Ehrlich gesagt finde ich das schon relevant. In unserer Gesellschaft (und ich habe das Gefühl in der amerikanischen noch stärker) gibt es wenige Menschengruppen die verhasster sind, als Pädophile. Die Ausdehnung der Definition des Begriffs "Pädophilie" halte ich für hochproblematisch*. Das gerade der besonnene Gustavo da mitspielt macht mich ehrlich gesagt betroffen. Wenn es darum geht, dass nur endlich mal jemand an die Kinder denkt, brennen wohl jedem mal die Sicherungen durch. Auch das Legalitätsargument ist da wenig hilfreich, da rechtlichen Rahmenbedingungen von Staat zu Staat (und in den USA auch zwischen den Bundesstaaten) schwanken.
Sehe ich anders. Ich bin
weit davon entfernt, hier Helen Lovejoy zu imitieren und ich verfalle auch nicht in Schockstarre, alleine weil sich jemand zu sexuell zu Mädchen hingezogen fühlt oder ein Sachverhalt die "statutory rape" Definition erfüllt (speziell diejenigen, die nicht von "Romeo & Juliet" Laws gedeckt sind). Aber hier darauf zu beharren, dass der Typ nicht die technische Definition von pädophil erfüllt, weil die Mädchen post-pubertär waren, ist ja wohl im höchsten Maße lächerlich:
1. Es gibt meines Wissens keinen Begriff, der den Epstein-Sachverhalt sowohl in seiner Illegalität und amoralischen Natur korrekt beschreibt. Im Englischen gibt es Ephebophilie, aber erstens ist der im Deutschen nur für Anziehung zu Jungen geläufig (von Parthenophilie, was die Entsprechung für weibliche Jugendliche und junge Frauen ist, hatte ich auch noch nie gehört, bevor ich ihn eben ergoogelt habe) und zweitens können darunter auch völlig legale Beziehungen fallen (die ein erwachsener Mann mit Frauen unterhalb des age of consent per definition nicht haben kann). "Statutory rape" kann auch völlig harmlose "einer ist ganz knapp über age of consent, der andere ganz knapp darunter" bedeuten. Nur bei (ausgelebter) Pädophilie ist klar, dass es sich um eine Befriedigung sexueller Triebe handelt, die wegen der Machtdynamik zwischen den Partnern per se verwerflich UND illegal ist.
2. Was der Begriff landläufig meint trifft die Sache noch am ehesten: Was Epstein gemacht hat ist deshalb moralisch verwerflich UND illegal weil er die enorme Differenz in den Machtverhältnissen zwischen ihm und den Minderjährigen ausgenutzt hat, um seine Triebe zu befriedigen. Wir reden hier explizit nicht von einem Fall von Prostitution, bei dem die Prostituierten zufällig Minderjährige waren (sowas kann es nicht geben), sondern Vergewaltigung. Wenn wir von erwachsenen Frauen reden würden, die aus freiem Willen mit ihm Sex haben, wäre es keine Vergewaltigung, obwohl eine Machtdifferenz ausgenutzt wird.
3. Wenn es im Internet nicht Standard wäre, bei dem Thema mit "well, actually" zu kommen und damit die Drastik des Verbrechens zu relativieren, hätte ich parats so nicht geantwortet. Aber so wie die Sache liegt sehe ich keinen Grund, auf dieser Differenzierung zu bestehen: Was Epstein getan hat fällt nicht in irgendeine Grauzone, nur weil die Opfer älter als Kindesalter waren, sondern is EXAKT das, was an ausgelebter Pädophilie verwerflich ist. Das Stigma finde ich auch problematisch, aber was Epstein gemacht ist
absolut vergleichbar mit Taten von ausgelebter Pädophilie nach der wissenschaftlichen Definition des Begriffs. Wenn (ausgelebte) Pädophilie in irgendeiner Weise moralisch weniger verwerflich wäre, hätte ich Verständnis für den Einwand, so ist er schlicht überflüssig.