Beim körperlichen Training im Allgemeinen und Krafttraining im Besonderen geht man davon aus, dass der Körper drei grundlegenden Gesetzen folgt, die im Folgenden kurz erklärt werden:
1. Das Generelle Anpassungs Syndrom (GAS). Es handelt sich um die unspezifische Reaktion, mit der sich der Organismus an jeden Umstand anpasst, der sein Gleichgewicht stört (Krankheit, Hungersnot, körperliches Training, etc.). Diese Reaktion findet in drei Phasen statt:
1.A. Reaktionsphase: Es kommt zu einem Reiz (das ist in unserem Fall das Training) und das biologische Gleichgewicht des Organsmus wird gestört, so dass dieser reagiert und seine "Abwehr" neu aufbaut, um das veränderte Gleichgewicht wiederzuerlangen. Eine grafische Darstellung verdeutlicht den Vorgang:
1.B. Ausdauerphase: Der Organismus erlangt seinen ursprünglichen Zustand nicht nur wieder sondern kann ihn sogar übertreffen. Praktische Erklärung: Wenn die Trainingseinheiten zeitlich weit auseinanderliegen, gelangt der Körper lange vor dem nächsten Training wieder zu seinem ursprünglichen Zustand und es kommt zu keiner Steigerung (Gelegenheitssportler)
Erfolgt der nächste Reiz zu früh, lassen wir dem Organismus keine Zeit, das erforderliche Niveau wiederzuerlangen, um weiterzukommen, wodurch es bei längerer Dauer zu einem Übertraining kommt (es kommt nicht zur keiner Steigerung, sonder sogar zu einer Verschlechterung).
1.C. Erschöpfungsphase: Lässt der Reiz nicht nach, kommt es zur Erschöpfung des Organismus. Praktische Erklärung: Ist die Intensität des Trainings hoch, kann es nicht lange andauern, in diesem Fall hat es keinen Sinn, mehrere Stunden am Stück im Kraftraum zu verbringen.
2. Das Prinzip der Superkompensation. Dabei handelt es sich um die körperliche Reaktion des Organismus, wenn er eine Leistungsfähigkeit über dem Niveau seiner ursprünglichen Fähigkeit aufbaut. So kommt es zur akuten oder funktionellen "extragenetischen Adaption", die im Moment des Trainings stattfindet; die chronische oder epigenetische Adaptation, die durch die Wiederholung der Ersteren zustande kommt, bringt den Körper zu Steigerung seiner Funktion.
Praktische Erklärung: Wenn von Superkompensation die Rede ist, bezieht sich dies auf die Art und Weise, in der sich der Körper auf ähnliche Belastungen in der Zukunft vorbereitet. Dies lässt sich viel besser begreifen, wenn man sich ein immer gleich bleibendes Training mit einem immer gleich bleibenden Gewicht vorstellt. Daran wird sich der Körper innerhalb kurzer Zeit anpassen und über diesen Stagnationsunkt hinaus wird er sich nicht steigern. Hier kommt das "Prinzip des wirksamen Belastungsreizes/Überlastungsprinzip" ins Spiel, das weiter unten ausgeführt wird. Die Adaptation im Zuge des Trainings führt nicht nur zu einer Vergrößerung der Muskeln, sondern auch zu Veränderungen auf der Ebene der Enzyme, der Kapillarisierung, auf neuromotorischer und Stoffwechseleben usw.
zwar ist jeder Mensch anders, ebenso wie jede Art des Trainings, doch statistisch gesehen lässt sich sagen, dass die Reizperioden eines Muskels beim Muskelaufbau (oder Konditionsaufbau) im Allgemeinen ein- bis dreimal pro Woche wiederholt werden können; dazu sollte hin und wieder eine ausgedehntere Phase der Erholung kommen und ein regelmäßiger Wechsel bei Gewichten und Wiederholungen (leichte, gemäßigte und schwere Zyklen).
3. Prinzip des überschwelligen Belastungsreizes. hier kommt der Begriff der Intensität ins Spiel. Jeder wird begreifen, dass es viele Variablen gibt, die die Intensitätsschwelle beeinflussen, doch praktisch gesehen begreifen wir die "akzeptable Intensität" als ein bestimmtes Niveau der Anstrengung, unterhalb dessen sich keine bedeutenden Fortschritte erzielen lassen.
Praktische Erklärung: Nicht immer haben wir die Häufigkeit der Trainingseinheiten, die Ernährung und weitere für die Planung des Trainings bedeutende Faktoren in der Hand (aus Gründen der Berufs oder der Ausbildung, aus persönlichen Gründen, usw.). Doch das Mindeste, was gewährleistet sein sollte, ist, dass das Training, wenn es betrieben wird, intensiv betrieben wird. Auch wenn dies üblicherweise in Prozent gemessen wird, kann die Intensität ein und derselben Übung durch mehr Gewicht (oder weitere Strecke/höhere Steigung in kürzerer Zeit beimAusdauertraining) , weniger Pausen, eine veränderte Trainingszeit usw. gesteigert werden. In jedem Fall muss die Anstrengung hoch sein und uns fordern. Doch dabei muss intelligent vorgegangen werden, denn eine zu hohe Intensität kann zu einer chronischen oder akuten Verletzung führen. In der Praxis führen sehr weniger Sportler einen Satz bis zum Maximum der lokalen der Muskelerschöpfung aus, sondern geben sich damit zufrieden, dass sie die vorher festgelegte Zahl an Wiederholungen erreichen, als ob diese Zahl in gewisser Weise magisch wäre. Wir wären überrascht angesichts der Leistungsgrenzen bei jeder Übung, wenn wir uns tatsächlich vornähmen, sie zu erreichen - möglicherweise lägen sie über unseren bisherigen Leistungen. Bleiben wir bei den oben stehenden Ausführungen bietet diese Erklärung des intensiven Trainings die beste Antwort auf die Frage "Muss man viele Stunden pro Tag trainieren?" Natürlich kann man sehrt und sehr lange trainieren, aber nicht beides auf einmal!
Einige Leute lehnen einseitige Beanspruchung ab, z.B. bei der Übung "Quadrizeps auf der Bank mit einem Bein", weil sie sie für weniger intensiv halten als eine beidseitige Beanspruchung, doch das ist nicht ganz richtig.
Sicherlich ist das insgesamt gehobene Gewicht niedriger und die Wirkung auf den Organismus im Allgemeinen etwas schwächer (schwächere Wirkung auf das GAS), doch die Intensität für jeden Teil des Quadrizeps ist wahrscheinlich die gleiche.
Daher muss man beurteilen können, welche Arbeit der Muskel konkret leistet, um die jeweilige lokale Intensität zu kennen. Bei dem genannten Beispiel ist an einigen Geräten eine seitliche Last eingerichtet, wodurch bei gleichzeitiger Verwendung beider Beine dijenige Seite stärker blastet wird, auf der sich die Last befindet. In diesen Fällen kann ein einseitiges Arbeiten besser sein als der gleichzeitige Einsatz beider Seiten.
Was die optimale Trainingszeit betrifft, so hängt diese von der beanspruchten Muskelgrupe ab, von der wöchentlich verfügbaren Stundenzahl, von der körperlichen Verfassung und von den Zielen, aber sie liegt ungefähr zwischen 30 und 90 Minuten pro Sitzung und zwischen drei und sechs Sitzungen pro Woche. Genauer lässt sich nicht eingrenzen, da zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen sind, aber dennoch dürften sich etwa 90% derjenigen, die Kraft- oder Ausdauertraining betreiben, in diesem Rahmen bewegen. Eine Erhöhung der Trainingszeiten ist nicht gleichzusetzen mit einer Erhöhung der Intensität. Im Gegenteil: Bei einer tatsächlichen Erhöhung der Intensität müssen gleichzeit die Zeit und der Umfang der Beanspruchung reduziert werden.
Die Begeisterung veranlasst manchen zum Übertrainieren. Wenn dieser Verdacht besteht, empfiehlt es sich, bestimmte Variablen zu reduzieren, doch nicht die Intensität. Ein Rezep, um das Übertraining zu "heilen", könnte so aussehen: Beginnen wir mit einer Woche vollständiger Erholung. Wenn wir das Training wieder aufnehmen, sieht unser Trainignsplan während des erforderlichen Zeitraums folgendermaßen aus: dreimal pro Woche an abwechselnden Tagen, zwei Muskelgruppen pro Tag (eine kleine und eine große), ein oder zwei Grundübungen pro Muskelgruppe, drei Sätze pro Gruppe, pro Satz zehn Wiederholungen "bis zum Versagen", 8 oder 9 Stunden Schlaf zur Regeneration, ausgewogene Ernährung und reichliche Zufuhr von Flüssigkeit. Dies ist nur ein möglicher Entwurf, es gibt noch weitere. IN der Tat gestalten viele Bodybuilder ihren üblichen Trainingsablauf auf diese Art, und zwar nicht, um das Problem des Übertrianings zu lösen; für andere Menschen hingegen ist dieser Vorschlag hinsichtlich der Höhe der Beanspruchung ein wenig knapp bemessen.
Nachdem wir die drei grundlegenden Gesetze des körperlichen Trainings erläutert haben, sollten wir genauer auf die Säulen eingehen, auf denen das Muskelwachstum beruht. Es handelt sich dabei um:
- Korrekte Biomechanik
- Angemessene Erholung
- Ausgewogene Ernährung
- Reichliche Flüssigkeitszufuhr
- Gezielte Beanspruchung
- Angemessene Frequenz
- Ausreichende Intensität
- Reihenfolge der Übungen
- Progressive Überlastung
- Abwechslungsreiche Übungen
Zu ergänzen wären hier noch das ausreichende Aufwärmen, die korrekte Atmung, die Auswahl der geeigneten Übungen, eine psychologische Vorbereitung, die Narhungsergänzung (falls erforderlich), Geduld -
viel Geduld ... Diese lange List erklärt, warum es so schwierig ist, Fortschritte zu machen, ganz gleich, welches Ziel verfolgt wird: Muskelwachstum, Gewichtsverlust, Fitnessverbesserung, HKS, usw.
Bei den Prinzipien des Krafttrainings spricht man, abgesehen von den bereits genannten, vom:
- Prinzip des wirksamen Belastungsreizes: die Person muss durch die Übung eine größere Anstrenung vollbringen als im täglichen Leben.
- Prinzip des progressiven Belastungsreizes: dieses Prinzip hängt mit dem vorigen zusammen. Der Organismus passt sich an die neuen Belastungen an, weshalb ihre Intensität nach und nach gesteigert werden muss.
- Prinzip der Umkehrbarkeit: lässt der Reiz nach, kehrt der Körper tendenziell zu seinem ursprünglichen Zusatand zurück. Wird ein Training aufgegeben, wird er Körper Woche um Woche schwächer, bis er den vorrigen Stand erreicht.
- Das Prinzip der gezielten Beanspruchung und der Übertragung: um die Kraft zu steigern, gilt es, die Kraft zu trainineren, um die Ausdauer zu erhöhen, gilt es, die Ausdauer zu erhöhen, usw.
- Prinzip der Individualität: ein und derselbe Reiz, ebenso wie ein und dasselbe Training, rufen bei jedem Menschen unterschiedliche Reaktionen hervor.
- Prinzip der Dauerhaftigkeit: darunter versteht man die regelmäßige Planung der Trainingseinheiten, das heißt, wenn sie zeitlich weit auseinanderliegen, werden sie nicht die gewünschnten biologischen Anpassungen bewirken. Doch wenn die Zeiten dazwischen zu sehr verkürzt werden, kommt es zum Übertraining.
Was weitere "Techniken" des Muskeltrainings betrifft, wie z.B. die vorzeitige Erschöpfung, die Muskelkonfusion, das Muskelbrennen, die Antagonisten-Supersätze usw., so gibt es für diese keinerlei wissenschafltiche Grundlage und sie sind auf das Streben angeblicher Bodybuilding-Gurus nach Bekanntheit zurückzuführen. Ihr einziger Vorteil ist, dass es nie langweilig wird.
Ein weiteres Thema sind Anabolika, zu denen viel zu sagen wäre, doch dies ist nicht das Ziel dieses Threads.