Du weisst, das das Unsinn ist. Man wartet mit der Reparatur eines Daches ja nicht, bis es nun wirklich auch anfängt zu regnen. Du löschst 'nen Brand nicht erst, wenn auch ganz sicher ist, dass er nicht gleich wieder von allein ausgeht und Du bremst auch nicht erst in dem Moment, wo Du aus der Kurve fliegst. Ich mein, kauf Dir halt 'nen Kübel Fliegenpilze und fang an zu essen, wenn Du die ersten Anzeichen dafür merkst, dass irgendwas nicht stimmt, hörst Du auf. Viel Spaß. Verantwortliches Handeln beginnt lange, bevor ein Kind in einen Brunnen fällt. Und unsere Regierung ist primär in der Verantwortung für unser Land und unser Volk (uhhh.. er hat VOLK gesagt! - Volk schließt bei mir erstmal alle hier lebenden Menschen ein, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Nationalität.), danach kommen unsere Nachbarn und die EU und wenn dann noch Luft nach oben ist, können wir gern versuchen, die Welt ein Stückchen besser zu machen.
Völlig neutrale Bilder, die du da ausgewählt hast. Ich argumentiere die Crux der Sache ist, dass die eine Seite die
Auswirkungen für nicht so dramatisch hält und deshalb eine Lösung für weniger dringlich hält und du kommst an und sagst "hey, fang doch mal an Fliegenpilze zu essen und schau wie lange du das durchhältst." Top.
Im Übrigen ist diese Idee, den Nutzen für die Bevölkerung lexikalisch abzuarbeiten (also erst kommen wir, erst wenn wir bedient sind kommen die Nachbarn usw.) praktisch völlig unbrauchbar, weil es keinen natürlichen stopping point gibt. Wir werden den Nutzen der deutschen Bevölkerung immer noch ein bisschen steigern können, wenn wir mehr unserer finanziellen Ressourcen für sie aufwenden, bis wir irgendwann bei 100% angekommen wären. Der Punkt, auf den ich hinweisen möchte: In der deutschen Bevölkerung gibt es Differenziale, wie groß der Nutzen dieser zusätzlichen Ausgaben ist; bspw. macht es einen drastischen Unterschied für die Betroffenen, ob wir bspw. gezielt Sozialfälle unterstützen oder stattdessen das Geld mit der Gießkanne verteilen und es damit teilweise verschleudern (siehe "Baukindergeld").
Genau dasselbe gilt, wenn man Flüchtlinge in diese Rechnung miteinbezieht. Das Problem an der Diskussion ist, dass viele Leute hier und anderswo so tun, als wäre die Lösung einfach und offensichtlich, weil man nur den Nutzen für Flüchtlinge nicht beachten muss und schon hat man die perfekte Lösung: Abschottung. Darüber, wie hoch der Nutzen der Politik Deutschlands jetzt ist, lässt sich streiten, aber das ist letztendlich eine Frage, die man empirisch betrachten kann. Wie hoch wir den Nutzen der Flüchtlinge im Vergleich zum Nutzen des "Volks" bewerten ist dagegen einzig und alleine eine politische und darüber ist ein Streit erlaubt und ich finde es ehrlich gesagt absurd, dass du so tust als müsste die andere Seite dieser Diskussion deinen Standpunkt ungefragt akzeptieren, dass die Diskontierung der Flüchtlinge genau so aussieht wie du sie gerne hättest. So honorig ich es finde zu sagen "hey, wenn wir einfach denselben Betrag ausgegeben hätten, um Flüchtlingen in den Lagern zu helfen, hätten wir viel mehr erreichen können", so offensichtlich ist imho, dass das niemals passiert wäre (genau wie es vor der Wanderungsbewegung nicht passiert ist).
Ob der Flüchtlingsstrom aus den Krisen und Elendsgebieten der Welt nun "die große Epochale Bedrohung" ist oder nicht, kann die Nachwelt mal mit abschließender Sicherheit klären. Für eine Menge Menschen (und nicht nur die dummen Rechten) stehen ganz klar greifbare Gefahren für unsere Gesellschaft auf Grund von unkontrollierter Masseneinwanderung überwiegend ungebildeter, völlig anders sozialisierter und last but not least zum größten Teil perspektivlosen Menschen auf der Risikoseite. Sowohl rein ökonomische als auch kulturelle, sicherheitspolitische oder soziale Risiken. Die Einschätzung musst Du nicht oder nicht in gleichem Maße teilen, wir leben ja in einem freien Land wo sich jeder seine Meinung bilden kann. Ich wünsche mir in einer Debatte eben sachliche Fakten und keine völlig unkonstruktiven pseudomoralischen Schlammschlachten, wenn man sich nicht mal auf 'ne Diskussionsgrundlage einigen kann.
Nun, wenn du bemängelst wie die Diskussion TATSÄCHLICH geführt wird, dann müsstest du in meinen Augen eher auf der entgegengesetzten Position von der stehen, die Grau in seinem Artikel einnimmt: Ganz egal ob man glaubt, dass in Deutschland der "linke Zeitgeist" dominiert oder nicht, verblasst jegliche "Umerziehung" im Vergleich dazu, wie die Meinung der Bevölkerung durch empirisch überhaupt nicht gedeckte Aspekte beeinflusst wird. Warum glaubst du gehen die Leute gegen "Islamisierung" auf die Straße, wo es keine Islamisierung gibt? Warum wählen die Leute weit überdurchschnittlich häufig AfD, wo die Ausländerdichte gering ist? Politisch haben diese Meinungen alle ihre Berechtigung, aber so zu tun als stammte das, was du "greifbare Gefahren" nennst, aus eigenen Beobachtungen oder der Lektüre von empirischen Studien anstatt aus Welt-Online-Artikeln, die Heinz G. aus Bietigheim-Bissingen mit der Faust in der Tasche auf seinem "Klapprechner" liest, entbehrt dann doch eher jeglichem Realitätssinn.
Und letztlich muss man sich halt auch an politischen Realitäten orientieren. Natürlich kann Deutschland einen Sonderweg gehen und natürlich kann Deutschland so lange aufnehmen bis wirklich gar nichts mehr geht. Aber das Problem selbst ist nur gemeinsam überhaupt lösbar und selbst wenn es so wäre dass es 2015 eine Mehrheit für einen Verteilerschlüssel gab (der wahrscheinlich zu 90% Deutschland belastet hätte), ist der Umschwung auf Abschottung doch in meiner Erinnerung auf europäischer Ebene sehr schnell gekommen, als man sich mal über die Zahlen im Klaren war um die es geht. Sich an der Vergangenheit festkrallen bringt auch überhaupt nichts, heute ist die Situation nun mal so, dass eine Einigung im Sinne einer merkelschen Willkommenspolitik schlichtweg europäisch völlig unmöglich ist. Die Widerstände und Mehrheiten geben das schlichtweg nicht mehr her und dann muss man auch hier irgendwann mal den Schlussstrich ziehen und sagen, "okay, hätten wir anders schöner gefunden aber wenn Abschottung der einzige Weg ist für den eine Einigung erreicht werden kann, dann tragen wir das mit bis sich alternative Lösungen eröffnen und diskutieren dann neu.".
Das gilt natürlich auch für die andere Seite der Vergangenheitsbetrachtung. Klar ist Deutschland auch mit schuld an der Misere, durch mangelnde Unterstützung der Flüchtlingslager die es seit Jahren gab, Knauserigkeit und und Wortbrüchigkeit bei den Hilfsorganisationen vor Ort, stimmt alles. Und wegen mir soll Fr. Merkel heute noch 500 Mio. € an Unicef, das Internationale Rote Kreuz und wen auch immer überweisen, der dort vor Ort Flüchtlinge betreut. Wegen mir 'nen quasi Blankoscheck mit der bitte, dort alles menschenmögliche zu tun und die Rechnung nach Deutschland zu schicken. Ja, hätte man schon vor Jahren machen sollen. Hilft aber nicht, das jetzt als Argument zu nehmen, bis zur Selbstaufgabe ungesteuerte Migration zuzulassen.
Über das Thema wurde imho zur Genüge gesprochen und du übertreibst auch, wenn du das "Abschottung" nennst, was die Regierungen zumindest Westeuropas bis vor Kurzem mehrheitlich vorgeschlagen haben. Da ging es nicht um "Abschottung" sondern hauptsächlich um alles, was hier in Deutschland auch beschlossen wurde/wird (Anreize senken, schnellere Abschiebungen), aber eben immer gepaart mit der Idee, dass man nicht derjenige sein will, der das Asylrecht abschafft, sondern eben derjenige, der sich möglichst effektiv darum drückt es zu gewähren. Zu glauben es wäre mir nichts dir nichts möglich gewesen, das Asylrecht einfach komplett auszuhebeln, verkennt die Situation von 2016 bis Mitte 2017. Selbst jetzt sieht sich Macron ja noch dazu befähigt, den Italienern vorzuhalten, wie unmenschlich sie mit den Flüchtlingsbooten umgehen, wenn sie ihre Häfen für sie sperren, während er gleichzeitig nicht bereit ist, Flüchtlinge aus Italien über die französische Grenze zu lassen. Beggar thy neighbour ist nicht einfach identisch mit "wenn es niemand macht dann schaffen wir es halt ab", das kam erst innerhalb ca. des letzten Jahres.