ist nicht auf Wählerstimmen angewiesen. Es würde eine Menge anderer Sachen gekürzt, bevor man auch nur auf die Idee käme, den Sozialstaat nennenswert zu beschneiden; das ist so nahe wie du in der Politik einem Naturgesetz kommst (etwas überdramatisiert). Zu glauben der Sozialstaat würde "geopfert" ist einfach ABSURD. Ich kann dir wirklich nicht drastisch genug sagen, was für eine weltfremde Annahme das ist.
Als ob drastisch höhere Besteuerung, oder drastische Einsparungen in anderen Bereichen, langfristig besser wäre. Bleibt dann vielleicht nochmal für 10-20 Jahre ruhig, aber man wird von der Substanz leben.


Im Übrigen noch eine Sache, die für die Frage nur am Rande eine Rolle spielt, die aber aus dem zweiten Punkt folgt: Du gehst davon aus, dass Flüchtlinge immer nach heutigen Standards versorgt werden. Ich würde dir garantieren: Bevor nennenswerte Kürzungen beim Sozialetat für die Bürger gemacht würden, hättest du Leute an der Macht, die bestimmte Sozialleistungen nur noch Deutschen zahlen würden. Da würde derjenige, der dem Bundesverfassungsgericht sagt, es habe seine Entscheidung getroffen, jetzt möge es die bitte eigenständig durchsetzen, auf Händen durch Deutschlands Innenstädte getragen, wenn die Alternative echte Ressourcenkonkurrenz ist.
Ach, und darauf sollen wir warten, anstatt jetzt schon die illegale Migration zu stoppen?
 
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https://www.welt.de/politik/article...ch-wenn-er-seinen-Parteifreunden-zuhoert.html

Warum sind in Deutschland eigentlich so viele Menschen für Einwanderung, aber in den Kommentarspalten von Zeit, Welt etc. merkt man absolut nichts davon? Ernstgemeinte Frage, würde mich mal interessieren

Ich habe nur noch das Gefühl, dass genannte Blätter und Konsorten Artikel zu Asyl schreiben, weil das den tobenden Mob anzieht und die meisten Klicks einbringt.

Wobei das bei dem Artikel oben selbst für ein Asylthema extrem ist, was da an Sarkasmus und Hass rüberkommt
 
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Da kommt wohl zusammen, dass die Welt generell eine der kritischsten großen Medienseiten ist, und dass Blüm einfach einer dieser armseligen Vögel ist, die dank staatsfinanzierter Großrente ihren moralischen Highground im Alter finden können. Da kann ich die Verachtung schon nachvollziehen.
 

Gustavo

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Der eben, wenn es nach dir und Claudia Roth geht, so immer weitergehen wird -- und bei der nächsten großen Krise in Afrika nochmal drastisch steigen wird.

[...]

Das finde ich inhaltlich schlecht. Die Äußerung aber gut, weil dann die SPIEGEL-Leser, die auf den Sozialstaat angewiesen sind, und trotzdem auf der Merkel-Roth-Gustavo-Linie sind, was Sache ist.


Ich hatte ja trotz deiner groben Denkfehler überlegt, dir nochmal ernsthaft zu antworten, aber wenn ich sowas lese denke ich dann doch, wenn außer auf so einem schwachsinnigen Niveau nichts beizutragen hast, dann poste halt einfach nicht mehr hier rein.


€dit:

https://www.welt.de/politik/article...ch-wenn-er-seinen-Parteifreunden-zuhoert.html

Warum sind in Deutschland eigentlich so viele Menschen für Einwanderung, aber in den Kommentarspalten von Zeit, Welt etc. merkt man absolut nichts davon? Ernstgemeinte Frage, würde mich mal interessieren

Ich habe nur noch das Gefühl, dass genannte Blätter und Konsorten Artikel zu Asyl schreiben, weil das den tobenden Mob anzieht und die meisten Klicks einbringt.

Wobei das bei dem Artikel oben selbst für ein Asylthema extrem ist, was da an Sarkasmus und Hass rüberkommt


Der Kommentarbereich von Welt Online ist mehr oder weniger das Mos Eisley des deutschen Internets. Das war auch schon vor der Flüchtlingskrise so und betraf schon immer alle möglichen Themen.


€dit2: Nichts für ungut, aber wenn man sich den Kram bei WO tatsächlich durchliest (!) und dann als ersten Gedanken hat, diesen Kram dort zu entschuldigen, validiert man letztendlich nur diejenigen, die hinter jeder Ecke Rassismus sehen, weil bei Welt Online TATSÄCHLICH hinter einem Haufen Kommentaren blanker Rassismus steckt. Wohlgemerkt: Dort wird moderiert und regelmäßig beschweren sich Leute sogar noch, dass ihre Kommentare nicht freigeschaltet werden.
 
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https://www.welt.de/politik/article...ch-wenn-er-seinen-Parteifreunden-zuhoert.html

Warum sind in Deutschland eigentlich so viele Menschen für Einwanderung, aber in den Kommentarspalten von Zeit, Welt etc. merkt man absolut nichts davon? Ernstgemeinte Frage, würde mich mal interessieren

Ich habe nur noch das Gefühl, dass genannte Blätter und Konsorten Artikel zu Asyl schreiben, weil das den tobenden Mob anzieht und die meisten Klicks einbringt.

Wobei das bei dem Artikel oben selbst für ein Asylthema extrem ist, was da an Sarkasmus und Hass rüberkommt

Was man nicht unterschätzen darf:
Es ist nach wie vor "geächtet", sich sehr kritisch gegen illegale Migration & unsere diesbezügliche Politik auszusprechen.
Auf Facebook ist man nicht anonym, in den Kommentaren der Welt schon.

D.h. gerade Berufstätige, die berechtigte Sorge über die Hetze gegen Kritiker haben, werden dann die anonymen Kommentare gern als Ventil für ihre Sicht der Dinge & ihren Ärger über den Umgang mit dem Thema nutzen.
 
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Ich finde diese Spaltung der Gesellschaft in rechts und links hochproblematisch. Es geht irgendwie nur noch darum, ein Streitthema zu haben. Für die Presse, gleich ob rechte oder linke Blätter, geht es nur darum, Artikel zu publizieren, die den tobenden Mob anziehen und die meisten Klicks generieren. Merkel ist nur dran interessiert, die meisten Wähler reinzuholen und dreht sich wie eine Fahne im Wind.

Die EU hat doch ein Konzept, wie mit Flüchtlingen umgegangen wird, (Dublin?).

Wo ist eigentlich die Mitte? Ich denke, dass ich in der Mitte liege (korrigiert mich falls ihr anderer Meinung seid), wenn ich sage, Massenimmigration von ungebildeten jungen Männern ist nicht zielführend und das überhaupt nicht an der Wurzel des Problems ansetzt, nämlich dass die Länder wo diese Leute herkommen, Dreckslöcher sind. Deutschland aber trotzdem eine gewisse Verantwortung gegenüber armen Ländern hat.

Oder ist diese Position schon rechts?

Für mich die Frage wäre, ob der Lebensstandard in Deutschland global lebbar wäre, wenn alle drauf hinarbeiten? Oder muss es im Kapitalismus so wie es in Deutschland sehr reiche und arme Menschen gibt global auch sehr reiche und arme Länder geben? Was wäre wenn man Nationen abschaffen und überall Englisch einführen und Verwaltungszonen errichten würde?
 

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Nennt sich Kolonialismus. Hat eigentlich prima funktioniert, bis Europa keine Lust mehr drauf hatte.

Sieh das als Modansage: Du kannst deine kontroversen Thesen ja gerne verbreiten, aber bei diesem sensiblen Thema werde ich deine Geschichtsklitterung nicht zulassen. Dass du darüber liest, wäre wirklich wünschenswert.
 
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Ich finde diese Spaltung der Gesellschaft in rechts und links hochproblematisch. Es geht irgendwie nur noch darum, ein Streitthema zu haben. Für die Presse, gleich ob rechte oder linke Blätter, geht es nur darum, Artikel zu publizieren, die den tobenden Mob anziehen und die meisten Klicks generieren. Merkel ist nur dran interessiert, die meisten Wähler reinzuholen und dreht sich wie eine Fahne im Wind.
Die Spaltung wird forciert, indem die "vermeintliche Mitte" (Volksparteien, Medien) sehr einseitig aufgestellt sind (und noch mehr waren). Dadurch gab es keine objektive, diverse Debatte, in der alle Handlungsoptionen auf den Tisch gelegt wurden.

Die EU hat doch ein Konzept, wie mit Flüchtlingen umgegangen wird, (Dublin?).
Die EU ist aber weder Willens, noch in der Lage, ihre Regeln umzusetzen. Ist ja nicht nur bei Migration so.
Und gerade Merkel ist daran hochgradig Mitschuld, weil sie Dublin ja selbst unterminiert hat mit ihrem: "Wir nehmen alle auf!"

Wo ist eigentlich die Mitte? Ich denke, dass ich in der Mitte liege (korrigiert mich falls ihr anderer Meinung seid), wenn ich sage, Massenimmigration von ungebildeten jungen Männern ist nicht zielführend und das überhaupt nicht an der Wurzel des Problems ansetzt, nämlich dass die Länder wo diese Leute herkommen, Dreckslöcher sind. Deutschland aber trotzdem eine gewisse Verantwortung gegenüber armen Ländern hat.
100% agree, und halte das auch für die Mehrheitsmeinung.

Oder ist diese Position schon rechts?
Sie ist nicht rechts, wird aber als rechts gebrandmarkt.
Dadurch trauen sich viele nicht, ihre Meinung zu äußern.
Als rechts zu gelten kann ja auch ein Karriere- oder Freundschafts-Killer sein.

Für mich die Frage wäre, ob der Lebensstandard in Deutschland global lebbar wäre, wenn alle drauf hinarbeiten?
mMn nur, wenn die Beölkerung nicht weiter so rapide steigt & (religiöse) Ideologien nicht mehr so stark sind, so dass sich objektiv den Problemen gewidmet wird.

Dies ist natürlich auch ein bischen Henne & Ei. So oder so haben wir darauf aber nicht so viel Einfluss. Den Einfluss, den wir haben, sollten wir nutzen -- forcieren können wir da aber nicht viel. Weswegen es für uns eben auch (nicht nur) darum geht, wie wir uns von den negativen Folgen der Entwicklungen in Afrika & dem Nahen Osten isolieren können.

Oder muss es im Kapitalismus so wie es in Deutschland sehr reiche und arme Menschen gibt global auch sehr reiche und arme Länder geben? Was wäre wenn man Nationen abschaffen und überall Englisch einführen und Verwaltungszonen errichten würde?
Als Utpoie gut, aber auf viele Jahrzehnte nicht realistisch.
Veränderung muss aus den Populationen selbst heraus kommen.
 
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Ich hatte ja trotz deiner groben Denkfehler überlegt, dir nochmal ernsthaft zu antworten, aber wenn ich sowas lese denke ich dann doch, wenn außer auf so einem schwachsinnigen Niveau nichts beizutragen hast, dann poste halt einfach nicht mehr hier rein.

Jor, mehr muss ich dann auch nicht lesen.

Deine selektive Wahrnehmung der Realität ist lustig. Immerhin bist du derjenige, der 100 Milliarden jährlich (die du dir vorher noch schön gerechnet hast) verplanen will. Und wie es für Realitätsverweigerer typisch ist, hast du weder begründet, woher du das Geld nehmen willst, noch warum du niedrigere Zahlen veranschlagst.
 
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Was ich daran immer nicht verstehe: Wieso soll es angeblich "gar kein Problem" sein, diese Beträge mit unserer Wirtschaftsleistung zu stemmen, aber wir lassen ~30-40.000 Leute (eigene Einwohner!) jedes Jahr an Hygienemängeln in Krankenhäusern verrecken? Weil wir das Geld nicht in die Hand nehmen wollen, was entsprechend mehr Personal um die notwendigen Maßnahmen zuverlässig durchführen zu können, eben kosten würde. Das sind wesentlich mehr Tote als im Mittelmeer ertrinken.

Warum lassen wir zu, dass unsere eigenen Väter, Mütter und Großeltern teils miserabel versorgt in ihrer Scheiße liegen gelassen werden weil das Personal fehlt um sie ordentlich zu versorgen? Und für die betroffenen Familien die Pflegekosten die Ersparnisse eines ganzen Lebens auffressen? Wieso ist die Kinderbetreuung noch nicht flächendeckend kostenfrei, so dass gerade für arbeitende Familien Kinder das Armutsrisiko #1 sind? Ich habe Arbeitskollegen die zahlen 700€ (!!!!) im Monat für ihre Kindergartenplätze. Siebenhundert! Vom bereits versteuerten Netto. Da ist ein Vollzeitgehalt nur für Miete und Kita weg. Wie vom anderen Gehalt (sofern beide mit gutem Job arbeiten) noch Essen, Versicherungen, Mobilität, Altersvorsorge und ein Minimum an Lebensqualität finanziert werden soll, versteht kein Mensch. Und wird später in der Schule ja nicht viel besser.

Wieso wird an jeder Schule, Bibliothek, Kindergarten, Krankenhaus um jede 10.000€ sinnvoller Investition gefeilscht wenn solche Milliardenbeträge doch scheinbar "nichts gravierend verschlechtern" würden? Da kann man nun sicher noch 20 Punkte aufführen wo man mit einigen Milliarden gerade für die ärmsten Mitglieder unserer eigenen Bevölkerung so richtig viel Not lindern könnte. Aber da strecken alle die Hände von sich und behaupten steif und fest "das kann ja niemand finanzieren!!!". 100 Milliarden im Jahr für "Flüchtlinge" (absichtlich "", da wir im Jahre 2018 nun mittlerweile wissen, dass ein Großteil eben nicht auf der Flucht ist sondern bessere Lebensbedingungen sucht) wird immer so verkauft, als wäre das alles easy und wer Bedenken hat ist wahlweise dumm oder ein mieser Rechter. 450.000€ Negativsaldo pro Migrant auf die Lebenszeit gerechnet..., da sind alle aus denen mal was wird schon mit drin... Ernsthaft jetzt, wieso man an dieser Stelle überhaupt noch weiter diskutieren muss... Wenn man fordern würde, jedem Rentner zu Rentenbeginn auch nur 100.000€ aus der Sozialkasse zu schenken (zusätzlich zu seiner Rente für die er eingezahlt hat, so als Linderung der Altersarmut), würde man ausgelacht werden. Oder jeder Familie zur Geburt ihres Kindes. Ein irrer Spinner wäre man. Aber 450.000€ millionenfach rauszuhauen sofern es um Zuwanderer geht, scheint gar kein Problem zu sein.

Bitte erkläre es jemand. Ernst gemeint. Warum sind Maßnahmen die im eigenen Land viel Not und Elend lindern würden durchweg "unfinanzierbar" aber wenns um Migranten geht "kein Problem"?
 
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Gustavo

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Deine selektive Wahrnehmung der Realität ist lustig. Immerhin bist du derjenige, der 100 Milliarden jährlich (die du dir vorher noch schön gerechnet hast) verplanen will. Und wie es für Realitätsverweigerer typisch ist, hast du weder begründet, woher du das Geld nehmen willst, noch warum du niedrigere Zahlen veranschlagst.


Wo genau habe ich mir denn irgendwas "schöngerechnet"? Warum man nicht auf Dauer denselben Betrag ansetzt wie im ersten Jahr nach Ankunft sollte für jeden ersichtlich sein. Oder falls du das Ausdrücken in BIP meinst: Es ist wohl eher das Gegenteil, du mit deinen "100 Milliarden" hoffst darauf, jemand mit einem infantilen Verständnis von Staatsausgaben damit zu beeindrucken, dass 100 Milliarden eine SO GROSSE ZAHL ist. Reine Bauernfängerei.

Und die Frage, woher du sie nimmst, ist doch ebenfalls völlig offensichtlich: Höhere Steuern, höhere Sozialabgaben, gewisse Verdrängungseffekte bei den sonstigen Staatsausgaben wie schon zwischen 1990 und Anfang der 2000er. Was glaubst du denn, wo Deutschland 100 Milliarden pro Jahr zusätzlich hernehmen würde, wenn wir mal davon ausgehen, dass es absolut müsste? Glaubst du allen Ernstes, die würden samt und sonders am Sozialstaat eingespart? Oder glaubst du es wäre Stand heute absolut unmöglich, den Mehrbetrag auszugeben? Beide Behauptungen sind nämlich lächerlich².


Bitte erkläre es jemand. Ernst gemeint. Warum sind Maßnahmen die im eigenen Land viel Not und Elend lindern würden durchweg "unfinanzierbar" aber wenns um Migranten geht "kein Problem"?


Ganz einfach: Weil wir über unterschiedliche Dinge reden. Meine Prämisse war: Wenn wir das Geld ausgeben MÜSSTEN, könnten wir ohne den Sozialstaat zu opfern? Da ist die Antwort definitiv ja. Das heißt nicht, dass ich glaube dass es politisch möglich wäre, das Geld auszugeben, wenn man DIE WAHL hat, es zu tun oder zu lassen. Warum der Staat bestimmte Dinge mit sehr viel mehr Geld bedenkt als andere ist ein größeres Thema für einen eigenen Thread.



Allerdings eine Sache würde ich doch gerne anmerken wollen: Du betrachtest Armut in Deutschland, indem du nach der abhängigen Variable aussuchst. Klar, es gibt Leute in Deutschland, denen geht es dreckig, bezweifle ich nicht. Aber: Der durchschnittliche (!) deutsche Rentner braucht keine 100.000 Euro aus der Sozialkasse und sie ihm zu schenken kommt purem Geldverbrennen doch schon relativ nah, wenn es darum geht, Not und Elend zu lindern. Wenn du auf sowas abstellst, dann kannst du einfach nur durch Einwandern lassen so viel mehr davon lindern*, ob die Leute jetzt vor Krieg oder vor schlechten wirtschaftlichen Chancen fliehen. Was glaubst du wie viel geiler das Leben bspw. für einen Somalier ist, der mit 20 hierher kommen darf und dann 50 Jahre hier lebt, als wenn er stattdessen in Somalia lebt oder in irgendein afrikanisches Land flieht? Da sieht der zusätzliche Nutzen von 100.000€ für einen durchschnittlichen deutschen Rentner ziemlich ärmlich dagegen aus. Das ist imho ein völlig miserables Argument.



*womit ich wiederum nicht sagen will, dass ich das befürworte oder dass es nicht andere Wege gäbe, mit dem Geld deutlich effektiver Menschen zu helfen
 
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Bitte erkläre es jemand. Ernst gemeint. Warum sind Maßnahmen die im eigenen Land viel Not und Elend lindern würden durchweg "unfinanzierbar" aber wenns um Migranten geht "kein Problem"?

Habe das mal aus einem Bild Artikel von 2016

Unions-Chefhaushälter Eckhardt Rehberg (61, CDU) sagte zu BILD: „Die Union steht zu ihrem Wort: Keine Steuererhöhungen und keine Neuverschuldung wegen der Flüchtlingskrise!“ Auch Hans Michelbach (66), Vize-Sprecher der Union im Finanzausschuss, bekräftigte, es müsse das oberste Ziel sein, „alles ohne neue Schulden oder Steuererhöhung zu finanzieren.“

„Es ist eine Frage der richtigen Prioritäten“, sagt Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel (39). „In Deutschland wird zu viel Geld für Nebensächlichkeiten ausgegeben.“

https://www.bild.de/politik/inland/...fuer-die-fluechtlingskrise-44408690.bild.html
Aus dem Artikel entnehme ich: Es wird alles zusammengespart und gestrichen was geht.

Warum macht man das nicht vorher um die Lebensqualität der Deutschen zu verbessern?
Ich vermute mal das ging vorher nicht durch demokratisches rumgeeiere. Die Parteien haben sich gegenseitig verbissen bzw. geblockt. Jetzt MUSS es gehen sonst landet Deutschland im Chaos.

Eigentlich ein Armutszeugniss für die Regierung. Aber unsere politische Elite ist nicht so gut wie sie gerne wäre.

btw:
Werte muss man sich leisten können. Deutschland befindet sich durchaus in einer starken wirtschaftlichen Position. Das Geld wird aber eher weniger in die langfristge Entwicklung Deutschlands gesteckt. Sollte bald eine Krise kommen (Platzen der Chinablase, Aufflammen der Eurokrise die ja längst nicht vorbei ist, Währungssystem der EU bricht zusammen) wird die Finanzierung einiger Werte sehr schwierig. Dann könnten wir einen weiteren Rechtsruck erleben
 
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Ganz einfach: Weil wir über unterschiedliche Dinge reden. Meine Prämisse war: Wenn wir das Geld ausgeben MÜSSTEN, könnten wir ohne den Sozialstaat zu opfern? Da ist die Antwort definitiv ja. Das heißt nicht, dass ich glaube dass es politisch möglich wäre, das Geld auszugeben, wenn man DIE WAHL hat, es zu tun oder zu lassen. Warum der Staat bestimmte Dinge mit sehr viel mehr Geld bedenkt als andere ist ein größeres Thema für einen eigenen Thread.
Ich gebe Dir durchaus recht, dass uns diese Ausgaben nicht in den ökonomischen Ruin führen werden und man auch nicht den kompletten Sozialstaat wie wir es kennen dafür aufgeben müsste. Es ändert aber nichts an der Frage: Wieso sind 1000 Tote Afrikaner im Mittelmeer, die alle freiwillig und nach Zahlung großer Geldsummen auf Grund der Kalkulation, dass sie das durch die Sozialleistungen und Perspektiven in Deutschland schnell wieder rein kriegen würden, in offensichtlich seeuntüchtige Boote gestiegen sind, ein Grund für die Bundesregierung, quasi ohne große Diskussion Milliardenkosten in Kauf zu nehmen? 1000 tote eigene Staatsbürger auf Grund vermeidbarer Infektionen, die ohne eigenes Verschulden der Opfer nur auf Grund von Kosten- und Leistungsdruck entstehen, sind aber nur ein Schulterzucken wert? Muss man so hinnehmen. Kostet einfach zu viel. Ich verstehs nicht. Wieso kann man 1000 tote Afrikaner nicht auch einfach hinnehmen weil kostet zu viel? Das ist dann unmoralisch? 1000 tote Deutsche im Krankenhaus aber nicht? Plz...

Allerdings eine Sache würde ich doch gerne anmerken wollen: Du betrachtest Armut in Deutschland, indem du nach der abhängigen Variable aussuchst. Klar, es gibt Leute in Deutschland, denen geht es dreckig, bezweifle ich nicht. Aber: Der durchschnittliche (!) deutsche Rentner braucht keine 100.000 Euro aus der Sozialkasse und sie ihm zu schenken kommt purem Geldverbrennen doch schon relativ nah, wenn es darum geht, Not und Elend zu lindern.
Dir ist sicherlich klar, dass es ein Extrembeispiel war, welches offensichtlich völlig übertrieben gewählt wurde. Passen wir es so an, dass man statt 100.000€ Geldgeschenk eine 1500€ Mindestrente draus macht und jeder der im Alter in Armut landen würde, bekommt den Rest bis zu 1500€ eben "geschenkt". Das ist kein Geldverbrennen sondern aktive Elendsbekämpfung, wie es in den Wohnungen verarmter alter Menschen aussieht, kannst Du Dir gern ansehen, wenn Du mal für ein paar Wochen einen ambulanten Pflegedienst begleitest. Das ist pure Not und weitab von Geldverbrennung.

Wenn du auf sowas abstellst, dann kannst du einfach nur durch Einwandern lassen so viel mehr davon lindern*, ob die Leute jetzt vor Krieg oder vor schlechten wirtschaftlichen Chancen fliehen. Was glaubst du wie viel geiler das Leben bspw. für einen Somalier ist, der mit 20 hierher kommen darf und dann 50 Jahre hier lebt, als wenn er stattdessen in Somalia lebt oder in irgendein afrikanisches Land flieht? Da sieht der zusätzliche Nutzen von 100.000€ für einen durchschnittlichen deutschen Rentner ziemlich ärmlich dagegen aus. Das ist imho ein völlig miserables Argument.
Ich hoffe, das ist ein Scherz. Ernsthaft, mit der Argumentation kannst Du ja 100 Millionen verarmter chinesischer Reisbauern hier her holen, weil jeder € für die so viel mehr Lebensqualität bringt als ein € mehr für einen deutschen Rentner. Was ist das denn für eine Betrachtung? Wir haben hier im Land 'nen Gesellschaftsvertrag zwischen den Beitragszahlern und den Leistungsempfängern der im Endeffekt HIER für eine lebenswerte, halbwegs faire und sozial stabile Gesellschaft sorgen soll. Ob man mit unseren Steuergeldern am Ende der Welt pro Kopf viel mehr Gutes tun könnte, hat dabei überhaupt keine Rolle zu spielen, denn das war so nie vereinbart und dafür zahlen die Leute hier keine Steuern und Sozialabgaben. Das genau meine ich damit, wenn ich sage: Die Bundesregierung ist nicht dafür gewählt, die Welt zu verbessern. Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie hat sich primär um das Wohl des eigenen Landes und Volkes zu kümmern und wenn da die wichtigsten Baustellen angegangen sind, kann man schauen wo man sonstwo noch helfen kann. Ich meine, Du gibst doch Dein Gehalt auch nicht am Monatsanfang für Obdachlose aus und erklärst dann Deiner Frau, dass ihr aber für die Familie jetzt mal lieber jeden Cent umdreht, weil Dein Geld war ja bei anderen Leuten effektiver eingesetzt. Das führt in allerkürzester Zeit zum Ende Deiner Ehe und der Fokus der "Leidlinderung" aufs Ausland führt - oh Wunder - ganz schnell zu Unzufriedenheit bei denen, die die Rechnung zahlen sollen.
 
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Die Bundesregierung ist nicht dafür gewählt, die Welt zu verbessern. Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie hat sich primär um das Wohl des eigenen Landes und Volkes zu kümmern

Kann man halt darüber diskutieren, ob die Regierung die Aufgabe hat sich um das Wohl des deutschen Volkes zu kümmern oder den Willen des deutschen Volkes umzusetzen. Wenn die Mehrheit der deutschen lieber Afrikanern als deutschen Rentnern helfen möchte, ist das eben so. Wobei ich mal unterstellen würde, dass die meisten "Asylbefürworter" (Menschen des linken politischen Spektrums) durchaus die selben sind, die auch für höhere Renten und Sozialleistungen sind.
 
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Na zumindest schwören die Minister und die Bundeskanzler, genau das zu tun. Gibt für mich schon mal so grob 'ne Richtung vor für was der Posten mal gedacht war...

Und wenns um Volksentscheide geht oder Wahlergebnisse ungeliebter Parteien, da ist man immer sehr schnell dabei, die "repräsentative Demokratie" zu loben und die Umfragen zu verteufeln, wo kämen wir hin, wenn man denn wirklich mal das Volk direkt nach der Meinung fragen müsste?

Denn hier liegt ja der Hase im Pfeffer: Das Kind ist ja schon im Brunnen, die These, dass die Mehrheit der Deutschen lieber 100 Mrd. € für afrikanische Migranten zahlt als für Armutsrentner oder die Behebung der Pflegeprobleme in Deutschland, halte ich z.B. für ziemlich gewagt. Denn die Frage stellt man ja gar nicht und genau das ist es, was ich kritisiere. Bei der Not im eigenen Land wird sich per se hingestellt und das Ganze für unmöglich finanzierbar erklärt, mit den Folgen müsse man eben leben. Die Not fremder Menschen zu lindern wird dagegen als alternativlose moralische Pflicht hingestellt und über die Kosten gelogen, dass sich die Balken biegen. Die Timeline der Information an den gemeinen Steuerzahler ging ungefähr so (nachdem die Entscheidung längst getroffen war, ohne auch nur das Parlament, geschweige denn das Volk, zu fragen wohlgemerkt):
1. Deutschland wird von den Flüchtlingen profitieren, die beheben unseren Fachkräftemangel, die zahlen unsere Renten, da machen wir fett Plus dran!
2. Die Flüchtlinge tragen sich quasi selbst, das ganze Geld bleibt ja im Binnenmarkt und schafft Arbeitsplätze, das ist ein Nullsummenspiel!
3. Die Flüchtlinge kosten Geld, aber das muss niemand wirklich bezahlen, das kommt aus "Sondertöpfen" die es aber ohne die Flüchtlinge gar nicht gäbe! (Das war immer die lustigste Begründung, ich weiss heute noch wie ich damals Tränen gelacht habe als das einer erklärt hat).
4. Die Flüchtlinge kosten zwar viel Geld, aber niemandem wird es dadurch irgendwie schlechter gehen! (Ja, genau, besser aber auch nicht!)
5.+++ Die Flüchtlinge kosten sehr (sehr, sehr, sehr, sehrsehrsehr, sehr) viel Geld. (Aber wir schaffen das!) Ab hier kannst Du dann in Milliarden rechnen, die sich immer weiter nach oben schrauben. Aber man kann immer mal wieder betonen wie moralisch richtig das alles ist. Da spielt es dann auch kaum noch 'ne Rolle ob nun 30Mrd., 50Mrd. oder 100Mrd., kann eh keiner genau sagen. Wenigstens sind wir aber schon mal an dem Punkt wo sich nichtmal mehr das verheimlichen lässt weils einfach zu offensichtlich ist und der Druck auf die Politik so groß geworden ist, dass zumindest ein ansatzweises Umdenken stattgefunden hat.
 

parats'

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Was der Herr Spahn erst alles machen könnte wenn die Milliarden für die Gesellachaftsjuewelen in seinem Resort wären.
Aktuell ist es wie auf dem Basar. X Milliarden im Gegenzug für Umstrukturierung, einfach beschämend wenn wir schwächsten unserer Gesellschaft nichtmal schützen können, obwohl der Faktor ausschließlich Geld wäre.
 

Gustavo

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Ich gebe Dir durchaus recht, dass uns diese Ausgaben nicht in den ökonomischen Ruin führen werden und man auch nicht den kompletten Sozialstaat wie wir es kennen dafür aufgeben müsste. Es ändert aber nichts an der Frage: Wieso sind 1000 Tote Afrikaner im Mittelmeer, die alle freiwillig und nach Zahlung großer Geldsummen auf Grund der Kalkulation, dass sie das durch die Sozialleistungen und Perspektiven in Deutschland schnell wieder rein kriegen würden, in offensichtlich seeuntüchtige Boote gestiegen sind, ein Grund für die Bundesregierung, quasi ohne große Diskussion Milliardenkosten in Kauf zu nehmen? 1000 tote eigene Staatsbürger auf Grund vermeidbarer Infektionen, die ohne eigenes Verschulden der Opfer nur auf Grund von Kosten- und Leistungsdruck entstehen, sind aber nur ein Schulterzucken wert? Muss man so hinnehmen. Kostet einfach zu viel. Ich verstehs nicht. Wieso kann man 1000 tote Afrikaner nicht auch einfach hinnehmen weil kostet zu viel? Das ist dann unmoralisch? 1000 tote Deutsche im Krankenhaus aber nicht? Plz...


Rot markiert ist, worum es mir hier ging. Das bitte ich im Gedächtnis zu behalten. Es ist ärgerlich, wenn ich extra dazuschreibe "X ist nicht, was ich sage" und mir dann jemand antwortet und sagt "hey, X ist doch Bullshit." Was der Post ausdrücken wollte: Der Großteil dessen, was du hier zitierst hast, war die Antwort auf ein moralisches Argument bzgl. des Grenznutzens und sie lautete ungefähr wie folgt:
Natürlich gibt es Leute in Deutschland, denen es dreckig geht, das bestreite ich nicht. Diesen Menschen geht es inakzeptabel schlecht, so dass ich auch finde, dass man etwas gegen diesen Zustand tun sollte. ABER: Wir starten hier nicht bei Null. Der Staat gibt schon eine enorme Menge für soziale Sicherung aus. Ich glaube den meisten Leuten ist nicht klar, wie ungleich die Verteilung der Einkommen und des Reichtums in Deutschland ist. Um aus dieser Ausgangssituation das halbwegs egalitäre Deutschland zu machen, das wir alle gewohnt sind, muss schon kräftig umverteilt werden. Weil in Deutschland stärker als in anderen Ländern diese Umverteilung auf eine Art passiert, die die Differenziale zwischen einem großen Teil der Einzahler in den jeweiligen Einkommensklassen erhalten soll (weil die Mittelschicht eben auch deutlich mehr einzahlen kann als die Unterschicht, siehe Äquivalenzprinzip) gibt es dabei krasse Reibungsverluste, wenn wir uns am Ziel "Not und Elend reduzieren" orientieren. Natürlich könnte ich, wenn ich das Geld GANZ GEZIELT ausgeben würde, durchaus auch in Deutschland noch einiges an Armut lindern. Aber das geht nur, wenn ich
a. auch wirklich gezielt umverteile und
b. ginge auch durchaus aus dem bereits vorhandenen Sozialetat.

Wenn ich davon ausgehe, dass das Geld ganz gezielt ausgegeben wird, könnte ich vielleicht bis zu einem gewissen Grad Deutschen annähernd so gezielt helfen wie Flüchtlingen, aber auch da würde sich schnell der Punkt einstellen, wo es klar wird, das das Geld für andere Leute einfach einen VIEL höheren Grenznutzen hätte. Dementsprechend halte ich das moralische (!) Argument, weil es in Deutschland noch Armut gibt müsse man zuerst den Deutschen helfen, für extrem schlecht. Weder ist es so, dass "den Deutschen" nicht schon BETRÄCHTLICH geholfen wird, noch ist es so, dass wir uns einfach wahllos um "1000 tote Afrikaner" scheren würden; ganz im Gegenteil, wir (und alle anderen Nationen der Welt) ignorieren einen Berg toter Afrikaner jeden Tag absolut schulterzuckend*.
Das heißt alles nicht, dass ich deshalb finde, dass Deutschland so viel Kapital aufwenden sollte, wie es kann, alleine um Afrika zu helfen. Aber es heißt dass man sich nicht einreden sollte, es ist moralisch vergleichbar, zum jetzigen Zeitpunkt mehr gegen Armut in Deutschland auszugeben, wenn der andere Verwendungszweck wäre, damit gezielt global Armut zu lindern, weil das einfach nicht wahr ist. Das heißt auf der anderen Seite sicher auch nicht, dass die Probleme die es zweifellos in Deutschland gibt nicht trotzdem gelöst werden können.



*und ohne dass jetzt zu weit ausführen zu wollen aber ich sehe durchaus auch einen gewissen Unterschied zwischen den sehr systematischen Problemen die diesem Phänomen zugrunde liegen und den eher situativen-kriegsbedingten, die bspw. sowas wie die Flüchtlingsbewegungen aus dem Nahen Osten ausgelöst haben (nicht dass Krieg nicht auch irgendwo systematisch ist)


Dir ist sicherlich klar, dass es ein Extrembeispiel war, welches offensichtlich völlig übertrieben gewählt wurde. Passen wir es so an, dass man statt 100.000€ Geldgeschenk eine 1500€ Mindestrente draus macht und jeder der im Alter in Armut landen würde, bekommt den Rest bis zu 1500€ eben "geschenkt". Das ist kein Geldverbrennen sondern aktive Elendsbekämpfung, wie es in den Wohnungen verarmter alter Menschen aussieht, kannst Du Dir gern ansehen, wenn Du mal für ein paar Wochen einen ambulanten Pflegedienst begleitest. Das ist pure Not und weitab von Geldverbrennung.


Nein, das ist keine aktive Bekämpfung von Armut, das ist Geldverbrennung. Ich kenne Armut in Deutschland auch nicht nur aus dem Lehrbuch: Ich komme aus dem Umland einer der ärmsten Städte Deutschlands und ich habe in der Stadt neun Monate als Zivi jeden Wochentag Sozialumzüge gemacht, ich habe gesehen wie dreckig es einigen Leuten geht (bei Spiegel Online gibt es eine sehr sehenswerte Doku über Armut in Pirmasens). Trotzdem fallen mir mehrere Sachen ein: Die meisten Leute in Deutschland brauchen absolut keine 1500€ Rente, um ein menschenwürdiges Dasein zu führen, geschweige denn um nicht in Armut zu leben, wie ich sie gesehen habe. Und selbst für diejenigen, die jetzt in Armut leben: Weder würden deren Probleme alleine mit mehr Geld gelöst noch sind die alle völlig unschuldig an ihrer Situation, dementsprechend finde ich es krass, einfach so zu tun als hätte jemand, nur weil er alt und arm ist, per se einen höheren Anspruch auf unsere Solidarität als jemand, der das Pech hatte, nicht hier geboren zu sein.
Persönliches Beispiel: Meine Mutter (die ich sehr lieb habe, nicht dass wir uns falsch verstehen) ist Jahrgang 1958, hat mit 25 ihr Studium abgeschlossen, dann zwei Jahre in ihrem Beruf gearbeitet und dann mit 28 mich und mit 31 meinen Bruder bekommen und dann nie wieder angefangen in ihrem Beruf zu arbeiten. So schön es war sie daheim zu haben, aber ihre volkswirtschaftliche Leistung ist überschaubar. Wenn mein Vater nächstes Jahr in Pension geht, werden die beiden gut versorgt, aber stellen wir uns mal vor mein Vater fällt eine Woche nach seiner Pensionierung tot um. Wenn der Staat 1500€ im Monat zur Verfügung hätte, um entweder meine Mutter zu versorgen oder sie in Entwicklungshilfe zu stecken. Wieso sollte meine Mutter die vollen 1500€ bekommen? Das halte ich zumindest für sehr zweifelhaft. Nun wäre meine Mutter jetzt nicht mittellos und ich bin vollkommen dafür, ihr eine Rente zu zahlen, die ihr ein menschenwürdiges Leben ermöglichen würde, wäre sie es, aber die vollen 1500€? Warum? Man kann darüber diskutieren ob Erziehungsleistungen in Deutschland anständig gewürdigt werden, aber selbst im besten Fall ist das Erziehen zweier Kinder plus zwei Jahre Arbeitszeit das imho nie im Leben wert.


Wohlgemerkt: Ich sage NICHT, dass vage definierte Nichtdeutsche DENSELBEN Anspruch haben, so eine Gesellschaft ließe sich nicht aufrecht erhalten und ist auch moralisch imho nicht wünschenswert. Aber PER DEFINITION einen so viel höheren Anspruch auf Solidarität, weil man als Deutscher geboren wurde, dass man einen so hohen Betrag geschenkt bekommt, nur weil man es geschafft hat bis 65 zu überleben? Das finde ich ehrlich gesagt bescheuert. 1500€ pro Monat dafür? Finde ich extrem krass, wenn ich bedenke, was man mit dem Geld sonst so an Armutslinderung betreiben könnte, wenn man sich nicht alleine auf Deutsche beschränkt. Ich bin im Übrigen sicher, dass das implizit jeder (ok, vielleicht bis auf MV) so sehen würde: Niemand sieht den Anspruch von Flüchtlingen bei 100% dessen, worauf ein Deutscher Anspruch hätte und niemand sieht ihn bei nahezu 0%, außer derjenige ist tatsächlich bereit sowas zu sagen wie "wir WISSEN mit absoluter Sicherheit, dass Summe X (man denke an eine neunstellige Zahl) ein paar Millionen Leben retten könnte, aber wir sind nicht bereit sie auszugeben", was absurd wäre.

Ein gewisser Bezug zur Lebensleistung sollte imho auch durchaus gegeben sein und da sehe ich das Glück der Geburt jetzt nicht gerade als schlagend. Ich würde es ganz anders sehen: Deutschland ist eins der wenigen Länder, in dem die "net pension replacement rates by earnings" laut OECD so gut wie identisch sind, ganz egal ob du 50% des Einkommensmittel verdient hast, 100% oder 150% (siehe Statistik hier). Warum sollte man nicht die Höhe für Niedrigverdiener von der für Gutverdiener abkoppeln? Man lindert vergleichsweise wenig Armut damit, Leuten die ihr ganzes Leben obere Mittelklasse-/Oberschichtsgehälter verdient haben, das maximum an Rente/Pension zu zahlen, davon könnte man auch eine Menge für ärmere Deutsche tun. Will sagen: Der riesige Berg des Sozialetats könnte auch gut umgeschichtet werden, man muss sicher nicht sagen "bevor nicht jeder einzelne Deutsche nicht mehr in Armut lebt ist einfach kein Geld für Nichtdeutsche da."
Ich glaube btw auch dass man, wenn man die Geschichte mit den "Fluchtursachen bekämpfen", auf Dauer nicht umherkommen wird, einen deutlich größeren Teil der Staatsausgaben für Entwicklungshilfe einzusetzen. Das wird niemals funktionieren wenn immer irgendwer sagt "hey, aber in Deutschland gibt es auch Leute die in Armut leben."

Nur so nebenbei: Die Argumentation funktioniert auch ohne Sozialtransfers immer noch relativ gut. Ich habe eine Freundin, die Migration erforscht (war auch gerade mit einer ihrer Arbeiten in der Welt zitiert) und die einem lange und breit vorrechnen kann, wie stark es die Lebenschancen positiv beeinträchtigen würde, Leute einfach nur einwandern zu lassen, selbst wenn man ihnen überhaupt keine (oder minimale) Sozialtransfers zahlen würde. Das Verrückte ist ja, dass wir etwas ähnliches mit einer bestimmten Gruppe Nichtdeutscher bereits machen, nämlich mit EU-Ausländern. Das fand ich auch immer einen der erstaunlichsten Aspekte an der ganzen Flüchtlinge-in-der-EU-Geschichte: Länder wie Polen bekommen ja nicht nur Solidarität dadurch, dass sie Nettoempfänger von EU-Mitteln sind, sondern auch dadurch dass wir es Polen erlauben, unabhängig vom Bedarf der Wirtschaft in Deutschland nach Arbeit zu suchen, ganz egal welcher Art. Diese Art der Solidarität üben wir gegenüber jemandem mit gleichen Qualifikationen aus einem EU-Land nicht aus.


Ich hoffe, das ist ein Scherz. Ernsthaft, mit der Argumentation kannst Du ja 100 Millionen verarmter chinesischer Reisbauern hier her holen, weil jeder € für die so viel mehr Lebensqualität bringt als ein € mehr für einen deutschen Rentner. Was ist das denn für eine Betrachtung? Wir haben hier im Land 'nen Gesellschaftsvertrag zwischen den Beitragszahlern und den Leistungsempfängern der im Endeffekt HIER für eine lebenswerte, halbwegs faire und sozial stabile Gesellschaft sorgen soll. Ob man mit unseren Steuergeldern am Ende der Welt pro Kopf viel mehr Gutes tun könnte, hat dabei überhaupt keine Rolle zu spielen, denn das war so nie vereinbart und dafür zahlen die Leute hier keine Steuern und Sozialabgaben. Das genau meine ich damit, wenn ich sage: Die Bundesregierung ist nicht dafür gewählt, die Welt zu verbessern. Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie hat sich primär um das Wohl des eigenen Landes und Volkes zu kümmern und wenn da die wichtigsten Baustellen angegangen sind, kann man schauen wo man sonstwo noch helfen kann. Ich meine, Du gibst doch Dein Gehalt auch nicht am Monatsanfang für Obdachlose aus und erklärst dann Deiner Frau, dass ihr aber für die Familie jetzt mal lieber jeden Cent umdreht, weil Dein Geld war ja bei anderen Leuten effektiver eingesetzt. Das führt in allerkürzester Zeit zum Ende Deiner Ehe und der Fokus der "Leidlinderung" aufs Ausland führt - oh Wunder - ganz schnell zu Unzufriedenheit bei denen, die die Rechnung zahlen sollen.


Nochmal ganz deutlich: Ich habe NICHT gesagt dass ich eine Gesellschaft will, die ALLEINE auf den Grenznutzen abzielt, wenn sie ihre Soldarität bemisst. Jede Gesellschaft kümmert sich "primär" um ihr eigenes Wohl und Deutschland tut das auch und zwar ganz massiv (wenn auch evtl. ein klein bisschen weniger als die allermeisten anderen Staaten). Aber ich bin auch nicht bereit zu sagen nur weil jemand Deutscher ist genießt er automatisch so sehr unsere Solidarität, dass es quasi unmöglich ist, für irgendwen außer Deutsche Geld auszugeben, weil Nichtdeutsche eben nicht von unserem Sozialvertrag abgedeckt sind. Dann bräuchtest du auch keine Entwicklungshilfe zahlen, keinen einzigen Flüchtling aufnehmen usw usf.
Ich HASSE btw dieses schwachsinnige Argument "wir können nicht allen helfen." Niemand sagt, dass wir allen helfen könnten oder müssten. Ich habe überhaupt kein Problem damit zu sagen "wir helfen Personen nur bis zu Betrag X und nicht weiter", selbst wenn wir auch weit über Betrag X hinaus mit jedem weiteren Euro mehr Gutes für Nichtdeutsche tun könnten als für Deutsche. Ich will einen Staat der einen Beitrag leistet, den ich als fair empfinde, in dem Sinne dass er tut was er kann; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn dafür mehr oder weniger zufällig ausgewählt werden muss, welchem Teil der riesigen Masse an Nichtdeutschen unsere begrenzte Solidarität zukommt, habe ich damit kein Problem. Dafür war Flüchtlinge ins Land lassen nicht der effektivste Weg, daran besteht kein Zweifel. Aber wenn die Alternative "Flüchtlinge oder nichts" ist, dann bin ich halt für "Flüchtlinge". Nach allem was ich in den letzten vier Jahren so von den anderen Nationen in Europa gesehen habe, bin ich relativ überzeugt, dass der deutsche Beitrag, im Vergleich zu dem Beitrag den man durch die Flüchtlingspolitik geleistet hat, auch auf ca. "nichts" hinausgelaufen wäre. Das ist imho einfach zu wenig, um als fairer Beitrag durchzugehen.
 
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Erneut vielen Dank für Deine ausführliche Meinung. Ich stimme Dir in vielen Punkten sogar ausdrücklich zu. Globale Solidarität ist etwas, dass sich unsere Gesellschaft leisten kann und können sollte. Ich bin auch explizit bereit, von unseren Steuern Hilfeleistungen für Menschen zu erbringen, unabhängig davon ob sie Deutsche sind oder nicht, da bin ich ganz bei Dir. Bei der Höhe werden wir wohl etwas andere Ansichten haben aber gut, wenn die Basis stimmt kann man sich da immer irgendwo einigen. Was mich primär stört ist die einfache Tatsache, dass in der Argumentation für die Höhe der Hilfeleistungen bei identischen Summen eine völlig andere moralische Bewertung erfolgt.
X Mrd. für "Flüchtlinge" (von denen, das darf man ruhig immer mal wieder so benennen, ein großer Teil gar nicht verfolgt ist sondern einfach ein "besseres Leben" sucht und sich ganz bewusst für die Risiken und Kosten einer Reise nach Europa entschieden hat) -> Alternativlos, moralische Pflicht, wer das ablehnt der versinke in Scham!
X Mrd. für verpflichtende Personalschlüssel in der Altenpflege / Krankenhaushygiene / Förderung vernachlässigter Kinder / Mindesrenten, etc.pp. -> Schulterzucken, können wir nicht machen, kostet alles zu viel... gibts scheinbar überhaupt keine moralische Pflicht da trotz aller Kosten was zu tun.

Und auch beim Beispiel Deiner Mutter habe ich eine Anmerkung zu machen: Natürlich ist sie nicht "unschuldig" an der "Armut" bei ihrem Lebenslauf und vielleicht müssen es auch keine 1500€ sein um menschenwürdig über die Runden zu kommen. Über den Betrag kann man ja gern reden. Aber wenn Du solche Wohnungen kennst, dann weisst Du halt, dass H4 Niveau für alte Menschen eben oft nicht reicht, weil die für einige Sachen schlicht 'ne Haushaltshilfe bräuchten oder Taxigeld weil sie den Wocheneinkauf nicht mehr nach Hause tragen können und selbst nicht mehr fahren können. Die sind noch nicht pflegebedürftig aber deren Buden sehen verschimmelt, versifft und schädlingsverseucht aus, eben auch weil sie keinen Cent über haben um eigentlich notwendige Hilfen zu zahlen. Teils greift irgendwann mal das Sozialamt ein aber da ist das Kind auch schon im Brunnen bis denen mal einer hilft das Ganze zu beantragen und das genehmigt ist. Mit 'ner Basisrente wie in Östererreich glaube ich die deutlich über dem "Minimalsatz" liegt, wäre vielen geholfen und da risse sich die deutsche Gesellschaft eben auch kein Bein bei aus, das könnten wir genauso stemmen, wenn wir nur wollten. Auch für Deine Mutter, die sich eben aufs Gehalt des Vaters zu verlassen scheint. Ganz davon ab, würde sie ja einen Teil seiner Pension als Witwenrente bekommen, als unter die Grenze dessen wovon wir hier reden, fällt sie sicherlich nicht.

Aber mir redet auch niemand ein, dass der "Flüchtling" der im Mittelmeer mit dem Schlauchboot untergeht "völlig unschuldig" an seiner Situation ist. Der hat vorher ein paar Tausend € an kriminelle Schlepper bezahlt, war zu dem Zeitpunkt als er in das Boot stieg in den allermeisten Fällen nicht mehr von Krieg, Tod oder Folter bedroht und hätte sich an 3 Fingern abzählen können, dass er dabei draufgehen kann. Und diese Kosten und dieses Risiko ist er ganz bewusst eingegangen, in der Hoffnung auf eine bessere Perspektive in der er seine Kosten sehr schnell wieder drin hat.

Erinnerst Du Dich an den toten Jungen an der Küste, Titelbild und großer Aufschrei? Die waren bereits in der Türkei in Sicherheit, der Vater hatte dort Arbeit und dennoch hat er entschieden, mit dem Boot übers Mittelmeer zu fahren. Warum? Weils in Deutschland für die ganze Familie Sozialhilfe gibt und 'ne gratis Gesundheitsversorgung obendrauf. Solche Leute sind nicht "unschuldig" und sie reißen teils ihre Familien mit rein. Deshalb sollte unsere Unterstützung eben sehr genau gesteuert werden und jegliche Anreize, die eine solche Schlepperindustrie am Laufen halten, vermieden werden. Hilfe in den Herkunfts- und Nachbarländern, strikte Selektion von "Flüchtlingen" die hier ankommen nach Hilfebedarf und nur die härtesten Fälle bleiben hier. Alle anderen werden zurückgeschickt. Das trocknet die Schleppermafia aus wenn keiner mehr zahlt weil er eh nicht bleiben kann und das Geld ist vor Ort ca. 126x effektiver angelegt (stand in den Medien :O) als bei einer Versorgung in Deutschland.
 
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Ein paar Punkte die mir so spontan auffallen:

Gutverdiener-Rente:
Die bekommen am Ende viel raus, weil sie viel einzahlen. Und im Alter genug Kohle und viel Freizeit zu haben ist halt ein Ziel vieler Menschen (mal ganz abgesehen vom Theme Absicherung im Pflegefall). Mag man jetzt mögen oder nicht, aber wenn mir jetzt jemand erzählt, dass ich in Zukunft x% mehr Steuern zahle und dafür ne miesere Rente bekomme bin ich ganz schnell ausgewandert und das sehen sicherlich viele ähnlich.
Das ist auch generell ein Thema was mich nervt. Mit der Kohle anderer Leute kann mans ja machen, selbst bei den größten Asylbefürwortern die ich so kenne ist die Spendenquote doch eher deutlich unter 10% des Gehalts. Und da könnte man so schön den besten Verein auswählen der am meisten Nettoflüchtlingsleben/Euro liefert.

Migration/EU-Ausländer:
Alleine die EU-Ausländer Thematik ist doch jetzt schon ein Problem für den Sozialstaat, wenn auch indirekt. Jeder polnische Gastarbeiter, der zufrieden die Hungerlöhne annimmt, zu zehnt in irgendeiner Barracke haust und den Großteil seines Gehalts nach Hause überweist bedeutet einen ungelernten Deutschen, der jetzt auf Sozialhilfe angewiesen ist. (Und das ist nicht im Sinne von "die klauen uns Deutschen die Arbeit" gemeint, sondern einfach als Problem von Migration für ein ursprünglich geschlossenes Sozialsystem).


Und nochmal: Natürlich sollen wir die Menschen aus dem Mittelmeer retten, gar keine Frage. Sie dann hier in Deutschland auf welche Art auch immer unterzubringen ist dann aber halt das Gegenteil von effektiver Nutzung von Ressourcen.
 
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Gute Postings hier, das muss ich mal lobend erwähnen.

@ Gustavo: Ich verstehe nicht so richtig, wieso Du es nicht richtig findest, zwischen Landsleuten und Ausländern zu unterscheiden. Unsere Gesellschaft und das Sozialsystem ist halt nationalstaatlich organisiert und es ist doch völlig klar, dass dann nach "Mitgliedern" und den anderen unterschieden wird. Die Alternative ist eine kommunistische Utopie bzw. realistisch betrachtet der Zusammenbruch eines jeden Solidaritätssystems.
Ich vermute Du unterscheidest auch zwischen Deiner Familie und "anderen Leuten" und dieser Mechanismus ist genau der gleiche.
Man kann natürlich darüber streiten, ob die Solidaritätsgemeinschaft die Familie, die Kommune, die Stadt, ein Land, oder die ganze EU sein soll, aber ohne Grenzen wird es nicht gehen.
 

Gustavo

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[...] Was mich primär stört ist die einfache Tatsache, dass in der Argumentation für die Höhe der Hilfeleistungen bei identischen Summen eine völlig andere moralische Bewertung erfolgt.
X Mrd. für "Flüchtlinge" (von denen, das darf man ruhig immer mal wieder so benennen, ein großer Teil gar nicht verfolgt ist sondern einfach ein "besseres Leben" sucht und sich ganz bewusst für die Risiken und Kosten einer Reise nach Europa entschieden hat) -> Alternativlos, moralische Pflicht, wer das ablehnt der versinke in Scham!
X Mrd. für verpflichtende Personalschlüssel in der Altenpflege / Krankenhaushygiene / Förderung vernachlässigter Kinder / Mindesrenten, etc.pp. -> Schulterzucken, können wir nicht machen, kostet alles zu viel... gibts scheinbar überhaupt keine moralische Pflicht da trotz aller Kosten was zu tun.


Danke erst mal für die durchdachte Antwort. Ich sehe den Punkt, würde dazu aber Folgendes sagen: Die Kritik geht davon aus, dass die Politik an diese Sache viel systematischer herangeht als sie es tatsächlich tut. Gerade in der Sozialpolitik hat so gut wie jeder ein Interesse, das es zu verteidigen gilt: Wer in dem Bereich arbeitet würde gerne mehr verdienen, wer Rente bezieht möchte so viel wie möglich usw. usf. Du hast einen RIESIGEN Betrag, der für diesen Bereich ausgegeben wird, ein Vielfaches dessen was für Flüchtlinge ausgegeben wird. Mit so vielen Interessenlagen wirst du nie eine optimale Verteilung erreichen können, weil politische Entscheidungsfindung eben so gut wie nie so einfach ist dass du sagst wir ordnen jetzt Probleme nach Dringlichkeit und Nutzen pro Euro, dementsprechend hast du immer Reibungsverluste. Das ist ein langfristiges Problem.

Die Flüchtlinge waren erst ein Problem der deutschen Politik, als sie auf dem Weg nach Deutschland waren, genau wie Verteilung nach Dublin erst ein "deutsches" Problem war, als klar wurde, dass man sich in einer Krisensituation nicht darauf würde berufen können. Den Flüchtlingen ging es 2013 eher nicht dreckiger als 2015, trotzdem wurde 2013 ein absoluter Bruchteil der Summen von 2015 ff. für sie ausgegeben. Da vielen dann die ganzen Kosten an, die vor der Krise als "angemessen" erschienen, wenn wir vom Wohlergehen eines einzelnen Flüchtlings ausgehen. Für vergleichsweise wenige Flüchtlinge fallen die nicht ins Gewicht und ich würde jetzt auch nicht unbedingt behaupten, dass wir, isoliert betrachtet, Flüchtlingen regulär mehr Leistungen haben zukommen lassen als sie bekommen sollten. Niemand hat aber gefragt ob das, wenn wir von 1,5 Millionen sprechen, immer noch effizient ist. Dementsprechend tragen wir jetzt diese Kosten, ohne dass sich das irgendwer jemals so genau überlegt hatte.
Aber: Das gegeneinander auszuspielen erscheint mir auch nicht angebracht, eben weil diese Lücken bereits entstanden sind, BEVOR die Flüchtlingskrise losbrach, weil wir es eben mit einem systematischen Problem zu tun haben. Jetzt haben wir die Mehrausgaben für Flüchtlinge, aber das ändert ja nichts daran, dass diese Probleme trotzdem angegangen werden könnten, wenn man das wollte. Du fokussierst imho ein bisschen zu sehr drauf, dass man das Geld für die einen oder die anderen ausgeben könnte, als ob die Kosten für Flüchtlinge umzuschichten die exklusive Art ist, wie wir uns diese Mehrausgaben leisten könnten. Davon sind wir imho weit entfernt. Genau dasselbe btw mit den sinkenden Staatsinvestitionen: Investitionen sind Investitionen in die Zukunft, in aller Regel sollten die getätigt werden, weil sie sich letztendlich rentieren. Wenn sie das tun, wäre es auch mit zusätzlichen Kosten für Flüchtlingen suboptimal, sie nicht anzugehen.


Mit 'ner Basisrente wie in Östererreich glaube ich die deutlich über dem "Minimalsatz" liegt, wäre vielen geholfen und da risse sich die deutsche Gesellschaft eben auch kein Bein bei aus, das könnten wir genauso stemmen, wenn wir nur wollten. Auch für Deine Mutter, die sich eben aufs Gehalt des Vaters zu verlassen scheint. Ganz davon ab, würde sie ja einen Teil seiner Pension als Witwenrente bekommen, als unter die Grenze dessen wovon wir hier reden, fällt sie sicherlich nicht.


Sehe ich ja genauso. Der Absatz war nur darauf bezogen, dass bei der Rente eine gewisse Leistungskomponente auch für eine moralische Erwägung einfließen sollte. Sicher gibt es in Deutschland Leute, die nichts für ihre Altersarmut können, aber das ist keineswegs bei jedem der Fall. Was ich sagen wollte: Ich möchte zwar trotzdem nicht, dass diese Leute in Altersarmut leben müssen, aber ich möchte auch nicht dass ihre Bedürftigkeit gegen die Bedürftigkeit anderer ausgespielt wird.


Aber mir redet auch niemand ein, dass der "Flüchtling" der im Mittelmeer mit dem Schlauchboot untergeht "völlig unschuldig" an seiner Situation ist. Der hat vorher ein paar Tausend € an kriminelle Schlepper bezahlt, war zu dem Zeitpunkt als er in das Boot stieg in den allermeisten Fällen nicht mehr von Krieg, Tod oder Folter bedroht und hätte sich an 3 Fingern abzählen können, dass er dabei draufgehen kann. Und diese Kosten und dieses Risiko ist er ganz bewusst eingegangen, in der Hoffnung auf eine bessere Perspektive in der er seine Kosten sehr schnell wieder drin hat.


Hier finde ich, dass du es dir doch ein bisschen arg einfach machst. Klar, einen gewissen Anteil haben die Flüchtlinge an ihrem Tod, aber wenn du das Problem auf der Makroebene betrachtest, ist das deutsche Verhalten imho völlig widersinnig und lässt sehr viel weniger zur Hilfe fähige Staaten mit der Last allein: Genau so eine Familie wie die von Alan Kurdi wäre diejenige gewesen, der wir in Deutschland Schutz gewähren wollen, syrische Familie von echten Bürgerkriegsflüchtlingen mit jungen Kindern. Solange der deutsche Staat solchen Leuten Schutz gewährt (und ich bin der Meinung, bis zu einer gewissen Obergrenze kann und sollte er das, auch in Deutschland), ist es absurd dass wir prinzipiell Schutz gewähren würden, aber weil wir nicht jedem Schutz gewähren können, dem wir nach unseren Maßstäben Schutz gewähren müssten, nutzen wir zur Abschreckung den gefährlichen Weg nach Deutschland, den man mittlerweile nur noch mit Schleuser zurücklegen kann.
Klar ist die Familie nicht mehr bedroht, aber wenn wir sagen "ab Türkei ist niemand mehr verfolgt" würden Länder wie Deutschland keinen einzigen Flüchtling aufnehmen und damit wird man der humanitären Verpflichtung eines reichen Landes wie Deutschland imho nicht gerecht, mal ganz abgesehen davon dass man auch den umliegenden Staaten Unrecht tut, die man dann auf dem Problem sitzen lässt*. Ich hätte bspw. kein Problem damit, an der Grenze abzuweisen, wenn man dafür versichert, eine bestimmte Zahl direkt aus den Flüchtlingscamps aufzunehmen. Der Familienaspekt spielt imho eine große Rolle spielt: Es ist deutlich wichtiger für eine Familie mit einem 6- und einem 3-jährigen Kind, nicht jahrelang in einem Flüchtlingscamp zu hocken als für vier 20-jährige alleinstehende Männer. Gerade bei Kindern sollte man helfen, damit dort keine chancenlose Generation aufwächst. Einfach nur zu sagen "keine Verfolgung --> kein Asyl" greift imho doch arg kurz, weil das weder rechtlich die aktuelle Situation ist noch (in meinen Augen) moralisch haltbar.



*in der Theorie könnte man ihnen natürlich die Flüchtlingskosten einer fairen Verteilung auch einfach erstatten aber wie jeder sehen kann tut das niemand in Europa (Merkel hat zumindest mal diesen Ansatz verfolgt)


Warum? Weils in Deutschland für die ganze Familie Sozialhilfe gibt und 'ne gratis Gesundheitsversorgung obendrauf. Solche Leute sind nicht "unschuldig" und sie reißen teils ihre Familien mit rein. Deshalb sollte unsere Unterstützung eben sehr genau gesteuert werden und jegliche Anreize, die eine solche Schlepperindustrie am Laufen halten, vermieden werden.


Mal ehrlich, das sind doch nur reine Mutmaßungen. Woher weißt du, dass der Typ "Sozialhilfe für seine ganze Familie" als Grund im Sinn hatte und nicht bspw. "eine bessere Zukunft für seine Kinder"? Das sind imho politische Kampffloskeln, die auf die Psyche der Mehrheitsbevölkerung zielen, nicht mehr. Ich finde es ein bisschen frappierend wie dieses framing einfach so unterhinterfragt übernommen wurde, als ob es völlig offensichtlich ist, dass der durchschnittliche Syrer kein höheres Ziel im Sinn haben kann als das SGB II. Meine Freundin aus Princeton war ein Jahr in Subsahara-Afrika und ihr Eindruck war nicht, dass diese Leute denken sie würden in Europa vollversorgt, es ist viel eher so dass sie einfach falsche Vorstellungen davon haben, wie einfach es ist, Arbeit zu finden. Ist klar, das läuft letztendlich auf dasselbe hinaus, aber für die eine Sichtweise ist die politische Sympathie deutlich begrenzter als für die andere.


€dit:

@ Gustavo: Ich verstehe nicht so richtig, wieso Du es nicht richtig findest, zwischen Landsleuten und Ausländern zu unterscheiden. Unsere Gesellschaft und das Sozialsystem ist halt nationalstaatlich organisiert und es ist doch völlig klar, dass dann nach "Mitgliedern" und den anderen unterschieden wird. Die Alternative ist eine kommunistische Utopie bzw. realistisch betrachtet der Zusammenbruch eines jeden Solidaritätssystems.
Ich vermute Du unterscheidest auch zwischen Deiner Familie und "anderen Leuten" und dieser Mechanismus ist genau der gleiche.
Man kann natürlich darüber streiten, ob die Solidaritätsgemeinschaft die Familie, die Kommune, die Stadt, ein Land, oder die ganze EU sein soll, aber ohne Grenzen wird es nicht gehen.

Ich habe doch explizit geschrieben, dass ich zwischen Landsleuten und Ausländern unterscheide? Mein ganzer Punkt war ja, dass wir uns alle hauptsächlich darin unterscheiden, wie stark wir bei Ausländern diskontieren. Klar würde ich einem Familienmitglied viel eher helfen als einem Fremden, aber du würdest einem Fremden doch auch nicht prinzipiell Hilfe verweigern, wenn es für dich sehr einfach ist ihm zu helfen und dich relativ wenig Aufwand kostet?
Wie gesagt, ich würde gerne sehen dass Deutschland mehr hilft als es zumindest in der Vergangenheit getan hat. Nicht jedem (wichtig: auch nicht jedem, der es prinzipiell verdient!), nicht unendlich, aber mit einem Beitrag, den man fair nennen kann. Was fair ist, darüber kann und sollte man diskutieren.


€dit2: Lorias: Staaten sind nun mal dazu da, free rider Probleme zu lösen. Ich sehe das Problem nicht. Ich möchte ja, dass JEDER seinen fairen Beitrag leistet und das geht nun mal nur, wenn der Staat dieses Geld ausgibt, nicht Einzelpersonen. Dass man es nicht der Betrachtung des Einzelnen überlassen kann, was er als fair sieht, sollte klar sein, weil wir sonst krasse Anreize hätten, selbst einfach nichts zu geben und sich auf die Großzügigkeit der anderen zu verlassen.
 
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Danke erst mal für die durchdachte Antwort. Ich sehe den Punkt, würde dazu aber Folgendes sagen: Die Kritik geht davon aus, dass die Politik an diese Sache viel systematischer herangeht als sie es tatsächlich tut. Gerade in der Sozialpolitik hat so gut wie jeder ein Interesse, das es zu verteidigen gilt: Wer in dem Bereich arbeitet würde gerne mehr verdienen, wer Rente bezieht möchte so viel wie möglich usw. usf.
Na, ich glaube gerade im Bereich Pflege ist "mehr verdienen" gar nicht das primäre Ziel, für die anderen Berufsgruppen will ich nicht sprechen.

etwas OT zur Erklärung:
Die meisten Kollegen könnten sich mit dem Gehalt (sofern Tarif bezahlt wird), durchaus arrangieren, wenn die Arbeitsbedingungen nicht so völlig unter aller Sau wären. Zumindest Krankenpflege ist heute in Europa vom Anspruch her fast durchgehend auf akademischem Niveau was die Ausbildung angeht. Nur die deutschen Arbeitgeber haben bisher erfolgreich verhindert, dass man Pflege in Deutschland studiert, weil sie eben verhindern wollen, dass die hochprofessionelle Arbeit die mittlerweile überall verlangt wird, auch so honoriert und bezahlt werden muss. Wir haben Bewerber aus Griechenland oder Spanien, die kommen von der Uni und haben mit Bachelor abgeschlossen, auch in Prag oder der Slowakei hab ich Krankenschwestern getroffen, die hatten an der Uni studiert. Nach Fachweiterbildungen reden wir hier von EQR Level 6-7, also Masterniveau. Und es ist absolut kein Wunder, dass man bei den Arbeitsbedingungen und für diese angebotenen Gehälter keine Leute findet um die Stellen zu besetzen. Ich glaube man sollte das nicht so darstellen, als hätte hier eine Gruppe ein Eigeninteresse irgendwelche Pfründe zu verteidigen oder zu vergrößern (Und ich hoffe, Du hast das auch nicht so gemeint.), sondern es geht hier um die Behebung eines deutlichen Mißstandes, einem Ungleichgewicht zwischen verlangter Leistung und angebotener Stelle die sonst überall der Markt regeln würde, es in der Pflege aber nicht kann, weil es keinen Markt gibt, denn die Krankenhäuser werden im Budget von den Kassen limitiert. Sie können den Angestellten gar nicht mehr zahlen oder mehr Leute einstellen um sie zu entlasten und überhaupt erst wieder angemessene Arbeitsbedingungen schaffen, selbst wenn sie wollten und die Leute auf dem Zahnfleisch kriechen.

Das war nur kurz OT weil ich das mit den "Eigeninteressen" so nicht stehen lassen kann. An diesen Mängeln in Besetzung und Zeitverfügbarkeit sterben oder leiden Menschen. Jeden Tag. Patienten die ebenso wie irgend ein Flüchtlingskind nichts für ihre Lage können. Übers Jahr wahrscheinlich deutlich mehr als im Mittelmeer ertrinken. Und eine Behebung dieser Zustände die mit Geld definitiv aufzulösen wären, ist imho moralisch völlig gleichwertig mit der Intention, verfolgte Leute zu schützen und kein unbedingtes "Eigeninteresse" einer Berufsgruppe.

Du hast einen RIESIGEN Betrag, der für diesen Bereich ausgegeben wird, ein Vielfaches dessen was für Flüchtlinge ausgegeben wird.
Klar, wir haben ja auch viel mehr Einwohner als Flüchtlinge zu versorgen. Das ist jetzt nicht wirklich ein Stichhaltiges Argument.

Mit so vielen Interessenlagen wirst du nie eine optimale Verteilung erreichen können, weil politische Entscheidungsfindung eben so gut wie nie so einfach ist dass du sagst wir ordnen jetzt Probleme nach Dringlichkeit und Nutzen pro Euro, dementsprechend hast du immer Reibungsverluste. Das ist ein langfristiges Problem.
Ist mir klar. Mich stört das krasse Ungleichgewicht. Wenn ich lese, dass ein unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling je nach Angabe in den Medien zwischen 4000€ und 6000€ im Monat kostet, dann muss ich wirklich hinterfragen, ob DAS angesichts unserer anderen Probleme wirklich notwendig ist. In Deutschland verwahrlosen Kinder oder werden völlig vernachlässigt irgendwann aufgefunden, manchmal tot oder halbtot, weil ihre Assieltern sich einen Dreck um sie kümmern. Und die Dame vom Jugendamt muss mit Pipi in den Augen in der Pressekonferenz sagen, dass sie leider nur 2 Mitarbeiterinnen für einen Stadtbezirk mit 50.000 Einwohnern hat und man den Fall ja irgendwie schon auf dem Schirm hatte aber leider mangels Ressourcen blablablabla. Da kommt niemand auf die Idee auch nur ansatzweise 4000€ im Monat für solche bedrohten Kinder locker zu machen. Im Kindergarten nebenan spielen die Kinder in einem verschimmelten Gruppenraum. Sanierung kostet 5000€, da wird 3 Monate zwischen Stadt, Träger und Land drüber gestritten während die Kinder den Scheiß einatmen. Unsere Tochter war ein Frühchen, eine ordentliche Pilzinfektion in der Lunge und die landet auf der Intensiv, mit möglicherweise lebenslangem Lungenschaden. What the fuck, really? Für das Geld was man komplett unhinterfragt für einen (!) Flüchtling im Monat aufwendet weils angeblich unsere moralische Pflicht ist.

Die Flüchtlinge waren erst ein Problem der deutschen Politik, als sie auf dem Weg nach Deutschland waren, genau wie Verteilung nach Dublin erst ein "deutsches" Problem war, als klar wurde, dass man sich in einer Krisensituation nicht darauf würde berufen können. Den Flüchtlingen ging es 2013 eher nicht dreckiger als 2015, trotzdem wurde 2013 ein absoluter Bruchteil der Summen von 2015 ff. für sie ausgegeben. Da vielen dann die ganzen Kosten an, die vor der Krise als "angemessen" erschienen, wenn wir vom Wohlergehen eines einzelnen Flüchtlings ausgehen. Für vergleichsweise wenige Flüchtlinge fallen die nicht ins Gewicht und ich würde jetzt auch nicht unbedingt behaupten, dass wir, isoliert betrachtet, Flüchtlingen regulär mehr Leistungen haben zukommen lassen als sie bekommen sollten. Niemand hat aber gefragt ob das, wenn wir von 1,5 Millionen sprechen, immer noch effizient ist. Dementsprechend tragen wir jetzt diese Kosten, ohne dass sich das irgendwer jemals so genau überlegt hatte.
Aber: Das gegeneinander auszuspielen erscheint mir auch nicht angebracht, eben weil diese Lücken bereits entstanden sind, BEVOR die Flüchtlingskrise losbrach, weil wir es eben mit einem systematischen Problem zu tun haben. Jetzt haben wir die Mehrausgaben für Flüchtlinge, aber das ändert ja nichts daran, dass diese Probleme trotzdem angegangen werden könnten, wenn man das wollte. Du fokussierst imho ein bisschen zu sehr drauf, dass man das Geld für die einen oder die anderen ausgeben könnte, als ob die Kosten für Flüchtlinge umzuschichten die exklusive Art ist, wie wir uns diese Mehrausgaben leisten könnten. Davon sind wir imho weit entfernt. Genau dasselbe btw mit den sinkenden Staatsinvestitionen: Investitionen sind Investitionen in die Zukunft, in aller Regel sollten die getätigt werden, weil sie sich letztendlich rentieren. Wenn sie das tun, wäre es auch mit zusätzlichen Kosten für Flüchtlingen suboptimal, sie nicht anzugehen.
Das vermischst Du mir imho etwas stark. Bei Punkt I gebe ich Dir 100% Recht. Wir hätten schon vor Jahren wesentlich mehr dafür tun sollen, dass es gar nicht soweit kommt. Eine Schande, dass wir es nicht taten. Da war übrigens die selbe Regierung am Werke, die 2015 dann so tat als wäre sie die Reinkarnation von Jesus persönlich.

Bei Punkt II folge ich Dir nicht, maybe bin ich dafür was Staatshaushalte angeht nicht genug bewandert. Ich lasse mich da gern belehren. Für mich erscheint folgendes logisch: Wenn ich Summe X für etwas ausgeben kann (weil ich der Meinung bin, das muss jetzt unbedingt sein), dann KANN ich diese Summe natürlich auch nach kurzem Nachdenken für irgendwas anderes ausgeben. Das Geld ist entweder da oder nicht da. Über verschüttete Milch heule ich da auch nicht rum, ob bei Problem X nun die Kostenlücke entstanden ist weil ich früher Fehler gemacht habe oder weil Gott im Himmel mir eins auswischen will ist für die Priorisierung im Moment der Entscheidung für mich völlig irrelevant. Habe ich die Wirtschaftsleistung um mir 100 Mrd. für Flüchtlinge vom Haushalt abzuzwacken, dann kann ich in der selben Sekunde auch sagen: "Stop, gibt nur 20 Mrd.! Die anderen 80 brauche ich für Probleme im eigenen Land!".

Sehe ich ja genauso. Der Absatz war nur darauf bezogen, dass bei der Rente eine gewisse Leistungskomponente auch für eine moralische Erwägung einfließen sollte. Sicher gibt es in Deutschland Leute, die nichts für ihre Altersarmut können, aber das ist keineswegs bei jedem der Fall. Was ich sagen wollte: Ich möchte zwar trotzdem nicht, dass diese Leute in Altersarmut leben müssen, aber ich möchte auch nicht dass ihre Bedürftigkeit gegen die Bedürftigkeit anderer ausgespielt wird.
Ich möchte auch gar niemanden gegeneinander ausspielen, sondern nur bei aller Selbstbeweihräucherung mancher Hilfeleistender (die das immerhin mit fremdem Geld tun...) eben auch nicht andere Probleme die vergleichbar dringend sind, in die Vergessenheit geraten lassen. In jeder Phase eines Projekts muss ich in der Lage sein, mal einen Schritt zurück zu treten und rational zu überlegen: Priorisiere ich gerade richtig oder verrenne ich mich in einen Pfad, der aus Bauchgefühl gewählt und aus Euphorie verfolgt wird?



Genau so eine Familie wie die von Alan Kurdi wäre diejenige gewesen, der wir in Deutschland Schutz gewähren wollen, syrische Familie von echten Bürgerkriegsflüchtlingen mit jungen Kindern. Solange der deutsche Staat solchen Leuten Schutz gewährt (und ich bin der Meinung, bis zu einer gewissen Obergrenze kann und sollte er das, auch in Deutschland), ist es absurd dass wir prinzipiell Schutz gewähren würden, aber weil wir nicht jedem Schutz gewähren können, dem wir nach unseren Maßstäben Schutz gewähren müssten, nutzen wir zur Abschreckung den gefährlichen Weg nach Deutschland, den man mittlerweile nur noch mit Schleuser zurücklegen kann.
Da bitte ich zu differenzieren. Ich stimme Dir vollkommen zu, dass genau so eine Familie unseren Schutz hätte bekommen sollen. Dummerweise war das zu dem Zeitpunkt aber nicht mehr möglich. Also blieb nur der Schutz der Türkei. Der ist nicht ideal, der ist keine goldene Zukunftsperspektive aber er ist Schutz. Kein Krieg, keine Verfolgung und wenn ich mir bei Wikipedia durchlese, dass die Familie pro Kopf über 2000€ an die Schlepper gezahlt hat (aka mehr als 10.000€), auch kein akutes Elend. So viel Vermögen haben viele Leute hier nicht und in der Türkei sind die Lebenskosten nicht im Ansatz so hoch. Es war absolut imho zumutbar, dort zu bleiben. Vielen anderen Flüchtlingen geht es sicher deutlich dreckiger und die sitzen mangels Kohle in irgend einem Zeltlager in Jordanien fest.

Klar ist die Familie nicht mehr bedroht, aber wenn wir sagen "ab Türkei ist niemand mehr verfolgt" würden Länder wie Deutschland keinen einzigen Flüchtling aufnehmen und damit wird man der humanitären Verpflichtung eines reichen Landes wie Deutschland imho nicht gerecht, mal ganz abgesehen davon dass man auch den umliegenden Staaten Unrecht tut, die man dann auf dem Problem sitzen lässt*.
Das wäre mein Weg der Hilfe gewesen und der wurde auch schon 2015 von denen Präferiert, die man dann als Nazis abgestempelt hat: Massive Hilfe an den Außengrenzen der EU, die grenznahen Staaten eben nicht allein lassen sondern die Last aufteilen. Hätte man machen können und imho auch sollen. Genau mein Grund, warum ich den gegangenen Weg so hart kritisiere. Das was wirklich passiert, die Unterbringung wahlloser (also ohne nach Hilfebedarf priorisierter) Flüchtlinge hier in Deutschland ist tatsächlich meine Definition von "Geldverbrennung".

Ich hätte bspw. kein Problem damit, an der Grenze abzuweisen, wenn man dafür versichert, eine bestimmte Zahl direkt aus den Flüchtlingscamps aufzunehmen. Der Familienaspekt spielt imho eine große Rolle spielt: Es ist deutlich wichtiger für eine Familie mit einem 6- und einem 3-jährigen Kind, nicht jahrelang in einem Flüchtlingscamp zu hocken als für vier 20-jährige alleinstehende Männer. Gerade bei Kindern sollte man helfen, damit dort keine chancenlose Generation aufwächst. Einfach nur zu sagen "keine Verfolgung --> kein Asyl" greift imho doch arg kurz, weil das weder rechtlich die aktuelle Situation ist noch (in meinen Augen) moralisch haltbar.
Können wir uns absolut drauf einigen. Wegen mir kann Deutschland gern auch Flüchtlinge hier versorgen, aber eben - und das ist wichtig: Nicht diejenigen die das meiste Geld für Schlepper hatten oder am kräftigsten für die Reise waren, sondern, von uns nach klaren Kritierien bestimmt, diejenigen die am schnellsten aus den Camps und Grenzgebieten raus müssen. Das meine ich seit etlichen Beiträgen mit "Helfen ja, aber zuerst müssen wir die Kontrolle über die Situation haben!"

Mal ehrlich, das sind doch nur reine Mutmaßungen. Woher weißt du, dass der Typ "Sozialhilfe für seine ganze Familie" als Grund im Sinn hatte und nicht bspw. "eine bessere Zukunft für seine Kinder"? Das sind imho politische Kampffloskeln, die auf die Psyche der Mehrheitsbevölkerung zielen, nicht mehr. Ich finde es ein bisschen frappierend wie dieses framing einfach so unterhinterfragt übernommen wurde, als ob es völlig offensichtlich ist, dass der durchschnittliche Syrer kein höheres Ziel im Sinn haben kann als das SGB II. Meine Freundin aus Princeton war ein Jahr in Subsahara-Afrika und ihr Eindruck war nicht, dass diese Leute denken sie würden in Europa vollversorgt, es ist viel eher so dass sie einfach falsche Vorstellungen davon haben, wie einfach es ist, Arbeit zu finden. Ist klar, das läuft letztendlich auf dasselbe hinaus, aber für die eine Sichtweise ist die politische Sympathie deutlich begrenzter als für die andere.
Geht beides Fließend ineinander über. Die Beweggründe vom Vater des Jungen kamen imho von anderen geretteten Personen aus dem selben Boot als man die später befragt hatte. Wenn ich mich recht erinnere, habe er sich recht abfällig über die Versorgung und "Zustände" in der Türkei geäußert und ganz kühl kalkuliert, wann die Familie die gezahlten 10.000€ wieder drin hätte. Kann sein, muss natürlich nicht. Nachvollziehen könnte ich es. Ändert aber an meiner Bewertung der Lage nichts.
Deinen zweiten Teil glaube ich sofort. Aber gerade weil die Leute mit falschen Vorstellungen kommen und die Wahrheit auch einfach nicht hören wollen wenn sie dort alles aufgegeben haben um sich auf den Weg zu machen, muss man einfach knallhart bleiben. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Die ersten paar Tausend müssen leider die bittere Pille schlucken und direkt wieder nach Afrika geschickt werden wenn sie keine Asylgründe nachweisen können oder festgehalten werden bis das möglich ist. Anders ist der Sog nicht zu stoppen, einem Traum der durch aller Münder und Köpfe geht, kannst Du nicht mit rationaler Aufklärung begegnen, man hört Dir einfach nicht zu. Dieser Traum muss bitter zerplatzen, erst dann hört das Sterben im Mittelmeer auf. Das ist wirklich schwer zu ertragen, ich weiss das, aber es ist anders nicht lösbar. Der Tross der seeuntauglichen Nussschalen die ständig für Tote sorgen wird erst dann aufhören, wenn es quasi keine Signifikante Chance mehr gibt, erfolgreich hier anzukommen oder hier zu bleiben. Falls Du das anders siehst, bin ich auf die Argumentation gespannt.
 
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Werte muss man sich leisten können. Deutschland befindet sich durchaus in einer starken wirtschaftlichen Position. Das Geld wird aber eher weniger in die langfristge Entwicklung Deutschlands gesteckt. Sollte bald eine Krise kommen (Platzen der Chinablase, Aufflammen der Eurokrise die ja längst nicht vorbei ist, Währungssystem der EU bricht zusammen) wird die Finanzierung einiger Werte sehr schwierig. Dann könnten wir einen weiteren Rechtsruck erleben
Der nächste Rechtsruck kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Erleben wir ja in den USA z.B., die ich einfach so sehe, dass sie Deutschland einfach ein wenig voraus sind in ihrer politischen (und technischen) Entwicklung.

Ich finde, Deutschland ist schon lange auf dem absteigenden Ast. Das erkennt man doch alleine schon daran, dass unsere Eltern wohlhabender sind als wir. Heute muss jeder malochen, der nicht reich erbt. Arbeitgebergesellschaft eben. Und keine Chance, dass sich das in Zukunft ändert, wegen Automatisierung wird es eher weniger Jobs geben und die Macht der Arbeitgeber wird weiter steigen.

Vielleicht täusche ich mich aber auch einfach und in Wahrheit ist es die ganze Welt und nicht nur Deutschland. Die Menschheit hat ihren Zenit wohl letztes Jahrhundert schon überschritten. Seien wir ehrlich, es ist doch schon ein Wunder, dass die Menschheit das Jetzt überhaupt erreicht hat.

Vielleicht wird es so kommen, wie Ray Kurzweil vorraussagt, dass die Technik obsiegt und im Jahr 2099 Maschinen Planeten in riesige Computer verwandeln.

Ich glaube da nicht so recht dran. Ist die Welt wirklich besser geworden seit wir Technik haben?

Ich glaube eher, die Entwicklung der Menschheit wird rückwärts ablaufen und man wird sich wieder ins Mittelalter begeben. Dann braucht man sich auch nicht mehr über Flüchtlinge streiten, sondern man hat wieder Richard Löwenherze und Napoleons, die sich einfach nehmen was sie wollen und das wars.
 
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Gehts nicht eine Nummer kleiner? Was nimmst Du abends zum runter kommen? :rofl:
 
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Ist die Welt wirklich besser geworden seit wir Technik haben?

Sehe ich auch so. Kindersterblichkeit von 50% war halt schon nicht schlecht und mit der Spitzhacke in der Mine arbeiten ist auch ziemlich geil.
 
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So wie die Natur halt ist, ja.

Überbevölkerung, größte Volkskrankheit Adipositas, Weltkriege und Kubakrise...ohne Technik hätte die Welt nie am Rande der Vernichtung gestanden! In der modernen Zeit ist auch nicht alles so geil :)

Und für fast alle anderen Arten außer dem Menschen ists schlechter geworden.
 
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Wo stand denn die Welt am Rande der Vernichtung? Kubakrise?
Der Welt so als ganzes wäre das ziemlich egal gewesen. Die Menschheit hätte sich vielleicht ins Mittelalter zurückbomben können (also dahin wo sie ohne Technik sowieso schon war). Aber das interessiert doch die Erde nicht wirklich. Die meisten Tiere kommen mit ein bisschen Fallout wunderbar zurecht (Beispiel: der Natur in Tschernobyl geht es besser als vor dem Unglück), und die die es nicht tun werden eben durch andere Arten ersetzt.
 
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