Nach welchem Maßstab ist die willkürliche Aufnahme von Millionen von Flüchtlingen das Richtige? Das hat mir noch niemand erklärt.
Findest du persönlich den Satz nicht etwas unehrlich formuliert?
Wenn man einen Flüchtlich aufnimmt, dann ist er ja auf der Flucht. Wer also den Status zuerkannt bekommt, dem steht sowohl vom deutschen als auch internationalen Recht her Schutz zu. Es ist also alles andere als willkürlich. Und in der Praxis sind ja diese Überlegungen gerade das Problem. Es geht ja darum die Nicht-Flüchtlinge möglichst effizient abzuschieben, und doch zu garantieren, dass kein echter Flüchtling schutzlos bleibt. Aber das nur nebenbei.
Das geht auch nochmal in die Richtung die vorher angesprochen wurden. Wenn man jetzt also sagt, wir lassen nur noch hundertausend Flüchtlinge rein, entscheide also nicht für jeden gleich auf Individualbasis, sondern per Kontingent, und wer danach kommt muss halt weg, auch wenn ISIS persönlich hinter ihm herrennt, dann ist das im gewissen Sinne eine Prinzipienaufgabe der Gesellschaft.
Nun sind aber solche gesellschaftlichen Prinzipien wichtig für einerseits den Nationalethos des Landes, und andererseits dem Mindset der Bevölkerung. Denn je weniger man einige Prinzipien beachtet, desto leichter lassen sich auch andere abschaffen! Man mag zwar denken, dass so Zeug ja angesichts einer rationalen Kostenrechnung im Endeffekt egal ist, aber ich denke das ist falsch.
Ich bin dieser Auffassung auch gerade deswegen, weil ich in den letzten zwei Jahren (teilweise) in der Türkei gelebt habe, wo sich massiv so eine Prinzipienänderung vollzogen hat. Dies schlägt sich in der Tat primär in der Mentalität der Bevölkerung wieder. Jede Gesellschaft hat so einen Nationalethos. In der Türkei ist es zum Beispiel in vielen Schichten der einer sekulären, Ost/West "Schnittstellen-"Demokratie gewesen. Mit sowohl rationalen als auch emotionalen Argumenten wurde diese Mentalität nun in der letzten Zeit zunehmends beseitigt. Und ja, gerade die rationalen Argumente nimmt man da gerne.
In Deutschland sehen wir uns halt gerne humanistisch, weltoffen, und vor allem von der Geschichte des dritten Reiches geprägt. Viele Deutsche (die ich kenne) sagen halt: WW2 was Mist, aber wie wir jetzt daraus herausgekommen sind, das hat uns besser gemacht. Die Leier vom aufgeklärten deutschen Geschichtsunterricht wird ja gerade von Deutschen in internationaler Gesellschaft mit Genuß breitgetreten. In vielen Kreisen war man halt pre 2014 durchaus der Meinung, dass wir uns als Land und Gesellschaft für Hilfesuchende einsetzen würde, so aus Prinzip halt, Kosten egal (Menschen > Geld usw).
Dass das halt, rein emotional auch so funktioniert, konnte man ja sehen als die ersten Flüchtlinge angekommen sind #refugeeswelcome Mentalität war ja mal gut 90% salonfähig. Jetzt was, vielleicht 20%?
Die Frage ist halt, wie wichtig ist eben diese Mentalität für einen Nationalstaat gegenüber der Verpflichtung rational abzuwägen.
Wir stehen jetzt halt da, als Deutsche, als Leute die gerne eine hohe Meinung über unseren eigenen Prinzipien hatten, und uns nun der Realität beugen mussten. Und das ist der Punkt wo Prinzipien verloren gehen. Und wenn es hier ähnlich ist wie in anderen Ländern, dann sind das eventuell nicht die letzten Prinzipien die dran glauben müssen (kA ich könnte jetzt mal über Privatsphäre und Überwachung spekulieren etc.).
Ist schwer zu sagen was richtig ist, aber so die emotionale Komponente hinter einer Gesellschaft zu unterschätzen ist schon so einige male in die Hose gegangen.