Genau das ist doch mein Problem mit dem Begriff der Steuerschuld. Das Wort impliziert, dass der Bürger eine Schuld am Staat zu begleichen hat.
Er hat aber niemals freiwillig einen Vertrag unterschrieben, der ihn zum Schuldner macht. Im Gegenteil, der Staat erpresst unter Gewaltandrohung die Steuer (genau wie beim Schutzgeld) und definiert das dann als "Steuerschuld".
Das überzeugt nicht.
Der Bürger stimmt dem Grundkonsens zu, indem er ihn nicht abändert. Damit hat er sich aus freiem Willen in eine Partnerschaft zum Staat begeben und muss sich daran messen lassen.
Beides, "Steuerschuld" und "Wehrpflicht ist keine Zwangsarbeit" sind letztendlich Propagandainstrumente.
Dieser Aussage kann auch nicht gefolgt werden:
1. Deine Beispiele sind schon nicht vergleichbar. Während Du einerseits einen wissenschaftlichen Fachbegriff verwendest, nutzt Du auf der anderen Seite eine Aussage (Wehrpflicht sei keine Zwangsarbeit).
Wenn ich Steuerschuld im wissenschaftlichen Diskurs verwende, herrscht Klarheit darüber, was mit dem Begriff gemeint ist. Es ist schlicht eine operable Größe, gleich einem Platzhalter. Er deklariert die gesetzlichen Rechte und Pflichten aus dem Verhältnis Bürger zu Staat.
Die Aussage, Wehrpflicht sei keine Zwangsarbeit, ist demgegenüber kein solcher Platzhalter. Und "Wehrpflicht" per se ist keinesfalls verschleiernd. Es wird ausgedrückt, es sei jedes Bürgers Pflicht, für die Verteidigung des Landes zu sorgen. Wenn Du dies als Zwangsarbeit deklarieren willst, dann bitte. Dies ändert aber nichts daran, dass schon Dein Vergleich unglücklich gewählt ist.
2. Aber auch inhaltlich kann Deinem Argument nicht gefolgt werden. Wie ich bereits dargestellt habe, handelt es sich nicht um einen Propagandabegriff, sondern um einen im wissenschaftlichen Gebrauch genutzten Begriff. Dieser ist in seiner Aussage eindeutig, sodass jeder an einer Diskussion teilnehmen kann und beschreibt nur die derzeitige gesetzliche Situation. Diese Aussage ist nicht verschleiernd, versucht nicht irgendwas darzustellen, wie es nicht ist und wird nicht primär durch staatliche Organe verwendet, sondern ist Resultat des wissenschaftlichen Diskurses zum Steuerrecht. Dass Du mit dieser nicht einverstanden bist, macht den Begriff nicht zur Propaganda.
Mit Deiner Argumentation ließe sich jeder Fachbegriff, der sich auf ein durch den Gesetzgeber geschaffenes Konstrukt bezieht, als Propaganda abtun. Niemand käme auf die Idee, "Eigentümer-Besitzer-Verhältnis" als Propaganda zu bezeichnen. Die Liste ließe sich beliebig ergänzen.
Aber MV, ich nehme Dir nicht ab, dass Du Dir das nicht klar ist. Natürlich willst Du überspitzt formulieren und das ist auch in Ordnung, belassen wir es dabei
Fachbegriffe zur Rassenlehre gab es in der NS-Zeit mehr als genug. Diese "wissenschaftlich" anerkannten Fachbegriffe, die letztendlich auch nur Propagandainstrumente waren, sollte man als freiheitlich denkender Menschen dennoch ablehnen.
Wie gesagt, der NS-Vergleich ist untragbar, von Propaganda kann keine Rede sein, eine andere Ansicht ist nicht vertretbar.
Der Einwand, dass die Mehrheit für Steuern ist, ist für das Individuum das vom Staat erpresst wird irrelevant. Wenn zwei Menschen abstimmen, einen dritten auszurauben, dann ist das immernoch Raub.
Wie die Steuern ausgegeben werden und ob im Nachhinein Rechtswege offenstehen ändert auch nichts an der Art der Erhebung, die dem Schutzgeld gleicht.
Stell dir mal vor wir haben eine Straße ("das Volk") mit Geschäften, die alle Schutzgeld an die Mafia zahlen und glücklich dabei sind, weil die Mafia dafür einmal im Jahr ein Straßenfest mit Freibier veranstaltet.
Nun mache ich in dieser Straße ein Geschäft auf und will kein Schutzgeld an die Mafia abtreten müssen. Deiner Logik nach zu urteilen hätte die Mafia ein Recht darauf, Schutzgeld zu erpressen, da die Mehrheit ja für das Schutzgeld ist. Das macht nun wirklich keinen Sinn.
Das ist nicht überzeugend.
Dem Grundkonsens, dem auch Du zugestimmt hast, liegt das demokratische Mehrheitsprinzip zu Grunde. Dass es dabei zu Konstellationen kommt, die nicht der Meinung aller entspricht, liegt in der Natur der Sache. Und in diesen Konstellationen gilt dann auch, dass Verträge einzuhalten sind. Aus einem zivilrechtlichen Vertrag kann ich mich auch nicht mit dem Verweis auf meine persönliche Freiheit rauswinden. Die Freiheit ist aus freien Stücken eingeschränkt - oder besser gesagt - gestaltet worden.
Wie bereits erschöpfend erläutert, liegen die Unterschiede auf der Hand, sie sind aufgezählt und von Dir nichtmal ansatzweise entkräftigt (hier nur eine exemplarische Aufzählung):
- Das Steuersystem fußt auf einem Grundkonsens, den Menschen in Freiheit geschlossen haben und der selbst Gegenstand von Änderungen sein kann. Das Erpressersystem wurde einseitig eingeführt und kann nicht abgeändert werden.
- Das Steuersystem kann geändert werden, ohne um Leib und Leben zu fürchten. Das System des Erpressers nicht.
- Die Steuererhebung folgt klaren Regeln, die ebenfalls geändert werden können. Der Erpresser handelt willkürlich.
- Steuern betten sich in ein Gesamtkonzept ein, welches den einzelnen Partner des Grundkonsenses zu dienen bestimmt ist (staatliche Einrichtungen). Der Erpresser handelt nur für seine Interessen und heuchelt Sicherheit.
- Gegen Akte des Staates können Gerichte angerufen werden, gegen die des Erpressers nicht.
Ich könnte noch viele weitere Punkte aufzählen. Daher meine ich, dass der Vergleich unzureichend ist.
ABER: ich glaube nicht, dass Du einfach bockig auf Deinem Standpunkt verharrst. Ich habe durchaus verstanden, dass Du anderer Ansicht bist. Wahrscheinlich liegt der Unterschied zwischen uns derart, dass ich bereit bin, den Grundkonsens zu akzeptieren, während Du ihn ablehnst. Du opponierst gegen eine Steuerpflicht, der Du persönlich nicht ausdrücklich zugestimmt hast, richtig? Wenn das nämlich so ist, dann sind (wahrscheinlich) weitere Diskussionen eher unnütz