Deutschland: Wahlen 2021

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Nur der Vollständigkeit halber: Ich sage in keiner Weise dass ich es ok finde, "Neger" als Umschreibung zu nutzen. Aber wer von einem Wort, das sogar lediglich darstellend ("dort hat jemand Neger gesagt") benutzt wird, emotional so mitgenommen ist, dass er die Kontrolle über sein Auto nicht mehr sicherstellen kann oder gar zu weinen anfängt, der ist für mich ein klarer Fall für eine Psychotherapie.
Ich hab mal eine Freundin zum Weinen gebracht, indem ich zu offensiv in Frage gestellt habe, dass Frauen bei uns noch strukturell diskriminiert werden. :troll:

In zitierender Art auf Begriffe wie Neger zu verzichten finde ich in den meisten Kontexten durchaus sinnvoll. Allerdings denke ich das eher im pädagogischen Sinne, so wie man regelmäßig auch Kraftausdrücke nicht wiederholt.
Dass man damit unbedingt (erwachsene) Menschen vor psychischer Belastung schützen müsse, sehe ich bisher nicht.

Ich bin auch eher skeptisch, ob man sich darüber pauschal festlegen sollte. In bestimmten Kontexten kann man einen Sachverhalt durch abstrakte Umschreibung oder den Austausch von Begriffen adäquat umschreiben. In anderen finde ich das schwierig. Wenn ich etwa beim Publikum Empathie für die Verletzung wecken will, scheint es mir wirkungsvoller diese auch beim Namen zu nennen.

Interessant finde ich, wie unterschiedlich die Paradigmen je nach historischem Kontext sind. Bspw. ist mir kaum bekannt, dass es bei der "Reproduktion" von Judenfeindlichkeit ähnliche Hemmschwellen gibt. Der Eindruck ist da imo zum Teil genau anders herum: als täte man den Betroffenen eher einen Gefallen, wenn man schonungslos und wirklichkeitstreu berichtet.



[edit]
Eigentlich mehr eine Randnotiz, aber weil wir die Frage, ob Laschet lügt, hier neulich schon hatten, lässt es mich durchaus aufhorchen. Bin gespannt, was da noch so kommt, aber es verstärkt den Eindruck, dass Laschet zumindest gern opportune Dinge in die Kamera sagt, ohne sich für deren Wahrheitsgehalt verbürgen zu können.
Ich bin skeptisch, ob man ihn deshalb als Lügner bezeichnen sollte. Zusammen mit seinen Teils irritierenden und überforderten Einlassungen während der Pandemie ergibt das bei mir eher den Eindruck, dass Laschet veritable Probleme hat, komplexe Sachverhalte zu durchschauen und zutreffend wiederzugeben.
 
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Gustavo

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In zitierender Art auf Begriffe wie Neger zu verzichten finde ich in den meisten Kontexten durchaus sinnvoll. Allerdings denke ich das eher im pädagogischen Sinne, so wie man regelmäßig auch Kraftausdrücke nicht wiederholt.
Dass man damit unbedingt (erwachsene) Menschen vor psychischer Belastung schützen müsse, sehe ich bisher nicht.

Ich bin auch eher skeptisch, ob man sich darüber pauschal festlegen sollte. In bestimmten Kontexten kann man einen Sachverhalt durch abstrakte Umschreibung oder den Austausch von Begriffen adäquat umschreiben. In anderen finde ich das schwierig. Wenn ich etwa beim Publikum Empathie für die Verletzung wecken will, scheint es mir wirkungsvoller diese auch beim Namen zu nennen.

Finde das auch schwierig zu sagen. Zugegebenermaßen habe ich große Probleme mich in die jeweilige Situation reinzuversetzen, einerseits weil ich mich nie von irgendetwas beleidigt fühle, andererseits ist es halt auch nicht ganz so einfach jemanden mit Schimpfwörtern zu beleidigen, der in so ziemlich jeder Idpol-Kategorie "privilegiert" ist*.
Was ich mich halt immer frage: Wenn ich jetzt "N-Wort" sage statt "Neger", heißt das doch nur, dass der andere sich das Wort Neger eben vorstellt statt es tatsächlich zu hören/lesen, weiß ja jeder was gemeint ist. Wenn die Verwendung jetzt eine Situation darstellend ist, wo ist der Unterschied zwischen das Wort hören/lesen und sich das Wort vorstellen? Insofern fand ich es schon wieder ganz konsequent, als vor einer Weile in den USA eine Gruppe Jura-Studenten an der UIC Law School gefordert hat, dass ihre Klausur wiederholt werden müsste, weil im Sachverhalt das "N-Wort" (wohlgemerkt: nicht das Wort selbst, sondern "N_____") stand und sie sich davon getriggert fühlten.





*meine schlimmste Diskriminierungserfahrung war, dass meine Eltern mit mir als Kind hochdeutsch gesprochen haben, während die anderen Kinder alle pfälzisch geredet haben :ugly:
 
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Ohne irgendwelche Quellen würde ich jetzt mal behaupten, dass es nicht das Endziel ist, das Wort "Neger" durch das Wort "N-Wort" zu ersetzen. Das Ziel ist wohl eher, dass das Wort allgemein aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Und dann betrachtet man das N-Wort als eine Art unglückliche Zwischenlösung, bis sich alle Teile der Gesellschaft daran gewöhnt haben. Das Problem das ich damit sehe ist ein anderes: Gerade in den USA ist "Nigger" als Selbstbezeichnung ja noch komplett üblich. Und während ich den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdbezeichnung verstehe, macht es das nicht leichter, dass das Wort verschwindet. Sowas wie Neger oder Zigeuner in Deutschland sollte dazu ja einfacher sein; höre zumindest selten deutsche Rapsongs, die dauernd das Wort Neger benutzen.

Und so gehen mir auf beiden Seiten die Extreme auf die Nerven: Die, die von der Gesellschaft erwarten, niemals getriggert zu werden genauso wie die, die meinen die Gesellschaft geht den Bach runter weil sie nicht mehr "Zigeuner-Schnitzel" sagen dürfen. Etwas Maß im Diskurs würde vielen gut tun.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Joar, habe ich auch so verstanden. Allerdings ist es für mich auch offensichtlich, dass Afrikaner da wirklich sehr empfindlich sind, und das auch nachvollziehbar. Für mich ist die Grenze eben ungefähr da wo sie auch Deniz Yücel und wohl auch die meisten hier ziehen würden: Zitate usw. sind vollkommen unproblematisch. Bewusst verletzender Gebrauch ist unnötig. Keiner vermisst es abseits nostalgischer Gefühle Negerküssen gegenüber … wer so am Rad dreht wie die Twitterbubble oder die Crowd im taz-Artikel … sollte sich fragen ob noch alles am richtigen Platz sitzt.
Sehe ich auch so, aber warum musste sich Baerbock dann entschuldigen und warum hat sie nicht die Eier zu sagen „nö Leute, das war ein Zitat und das ist in Ordnung?“
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Sehe ich auch so, aber warum musste sich Baerbock dann entschuldigen und warum hat sie nicht die Eier zu sagen „nö Leute, das war ein Zitat und das ist in Ordnung?“

Ich würde stark vermuten weil sie es selbst nicht so sieht. :|

@tic0r: Ich weiß dass es ein bisschen komisch ist, aber in den USA werden die Worte "Nigger" (hartes R) und "Nigga" (weiches a) tatsächlich nicht als identisch angesehen. Zumindest ist das die Fiktion, mit der man sich erklärt, warum man quasi dasselbe Wort, das man dauernd im Radio hören kann, nicht aussprechen darf. Fun fact: Als ich grad student war, gab es in einer Kneipe eine dezidierte Karaoke Night für grad students, wo tatsächlich extrem penibel darauf geachtet wurde, dass Weiße NICHT "nigga" sagen. :ugly:
 
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Sehe ich auch so, aber warum musste sich Baerbock dann entschuldigen und warum hat sie nicht die Eier zu sagen „nö Leute, das war ein Zitat und das ist in Ordnung?“
Ergänzend zu Gustavo:
Nicht nur sieht sie es vermutlich/womöglich selbst nicht so, was ich für bescheuert halte. Zusätzlich sieht es auch die Kern-Grünen-Bubble so, dass "Neger" per se ein Wort mit rassistischem Ursprung ist (was ich für "Nigger" nachvollziehen kann, aber für "Neger" nicht) und deswegen in jedem Kontext verboten/geächtet gehört. Sie wird es also meiner Einschätzung nach genau deswegen so machen, weil sie ihre Kernklientel appeasen will.
Das ist im Kern wieder der Reinheitsdiskurs der so viele Diskussionen bei den Grünen bzw. links der politischen Mitte ultraanstrengend macht weil abweichende Meinungen immer gleich Hitler sind egal wie harmlos die Meinungsverschiedenheit ist.

Siehe auch Ricarda Lang, die offenbar meint, dass dies der richtige Zeitpunkt sei um der Presse Material zu liefern das Thema noch weiter als "Baerbock in den Rücken zu fallen" auszuwalzen: https://www.welt.de/politik/deutsch...rda-Lang-kritisiert-Baerbock-fuer-N-Wort.html
Auch die nächste reine Funktionärsvita wie mir gerade auffällt.
 
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parats'

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Danke @Bootdiskette, genau den Artikel wollte ich auch gerade posten.

Zu der öffentlichen Positionierung kommt ein richtig dämlicher move.
Ricarda Lang kritisierte auch den Umgang mit Fehlern: „Wir leben in einem Land mit relativ schlechter Fehlerkultur.“ Nach erneuten Plagiatsvorwürfen gegen Annalena Baerbock forderte Lang eine Überarbeitung der Quellen. „Sie hat gesagt, dass sie da noch nachlegen wird, was die Quellenangaben angeht. Das ist für mich das, was ich erwarte von einer Kandidatin.“

Kein Mensch redet mehr über das Buch, sie hätte alles in Ruhe aufarbeiten können. Aber deine 27j stellvertretende Fraktionsvorsitzende meint, da müsse man medial nochmal drauf hinweisen und eine Anpassung fordern.
Dieser Laden ist ein Pool von Unfähigkeit und mit jeder Woche wird es deutlicher.
 
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Naja, so schlimm sehe ich es jetzt auch wieder nicht. Ich nehme an sie wurde gefragt und die Welt hat dem ganzen dann den obigen Spin gegeben. Da kann man sich schlecht gegen wehren, aber mit etwas Erfahrung kann man da auch eine andere Antwort geben.
Wirklich nicht gut ist der Verweis auf die "schlechte Fehlerkultur" weil das da wirklich nicht das Problem war.

Eigentlich ging es mir darum, dass sie nochmal unterstrichen hat, dass man das "N-Wort" nie und unter keinen Umständen sagen darf weil es rassistischen Ursprungs ist (= in den Rücken fallen und mE auch objektiv falsch).
 

parats'

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Es rüttelt halt am Außenbild der Partei, die eigene Kandidatin rückt man nicht so einfach immer wieder in den medialen Fokus, wenn die Ursache etwas negatives ist. Die CDU ist doch ein gutes Beispiel, wie man sowas einfach überspielt. Es macht es nicht besser oder schlechter, aber es bleibt mindestens mal nichts hängen. Es ist und bleibt in einigen Teilen eine unprofessionelle Partei, die sich selbst demontieren möchte.
 
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Es ist doch ein bekanntes Problem der "hyperprogressiven", dass sie sich alt zu gerne untereinander zerfleischen. Ich gucken ja manchmal gerne Videos aus der linken sog. "Breadtube"-Bubble, und da wurden bereits sowohl Contrapoints als auch Lindsay Ellis von linken Twitter-Mobs wegen extrem harmloser Äußerungen heimgesucht, obwohl die nun wirklich nicht in Verdacht stehen auch nur in die Nähe rechten Gedankenguts zu kommen. Die Aufgabe der "erwachsenen" Linken wäre es eigentlich, stärker gegen diese Unart zu argumentieren und vorzugehen. Ich hab's ja schon vor Jahren hier geschrieben, es wird nicht genug gegen die "Crazys" in den eigenen Reihen vorgegangen - im Gegenteil, solange sie gegen die "richtige Seite" schießen, werden sie noch hofiert. Das fällt einem dann eben auf die Füße wenn man selber an die Macht (und damit ins Rampenlicht) drängt, und plötzlich auffällt, dass eigentlich niemand die eigenen engelsgleichen Ansprüche erfüllt.
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Siehe auch Ricarda Lang, die offenbar meint, dass dies der richtige Zeitpunkt sei um der Presse Material zu liefern das Thema noch weiter als "Baerbock in den Rücken zu fallen" auszuwalzen: https://www.welt.de/politik/deutsch...rda-Lang-kritisiert-Baerbock-fuer-N-Wort.html
Auch die nächste reine Funktionärsvita wie mir gerade auffällt.


Nur nebenbei: So Leute wie Lang finde ich tatsächlich bedenklich. Dass die Jugendorganisationen der Parteien in der Regel extremer sind als die Mutterpartei ist normal und das finde ich auch eher unproblematisch, das tariert sich mit der Zeit immer aus. ABER: Neben der Frage, wie links oder wie konservativ man ist gibt es auch noch die Frage wofür man sich interessiert und da finde ich die Grüne Jugend tatsächlich bedenklich, weil sich fast alle tatsächlich hauptsächlich für diese gesellschaftspolitischen Themen interessieren und fast niemand für materielle Themen (jenseits von Umweltpolitik). Das ist keine echte Basis, um damit eine Partei machen zu können, weil gesellschaftspolitische Themen für den Großteil der Bevölkerung nicht sonderlich wichtig sind. Eine Person, die sich für "Diversity" interessiert in einem zehnköpfigen Bundesvorstand wäre ok, aber man kann halt keine sechs oder sieben haben, aber genau darauf scheint es mir bei den Grünen Jugend hinauszulaufen.


Es ist doch ein bekanntes Problem der "hyperprogressiven", dass sie sich alt zu gerne untereinander zerfleischen. Ich gucken ja manchmal gerne Videos aus der linken, sog. "Breadtube"-Bubble, und da wurden bereits sowohl Contrapoints als auch Lindsay Ellis von linken Twitter-Mobs wegen extrem harmloser Äußerungen heimgesucht, obwohl die nun wirklich nicht in Verdacht stehen auch nur in die Nähe rechten Gedankenguts zu kommen. Die Aufgabe der "erwachsenen" Linken wäre es eigentlich, stärker gegen diese Unart zu argumentieren und vorzugehen. Ich hab's ja schon vor Jahren hier geschrieben, es wird nicht genug gegen die "Crazys" in den eigenen Reihen vorgegangen - im Gegenteil, solange sie gegen die "richtige Seite" schießen, werden sie noch hofiert. Das fällt einem dann eben auf die Füße wenn man selber an die Macht (und damit ins Rampenlicht) drängt, und plötzlich auffällt, das eigentlich niemand die eigenen engelsgleichen Ansprüche erfüllt.

Na ja, das ist jetzt nicht unbedingt ein Problem der "Hyperprogressiven", das ist schlicht und ergreifend ein Problem der Linken insgesamt. Wenn Linke sich zwischen Recht haben und Macht entscheiden müssen, fällt die Entscheidung häufig schwerer als bei den Rechten. Ich habe mal "Hauptströmungen des Marxismus" von Leszek Kolakowski gelesen, da wird einem schwindelig, über was für Unterschiede man sich zerstreiten kann. :ugly:
 
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geboren 1994, studiert seit 2012 rechtswissenschaften (offensichtlich ohne abschluss), politische schwerpunkte: bildungs- und hochschulpolitik sowie feminismus und body positivity. stellvertretende bundesvorsitzende und frauenpolitische sprecherin im vorstand der grünen.

werde ich zum konservativen bauern, wenn ich sage, dass ich von derlei politbüroemporkömmlingen nicht mal im ansatz regiert werden möchte? bitte sagt mir, dass diese strammen clownkarrieren in allen parteien gleichmäßig verteilt vorzufinden sind, um mein weltbild wieder halbwegs gerade zu rücken.
 
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Gelöschtes Mitglied 137386

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Ich weiß nicht, in der Union legen sie zumindest ihre Staatsexamina ab und das oftmals nicht schlecht. Amthor war zB mE sogar landesbester in seinem Durchgang, hat zumindest ein zweistelliges Prädikat, was weniger als 5% aller Kandidaten erreichen - und da das Staatsexamen anonym mit Nummern abläuft, wird er sich da auch nichts über Kontakte erschummelt haben. Ich habe eher den Eindruck dass dieses "ach formelle Bildung ist was für konservative Spießer" Ding bei den "linken" Parteien verbreiteter ist.
 
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Vielleicht sollte man für politische Ämter mal 10 Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik und des öffentlichen Dienstes zur Voraussetzung machen.
Schlimmer kann es ja nicht mehr werden :eagle:
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Vielleicht sollte man für politische Ämter mal 10 Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik und des öffentlichen Dienstes zur Voraussetzung machen.
Schlimmer kann es ja nicht mehr werden :eagle:
Vielleicht sollte man für politische Ämter auch überhaupt eine Qualifikationspflicht einführen. Es ist ja nicht ohne Grund jeder Justizminister auch Jurist, aber sowas wie Gesundheitsminister darf jeder FH Absolvent werden und Verteidigungsminister müssen nichtmal einen Grundwehrdienst abgeleistet haben? Jaja, ich weiß, das soll angeblich "Demokratie" sein. Dann ist Demokratie in dieser Form halt scheisse und es ist mir auch egal, ob die Fachkompetenz in den Ministerien vorhanden ist. Ich erwarte vom Chef, dass er die Berichte der Fachgruppen zumindest auch verstehen und fachlich prüfen kann.
 

Shihatsu

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Bei der Union von Kompetenz sprechen ist atm doch eher lächerlich. Die mag ja durchaus partiell vorhanden sein, aber im großen und ganzen besticht deren Spitzenpersonal doch eher durch Lachen, Korruption und komplettem Versagen. Bevor ich da an die Fachkompetenz gehe würde ich ja erstmal versuchen diese drei Dinge anzugehen. Und nein, einem Andreas Scheuer oder einem Jens Spahn würde auch keine Fachkompetenz gegen ihr Versagen helfen. Das ist einfach durch und durch kaputt in den beiden großen Parteien, aber bei der CDU ists halt besonders arg weil die uns 16 Jahre am Stück kaputt macht.
 

Gustavo

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Na ja, jetzt machen wir uns mal nichts vor: Vor 30 Jahren mal zwei Staatsexamen abgelegt zu haben alleine qualifiziert einen zu so ziemlich keinem Teil der typischen Aufgaben eines Justizministers, genau wie ein VWL-Studium von Anno dazumal einen alleine nicht dazu qualifiziert, Wirtschaftsminister zu sein. Generell halte ich die Idee, "Qualifikation" mit dem Studienabschluss zu messen, insbesondere bei Schmalspurstudiengängen ohne richtigen wissenschaftlichen Anspruch wie Jura, BWL oder Politikwisenschaft sind, noch dazu vor 20+ Jahren erworben, nicht für wahnsinnig einleuchtend.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Und nein, einem Andreas Scheuer oder einem Jens Spahn würde auch keine Fachkompetenz gegen ihr Versagen helfen.

Was macht dich so sicher? Andre Scheuer ist zB ein beschissener Jurist, mit beschissenen Noten. Ihm lagen zahlreiche Gutachten vor, die ihm klar gezeigt haben, warum seine Mautpläne europarechtlich nicht aufgehen können. Es kann natürlich sein, dass er das auch bei völligem Verständnis trotzdem durchgezogen hätte. Aber eigentlich war die Rechtslage so eindeutig, dass ich mir das fast nicht vorstellen kann.

Vor 30 Jahren mal zwei Staatsexamen abgelegt zu haben alleine qualifiziert einen zu so ziemlich keinem Teil der typischen Aufgaben eines Justizministers, genau wie ein VWL-Studium von Anno dazumal einen alleine nicht dazu qualifiziert, Wirtschaftsminister zu sein

Würde ich anders sehen. Es mag ja sein, dass sich in der VWL ständig alles verändert (kA, aber kommt mir manchmal so vor), das ist bei Jura aber nicht so. Das Studium lehrt einen - im Gegensatz zu den nicht totzukriegenden Vorurteilen - keine Gesetze, sondern das juristische Handwerk/Systematik, mit dem man jederzeit jede Art von Gesetz verstehen und anwenden kann.

Generell halte ich die Idee, "Qualifikation" mit dem Studienabschluss zu messen, insbesondere bei Schmalspurstudiengängen ohne richtigen wissenschaftlichen Anspruch wie Jura, BWL oder Politikwisenschaft sind, noch dazu vor 20+ Jahren erworben, nicht für wahnsinnig einleuchtend.

Ich würde zusätzlich auch mindestens 10 Jahre Berufserfahrung in einem relevanten Feld voraussetzen. Eher 20. Irgendwelche 30 Jährigen haben mE sowieso in Schlüsselpositionen der Regierung nichts verloren.
 
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Bei der Union von Kompetenz sprechen ist atm doch eher lächerlich. Die mag ja durchaus partiell vorhanden sein, aber im großen und ganzen besticht deren Spitzenpersonal doch eher durch Lachen, Korruption und komplettem Versagen. Bevor ich da an die Fachkompetenz gehe würde ich ja erstmal versuchen diese drei Dinge anzugehen. Und nein, einem Andreas Scheuer oder einem Jens Spahn würde auch keine Fachkompetenz gegen ihr Versagen helfen. Das ist einfach durch und durch kaputt in den beiden großen Parteien, aber bei der CDU ists halt besonders arg weil die uns 16 Jahre am Stück kaputt macht.
am ende geht es vermutlich weniger um die frage, ob unfähigkeit und korruption in einem gewissen maße nicht überall vorzufinden sind (oder von mir aus bei der union durch den filz der letzten jahre und jahrzehnte sogar überproportional).

es scheint hingegen immer deutlicher zu werden, dass dem aktuellen zeitgeist folgend mehr oder weniger ausschließlich linke kreise ein inhärentes qualifikationsmerkmal darin sehen, wenn jemand jung ist, oder weiblich, oder selbst betroffen z.b. mit behinderung oder migrationshintergrund bis hin zur sexuellen orientierung.

andere kreise mögen das auch immer wieder für sich in anspruch nehmen (siehe alice weidel und die afd), aber tun das nicht glaubhaft und wirklich überzeugt von der sache. lasse mich auch gerne von gegenbeispielen überzeugen.
 

Gustavo

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Würde ich anders sehen. Es mag ja sein, dass sich in der VWL ständig alles verändert (kA, aber kommt mir manchmal so vor), das ist bei Jura aber nicht so. Das Studium lehrt einen - im Gegensatz zu den nicht totzukriegenden Vorurteilen - keine Gesetze, sondern das juristische Handwerk/Systematik, mit dem man jederzeit jede Art von Gesetz verstehen und anwenden kann.


Na ja, meine Vermutung wäre eher, dass es ist wie in jedem anderen Fach auch: Diejenigen, die gute Abschlüsse gemacht haben, sind tendenziell in allen möglichen Bereichen fähiger als diejenigen, die schlechte Abschlüsse gemacht haben. Letztendlich ist der größte Teil der Aufgabe des Justizministers nunmal die Verwaltung und das ordnungsgemäße Funktionieren der Justiz selbst, da für ernstzunehmende Expertise in den inhaltlichen Bereichen gar nicht das Budget da ist; das wird traditionell von den Fachministerien gemacht. Ob man um einen solchen Apparat vernünftig organisieren zu können wirklich Jura studiert haben muss halte ich zumindest für fraglich. Es schadet sicher nichts, aber ich bin auch nicht so sicher ob es wirklich so viel hilft.

Und ja, bei der VWL kannst du es restlos vergessen: Manchmal habe ich das Gefühl, dass es da so krasse Zyklen gab, wie das Fach verstanden wird, dass man mit genügendem Abstand zum eigenen Studienabschluss besser informiert ist, weil man zumindest viele Sachen nicht weiß, statt von Sachen überzeugt zu sein die zu dem jeweiligen Stand deutliche Minderheitenpositionen wurden. Gilt übrigens in beide Richtungen.


Ich würde zusätzlich auch mindestens 10 Jahre Berufserfahrung in einem relevanten Feld voraussetzen. Eher 20. Irgendwelche 30 Jährigen haben mE sowieso in Schlüsselpositionen der Regierung nichts verloren.

Na ja, ich denke man fährt immer schlecht damit zu missachten, wie sehr Politik eine spezialisierte Kompetenz ist. Die lernt man nicht einfach dadurch, dass man in der freien Wirtschaft in dem Gebiet arbeitet oder an der Uni zu dem Gebiet forscht. Die Expertise in den Bundesministerien ist schon da, dafür braucht man eigentlich keinen Minister (wobei es sicher nichts schadet). Was bspw. Karl Lauterbach sagt, kann sich Jens Spahn auch von anderen Leuten anhören, dafür braucht man Lauterbach nicht unbedingt als Gesundheitsminister. Viel mehr würde es helfen, jemanden als Minister zu haben, der diese Positionen glaubwürdig und überzeugend vertreten kann. Da hätte dann Lauterbach wieder den Vorteil, weil ihm viele Leute die Expertenrolle abnehmen, was bei Spahn halt nicht der Fall ist.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Na ja, ich denke man fährt immer schlecht damit zu missachten, wie sehr Politik eine spezialisierte Kompetenz ist.

Genau das ist ja mein Problem. Die Frage ist doch: sollte es wirklioch so sein, oder ist es so, weil wir im moment dieses System mit dem Affenzirkus und Wahlen alle 4 Jahre haben, die dazu führen, dass Politik im Kern ein Beliebtheitswettbewerb ist und Fakten oder Ergebnisse nur sehr mittelbar irgendwas zählen. Darum hadere ich ja mit der Demokratie schon im Grundsatz. Ich glaube nicht, dass es die beste Idee der Welt ist, jeden Vollidioten eine Stimme haben zu lassen. Ich halte die meisten Menschen für so dumm, dass sie lediglich regiert und verwaltet werden sollten, statt selber irgendwas im politischen Bereich zu bestimmen. Das ging vor der Erfindung des Internets noch einigermaßen, mittlerweile hat das Internet aber die vorher isolierten Dorftrottel jedes gesellschaftlichen Dorfs zusammengetrommelt und ihnen unglaubliche Macht in ihrer Dummheit gegeben,. Mir schwebt im Heatorland eher eine Aristokratie im klassischen Sinne vor, also eine Herrschaft der Befähigten. Die große Krux daran ist natürlich, wie man nährungsweise die beste Kompetenz festlegen kann.
 

Shihatsu

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Was macht dich so sicher?
Die Tatsache das beide nicht nur keine fachliche Kompetenz haben, sondern eben auch komplett fehlende Eigenperspektive bezüglich ihrer Fehler. Beide haben Experten in ihren Reihen, die beflissentlich ignoriert wurden, beide haben sehr viel Lobbyisten in ihrem Schlepptau und hören sehr auf wirtschaftliche Interessen. Das sind wesensbestimmende Charakterzüge die man da am Werk sieht - Arroganz, Hybris, Kungelei. Da hilft auch keine Kompetenz gegen.
 
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Ist jetzt natürlich Stammtisch, aber ich würde mir irgendwie wünschen, dass unsere Politiker mal "das echte Leben" vor ihrer Politikerkarriere kennen gelernt haben. So ähnlich wie eine Führungskraft in einem Unternehmen imo mehr als einen Betrieb von innen gesehen haben sollte.
 

Deleted_228929

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Ich würde zusätzlich auch mindestens 10 Jahre Berufserfahrung in einem relevanten Feld voraussetzen. Eher 20. Irgendwelche 30 Jährigen haben mE sowieso in Schlüsselpositionen der Regierung nichts verloren.
Christian Lindner und Sebastian Kurz gefällt das. :troll:

Bullshitdiskussion, die wie üblich komplett ausblendet, dass es in der Politik nicht darum geht, irgendwelche vermeintlich oder tatsächlich objektivierbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Wahrheiten umzusetzen, sondern normative Vorstellungen. Abgesehen davon, dass selbst einzelne Ressorts teilweise so weite Felder abdecken, dass ein vermeintlicher Experte kaum alles überblicken kann. Und was genau ist man denn von Beruf, wenn man z.B. Bundesminister für Familie, Jugend und Senioren ist? Da kommt ja gerne das Geseusel, man müsse Kinder haben. Inwiefern qualifiziert einen das zum Leuten einer obersten Bundesbehörde? Warum Fipsi Rösler jetzt das Gesundheitsminister so viel geiler weil er Arzt war? Vielleicht sollte ich mal Gesundheitsminister werden, ich kenne das Gesundheitswesen schließlich als Patient und bin daher voll qualifiziert.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Bullshitdiskussion, die wie üblich komplett ausblendet, dass es in der Politik nicht darum geht, irgendwelche vermeintlich oder tatsächlich objektivierbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Wahrheiten umzusetzen, sondern normative Vorstellungen.

Auch hier: dass es so ist, bestreite ich nicht. Die Frage ist, ob es so sein sollte.

Und was genau ist man denn von Beruf, wenn man z.B. Bundesminister für Familie, Jugend und Senioren ist?

Natürlich gibt es nicht für jedes Ministerium ein eindeutiges Studium/Ausbildung wie vielleicht für dass Justizministerium oder das Gesundheitsministerium. Es ist doch auch in der Wirtschaft so, dass manche Positionen mit verschiedenen Qualifikationen ausgefüllt werden können. Ein Unternehmen sucht dann einen Bewerber mit Qualifikationen im Bereich Accounting, was verschiedene Ausbildungen beinhalten kann. Aber eben nicht eine Ausbildung zum Grafikdesigner oder so.

Das bedeutet im Übrigen nicht, dass jemand seinen Job automatisch gut macht, nur weil er die passende Qualifikation hat. Ist doch in keinem Beruf so. Aber jemand der Operieren gelernt hat, kann das vemrutlich besser, als eine Gärtnerin - das bedeutet aber nicht automatisch, dass eine Gärtnerin nicht mit ein bisschen Selbstlektüre einen Blinddarm entfernen könnte, gab ja oft genug Hochstapler im OP. Heißt das jetzt im Umkehrschluss, dass jeder Arzt werden können sollte, solange er nur motiviert genug ist?
 

Deleted_228929

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Auch hier: dass es so ist, bestreite ich nicht. Die Frage ist, ob es so sein sollte.
Es ist das Wesensmerkmal der Politik, dass dort normative Entscheidungen getroffen werden. Da kann auch fragen ob es so sein sollte, dass es in der Physik um Kräfte und in der Medizin um den menschlichen Körper geht.

Dein total rationaler Roboter-Diktator "ohne Weltbild" ist halt einfach ein reines Hirngespinst. Es gibt keine "objektiv richtige" Politik außerhalb irgendwelcher normativer Zielsetzungen.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Ja, das ist immer der billige Weg sich nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es nicht wirklich qualitative Unterschiede zwischen normativen Zielen gibt. Es ist derselbe Argumentationsweg wir bei allen Wertdebatten, in denen relativistische Ansätze vertreten werden. Wer sagt denn, dass Menschenrechte, Menschenwürde und Freiheit objektiv besser sind? Islamisten sehen das anders, wer sagt dass nicht sie recht haben? Ist doch alles gleich, alles beliebig, blablubb.

Oder es ist eben nicht so und es gibt "objektiv" (streich halt das Wort objektiv wenn es dich stört und zu sehr Clawgt und nenn es "vernünftigerweise" oder so) bessere Ziele gibt als andere.

Wenn wir den Schritt gegangen sind, dann sind es nur noch Abstufungen zu der Festellung, dass es vermutlich irgendwo auch etwas gibt, dass man unter Berücksichtigung aller widerstreitenden Interessen als das insgesamt bestmögliche Ziel definieren könnte. Ich habe da natürlich auch keine Antwort drauf, aber ich finde den Gedanken längst nicht so abwegig wie die leicht faule Ausrede "es gibt keine objektiv richtige Politik" suggerieren soll.
 

Benrath

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Keiner sagt, dass was du denkst was gesagt wird. Du hast selber eine normative Präferenz, die du als rational / objektiv / vernünftig verkaufst ohne das je klar ist, was du eigentlich möchtest. Man könnte meine du wärst Ökonome und möchtest Utils mit der Nebenbedinung Freiheit maximieren oder du glaubst wenn Freiheit maximal ist, dann sind die Utils maximal. Das wäre dann wenigstens klar, aber in Wahrheit bist du bei vielen Fragen von persönlicher Präferenz getrieben, die dann definieren welche Entscheidung angeblich die meisten Utils ergibt. Natürlich sind das die vernüftigen und so gewichtest du dann.
 

Gustavo

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Ja, das ist immer der billige Weg sich nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es nicht wirklich qualitative Unterschiede zwischen normativen Zielen gibt. Es ist derselbe Argumentationsweg wir bei allen Wertdebatten, in denen relativistische Ansätze vertreten werden. Wer sagt denn, dass Menschenrechte, Menschenwürde und Freiheit objektiv besser sind? Islamisten sehen das anders, wer sagt dass nicht sie recht haben? Ist doch alles gleich, alles beliebig, blablubb.

Ich glaube du verwechselst hier zwei Sachen. Einerseits geht es darum, welche Ziele man sich setzt und andererseits darum, wie man in sie erreicht. Bei Zweiterem gibt es sicherlich bessere und schlechtere Wege, das bestreitet niemand. Aber Zweiteres ist halt auch in der Politik eher nachrangig, weil die Welt jetzt nicht unbedingt mit 500€-Scheinen gepflastert ist, die alle nur vergessen aufzuheben; die niedrig hängenden Früchte sind größtenteils gepflückt. Aber wie du jetzt "qualitative Unterschiede" bei Ersterem feststellen willst erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht. Das sind doch schlicht Verteilungspräferenzen? Wie weit bspw. das 10. Einkommensperzentil vom 90. Perzentil nach Steuern, Abgaben und Sozialstransfers weg ist, wie willst du das objektiv bewerten?
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Aber wie du jetzt "qualitative Unterschiede" bei Ersterem feststellen willst erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht.

Naja würdest du etwa sagen, dass jedes politische Ziel gleichwertig ist? Um mal bei den Extremen anzufangen: Juden vernichten ist gleichwertig mit Krankenkassen für alle? Offensichtlich nicht. Also scheint es objektiv feststellbare Qualitätsunterschiede in politischen Zielen zu geben.

Das sind doch schlicht Verteilungspräferenzen? Wie weit bspw. das 10. Einkommensperzentil vom 90. Perzentil nach Steuern, Abgaben und Sozialstransfers weg ist, wie willst du das objektiv bewerten?

Das ist ja schon die Mikroebene, dafür sind dann die Experten zuständig und hier geht es doch genau um den von dir genannten zweiten Schritt. Das "wie". Dem vorgelagert ist aber doch ein bestimmtes Ziel. Warum machen wir uns denn sonst überhaupt Gedanken um sowas wie Einkommensverteilung? Da scheint es ja ein höhergelagertes Ziel zu geben, nach dem es nicht völlig egal ist, wie Vermögen oder Gehälter in einer Gesellschaft verteilt sind.
 

Deleted_228929

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Was soll man denn sonst dazu sagen? Es hat hier niemand behauptet, "dass jedes politische Ziel gleichwertig ist". Es wurde gesagt, dass die Wertigkeit eine Frage der subjektiven Präferenz ist. Wenn du den Unterschied zwischen beiden Statements nicht verstehst, dann braucht man hier nicht weiterzumachen.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
Was soll man denn sonst dazu sagen? Es hat hier niemand behauptet, "dass jedes politische Ziel gleichwertig ist". Es wurde gesagt, dass die Wertigkeit eine Frage der subjektiven Präferenz ist. Wenn du den Unterschied zwischen beiden Statements nicht verstehst, dann braucht man hier nicht weiterzumachen.
Und das bestreite ich. Wenn Wertigkeit eine Frage der subjektiven Präferenz wäre, warum kann ich jederzeit politische Ziele formulieren, bei denen 99,9% aller Menschen sich einig wären, dass Ziel A gegenüber Ziel B vorzugswürdig wäre (nicht, dass die Meinung von Menschen hierzu überhaupt wichtig wäre, es geht ja gerade nicht um subjektive Wertungen - anscheinend gibt es aber Ziele, deren "objektive" Wertigkeit schon intuitiv einleuchtend ist)? Wie gesagt, dieser Standpunkt ist billig und denkfaul, weil man sich damit nicht damit befassen muss, warum manche Ziele fast allen Menschen als wichtiger erscheinen als andere, genau so wie es moralische Standpunkte gibt, die universell sind und andere, die unviersell sein sollten. Zu behaupten dass etwa das westlich humanistische Gesellschaftsbild und das islamistisch reaktionäre Gesellschaftsbild gleichwertig wären, ist falsch. Es ist eben nichts anderes als Kulturrelativismus, nur auf Politik bezogen.

Ich sage nicht, dass ich die goldene Formel hätte und wüsste, was richtig und was falsch ist. Ich bestreite aber, dass alle Positionen beliebig und ihre Wertigkeit subjektiv wäre. Wer das behauptet hat die Aufklärung irgendwie verpennt.
 
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Und das bestreite ich. Wenn Wertigkeit eine Frage der subjektiven Präferenz wäre, warum kann ich jederzeit politische Ziele formulieren, bei denen 99,9% aller Menschen sich einig wären, dass Ziel A gegenüber Ziel B vorzugswürdig wäre?

Weil sich gewisse moralische (oder wie auch immer man das nennen möchte) Ansichten evolutionär durchgesetzt haben. Diese machen für das Überleben einer Gesellschaft nun mal Sinn, macht sie aber nicht "objektiv richtig" oder so.
Oder anders gesagt: 99,9% der Menschen haben zB. die subjektive Präferenz, sich nicht grundlos auf die Fresse zu hauen, denn wäre es anders, wären die Menschen wohl schon ausgestorben.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Naja würdest du etwa sagen, dass jedes politische Ziel gleichwertig ist? Um mal bei den Extremen anzufangen: Juden vernichten ist gleichwertig mit Krankenkassen für alle? Offensichtlich nicht. Also scheint es objektiv feststellbare Qualitätsunterschiede in politischen Zielen zu geben.


Was du "politische Ziele" nennst ist doch viel zu eng definiert, darum geht es doch gar nicht. Es geht hier um Maximen, wie man die unterschiedlichen subjektiven Wünsche der repräsentierten Gruppen in einer Demokratie in Einklang bringt, das lässt sich nicht einfach auf "wir machen X oder wir machen X nicht" reduzieren. Ein Gebiet, in dem eine Gruppe die andere umbringen will, kann nicht ein einzelner Staat UND eine Demokratie sein, weil die Wünsche unmöglich in Einklang miteinander gebracht werden können, also braucht man halt mehrere Staaten. Es geht darum "was haben wir zu verteilen?" und "wer kriegt davon was?"


Das ist ja schon die Mikroebene, dafür sind dann die Experten zuständig und hier geht es doch genau um den von dir genannten zweiten Schritt. Das "wie". Dem vorgelagert ist aber doch ein bestimmtes Ziel. Warum machen wir uns denn sonst überhaupt Gedanken um sowas wie Einkommensverteilung? Da scheint es ja ein höhergelagertes Ziel zu geben, nach dem es nicht völlig egal ist, wie Vermögen oder Gehälter in einer Gesellschaft verteilt sind.

Das sind die subjektiven Präferenzen. Die sind aber eben genau das: Subjektiv. Ob jemand bei P90 2x so viel verdient wie jemand in P10 (wie in Schweden) oder viermal so viel (wie in Portugal) ist keine Frage, die einer Einschätzung bzgl. Qualität zugänglich ist.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Das sind die subjektiven Präferenzen. Die sind aber eben genau das: Subjektiv. Ob jemand bei P90 2x so viel verdient wie jemand in P10 (wie in Schweden) oder viermal so viel (wie in Portugal) ist keine Frage, die einer Einschätzung bzgl. Qualität zugänglich ist.

Vielleicht reden wir aneinander vorbei, aber genau das meine ich doch? Ob jemand bei P90 2x so viel verdient wie jemand in P10 ist eine Detailfrage. Die darüberstehende Frage ist: warum ist es überhaupt wichtig, wie das Verhältnis des Verdienstes ist? Welches Ziel verfolgen wir, wenn wir die Frage betrachten? Ich sage, wie gesagt, nicht, dass ich die absolute Antwort darauf habe, was genau das übergelagerte Ziel ist. Aber es scheint mir eben nicht völlig beliebig zu sein, sonst wäre etwa Vermögensverteilung nicht seit Jahrhunderten Thema der Politik.

Oder anders gesagt, es ist ziemlich schwer zu definieren, was "obejktiv" wertvolle politische Ziele sind. Es scheint aber relativ einfach zu sein diese negativ zu formulieren. Wenn das aber möglich ist, muss es auf der anderen Spiegelseite auch eine Nährung an eine positive Formulierung geben.

Es geht darum "was haben wir zu verteilen?" und "wer kriegt davon was?"

Diesen Fragen ist doch erstmal eine Fragen vorgelagert. Nämlich "wollen wir überhaupt verteilen"?

Weil sich gewisse moralische (oder wie auch immer man das nennen möchte) Ansichten evolutionär durchgesetzt haben. Diese machen für das Überleben einer Gesellschaft nun mal Sinn, macht sie aber nicht "objektiv richtig" oder so.

Ist das nicht sehr nah dran an "objektiv richtig"? Natürlich kann man jetzt eine Metaebene drübergehen und fragen, warum Überleben der Spezies jetzt "objektiv richtig" sein soll, aber so naturalistisch bin ich nunmal, dass ich solche Werte als gesetzt sehe.
 

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Wenn Wertigkeit eine Frage der subjektiven Präferenz wäre, warum kann ich jederzeit politische Ziele formulieren, bei denen 99,9% aller Menschen sich einig wären, dass Ziel A gegenüber Ziel B vorzugswürdig wäre?
Junge, ist das ein Troll?

Normen entstehen faktisch aus der Masse an Menschen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine isolierte Masse (Gesellschaft) durchaus sehr ähnliche Präferenzen haben können, damit so ein Werturteil herauskommt, das wiederum die Politik und die Meinung, diese Norm wäre überlegen, bilden kann. Objektiv ist daran aber in erster Linie nichts. Normbildungen in einer Gruppe ist ein Prozess mit Wechselwirkungen und ständiger Reproduktion.
Werturteile miteinander zu vergleichen ist zwecklos, zumindest in der von dir propagierten Form.

Was du tun kannst, wäre zu analysieren, warum / wie / wo eine Norm entstanden ist und welche Konsequenzen (Handlungen) sich aggregiert für die Gesellschaft ergeben. Ergo würdest du versuchen den Sinn und den daran geknüpften Zweck zu verstehen. Daraus kannst du versuchen abzuleiten, ob die Norm effektiv ist.

Und das ist mühsig, wenn man mit Äpfeln und Birnen angeschissen kommt, wie etwa Juden vs. Krankenkassen. Was ginge wäre die Diskussion ob Mauer zu Mexiko zweckführender ist Migration zu verhindern, als vma. Diplomatie mit Transit- / Herkunftsländern. Wenn du dir das anschaust, dann weißt du auch warum unterschiedliche Herangehensweisen unterschiedliche Menschentypen unterschiedlich ansprechen. Und dann kannst du dir überlegen, was zweckführender ist.
 
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