Flüchtlingsströme Richtung Europa

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Benrath

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Es hält dich keiner auf ohne die Früchte der Technik zu leben. Geh in die Pampa und am besten meldest du dich vorher noch hier ab.
Mehr Bullshit vom bequemen Bürostuhl aus tippen geht auch kaum.
 

ReVenger!

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@parats': Post verschwinden nicht ohne Grund und nun lass das Flamen.
 
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https://rp-online.de/nrw/panorama/a...en-um-ex-leibwaechter-bin-ladens_aid-23926995
Erst am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass er vorerst nicht abgeschoben werden darf. Über das Abschiebeverbot hatte das Gericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) am Freitagmorgen informiert. Die Entscheidung vom Donnerstagabend sei um 8.27 Uhr an das Bamf gefaxt worden, sagte ein Gerichtssprecher. Zu diesem Zeitpunkt soll Sami A. schon auf dem Flug nach Tunesien gewesen sein: Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus Sicherheitskreisen wurde er gegen 7 Uhr mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus in sein Heimatland geflogen. Nun hat die Rechtsanwältin des Tunesiers Klage auf Rückführung nach Deutschland eingereicht, wie Richter Wolfgang Thewes sagte. Das Amtsgericht Gelsenkirchen fordert nun, dass der Mann zurückgeholt wird – weil gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen worden sei.[...]
„Der Eindruck ist entstanden, dass der Rechtsstaat vorgeführt worden ist.“

So eine "SOFORT ABSCHIEBEN"-Mentalität führt eben teilweise zu eindeutigen Rechtsbrüchen, für die unsere Rechtsfanatiker hier hoffentlich auch die entsprechenden Konsequenzen fordern. DANKE SEEHOFER! :deliver:
 
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#einzelfall

Im gegenteiligen Fall, wenn eben nicht abgeschoben werden kann, argumentiert man ja auch "tja, ist die Justiz halt selbst schuld wenn sie so lange braucht mit ihren Entscheidungen!", dann kann man das in den wenigen Fällen wo es mal andersrum ist, auch so machen. Müssen die Gerichte ihre Faxe halt direkt nach der Entscheidung verschicken und nicht am nächsten Morgen nach dem Frühstück.

https://www.welt.de/politik/deutsch...t-dass-Sami-A-in-Tunesien-gefoltert-wird.html

Ist dumm gelaufen, dass sich Fax und Flug an dem Tag überschnitten haben, aber alles andere als irgend ein Indiz für... whatever.
 

Benrath

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Naja es soll schon absprachen gegeben haben, dass man auf die Entscheidung wartet usw.. Wenn das stimmt, macht es dann ganze umso peinlicher bzw. muss man hinterfragen was dann die Intention war? Schlagzeilen schreiben?

Wo ich dabei bin ist, dass es nicht 4 Jahre oder länger dauern kann so etwas durch die Instanzen zu bringen... Egal wie die Entscheidung ausfällt. Da sind wir uns wahrscheinlich sogar mal alle einig.
 
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Die interessantere Frage ist, wieso der Leibwächter von Bin Laden überhaupt sowas wie Asylrecht hat. Der darf bitte in welchem Land auch immer er die Scheisse gemacht hat vor Gericht gestellt und verurteilt werden.
Kann ja nicht sein, dass wir uns unter dem Stichwort Asyl an Strafvermeidung in Afrika beteiligen. Seltsamerweise kam auch bei vielen "Einzelfall"-Gerichtsverfahren heraus, dass das schon in ihren Heimatländern Straftäter waren.
 
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@Benrath: Da hab ich auch nichts gegen, aber diese polemische "Der Rechtsstaat ist vorgeführt worden" Aussage wegen dieses einen Falles (wegen mir gibts noch ein paar Weitere, die von der Anzahl her angesichts der Masse der Fälle aber genau das sind was man sonst immer als #einzelfall abtut) ist echt schon ein dünnes Haar an dem man 'ne relevante Argumentation herbeiziehen möchte... klar, wenns vorher andere Absprachen gab, muss man den betreffenden Leuten die sich da nicht dran gehalten haben auf die Finger klopfen.

Der Typ ist doch ein Paradebeispiel von allem was schief läuft. Zumindest Radikal, wahrscheinlich sogar Terrorist, klar als Gefährder eingestuft und Verfahren über Jahre hingezogen auf unsere Kosten. Asche auf mein Haupt falls er völlig unschuldig und zu Unrecht verfolgt ist... Aber die Begründung in Tunesien drohen ihm Folter oder Tod ist imho doch recht... dünn, da weist doch eher wenig drauf hin. Gut, sieht der Verwaltungsrichter jetzt in dem Fall halt anders, okay, muss dann wohl akzeptieren und ihn zurückholen. Aber einen großen Skandal irgendeiner Relevanz sehe ich da jetzt nicht.
 
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Im gegenteiligen Fall, wenn eben nicht abgeschoben werden kann, argumentiert man ja auch "tja, ist die Justiz halt selbst schuld wenn sie so lange braucht mit ihren Entscheidungen!", dann kann man das in den wenigen Fällen wo es mal andersrum ist, auch so machen. Müssen die Gerichte ihre Faxe halt direkt nach der Entscheidung verschicken und nicht am nächsten Morgen nach dem Frühstück.
:rofl2: Und du siehst keinen Unterschied darin, ob jetzt in der Konsequenz der Staat oder eine einzelne Person der Gelackmeierte ist? Das passt ansonsten ja echt hervorragend zu deinem Meinungsbild.

Ist doch egal, wenn der ein oder andere Mann aufgrund von falschen Verdächtigungen der Vergewaltigung bezichtigt wird. Wo gehobelt wird da fallen Späne. Und GEZ wird eben gezahlt, wer das ausnahmsweise nicht nutzt, fällt eben durchs Raster. Wenn der Schwächste nicht vom Gesetz geschützt wird, ist das Gesetz wertlos.


@Benrath: Da hab ich auch nichts gegen, aber diese polemische "Der Rechtsstaat ist vorgeführt worden" Aussage wegen dieses einen Falles (wegen mir gibts noch ein paar Weitere, die von der Anzahl her angesichts der Masse der Fälle aber genau das sind was man sonst immer als #einzelfall abtut) ist echt schon ein dünnes Haar an dem man 'ne relevante Argumentation herbeiziehen möchte... klar, wenns vorher andere Absprachen gab, muss man den betreffenden Leuten die sich da nicht dran gehalten haben auf die Finger klopfen.
372.443 Asylverfahren sind vor den Verwaltungsgerichten anhängig (Ende 2017, Bundestag-Drucksache 19/1371, S. 51) – das ist fast das Dreifache im Vergleich zu 2016 und rund das Sechsfache zu 2015. Die Richter*innen klagen zu Recht über die fehlende Sachverhaltsaufklärung beim BAMF. Gegen ablehnende Entscheidungen klagt fast jede*r Betroffene (91,3 % zum Stand 15.02.2018, S. 50).

Öffentlich wird suggeriert, die Klagen würden grundlos erhoben. Dabei steigt die Erfolgsquote vor Gericht vor allem seit 2015 – also seit dem Jahr, in dem das Bundesamt rapide massenweise Anträge zu entscheiden hatte – stetig an. Während 2015 die Erfolgsquote noch bei 4,3 % lag, lag sie im Jahr 2017 schon bei über 22 % (S. 38 ff.). 32.522 Menschen also haben 2017 überhaupt erst vor Gericht Schutz oder einen besseren Schutzstatus erhalten.
#Einzelfall

Der Typ ist doch ein Paradebeispiel von allem was schief läuft. Zumindest Radikal, wahrscheinlich sogar Terrorist, klar als Gefährder eingestuft und Verfahren über Jahre hingezogen auf unsere Kosten. Asche auf mein Haupt falls er völlig unschuldig und zu Unrecht verfolgt ist... Aber die Begründung in Tunesien drohen ihm Folter oder Tod ist imho doch recht... dünn, da weist doch eher wenig drauf hin. Gut, sieht der Verwaltungsrichter jetzt in dem Fall halt anders, okay, muss dann wohl akzeptieren und ihn zurückholen. Aber einen großen Skandal irgendeiner Relevanz sehe ich da jetzt nicht.
Der Typ stand vor Gericht und wurde freigesprochen?! Aber klar, bei den Drecks Flüchtlingen können wir ja mal die Unschuldsvermutung aufheben; bei dem Rechtsverständnis muss man sich ja echt an den Kopf fassen. Wie war das nochmal bei den Vergewaltigungen?
 
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Komm mal klar. Ich redete von Fällen wo Leute ausgeflogen werden, bevor die Verfahren abgeschlossen sind. Das sind absolute Einzelfälle. Da brauchst Du nicht mit Zahlen kommen, wo ein Gericht am Ende anders entscheidet als das BaMF. Es ist ja auch die absolute Regel, dass bis zum Ende eines solchen Verfahrens gewartet wird und dagegen habe ich mich auch gar nicht ausgesprochen.
Diese tatsächlich durchgeführte Abschiebung weil zum Zeitpunkt des Fluges eben das Fax von Judikative eben noch nicht bei der Exektutive war und sich dort jemand entschieden hat, nicht länger zu warten IST aber die absolute Ausnahme und daher für die Betrachtung der Lage in Deutschland völlig irrelevant. Wie auch oben schon erwähnt, sofern es da Verantwortliche gibt die sich über irgendwelche Absprachen hinweg gesetzt haben, wird es für die auch Konsequenzen geben.

Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Im Asylverfahren wird nur geklärt, ob er ein Anrecht auf Asyl hat. Ob er in einem Terrorismusverfahren vorher frei gesprochen wurde steht daher einer Abschiebung überhaupt nicht entgegen. Und belegt auch nicht, dass er voll der dufte Typ ist. Die Einstufung als radikaler Gefährder besteht ja nicht ohne Grund. Die einzige Frage ist, ob die Zustände in Tunesien einen Hinderungsgrund darstellen, weil ihm eben Folter oder Tod drohen. Und das ist imho nicht gegeben, dafür gibts kaum irgendwelche Anzeichen. Dass man die gegenteilige Meinung des Richters dennoch (erstmal) akzeptieren muss, dagegen hab ich auch nichts gesagt.

Ach ja, und sowas wie "Drecks Flüchtlinge" höre ich hier nur aus Deinem Munde. Ich würde spontan mal sagen, Du leistest deutlich mehr Beitrag zur Vergiftung der Stimmung im Lande, als ich. Aber da ich in den Augen derer die ich als linksextrem betrachte sowieso wahrscheinlich schon rechts oder gar rechtsextrem bin, so what...
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Na, ich glaube gerade im Bereich Pflege ist "mehr verdienen" gar nicht das primäre Ziel, für die anderen Berufsgruppen will ich nicht sprechen.


Nichts für ungut, aber meine Vermutung ist bei jeder einzelnen Berufsgruppe, dass sie gerne mehr verdienen würde, ganz egal ob sie tatsächlich denkt dass sie über-, gerecht oder unterbezahlt wird. Dass darunter die Patienten leiden bezweifle ich nicht. Ist aber auch unwichtig für das Gesagte.


Klar, wir haben ja auch viel mehr Einwohner als Flüchtlinge zu versorgen. Das ist jetzt nicht wirklich ein Stichhaltiges Argument.


Da ist kein Argument, das hast du falsch verstanden. Das sollte nur zeigen, dass wir hier von sehr großen Beträgen reden und es mit steigender Höhe immer schwieriger wird, das Geld ohne Effizienzverluste zu verteilen.


Ist mir klar. Mich stört das krasse Ungleichgewicht. Wenn ich lese, dass ein unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling je nach Angabe in den Medien zwischen 4000€ und 6000€ im Monat kostet, dann muss ich wirklich hinterfragen, ob DAS angesichts unserer anderen Probleme wirklich notwendig ist. In Deutschland verwahrlosen Kinder oder werden völlig vernachlässigt irgendwann aufgefunden, manchmal tot oder halbtot, weil ihre Assieltern sich einen Dreck um sie kümmern. Und die Dame vom Jugendamt muss mit Pipi in den Augen in der Pressekonferenz sagen, dass sie leider nur 2 Mitarbeiterinnen für einen Stadtbezirk mit 50.000 Einwohnern hat und man den Fall ja irgendwie schon auf dem Schirm hatte aber leider mangels Ressourcen blablablabla. Da kommt niemand auf die Idee auch nur ansatzweise 4000€ im Monat für solche bedrohten Kinder locker zu machen. Im Kindergarten nebenan spielen die Kinder in einem verschimmelten Gruppenraum. Sanierung kostet 5000€, da wird 3 Monate zwischen Stadt, Träger und Land drüber gestritten während die Kinder den Scheiß einatmen. Unsere Tochter war ein Frühchen, eine ordentliche Pilzinfektion in der Lunge und die landet auf der Intensiv, mit möglicherweise lebenslangem Lungenschaden. What the fuck, really? Für das Geld was man komplett unhinterfragt für einen (!) Flüchtling im Monat aufwendet weils angeblich unsere moralische Pflicht ist.


Das ist letztendlich einfach nicht wahr:

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Wir reden hier von Kindern und Jugendlichen, nicht einfach "Flüchtlingen". Du wirst davon ausgehen können, dass, wenn man hier als unbegleiteter Minderjähriger ankommt, man sicher nicht weniger traumatisiert ist als ein hier geborenes Kind, das aus seiner Familie genommen werden muss (was die akuten Gefährdungsfälle betrifft). Die Kosten dafür sind vergleichbar. Wenn du denkst dass dafür mehr Geld bereitgestellt werden sollte, würde ich dir nicht unbedingt widersprechen, aber du spielst einfach wieder nur Elend gegen Elend aus. Ich habe im Übrigen meine Zweifel an dem generellen Lamento, dass was dort schief läuft schief läuft, weil zu wenig Geld da wäre.



Bei Punkt II folge ich Dir nicht, maybe bin ich dafür was Staatshaushalte angeht nicht genug bewandert. Ich lasse mich da gern belehren. Für mich erscheint folgendes logisch: Wenn ich Summe X für etwas ausgeben kann (weil ich der Meinung bin, das muss jetzt unbedingt sein), dann KANN ich diese Summe natürlich auch nach kurzem Nachdenken für irgendwas anderes ausgeben. Das Geld ist entweder da oder nicht da. Über verschüttete Milch heule ich da auch nicht rum, ob bei Problem X nun die Kostenlücke entstanden ist weil ich früher Fehler gemacht habe oder weil Gott im Himmel mir eins auswischen will ist für die Priorisierung im Moment der Entscheidung für mich völlig irrelevant. Habe ich die Wirtschaftsleistung um mir 100 Mrd. für Flüchtlinge vom Haushalt abzuzwacken, dann kann ich in der selben Sekunde auch sagen: "Stop, gibt nur 20 Mrd.! Die anderen 80 brauche ich für Probleme im eigenen Land!".


Natürlich kannst du das, aber hier ist die Frage, ob die Ausgaben fakultativ oder obligatorisch sind. Niemand hier denkt über Kosten für Flüchtlinge auf folgende Art nach: "Wir finden, dass Ausgaben von X Milliarden gerecht sind, also schauen wir, dass wir das Versorgungsniveau der Flüchtlinge von dieser Zahl abhängig machen." Die Kosten der Flüchtlinge in Deutschland entstehen dadurch, dass wir festgelegt haben "Versorgungsniveau X ist angemessen" und dann richten sie sich alleine danach, wie viele Flüchtlinge letztendlich kommen und auf Versorgungsniveau X versorgt werden müssen. Der humanitäre marginale Nutzen für jeden weiteren Flüchtling bleibt immer der gleiche, während der marginale Nutzen für Probleme, wie du sie benannt hast, nur dann gleich bleibt, wenn du zielgenau für die genannten Probleme Geld ausgeben kannst. Das war, was der Absatz sagen wollte: Das ist in einer Demokratie ohne Weiteres nicht möglich, weil es einfach zu viele widerstrebende Interessen gibt. Das Geld wäre durchaus da, genau wie das Geld für Breitbandausbau, kostenlose Kitaplätze oder sozialen Wohnungsbau da wäre. Wenn man allerdings frei über den Betrag verfügen kann, muss man sich eben auch mit anderen Interessen auseinandersetzen: Beispielsweise wollen die Steuerzahler mehr von ihrem Lohn behalten, wollen Rentner höhere Renten, wollen Bauunternehmer mehr verdienen. Das ist ein extrem komplexes System, bei dem viel zu viel Geld mit der Gieskanne ausgegeben werden muss, weil jeder seine Interessen hat. Ich bin grundsätzlich kein so großer Fan der deutschen Politikwissenschaft, aber ich wünschte dass Scharpfs "Politikverflechtungsfalle" in der Allgemeinheit viel bekannter wäre, weil er damals schon sehr gut beschrieben hat, wie solche Probleme durch unser System (Föderalismus + Parteien) besonders gefördert werden.


Ich möchte auch gar niemanden gegeneinander ausspielen, sondern nur bei aller Selbstbeweihräucherung mancher Hilfeleistender (die das immerhin mit fremdem Geld tun...) eben auch nicht andere Probleme die vergleichbar dringend sind, in die Vergessenheit geraten lassen. In jeder Phase eines Projekts muss ich in der Lage sein, mal einen Schritt zurück zu treten und rational zu überlegen: Priorisiere ich gerade richtig oder verrenne ich mich in einen Pfad, der aus Bauchgefühl gewählt und aus Euphorie verfolgt wird?


Fast jeder hilft mit "fremden" Geld. Wenn du denkst die meisten Leute hier hätten keine 10.000€ auf der hohen Kante, was glaubst du wie bspw. Operationen für die untere Hälfte der Gesellschaft bezahlt werden? Von den eingezahlten Beträgen der Geringverdiener wohl eher nicht. Sozialstaat heißt nun mal Umverteilung von "fremden" Geld.


Da bitte ich zu differenzieren. Ich stimme Dir vollkommen zu, dass genau so eine Familie unseren Schutz hätte bekommen sollen. Dummerweise war das zu dem Zeitpunkt aber nicht mehr möglich. Also blieb nur der Schutz der Türkei. Der ist nicht ideal, der ist keine goldene Zukunftsperspektive aber er ist Schutz. Kein Krieg, keine Verfolgung und wenn ich mir bei Wikipedia durchlese, dass die Familie pro Kopf über 2000€ an die Schlepper gezahlt hat (aka mehr als 10.000€), auch kein akutes Elend. So viel Vermögen haben viele Leute hier nicht und in der Türkei sind die Lebenskosten nicht im Ansatz so hoch. Es war absolut imho zumutbar, dort zu bleiben. Vielen anderen Flüchtlingen geht es sicher deutlich dreckiger und die sitzen mangels Kohle in irgend einem Zeltlager in Jordanien fest.


Klar war es zumutbar für die Familie, dort zu bleiben. Es wäre aber für Deutschland auch zumutbar gewesen, sie zu versorgen. Ich finde es etwas fragwürdig, da von Schuld zu reden (und genau darum ging es), weil die eben schwierig zu personalisieren ist. Ich gehe jedenfalls nicht ohne Weiteres davon aus, dass der Typ seine Familie in diese Lage gebracht hätte, wenn die Situation nicht durchaus drastisch für ihn ausgesehen hätte. Ich weiß nicht wie die Situation in der Türkei für Flüchtlingsfamilien ist, aber was ich zu bedenken geben wollte war ungefähr Folgendes: Die Kalkulation ist mit Kindern eine andere als ohne.


Das wäre mein Weg der Hilfe gewesen und der wurde auch schon 2015 von denen Präferiert, die man dann als Nazis abgestempelt hat: Massive Hilfe an den Außengrenzen der EU, die grenznahen Staaten eben nicht allein lassen sondern die Last aufteilen. Hätte man machen können und imho auch sollen. Genau mein Grund, warum ich den gegangenen Weg so hart kritisiere. Das was wirklich passiert, die Unterbringung wahlloser (also ohne nach Hilfebedarf priorisierter) Flüchtlinge hier in Deutschland ist tatsächlich meine Definition von "Geldverbrennung"

Können wir uns absolut drauf einigen. Wegen mir kann Deutschland gern auch Flüchtlinge hier versorgen, aber eben - und das ist wichtig: Nicht diejenigen die das meiste Geld für Schlepper hatten oder am kräftigsten für die Reise waren, sondern, von uns nach klaren Kritierien bestimmt, diejenigen die am schnellsten aus den Camps und Grenzgebieten raus müssen. Das meine ich seit etlichen Beiträgen mit "Helfen ja, aber zuerst müssen wir die Kontrolle über die Situation haben!"
.


Zwei Einwände:
1. Ich glaube wir wissen beide, dass das niemals passiert wäre. Keine andere Nation nimmt in nennenswertem Umfang Leute aus Flüchtlingslagern ab. Keine andere Nation gibt einen mit Deutschlands im Inland real anfallenden Flüchtlingskosten (gemessen in BIP) vergleichbaren Teil ihres BIPs aus, um Flüchtlingen in den Lagern zu helfen. Schau dir mal den Türkei-Deal an: Im Grunde war jedem, der sich damit ernsthaft auseinander gesetzt hatte klar, dass das genau ist, was du forderst, nämlich dass die Türkei Europas Außengrenze dicht macht und man ihr dafür anfangs Geld zahlt und später (das wollte natürlich niemand so klar sagen) auch Flüchtlinge abnimmt und nach Europa verteilt. Da sind die Leute Sturm gelaufen weil kann man ja nicht machen mit Erdogan. Dass die Türkei diese ganzen Leute aufgenommen hat geht dagegen unter.
2. Ich finde du tendierst zur maßlosen Übertreibung, was die Situation angeht, in der diese Flüchtlinge sind. Es kamen zu jeder Zeit eben nicht nur junge Männer, sondern auch Kinder, Jugendliche und Frauen und einfach so davon auszugehen, dass die jungen Männer, nur weil sie das Geld für einen Schlepper haben, nicht eigentlich mittellos sind (und sich das Geld leihen) ist auch fragwürdig. Der Grenznutzen könnte zweifellos höher sein wenn man Familien direkt aus den Lagern aufnimmt oder besonders Schutzwürdige, aber so viel besser geht es denen, die es bis hierher geschafft haben, in der kontrafaktischen Situation, dass sie weiter in den Lagern sitzen, dann wohl auch nicht. Und wie gesagt: Humanitäre Opportunitätskosten sind eben einfach gering, weil wir statt diesen Leuten nicht Bedürftigere aufgenommen hätten, sondern niemanden.



Deinen zweiten Teil glaube ich sofort. Aber gerade weil die Leute mit falschen Vorstellungen kommen und die Wahrheit auch einfach nicht hören wollen wenn sie dort alles aufgegeben haben um sich auf den Weg zu machen, muss man einfach knallhart bleiben. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Die ersten paar Tausend müssen leider die bittere Pille schlucken und direkt wieder nach Afrika geschickt werden wenn sie keine Asylgründe nachweisen können oder festgehalten werden bis das möglich ist. Anders ist der Sog nicht zu stoppen, einem Traum der durch aller Münder und Köpfe geht, kannst Du nicht mit rationaler Aufklärung begegnen, man hört Dir einfach nicht zu. Dieser Traum muss bitter zerplatzen, erst dann hört das Sterben im Mittelmeer auf. Das ist wirklich schwer zu ertragen, ich weiss das, aber es ist anders nicht lösbar. Der Tross der seeuntauglichen Nussschalen die ständig für Tote sorgen wird erst dann aufhören, wenn es quasi keine Signifikante Chance mehr gibt, erfolgreich hier anzukommen oder hier zu bleiben. Falls Du das anders siehst, bin ich auf die Argumentation gespannt.


1. Warum kannst du ihnen nicht mit rationaler Aufklärung begegnen? Imho völlig unbewiesene Behauptung, ziemlich krude.
2. Ich verstehe nicht, warum die Toten auf dem Mittelmeer so sehr privilegiert werden gegenüber den Toten, deren Ursachen dieselben sind, die diese Bewegungen überhaupt erst produzieren. Alleine durch fehlenden Zugang zu Nahrungsmitteln sterben in Afrika im Durchschnitt pro Woche mehr Leute als im Mittelmeer im ganzen Jahr. Ob das Sterben im Mittelmeer stattfindet oder auf dem Kontinent ist imho von geringem Belang. Schwer zu ertragen finde ich weniger die Toten im Mittelmeer als die Tatsache, dass viele Leute (was dich nicht jetzt nicht unbedingt einschließt) sie als Anlass nehmen, so zu tun als wäre es für Afrika besser, diese Route zu kappen, was ich ehrlich gesagt bezweifle. Im Gegenteil: Wenn die Toten auf dem Mittelmeer endlich dazu führen, dass Europa halbwegs ernsthaft versucht, seine Entwicklungspolitik nach empirischen Maßstäben auszurichten, würde ich sie bereitwillig in Kauf nehmen, auch wenn es zynisch klingt. Solange du Zug um Zug Zurückweisungen mit Möglichkeiten verbindest, wie man legale Wege schafft, hierher zu kommen, würde ich Zurückweisungen sehr begrüßen. Aber wenn Zurückweisungen nur bedeuten, wir lösen unsere Probleme jetzt und gehen die von Afrika irgendwann mal an, dann bin ich damit eigentlich genauso wenig einverstanden.


€dit: Nochmal was ganz anderes:

https://www.welt.de/politik/article...shelme-Deutschland-nimmt-50-auf.html#Comments

Artikel bei der Welt darüber, dass Deutschland sich bereit erklärt, 50 von Israel gerettete syrische Weißhelme aufzunehmen. Man beachte die Kommentare: auch vereinzelte Leute, die einverstanden sind (bei der Welt eine Seltenheit), aber der Großteil immer noch alles zwischen ASSAD DID NOTHING WRONG und "müssen wir denn wirklich jeden aufnehmen?!?" Die Jauchegrube des deutschen Internets.
 
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Da ist kein Argument, das hast du falsch verstanden. Das sollte nur zeigen, dass wir hier von sehr großen Beträgen reden und es mit steigender Höhe immer schwieriger wird, das Geld ohne Effizienzverluste zu verteilen.
Ist mir klar, aber die Geldmenge und Probleme über die wir hier reden geht imho über "Effizienzverluste" deutlich hinaus. Und ich brauche mich auch bei der Schaffung eines neuen Postens auch nicht darauf berufen, dass ja andere Posten noch viel größer sind. Ich treffe die Entscheidung über das Budget für eine Ausgabe nicht rückwirkend vergleichend sondern anhand der verfügbaren Mittel und anstehenden Probleme im Moment der Entscheidung. Wenn Du mit leerem Tank und leerem Magen an der Tanke stehst und noch 200km bis zum Ziel hast, wirst Du ja auch nicht sagen "Ich geb mein Geld mal für Essen aus, die Reise hat eh schon so viel Sprit gekostet!". Nein, Du schaust Dir an, wieviel Geld hast Du, welche Probleme hast Du, wie setzt Du die Mittel die Du hast ein. Und egal wie viel wir bisher für andere Probleme ausgeben, scheinbar sterben noch immer mehrere zehntausend Menschen jährlich an mangelnder Krankenhaushygiene oder liegen tausende Hilfsbedürftige mies versorgt den ganzen Tag im Bett weil kein Personal für eine Betreuung da ist. Und genau an dem Punkt treffe ich die Entscheidung neu, wie ich 100 verfügbare Milliarden ausgebe. Wenn ich mit einem Teil davon 10.000 zusätzliche Mitarbeiter bezahlen könnte die die Zustände in deutschen Krankenhäusern oder Altenheimen verbessern, wäge ich das ab ob ich die vollen 100 Mrd. unter diesen Umständen immer noch für Migranten ausgebe (nicht vergessen, die ständige Berufung auf "Flüchtlinge" ist irreführend und schlicht falsch).

Das ist letztendlich einfach nicht wahr:

QgP5FRQ.png
Da kann ich zurückgeben, dass Du mich scheinbar nicht verstanden hast. Ich streite nicht ab, dass bei erkannten Fällen geholfen wird und dann deutschen Kindern bestimmt nicht weniger als ausländischen. Ich bemängele, dass die Strukturen zur Prüfung und Erkennung solcher Problemfälle auf einem miserabel ausgestatteten Personellen und finanziellen Niveau liegen und man mit einem Teil von 100 Mrd. eben auch die Hilfestrukturen bei den Jugendämtern verbessern kann, damit man die Kinder eben nicht erst dann völlig vernachlässigt aus den Wohnungen ihrer Assieltern holt sondern das Problem schon erkennt und bekämpft BEVOR das Kind im Elend landet.

Wir reden hier von Kindern und Jugendlichen, nicht einfach "Flüchtlingen". Du wirst davon ausgehen können, dass, wenn man hier als unbegleiteter Minderjähriger ankommt, man sicher nicht weniger traumatisiert ist als ein hier geborenes Kind, das aus seiner Familie genommen werden muss (was die akuten Gefährdungsfälle betrifft). Die Kosten dafür sind vergleichbar.
Da muss ich Dir widersprechen. Auf echte Traumatisierung durch Krieg und Flucht die sich z.B. in unwillkürlichen Angstreaktionen auf bestimmte Trigger, Alpträumen u. anderen massiven Schlafstörungen, unbewussten und für Aussenstehende unverständliche Kompensationsritualen manifestiert, bin ich zumindest bisher noch bei niemandem aus dem entsprechenden Klientel gestoßen. Und ich hab einige in den letzten Jahren getroffen. Die meisten geben an, die Reise war lang und zwischenzeitlich mal unangenehm aber nichts was die nicht schon aus der Umgebung aus der sie kamen gewohnt waren (bis auf die Bootsfahrt, wenn sie übers Mittelmeer kamen). Der letzte den wir aufgenommen haben ist vom Irak bis in die Türkei zu Fuß, Rad und per Anhalter gefahren. Dann mit dem Boot nach Griechenland. Angeblich 16 zum Zeitpunkt der 'Flucht'. Ich würd eher sagen Mitte Zwanzig und ziemlich selbstbewusst. Der hat genau null Traumaanzeichen und ist im Grunde nur sauer, dass man ihn letztlich doch eingeknastet hat. Klar, ist Nahbereichsempirie aber was man so in Reportagen sieht wenn junge Migranten interviewed werden, wirken die in der Regel eben nicht traumatisiert. Und so lange wie man mir da nicht mit sehr harten Fakten das Gegenteil beweist, vertraue ich doch eher auf das, was ich selbst wahrnehme. Wäre statistisch auch extrem unwahrscheinlich, dass ich ausschließlich die 0,2% kennen lerne die im Grunde nur ne harte Reise hatten und die anderen 99,8% aus Bombenhagel und der brennenden Kriegshölle kommen. Glaube ich nicht.

Wo Du direkt wieder durchgehend von "Flüchtlingen" und dann als Teilmenge noch viel dramatischer "nicht nur Flüchtlingen, auch noch Kinder!" sprichst, muss ich schon wieder "Stop!" rufen und Dich daran erinnern, dass erstens nicht alle die kommen auch "Flüchtlinge" sind sondern der größte Teil wohl eher Migranten. Und die genannte Teilmenge dann auch nicht überwiegend aus "Kindern" besteht sondern zu einem guten Teil aus zweifelhaft Minderjährigen die absichtlich keine Papiere vorlegen. Von denen auch bei weitem nicht alle "traumatisiert" sind. Von der Allgemeinannahme die Du zeichnest, bleibt also am Ende nur eine kleine Minderheit übrig, auf die das Gesagte wirklich zutrifft. Und für die 4k im Monat ausgeben wenn das notwendig sein sollte, stelle ich gar nicht in Frage.

Nochmal: Das soll nicht heißen, dass es nicht Ausnahmefälle gibt, die wirklich ihre Eltern auf einer tatsächlichen Flucht verloren haben, die gibt es und die sollen auch betreut werden. Aber generell davon auszugehen das wären alles "Kinder die schwer traumatisiert sind" ist völlig an der Realität vorbei.

Wenn du denkst dass dafür mehr Geld bereitgestellt werden sollte, würde ich dir nicht unbedingt widersprechen, aber du spielst einfach wieder nur Elend gegen Elend aus. Ich habe im Übrigen meine Zweifel an dem generellen Lamento, dass was dort schief läuft schief läuft, weil zu wenig Geld da wäre.
Nein, es liegt daran, dass zu wenig Leute da sind. Nagut, die wollen was essen und müssen ihre Miete zahlen, das ist natürlich dumm. Braucht man also doch wieder Geld. Okay, einigen wir uns drauf, dass man mit genügend Geld einen Haufen Leute einstellen könnte die die gröbsten Lücken füllen könnten?

Die Kosten der Flüchtlinge in Deutschland entstehen dadurch, dass wir festgelegt haben "Versorgungsniveau X ist angemessen" und dann richten sie sich alleine danach, wie viele Flüchtlinge letztendlich kommen und auf Versorgungsniveau X versorgt werden müssen.
So kann man denken, wenn man 'ne Gelddruckmaschine im Keller hat. Wenn man sein Hirn anstrengt denkt man vorher drüber nach, wie viele Ressourcen man hat und welche Probleme man damit in welcher Priorität lösen sollte. Wenn es dann eben nur für 100.000 Flüchtlinge reicht, dann ist das so. Mimimimi was macht man mit dem 100.001sten? Nix. Genauso wie man mit einem Rettungsboot was 50 Leute trägt eben nicht 200 rettet, weil es dann untergeht und langfristig alle tot sind. Man kann nicht allen helfen und das sollte am Besten direkt am Anfang klar sein, ideologische Betrachtungen "ja aber der 100.001ste hat ja DEN SELBEN ANSPRUCH auf Hilfe wie der 99.999ste!!!" helfen hier überhaupt nicht weiter. Was ist mit dem 500.001sten? Dem 1.000.001sten? Unsere mögliche Hilfeleistung ist eine *begrenzte Ressource* und die muss man auch noch unter allen Bedürftigen aufteilen. Alle anderen Betrachtungen sind 'ne ideologische Falle, die in letzter Konsequenz dazu führt, dass man ja bis zur Selbstaufgabe helfen müsste um seinem eigenen Anspruch zu genügen.

Fast jeder hilft mit "fremden" Geld. Wenn du denkst die meisten Leute hier hätten keine 10.000€ auf der hohen Kante, was glaubst du wie bspw. Operationen für die untere Hälfte der Gesellschaft bezahlt werden? Von den eingezahlten Beträgen der Geringverdiener wohl eher nicht. Sozialstaat heißt nun mal Umverteilung von "fremden" Geld.
Dann sind wir uns ja einig, dass man vorher drüber nachdenken sollte, wie man das tut und nicht einfach sagt "Jeder der hier ankommt bekommt XYZ und 'ne Obergrenze gibts nicht!" Wirschaffendas! Die benötigten Mittel backen wir uns einfach in "Sondertöpfen". Womit wir uns einmal im Kreis gedreht hätten, denn an der Stelle würde ich wieder mein Veto einlegen und sagen: Stop, dann aus den Sondertöpfen auch erstmal andere Probleme vergleichbarer Notwendigkeit lösen!". Können wir gern aber noch ein paar Mal spielen das Spiel.

Klar war es zumutbar für die Familie, dort zu bleiben.
Das ist alles was zählt. Case closed für mich.

Es wäre aber für Deutschland auch zumutbar gewesen, sie zu versorgen. Ich finde es etwas fragwürdig, da von Schuld zu reden (und genau darum ging es), weil die eben schwierig zu personalisieren ist. Ich gehe jedenfalls nicht ohne Weiteres davon aus, dass der Typ seine Familie in diese Lage gebracht hätte, wenn die Situation nicht durchaus drastisch für ihn ausgesehen hätte. Ich weiß nicht wie die Situation in der Türkei für Flüchtlingsfamilien ist, aber was ich zu bedenken geben wollte war ungefähr Folgendes: Die Kalkulation ist mit Kindern eine andere als ohne.
Es wär für Deutschland auch zumutbar, 50.000 indischen Mädchen aus der miesesten Kaste ohne jede Zukunftsperspektive (ausser der, in ihrem Dorf verkauft und/oder vergewaltigt zu werden) 'nen Flugticket samt Einbürgerung für Deutschland zu spendieren. Was ist das für 'ne Argumentation? Fakt ist, die Familie war sicher, welche wie auch immer geartete "Kalkulation" da hinter steckte sich dennoch in ein Boot zu setzen und das Leben aller zu riskieren ist völlig irrelevant. Die Schuld liegt zu 100% und völlig unzweifelhaft bei demjenigen, der sich dafür entschieden hat. Und bei niemandem sonst.

Zwei Einwände:
1. Ich glaube wir wissen beide, dass das niemals passiert wäre. Keine andere Nation nimmt in nennenswertem Umfang Leute aus Flüchtlingslagern ab. Keine andere Nation gibt einen mit Deutschlands im Inland real anfallenden Flüchtlingskosten (gemessen in BIP) vergleichbaren Teil ihres BIPs aus, um Flüchtlingen in den Lagern zu helfen.
Und nu? Alles was ich sagte ist: Für das Geld was wir heute ausgeben, könnte man woanders wesentlich mehr Leuten helfen. Dass das angeblich nicht möglich sei, ist doch Verantwortung genau der Regierung die angeblich so tolle Flüchtlingspolitik macht. Wer hätte sie gehindert, Geld und logistische Mittel für eine Lagerversorgung in Afrika oder direkt an der EU-Außengrenze zur Verfügung zu stellen? Nur sie selbst, weil sie dann hätten konkrete Zahlen nennen müssen und diese eben auch gegenüber der Öffentlichkeit vertreten. Und nicht Fakten schaffen, deren unklare Rechnung zu zahlen ist, wenn sie längst nicht mehr im Amt sind. Ebenfalls einer der Gründe, warum diese Art der Politik von mir durchweg abgelehnt wird.

Schau dir mal den Türkei-Deal an: Im Grunde war jedem, der sich damit ernsthaft auseinander gesetzt hatte klar, dass das genau ist, was du forderst, nämlich dass die Türkei Europas Außengrenze dicht macht und man ihr dafür anfangs Geld zahlt und später (das wollte natürlich niemand so klar sagen) auch Flüchtlinge abnimmt und nach Europa verteilt. Da sind die Leute Sturm gelaufen weil kann man ja nicht machen mit Erdogan. Dass die Türkei diese ganzen Leute aufgenommen hat geht dagegen unter.
Alle Leute die ich kenne die gegen den Türkei Deal waren, waren das aus dem Grunde, weil wir erneut die Kontrolle abgeben, alles mit dem Allheilmittel "Geld" lösen wollen und am Ende nur beschissen werden. Erdogan wird aus dem Deal ganz praktisch Profit schlagen, finanziell und politisch und wir machen uns mangels Schaffung eigener Infrastruktur von einer völlig unzuverlässigen Türkei abhängig. Genau deshalb wäre es halt wesentlich besser gewesen, diese Gelder direkt in Griechenland, Mazedonien etc. pp. zu investieren. Nicht nur, dass uns die damit geschaffene Infrastruktur auch später noch nutzt, wir hätten auch dort ganz praktisch Arbeitsplätze in der Flüchtlingsversorgung u. Grenzsicherung geschaffen, wirtschaftliche Impulse die gerade diese Länder gut hätten brauchen können, gezahlt von ganz Europa oder im Zweifel erstmal Deutschland.

2. Ich finde du tendierst zur maßlosen Übertreibung, was die Situation angeht, in der diese Flüchtlinge sind. Es kamen zu jeder Zeit eben nicht nur junge Männer, sondern auch Kinder, Jugendliche und Frauen und einfach so davon auszugehen, dass die jungen Männer, nur weil sie das Geld für einen Schlepper haben, nicht eigentlich mittellos sind (und sich das Geld leihen) ist auch fragwürdig. Der Grenznutzen könnte zweifellos höher sein wenn man Familien direkt aus den Lagern aufnimmt oder besonders Schutzwürdige, aber so viel besser geht es denen, die es bis hierher geschafft haben, in der kontrafaktischen Situation, dass sie weiter in den Lagern sitzen, dann wohl auch nicht. Und wie gesagt: Humanitäre Opportunitätskosten sind eben einfach gering, weil wir statt diesen Leuten nicht Bedürftigere aufgenommen hätten, sondern niemanden.
Tja, alles hätte wäre wenn. Das ist nicht meine Schuld, dass man das nicht "hätte" sondern ebenjener Regierung, die sich diesen vernünftigen Schritt nicht traute. Was notwendig gewesen wäre, wollte man nicht. Was man wollte, ging vielleicht nicht so einfach, also machte man irgendwas, was einen zumindest erstmal gut dastehen ließ und über die Rechnung sprach man einfach nicht. Und als es zu spät war, immer in Salamitaktik. Ich kann nix dafür, dass die Asylregeln so sind wie sie sind, aber ich kann auch nichts dafür, wenn sich Leute in Afrika Geld leihen um Kriminelle zu bezahlen, damit die sie nach Deutschland bringen um hier ihre Kosten irgendwie wieder rein zu kriegen. Nachher wird Kriminalität auch noch ein Asylgrund: "Sie müssen mich aufnehmen, weil meine Familie hat sich vom Warlord 10.000€ geliehen und wenn ich die nicht zurückzahle bringt der alle um!"? Direkte Aufnahme von Personen aus Flüchtlingslagern wäre eine Alternative gewesen die uns zumindest die Kontrolle über die Situation ermöglicht hätte. Man hätte vorher geklärt, wo und wie die Unterbringung erfolgt, sich die Bedürftigsten rausgesucht, Identitäten festgestellt und Dokumente erstellt, Datenbanken eingerichtet, Sozialleistungen genehmigt und ebenso seine moralische Pflicht erfüllt. Wie man da die unkontrollierte Aufnahme die zudem ein milliardenschweres Schleppersystem füttert als auch nur halbwegs vergleichbare Alternative ansehen kann, erschließt sich mir nicht.

1. Warum kannst du ihnen nicht mit rationaler Aufklärung begegnen? Imho völlig unbewiesene Behauptung, ziemlich krude.
Lebenserfahrung. Leute denen es dreckig geht und die eine Chance sehen, hören eher auf den, der ihnen verspricht sie zu erfüllen als auf den, der davon abrät es zu versuchen. Viel Erfolg dabei, in Afrika Plakate zu kleben. Dir ist klar, dass die Schlepper mittlerweile so gut finanziert sind, dass die das 100fache in Gegenpropaganda stecken können um ihre Geschäfte am Laufen zu halten? Jede Infokampagne in Afrika wird verpuffen wie ein Wassertropfen auf 'ner Herdplatte. Ich sag nicht, dass es gar nichts bringt, aber die Schlangen derer die auf Überfahrt waren, reduziert es vielleicht um 5%. Vielleicht 10%. Es ändert an der Gesamtsituation gar nichts. Du versuchst hier, mit einem Skalpell einen Baum zu fällen. Aber Du brauchst eine Axt. Sonst wird das nichts.

2. Ich verstehe nicht, warum die Toten auf dem Mittelmeer so sehr privilegiert werden gegenüber den Toten, deren Ursachen dieselben sind, die diese Bewegungen überhaupt erst produzieren. Alleine durch fehlenden Zugang zu Nahrungsmitteln sterben in Afrika im Durchschnitt pro Woche mehr Leute als im Mittelmeer im ganzen Jahr. Ob das Sterben im Mittelmeer stattfindet oder auf dem Kontinent ist imho von geringem Belang. Schwer zu ertragen finde ich weniger die Toten im Mittelmeer als die Tatsache, dass viele Leute (was dich nicht jetzt nicht unbedingt einschließt) sie als Anlass nehmen, so zu tun als wäre es für Afrika besser, diese Route zu kappen, was ich ehrlich gesagt bezweifle. Im Gegenteil: Wenn die Toten auf dem Mittelmeer endlich dazu führen, dass Europa halbwegs ernsthaft versucht, seine Entwicklungspolitik nach empirischen Maßstäben auszurichten, würde ich sie bereitwillig in Kauf nehmen, auch wenn es zynisch klingt. Solange du Zug um Zug Zurückweisungen mit Möglichkeiten verbindest, wie man legale Wege schafft, hierher zu kommen, würde ich Zurückweisungen sehr begrüßen. Aber wenn Zurückweisungen nur bedeuten, wir lösen unsere Probleme jetzt und gehen die von Afrika irgendwann mal an, dann bin ich damit eigentlich genauso wenig einverstanden.
Da sind wir ganz auf einer Linie. Nur mit dem Unterschied, dass ich die Lage in Afrika deutlich pessimistischer einschätze als Du scheinbar. Ich glaube, Afrika ist ein Waldbrand und Europa ein Typ mit 'ner Flasche Gerolsteiner. Die kann er da reinkippen oder selber trinken, das Ergebnis ist das Selbe. Wir sollten da realistisch bleiben bei dem was wir tatsächlich tun können und uns auch ganz klare Limits der Belastbarkeit setzen. Das muss man nicht toll finden, aber zu glauben, WIR könnten in Afrika durch unsere Politik irgendwelche signifikanten Veränderungen bewirken, halte ich für eine ganz große Illusion. Die Veränderungen müssen aus Afrika selbst kommen.

https://www.socialnet.de/rezensionen/18780.php
Vom Autor gabs letztens auch 'nen Artikel zur Thematik, aber wenn ich hier achgut verlinke haben wir wieder 10 Seiten Diskussion über Quellen -_-

Grundsätzlich stimme ich Dir aber sofort zu, dass man legale Wege zur Einwanderung braucht:
- Möglichkeit Asyl vor Ort zu beantragen, mit der Pflicht, den Anspruch nachzuweisen und vollumfänglich mitzuarbeiten - also nix mit Pass wegwerfen und eine traurige Geschichte erzählen
- Möglichkeit von begrenzten Aufenthaltstiteln (Stipendien) zu Bildungs- und Ausbildungszwecken die ggf. in eine berufliche Perspektive münden. Entweder hier, dann mit Einbürgerung in Sicht (~10 Jahre straffreier Aufenthalt) oder eben in Afrika als kleinen Teil der Verbesserungen die es dort braucht.
- Arbeitserlaubnisse für Fachpersonal mit Chance auf Daueraufenthaltstitel bei stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen und irgendwann Einbürgerung in Sicht.

Deshalb brauchen wir ein vernünftiges Einwanderungsgesetz. Gern auch humanistisch und nicht nur ökonomisch motiviert. Ist lange überfällig. Aber eine "Politik der offenen Grenzen" lehne ich strikt ab.

Edit: Zum Edit - dass man in den Kommentarspalten der Onlinemedien fast nur Gülle liest, ist doch nichts neues. Gegen so eine Aktion ist ja auch nichts einzuwenden. Witzigerweise ist es halt genau das was ich fordere: Vorherige Absprache, gezielte Hilfe, geplante Verteilung und Unterbringung. GG. Hätte Israel gesagt: "Omg wir müssen sofort die Grenzen aufmachen damit die alle her kommen können!" hätte ich mich arg verwundert gezeigt. Würden die auch niemals tun. Aus gutem Grund.
 
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...
Da muss ich Dir widersprechen. Auf echte Traumatisierung durch Krieg und Flucht die sich z.B. in unwillkürlichen Angstreaktionen auf bestimmte Trigger, Alpträumen u. anderen massiven Schlafstörungen, unbewussten und für Aussenstehende unverständliche Kompensationsritualen manifestiert, bin ich zumindest bisher noch bei niemandem aus dem entsprechenden Klientel gestoßen. Und ich hab einige in den letzten Jahren getroffen. Die meisten geben an, die Reise war lang und zwischenzeitlich mal unangenehm aber nichts was die nicht schon aus der Umgebung aus der sie kamen gewohnt waren (bis auf die Bootsfahrt, wenn sie übers Mittelmeer kamen). Der letzte den wir aufgenommen haben ist vom Irak bis in die Türkei zu Fuß, Rad und per Anhalter gefahren. Dann mit dem Boot nach Griechenland. Angeblich 16 zum Zeitpunkt der 'Flucht'. Ich würd eher sagen Mitte Zwanzig und ziemlich selbstbewusst. Der hat genau null Traumaanzeichen und ist im Grunde nur sauer, dass man ihn letztlich doch eingeknastet hat. Klar, ist Nahbereichsempirie aber was man so in Reportagen sieht wenn junge Migranten interviewed werden, wirken die in der Regel eben nicht traumatisiert. Und so lange wie man mir da nicht mit sehr harten Fakten das Gegenteil beweist, vertraue ich doch eher auf das, was ich selbst wahrnehme. Wäre statistisch auch extrem unwahrscheinlich, dass ich ausschließlich die 0,2% kennen lerne die im Grunde nur ne harte Reise hatten und die anderen 99,8% aus Bombenhagel und der brennenden Kriegshölle kommen. Glaube ich nicht.
...

Ich arbeite in dem Bereich und ich kann dir sagen, dass sehr viele minderjährige Flüchtlinge sehr wohl eine PTBS haben & Schlafstörungen usw..

In welchem Kontext hast du denn einige in den letzten Jahren getroffen wenn ich fragen darf?
 
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Ich bekomme die Leute zu sehen die die Polizei auf den Straßen wegen Auffälligkeit o. nachgewiesener Kriminalität einsackt und die dann bei uns genau dahingehend beurteilt werden, ob Schuldunfähigkeit oder Schuldminderung vorliegen (z.B. durch PTBS / traumainduzierte Psychose). Unterbringung bis zur Verhandlung, 126a StPO. Die Altersfrage ist hierbei teils ungeklärt, ich rede explizit auch nicht von offensichtlichen Kindern/Jugendlichen (die auch von mir aus umfassend betreut werden sollten) sondern von Personen die selbst behaupten 16/17 zu sein aber die Angabe durchaus in Zweifel gezogen werden darf. Im Gegensatz zu vielen Sozialarbeitern oder Psychologen, die ihr Klientel 1-2x pro Woche (wenn überhaupt) für 'ne halbe Stunde oder Stunde sehen, sehe ich die einige Wochen bis Monate am Stück, und zwar von früh bis spät. Ich bin nicht darauf angewiesen zu glauben, was die mir alles erzählen sondern ich kann das überprüfen. Durch Videoüberwachung, unangekündigte oder verdeckte Kontrollen oder Beobachtung in Situationen in denen sie sich unbeobachtet fühlen. Und da sind die Beobachtungen einfach eindeutig. Auch wenn sie dem Psychologen oder Sozialarbeiter 10x was von Schlafstörungen erzählen um Medis zu kriegen mit denen man Geschäfte machen kann oder von diesen oder jenen Verpflichtungen befreit zu werden. Die pennen in 28 von 30 Nächten wie die Lämmer und 2x war Pizzatag an dem vor Blähungen und Völlegefühl keiner einschläft. Aber schweißgebadet schreiend aufwachen? Angsterfüllt im Dunkeln sitzen und auf die Geräusche vor der Tür lauschen? Die ganze Nacht wälzen ohne Schlaf zu kriegen? Sorry, genau 0 Mal erlebt in einer 'Kontrollgruppe' von mehreren Dutzend intensiv betreuten Personen. Ich mache Tag für Tag die Erfahrung a la Dr. House: Patienten lügen. Nicht alle und nicht immer, aber sich einzig auf das zu verlassen was einem jemand erzählt ist hochgradig dünnes Eis.

Dazu kommt der Kontakt mit den Betreuern und Familien im Rahmen der Nachsorge oder bei der Zusammenarbeit mit unserem Sozialdienst, wo man dann auch die größeren oder kleineren Brüder kennen lernt. Da gibts ausführliche Gespräche sowohl bevor die eine Besuchserlaubnis bei uns erhalten, genauso gibts auch Besuche in Wohneinrichtungen oder zu Hause bei den Familien. Bei denen schaue ich zwar nachts nicht ins Bett aber ich kann deren Auftreten und Kommunikationsverhalten und die groben Lebensumstände durchaus beurteilen. Die wenigsten habe ich in Situationen vorgefunden, die mir einen Hilfebedarf von 4k+€ monatlich angemessen erscheinen lassen. Ein paar Leute, die in spezialisierten Wohneinrichtungen leben mussten weil sie nirgendwo sonst klar kamen gabs wohl, aber zu behaupten das wäre der "Normalzustand" geht an der Realität die ich kennen gelernt habe, drastisch vorbei.

Last but not least gibts umfassende Fallsupervisionen mit den Eindrücken aller möglichen Berufsgruppen, vom Ergotherapeuten über den Heilerziehungspfleger bis zum Psychologen und Sozialarbeiter. Und da tauscht man sich ziemlich intensiv über Differenzen zwischen Aussagen und Verhalten in verschiedenen Szenarien aus.

Ich betone nochmals: Ich sage nicht, dass es schwierige und schwer traumatisierte Fälle nicht gibt. Fass das also bitte nicht so auf und stell es nicht so dar. Ich hab extra bezüglich dieser Thematik mehrere Fortbildungen am ZTK Köln (Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement) besucht, gerade um mich dafür zu sensibilisieren was "echte" aka nachprüfbare Anzeichen von Traumaerleben sind und was Fassadenverhalten ist, mit welcher auch immer dahintersteckenden Motivation. Ich habe auch per se nichts gegen "Flüchtlinge" oder halte Kriegs/Fluchterfahrungen generell für Peanuts. Tue ich nicht. Meine Erfahrung mit dem älteren (und überwiegend kriminellen oder zumindest stark auffälligen) Anteil der "minderjährigen Flüchtlinge" sprechen aber glasklar dagegen, dass alle oder gar der Großteil "schwer traumatisiert" wäre. Das ist alles. Wenn es bei Dir eine signifikante Anzahl ist, die für Dich nachprüfbar an deutlichen Anzeichen einer PTBS leidet, dann liegt das vielleicht am Unterschiedlichen Klientel, vielleicht arbeitest Du mit eher jüngeren Jugendlichen/Kindern, vielleicht hats andere Gründe. Alles möglich, die Wahrheit liegt sicherlich irgendwo dazwischen.
 
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Also bei meiner Arbeit in einer vollbetreuten Einrichtung für minderjährige Flüchtlinge sehe ich schon oft viele Probleme die du nie sehen willst. Ich bin im übrigen auch nicht nur ab und zu dort sondern habe extrem oft Nachtdienste. Das heißt bis auf Schule und Freizeit bekomm ich von den Jugendlichen viel mit. Ich bin sehr oft über Nacht dort.

Es sind natürlich nicht alle traumatisiert. Aber es gibt sie.

Und jetzt mal ganz klar gesagt: Ich bin jetzt 30. Stand jetzt wüsste ich nicht wie ich damit umgehen könnte wenn jetzt meine Eltern/ein Elternteil verstirbt.

Und die Jugendlichen aus meiner Arbeit (Syrer, Afghanen, usw..) habe denk ich so zu 30-40% entweder ihre Eltern verloren oder wissen nichts über den Zustand Ihrer Eltern (oft in Kriegsgebieten und unsicheren Regionen).

Also ob ich dann ne PTBS habe oder nicht ist mir eigentlich ziemlich Schnuppe. Schon geil.. mit 14-18 seine Eltern verlieren, allein in ein völlig fremdes Land kommen.

Und genau deshalb feier ich die, welche sich trotzdem gut integrieren und ihr Ding machen. Und es gibt sie. Und vergleich auch mal die Vorrausetzungen zwischen einem "deutschen Jugendlichen" und so einem minderjährigen Flüchtling. Gerade dafür hab ich einfach Respekt vor denen die es irgendwie managen ihr Ding gut zu machen. Und es gibt sie.


Aaaaaber: Da ich selbst nicht der größte Fan von "persönlichen Erfahrungen" bin wenn es um so eine große und komplexe Thematik geht lass ich es auch gut sein damit.

Also ich kann mich drauf einigen, wenn man sagt, dass nicht alle (vma auch nicht die Mehrzahl) der Flüchtlinge (stark) traumatisiert sind. Aber das es keine oder auch fast keine traumatisierten gibt ist falsch.
 
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Traumatisierungen kommen gelegentlich vor, vor allem bei tatsächlich aus Krisengebieten kommenden Flüchtlingen. Sie sind allerdings nicht die Regel.

Wer generell als traumatisch zu bezeichnende Erfahrungen macht, muss nicht zwangsläufig davon (im psychopathologischen Sinne) traumatisiert werden. Das hängt ganz von der persönlichen Resilienz solchem Stress gegenüber (und natürlich der Intensität der Erfahrung) ab.
Nichts über den Zustand der Eltern zu wissen, ist z.B. eine sehr schwierige und unangenehme Situation, in der es adäquat ist, traurig und mitgenommen zu sein. Das ist eine natürliche Reaktion. Dass man davon eine PTBS entwickelt, ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Anders sieht es aus, wenn man mit ansehen musste, wie z.B. ein Vertrauter hingerichtet wurde oder man selber konkret und intensiv durch jemand anderes mit dem Tod bedroht wurde. Diese Situationen lösen wesentlich häufiger Traumatisierungen aus.

Ich habe schon so einige Flüchtlinge mitbehandelt und gleichzeitig auch noch eine negative Vorselektion (nur die auffällig Kranken werden zu mir geschickt). Spontan fallen mir jedoch nur zwei ein, die die Kriterien einer PTBS erfüllten (beide haben schwer traumatisierende Ereignisse wie z.B. brutale Folter am eigenen Leib erfahren). Die große Mehrheit der behandelten (bekannt psychisch kranken) Flüchtlinge hat sicherlich relevante Störungen von Psychosen bis Persönlichkeitsstörungen, eine voll ausgeprägte PTBS bekommt man jedoch nicht so häufig zu sehen.
Ein häufiger Einlieferungsgrund bei Flüchtlingen ist z.B. "Akute Suizidalität", hier man hier ganz genau hinschauen, was letztendlich die Ursachen sind. In den meisten Fällen ist es (zumindest unmittelbar) kein Trauma und die daraus folgende Störung. Viel häufiger sind es Depressivität (häufig bedingt durch den eintönigen Alltag im Lager und die Ungewissheit), kulturelle Missverständnisse (hiermit meine ich "agierendes" Verhalten durch den Patienten) oder der simple Versuch, einen Aufenthaltstitel zu ergattern (dies ist zugegebenermaßen nicht die Regel aber mind. so häufig wie PTBS).

Wenn man darüber entscheiden muss, ob jemand ohne Aussicht auf Asyl z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht abschiebbar ist, ist die Unterscheidung zwischen einer (klar definierten) psychischen Erkrankung und einem bedauerlicherweise hartem Leben jedoch sehr wichtig.
 

Benrath

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Um mal wieder von den Psychoprobleme wegzukommen.
Ich hab ja heute das gesehen.

https://ze.tt/diese-schwedin-verhindert-eine-abschiebung-mit-einem-ganz-einfachen-mittel/
mir geht diese Einstellung generell etwas auf den Senkel. Verhindert Abschibung mit einfachen Mitteln. Wenns nach mir ginge, wäre die einfach aus dem Flieger geworfen worden und der Typ wäre drin geblieben. Irgendwann muss man sich auch eingestehen, dass einige einfach kein Asyl bekommen können und wenn das durch alle Instanzen entschieden ist, dann müssen die Leute nun mal nach Hause. Alles andere macht sonst auch keinen Sinn.

Ob man jetzt wirklich schon gefahrlos nach Afghanistan abschieben kann, ist wohl einzelfallabhängig, aber nicht jeder abgeschobene Asylbewerber stirbt bei seiner Landung in Afghanistan bzw. wird sofort auf der Straße erschossen. Das sieht eventuell für ehamliga Übersetzer usw. anders aus.

Ich check da halt einfach das Mindset nicht. Genausowenig wie bei den Demonstranten, die nicht mal (schwer) straffällig gewordene Asylbewerber abschieben wollen. Da brauch tman sich nicht wundenr, wenn man sich von Anfang an mehr abschotten möchte, weil wer einmal hier ist, darf qausi nie abgeschoben werden. Es ist ja sogar unmoralisch, den Leuten Geld zu geben, damit sie freiwillig gehen
 
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ja geil wenn unser Kriterium jetzt "nicht jeder wird gleich in Afghanistan erschossen" für ein sicheres Land ist dann brauchen wir gar nicht mehr weiter diskutieren.

Es gibt in jedem Land irgendwelche Flecken in denen man schon mehr oder weniger sicher ist. Aber das kann doch nicht der Standard dafür sein wohin man Leute zurück schickt. Also vielleicht bin ich unterinformiert aber soweit ich weiß gibt es echt einige Gebiete in Syrien & Afghanistan (usw..) wo es momentan nicht so chillig sein soll (Euphemismus..).


@Ugly:

Naja eine PTBS ist jetzt nicht der Gradmesser & das Einzige worauf es ankommt oder? Es gibt so viele verschiedene psychische Probleme/Störungen & wenn gleich nicht jeder Flüchtling betroffen ist. Ich habe mittlerweile durch meine Arbeit verschiedenste Sachen kennen gelernt.

Aber letztlich .. & ich sags nochmal: Will gar nicht irgendwie Argumente groß auf persönliche Erfahrungen aufbauen. Das akzeptiere ich bei anderen nämlich auch nur (sehr) bedingt.
 

Benrath

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wie gut, dass ich das nicht geschrieben habe, aber ok ich spiele mit. Was kann denn überhaupt ein Kriterium zu sein jemand in ein anderes Land zu schicken? So für dich persönlich. Die Chance zu sterben ist quasi überall größer als hier. Mal davon ausgehend, dass abgelehnte Asylbewerber prinzipell abgeschoben werden sollten. Man muss sich eigentlich auch mal klar machen, dass wenn der Asylantrag abgelehnt, implizit eigentlich schon entschieden wurde, dass es keinen Grund fürs Asyl gab.
 
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Die Chance zu sterben ist quasi überall größer als hier.
Es geht nicht darum ob die chance irgendwo höher ist, sondern ob die person "stichhaltiger gründe" vorbringt die die annahme zulassen, dass ihm im heimatland ein ernsthafter schaden droht. Dafuer reicht auch, dass er zwar nicht individuell gefährdet ist, aber zur einer gefährdeten gruppe gehört (wehrdienstalter, religiöse minderheit etc). Ein Hazara, ein Christ oder eine unabhängige Frau haben wesentlich bessere chancen in afghanistan zu sterben als an den meisten anderen orten der welt.
Das AA hat in sienem letzten lagebericht zu afghanistan auch relativ deutlich gemacht, dass inländische fluchtalternativen nicht existieren, weil die absorptionsmoeglichkeiten durch binnenfluechtlinge und rueckkehrer aus pakistan/iran aufgebraucht sind. Man schiebt die leute in ein kaputtes bürgerkriegsland ab, weil man es sich politisch nicht leisten kann zuzugeben, dass der afghanistaneinsatz + tote bw-soldaten keinerlei effekt hatten. Obwohl einem selbst die eigene botschaft weggesprengt wurde und man nun wieder fast regelmaessig von anschlaegen liest, soll das land trotzdem ein paar sichere orte haben.


Mal davon ausgehend, dass abgelehnte Asylbewerber prinzipell abgeschoben werden sollten. Man muss sich eigentlich auch mal klar machen, dass wenn der Asylantrag abgelehnt, implizit eigentlich schon entschieden wurde, dass es keinen Grund fürs Asyl gab
Nur weil das BAMF etwas entschieden hat, heisst es nicht, dass es inhaltlich richtig ist. Die behörde ist immernoch überfordert und hat mit inkomptenten mitarbeitern zutun. Die erfolgsquoten von asylklagen sind auch bei afghanen >50%:
 

Benrath

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ich ging jetzt schon davon aus, dass der Antrage durch alle Instanzen im VG usw. schieß mich tot abgelehnt wurde. Wie auch im anderen Post geschrieben. Top Strohmann jedoch.

Mir gehts im Moment auch weniger darum, ob man nach Afghanistan abschieben kann, ob generell oder einzelfallabhängig, sondern das scheinbar die Hürde dafür von einigen Leuten so hoch gehangen wird, das man eigentlich nie abschieben kann.
 
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Ich lese hier nur ab und zu mit und weiss daher nicht, was alles bereits wie gemeint und durchdefiniert wurde, kannst deinen strohmann also behalten.
Solange es sich nicht um straftaeter (und auch hier wuerde ich unterscheiden) handelt, lehne ich auch abschiebungen nach afghanistan ab. Die gruende dafuer stehen im lagebericht des AA.
 

Benrath

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also ok der Lagebericht des AA ist für dich entscheidend?
Was ist dann mit dem VG, dass den Beschluss bestätigt, dass der Antragsteller keiner Risikogruppe etc angehört. Das VG kennt wohl auch den Lagebericht des AA. Trotzdem keine Abschiebung?

Wenn man quasi in keins der Länder wo die Asylbewerber herkommen abschieben möchte, egal was ist, muss man sich nicht wundern, dass viele generell gegen die Aufnahme von Asylbewerbin sind. Immerhin machen wir schon ne generelle Einzelfallbetrachtung. Aber hier weiß man es wohl besser. Und irgendso ne Schwedin wohl auch.
 
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strohmann much? wer spricht davon, dass man "in keins der länder" abschieben sollte? hier geht es um afghanistan. Wenn das VG feststellt, dass der klaeger keiner bedrohten gruppe angehoert, heisst es nicht, dass die entscheidung sofort vollziehbar ist (=abschiebung erfolgen kann). Der witz an der sache ist eben, dass man alleinstehende frauen, entwurzelte oder minderjaehrige ohne auffindbare angehoerige in afghanistan nicht abschiebt, weil man den lagebericht des AA kennt und die leute nicht "ins verderben" schickt.
Die paar wenigen die trotzdem abgeschoben werden, waren bisher (in dtl. zumidnest) straftaeter. Damit hat bayern nun schluss gemacht und schickt auch leute rueber die nicht polizeilich auffaellig waren. Ob man menschen die nachweislich integrationsleistungen erbringen trotzdem in ein kaputtes "shithole" wie afghanistan abschieben sollte, kann jeder fuer sich selbst entscheiden. Ich persoenlich finds zum kotzen, denn die gruende dafuer sind politisch. In kein anderes land in einem vergleichbaren zustand (d.h. ohne inlaendische fluchtalternativen) wurde bzw. wird abgeschoben.
 
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strohmann much? wer spricht davon, dass man "in keins der länder" abschieben sollte? hier geht es um afghanistan. Wenn das VG feststellt, dass der klaeger keiner bedrohten gruppe angehoert, heisst es nicht, dass die entscheidung sofort vollziehbar ist (=abschiebung erfolgen kann). Der witz an der sache ist eben, dass man alleinstehende frauen, entwurzelte oder minderjaehrige ohne auffindbare angehoerige in afghanistan nicht abschiebt, weil man den lagebericht des AA kennt und die leute nicht "ins verderben" schickt.
Die paar wenigen die trotzdem abgeschoben werden, waren bisher (in dtl. zumidnest) straftaeter. Damit hat bayern nun schluss gemacht und schickt auch leute rueber die nicht polizeilich auffaellig waren. Ob man menschen die nachweislich integrationsleistungen erbringen trotzdem in ein kaputtes "shithole" wie afghanistan abschieben sollte, kann jeder fuer sich selbst entscheiden. Ich persoenlich finds zum kotzen, denn die gruende dafuer sind politisch. In kein anderes land in einem vergleichbaren zustand (d.h. ohne inlaendische fluchtalternativen) wurde bzw. wird abgeschoben.

Finde ich als "Migrationskritiker" alles nachvollziehbar. Deswegen erachte ich es für wichtig, dass man das Thema "kontrollierte Migration/Abschiebungen" nicht alleine dem rechts-konservativen Spektrum überlässt. Das geht aber nur - und da liegt meiner Meinung nach das Problem - wenn man sich realistischerweise eingesteht (und auch nach außen kommuniziert), dass eine unkontrollierte Einwanderung auf Dauer nicht funktioniert, und dass es natürlich so etwas wie eine Belastungs-/Obergrenze gibt. Wenn man nicht bereit ist, dies zutun, finden die kommenden Entscheidungen eben ohne einen statt. Zwei der drei progressiven Parteien sind dazu nicht fähig. Und die SPD? Ich weiß bis heute nicht so richtig, wo die SPD in der Beziehung steht (außerhalb der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz für Nicht-EU Bürger, welches ich prinzipiell begrüße). Gefühlt glaube ich, dass es zu dem Thema innerhalb der Partei massive Differenzen gibt (wie auch bei Grün und Links), und man deshalb lieber vage bleibt.

Im übrigen: Ich bezweifele stark, dass die junge Dame aus Benraths Post sich große Gedanken über die Belastungsgrenze des Landes oder das Für und Wider von Abschiebungen in spezifischen Fällen gemacht hat. Die Annahme, dass es sich hier um eine Person handelt, die Abschiebungen generell für falsch hält, ist glaube ich nicht so abwegig. "Ein Mann wird wahrscheinlich sterben" - wirkt für mich nicht wie die Aussage von jemandem, der ausgiebig Statistiken studiert hat ...
 

Gustavo

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Benrath und yentoh reden zwar ein bisschen aneinander vorbei, aber grundsätzlich berührt das Thema ja einen interessanten Teil der Frage, der in der öffentlichen Debatte mehr oder weniger komplett unbeachtet geblieben ist: Wie viele Abstriche bei der Sicherheit der Abgeschobenen ist man bereit zu machen, wenn die hier einfach problematisches Verhalten an den Tag legen. Ich fand die Regel, dass man nach Afghanistan nur abschiebt wenn jemand schwer straffällig geworden ist eigentlich ganz gut, aber ich verstehe auch wenn man das anders sieht. Im Gegenzug habe ich eigentlich auch kein Problem damit, einen "Gefährder" abzuschieben, wenn ihm in seinem Heimatland Folter droht. Das mit der Menschenwürde ist ja schön und gut, aber was viele Leute (diese Frau im Flieger sicherlich eingeschlossen) nicht einsehen wollen und was ich nicht so richtig verstehe: Warum ist es SO viel wichtiger die absolute Menschenwürde derjenigen zu garantieren, selbst wenn das ganze einen Tradeoff beinhaltet? Warum ist es Linken völlig klar, dass wegen Abgasmanipulation Menschen sterben (auch wenn es vielleicht schwer ist, das genau zu beziffern und unmöglich, es individuell zuzurechnen), aber nicht klar, dass der Menschenwürde vielleicht mehr geholfen ist, wenn man die "Belastungsgrenze" wie Babautz es genannt hat ausreizt, was aber wiederum nur geht, wenn die Bevölkerung die Asylpolitik insgesamt zumindest nicht rundweg ablehnt? Wenn jeder sich so verhalten würde, der mit Abschiebungen unzufrieden ist, könnte man vermutlich wirklich fast niemanden abschieben, das kann es ja dann wohl auch nicht sein.
 

Benrath

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Natürlich reden yentoh und ich aneinander vorbei, das ist der Sinn des Forums :deliver:

aber dein Post fast es an sich gut zusammen.

nur zu yentoh "Polizeilich nicht auffällig" != "nachweislich integrationsleistungen erbracht" , wenn dem so ist, dann sollte man stärker darüber nachdenken, ob man abschieben muss, vor allem bei den Kindern, die zwischenzeitlich 10 Jahre in Deutschland aufgewachsen sind. Bei dem Mann ging es um einen 52 jährigen.

Ich bleibe aber dabei, dass es eine Instanz geben muss, die das entscheidet, und wer wenn nicht das VG soll das sein? Irgendwann ist halt mal Schluss....
 

Gustavo

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Neulich war im Spiegel ein guter Artikel, der ein ähnliches Problem schön beleuchtet hat. Kurzfassung: Frau wächst seit sie zwei Jahre alt ist in Deutschland auf und macht dann so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Kein Schulabschluss, kein Job (trotz Angebot zur Ausbildung!), alleinerziehend mit drei Kindern, spricht offensichtlich keine Sprache richtig. Fast alle ihre Verwandten (sie ist Roma) sind in Deutschland, nur sie wird mit 28 abgeschoben.

Wirtschaftlich ist es zu 100% ein Verlustgeschäft, die Frau in Deutschland zu lassen. Aber ob es wirklich zumutbar war, eine Frau mit ihren drei Kindern, die alle in Deutschland geboren wurden und nur deutsch sprechen in den Kosovo abzuschieben, halte ich moralisch für höchst fragwürdig, selbst wenn dort keine Gefahr droht. Wenn sie jetzt schwer straffällig geworden wäre, würde ich die Sache wohl anders sehen. Imho sollte Deutschland es gar nicht so weit kommen lassen, dass Leute so lange in Deutschland bleiben, ohen sich zu integrieren, aber wenn es erst mal soweit ist, dann sollten sie imho auch Deutschlands Problem sein.
 

Benrath

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An sich bringt es halt nichts das Thema an solchen Extremfällen zu disktuieren. Ohne jetzt den Artikel gelesen zu haben. Bin ich auf jeden Fall dabei, zu sagen, dass die Kinder hier bleiben dürften. Bei der Frau ist es halt wohl auch schon extrem, wenn die seit sie zwei ist in Deutschland lebt.

Generell ist es wichtiger die Dauer der Verfahren extrem abzukürzen.. Ist natürlich etwas lächerlich jemand quasi nach 20 und mehr Jahren abzuschieben... Da hat der Staat dann Pech gehabt, wenn er die Frist nicht einhalten kann und sie sonst nichts dafür kann.
 
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Es geht nicht darum ob die chance irgendwo höher ist, sondern ob die person "stichhaltiger gründe" vorbringt die die annahme zulassen, dass ihm im heimatland ein ernsthafter schaden droht. Dafuer reicht auch, dass er zwar nicht individuell gefährdet ist, aber zur einer gefährdeten gruppe gehört (wehrdienstalter, religiöse minderheit etc).
D.h. für dich hat jeder Afghane im Wehrdienstalter Asylrecht bei uns?
Warum fliegen wir die armen dann nicht ein, bieten Charterflüge und visafreie Einreise?
Aha, weil wir doch nicht für jeden Mensch auf der Welt verantwortlich sind?

Warum genau sollten wir dann mehr Verantwortung für einen Straftäter haben, der hier illegal eingereist ist -- als für einen friedlichen Afghanen, der nicht illegal eingereist ist?

Ein Hazara, ein Christ oder eine unabhängige Frau haben wesentlich bessere chancen in afghanistan zu sterben als an den meisten anderen orten der welt.
Die Chance ist aber immer noch relativ klein. Wenn dir diese Chance schon reicht, dann hätten 90% der Kongolesen hier Asylrecht. Das ist absurd.

Man schiebt die leute in ein kaputtes bürgerkriegsland ab, weil man es sich politisch nicht leisten kann zuzugeben, dass der afghanistaneinsatz + tote bw-soldaten keinerlei effekt hatten.
So ein Quark. Der Bundeswehr-Einsatz hat doch nichts mit Abschiebungen zu tun.
Nochmal: Es geht um illegale Migranten ohne Asylrecht, die hier straffällig geworden sind.

Gerade wegen so absurden Meinungen wie deiner, die so weit verbreitet sind, sehe ich Abschottung als die einzige Option.
Denn dann haben wir das Problem nicht so oft, dass wir hier Straftäter abschieben müssen.

Euch ist ja ein Straftäter, der nach Afghanistan abgeschoben werden soll, mehr Hilfe, Geld und Einsatz wert als den hunderten Millionen armen Menschen in aller Welt. Einfach nur, weil er "hier ist".

Ergo: Verhindern, dass illegale Migranten hierher kommen, damit die pseudo-Humanisten hier nicht rumheulen, wie sie behandelt werden. Und dann einen Teil der eingesparten Resourcen in Hilfe vor Ort umsetzen.

Übrigens: Würden wir EU-Recht einhalten, müssten wir üblicherweise auch nicht nach Afghanistan abschieben -- sondern nach Österreich o.ä. -- viele der Afghanen kommen ja auch aus dem Iran oder der Türkei, wo sie schon in Sicherheit waren. Wer von da weiterrreist, der flieht nicht, sondern versucht nur, seine Lebensbedingungen zu verbessern. Verständlich, aber nicht schutzwürdig.
 
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leider vollkommen am thema vorbeigesegelt. Es ging um abschiebungshindernisse von afghanen. Das hat nichts mit kongolesen zutun, es hat auch nicht nur mit straffaelligen afghanen zutun, denn wie bereits gesagt, schiebt bayern auch leute ohne vorstrafen ab. Das blabla von kleinen chancen kannst du mir ja widerlegen in dem du einen urlaub mit deiner frau in afghanistan verbringst. Ein paar gefaehrliche gegenden gibts ueberall, kein grund da nicht hinzufahren. Dir fehlts es nicht nur an statistikkenntnissen, du hast auch keine ahnung vom asylrecht. Insoweit eruebrigt sich jede weitere diskussion mit dir.
 

Benrath

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Mit der Einstellung kommst du leider nicht mehr weit. 15% der AfD Wähler ist das egal und den CSU und eventuell CDU Wählern auch. FDP fährt da mittlerweile auch eher die harte Linie. Du kannst natürlich mit der aus deiner Perspektive, nicht nur moralisch, richtigen Position untergehen, weil rot / rot / grün seh ich auf absehbarer Zeit nicht in der Mehrheit.
 
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Man kann ja auch Meinungen vertreten, ohne dabei im Hinterkopf zu haben inwiefern man damit politisch Mehrheiten erzeugen kann. Zumal man so ja auch nie die Motivation kriegt, vielleicht auch mal andere Meinungen zu ändern? Oder im schlimmsten Falle, selbst wenns dann von der Mehrheit ignoriert und anders beschlossen wird muss man seine Einstellung doch nicht plötzlich ändern?
Das sind für mich zumindest eher fragen, die sich ein gewählter Vertreter stellen muss, und nicht ein Bürger mit einer Meinung.

Das gesagt würde ich natürlich komplett rautieren, was yentoh geschrieben hat.
 
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Ich bin kein politiker und she es nicht als meine aufgabe xanthos von meiner meinung zu überzeugen. Ich bin auch nicht davon überzeugt, die einzige richtige meinung zu dem thema zu haben. Ich habe bloss keine zeit für diskussionen mit einem typen, der sich wiederholt mit erfundenen oder falsch interpretierten zahlen blamiert und seine darauf gestützten thesen auch dann wiederholt, wenn man ihm auf mehreren seiten seine denkfehler erklärt.

Übrigens hier ein artikel zum thema wieso abschiebungen trotz urteil nicht so einfach realisiert werden können: http://www.faz.net/aktuell/politik/...eramt-keine-schoene-aufgabe-ist-15711542.html
 

Benrath

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Ich seh das politisch und gesellschaftlich, dass es wohl Sinn macht zu versuchen 40-60% der Bevölkerung von deiner Meinung zu überzeugen, wenn du möchtest dass sie umgesetzt wird. Hier im Forum übst du das ein wenig :)

ZUm Faz Artikel, das sind in erster Linie prozedurale Grüne die auf unserer Seite liegen, keine Gründe warum die Abschiebung nach abgeschlossenem Prozess nicht stattfinden könnte.
 
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Gustavo

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Ich seh das politisch und gesellschaftlich, dass es wohl Sinn macht zu versuchen 40-60% der Bevölkerung von deiner Meinung zu überzeugen, wenn du möchtest dass sie umgesetzt wird. Hier im Forum übst du das ein wenig :)


Fair, aber man kann seinen Anspruch auf eine konstruktive Debatte auch einfach irgendwann mal verwirkt haben. Wenn ich zum 100. Mal eine Abwandlung des von Anfang an schwachsinnigen Arguments "wenn wir nicht allen helfen können, die die Maßstäbe erfüllen, können wir eben (so gut wie) niemandem (hier) helfen" höre, obwohl nie irgendwer hier gesagt hat, dass man das müsste, denke ich mir halt auch meinen Teil dazu.

Wobei ich ihm ja eins schon zugestehen muss: Es war ja schon dreist, sich erst hinzustellen und von explodierender Kriminalität zu schwadronieren und dann auf Nachfrage zu den neuesten Daten darauf zu verweisen, wenn du sowieso schon extrem seltenes Verbrechen X nochmal crosstabst und ihm seine dubiose Interpretation zugestehst, was die einzelnen Kategorien im Crosstab bedeuten, dann ist die Steigerung signifikant (wenn auch mit absoluten Fallzahlen im zweistelligen Bereich im gesamten [!] Bundesgebiet). Aber dann auf die Nachfrage zur Gefahrenlage in Afghanistan zu antworten "hey, die ABSOLUTE Chance zu sterben ist immer noch gering", unglaublich. "Galaxy Brain" Level an Stumpfsinn.
 
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"wenn wir nicht allen helfen können, die die Maßstäbe erfüllen, können wir eben (so gut wie) niemandem (hier) helfen"

Das hörst du zum 100. Mal weil es eben stimmt. Es gibt begrenzte Ressourcen um zu helfen und diese können effizient oder ineffizient eingesetzt werden. Wer dafür argumentiert, sie ineffizient einzusetzen, richtet letztendlich mehr Schaden als Nutzen an. Und Leute hier mit unserem vollen Sozialsystem zu versorgen ist nunmal ineffizient, während das Flüchtlingslager außerhalb Europas deutlich effizienter ist.
Dass du die Opportunitätskosten ausblendest macht dein Argument nicht besser, es macht es schlechter.
 

Benrath

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Also der Glaube, dass es effizienter wäre die Leute in Lagern außerhalb zu versorgen, ist auch nur ein Glaube.
Effizienter im Bezug auf was? Günstiger vielleicht. Aber als ob es den Leuten dort besser gehen würde. Der Vorteil an der Versorgung vor Ort ist, dass das Geld zumindest größtenteils im Land / der EU bleibt. Ich will dich sehen, wenn du darüber lesen musst, wieviel Geld bei der Hilfe außerhalb versickert etc. und nie ankommt.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Das hörst du zum 100. Mal weil es eben stimmt. Es gibt begrenzte Ressourcen um zu helfen und diese können effizient oder ineffizient eingesetzt werden. Wer dafür argumentiert, sie ineffizient einzusetzen, richtet letztendlich mehr Schaden als Nutzen an. Und Leute hier mit unserem vollen Sozialsystem zu versorgen ist nunmal ineffizient, während das Flüchtlingslager außerhalb Europas deutlich effizienter ist.
Dass du die Opportunitätskosten ausblendest macht dein Argument nicht besser, es macht es schlechter.


Alter. Stell dir einfach vor, dieser Thread handelte nicht von Flüchtlingen, sondern von, sagen wir mal, Orangen. Seit 635 Seiten diskutieren wir über Orangen: Farbe, Form, Qualität, Konsistenz, Anbauformen, Reifungsprozess, Rezepte, Kulturgeschichte usw. usf. Und jetzt kommst du, nach drei Jahren und 635 Seiten, und wirfst ein, dass man die Schale gar nicht mitessen muss. Das Gegenteil von Gratulation dazu.
 
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Also der Glaube, dass es effizienter wäre die Leute in Lagern außerhalb zu versorgen, ist auch nur ein Glaube.
Effizienter im Bezug auf was? Günstiger vielleicht. Aber als ob es den Leuten dort besser gehen würde. Der Vorteil an der Versorgung vor Ort ist, dass das Geld zumindest größtenteils im Land / der EU bleibt. Ich will dich sehen, wenn du darüber lesen musst, wieviel Geld bei der Hilfe außerhalb versickert etc. und nie ankommt.

Die Frage ist halt, ob man möglichst vielen Menschen ein möglichst gutes Leben ermöglichen möchten, oder möglichst viele Menschen vor dem Tod retten wollen.

Hilfe in Deutschland kann ja zB jene, die aus ihrem Land erst gar nicht heraus kommen, logischerweise auch nicht erreichen.
 
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