Bildungsstreik?!

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Original geschrieben von MegaVolt


Offensichtlich ein Riesenproblem, da deine Liste vollkommener Blödsinn ist.
Um Sicherheit gibt es ja wohl mehr als genug Debatten um zu sehen, dass da vollkommen verschiedene Bedürfnisse bestehen. Es gibt Menschen, die sind ohne Wohnung glücklich ("Diogenes in der Tonne"). Es gibt Menschen ohne Kinder, es gibt Menschen die Bildung nicht schätzen und es gibt Kellerkinder denen Transportmöglichkeiten egal sind.
Du denkst, dass diese Dinge für alle Menschen wichtig sein sollten. Das hat aber wirklich gar nichts damit zu tun, ob sie es auch sind.


Also weil es geringe individuelle Unterschiede in den Präferenzen gibt ist die Konsequenz, dass wir die Staatstätigkeit auf Null zurückfahren und ENTWEDER darauf bauen, dass Menschen irgendwie genug Solidarität aufweisen um sich freiwillig zu helfen, ODER dass der Markt in der Lage ist, langfristig Kollektivgüter bereitzustellen? Ist das dein Ernst?
 
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ich fordere hiermit dass tennisplätze ab sofort durch steuern finanziert werden

ich sehe es nicht ein weshalb ich für mein privatvergnügen selbst zahlen sollte, das sollte die allgemeinheit übernehmen

das gleiche gilt:
für die sbahn in münchen
die liftanlagen in meinen lieblings-skigebieten
und vieles mehr

und essen muss ja eh jeder, also sollte essen sowieso kostenlos sein

hm, eigentlich hätte ich dann doch gerne gleich alles kostenlos.
 

Electric.Jesus

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Original geschrieben von Picasso
ich fordere hiermit dass tennisplätze ab sofort durch steuern finanziert werden

ich sehe es nicht ein weshalb ich für mein privatvergnügen selbst zahlen sollte, das sollte die allgemeinheit übernehmen

das gleiche gilt:
für die sbahn in münchen
die liftanlagen in meinen lieblings-skigebieten
und vieles mehr

und essen muss ja eh jeder, also sollte essen sowieso kostenlos sein

hm, eigentlich hätte ich dann doch gerne gleich alles kostenlos.

Picasso, nimm Dir mal ein VWL-Buch zur hand und schau Dir verschiedene Typen von Gütern an. Du wirst feststellen, dass Straßen, Schulen etc. "öffentliche Güter sind", Tennisplätze dagegen "Club-Güter". Das macht nen bedeutenden Unterschied, was die Finanzierung angeht.

Es gibt natürlich Leute, die möchten gerne, dass auch bestimmte Öffentliche Güter (Schulen, Universitäten) nicht mehr wie öffentliche Güter behandelt werden, aber das ist eine Debatte, die man innerhlab einer Gesellschaft führen muss. So wie ich es sehe, ist derzeit noch Konsens, dass bestimmte Dinge für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Herkunft etc. verfügbar sein sollen, z.B. Bildung. Deswegen musst Du damit leben, dass Du irgendwann mal (sofern Du dann Steuern zahlst), anderen das Privatvergnügen zahlst, ihr anrecht auf Bildung zu nutzen. Das ist Demokratie in einem auf soziale Gerechtigkeit ausgerichteten Staat.

Mag für die, die dabei draufzahlen, doof sein. Klar, jeder will immer mehr vom Kuchen als er ohnehin schon hat. Aber untern Strich isses wohl besser so wie es ist. Die Alternative ist an den USA gut abzusehen. Eine kleine Bildungselite und ein Heer an Idioten, die nichtmal wissen, wo die USA auf der Weltkarte zu finden ist.
 
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Original geschrieben von jack.daniels
Also weil es geringe individuelle Unterschiede in den Präferenzen gibt ist die Konsequenz, dass wir die Staatstätigkeit auf Null zurückfahren und ENTWEDER darauf bauen, dass Menschen irgendwie genug Solidarität aufweisen um sich freiwillig zu helfen, ODER dass der Markt in der Lage ist, langfristig Kollektivgüter bereitzustellen? Ist das dein Ernst?

Natürlich nicht. Der Staat soll auch weiterhin fein Kollektivgüter bereitstellen. Aber mir ist immernoch nicht ganz klar, wieso er für beliebige Kollektivgüter einfach so Gewalt an seinen Bürgern ausüben darf ...
Wie schon mehrfach geschrieben: Was genau spricht denn dagegen, dass der Staat möglichst viele Leistungen durch freiwillige Spenden statt durch Steuern finanziert?* Und wenn sich nicht genug Spender finden dann ist den Bürgern die entsprechende Leistung offensichtlich nicht genug wert und entsprechend ist es nur richtig, dass sie eingestellt wird.
Dieses Modell könnte auf eine Vielzahl von staatlichen Maßnahmen angewandt werdern, von Museen über Agrarsubventionen bis hin zur Bundeswehr.

*Kleine Bemerkung am Rande: Es gibt einen solchen Grund. Eine rationale Erklärung warum mit "meinem" Nutzen und individueller Freiheit dennoch gerade eine Steuerfinanzierung sinnvoll sein kann. Nur gefunden hat den bisher leider niemand.
 
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Original geschrieben von MegaVolt

Wie schon mehrfach geschrieben: Was genau spricht denn dagegen, dass der Staat möglichst viele Leistungen durch freiwillige Spenden statt durch Steuern finanziert?* Und wenn sich nicht genug Spender finden dann ist den Bürgern die entsprechende Leistung offensichtlich nicht genug wert und entsprechend ist es nur richtig, dass sie eingestellt wird.

Dagegen spricht, dass dort das Trittbrettfahrer-Problem zum Tragen kommt, was man auch als Nutzenmaximierung sehen kann. Insofern hast Du keinen Grund, dies zu kritisieren und eine Abschaffung solcher Leistungen zu fordern.
 
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Original geschrieben von Electric.Jesus

So wie ich es sehe, ist derzeit noch Konsens, dass bestimmte Dinge für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Herkunft etc. verfügbar sein sollen, z.B. Bildung. Deswegen musst Du damit leben, dass Du irgendwann mal (sofern Du dann Steuern zahlst), anderen das Privatvergnügen zahlst, ihr anrecht auf Bildung zu nutzen.

Es ist ja noch nicht mal "Privatvergnügen", da ein hoher Bildungsstandard der Gesellschaft als ganzes nützt. Ich finde es irgendwo lächerlich, wenn viele Politiker von der "wissensbasierten Ökonomie", der "Wissens-" oder "lernenden" Gesellschaft reden, aber gleichzeitig den Zugang zu Wissen künstlich verknappen. Wenn man es rein ökonomisch sehen will, dann ist es einfach widersprüchlich, dass seit vielen Jahren davon geredet wird, dass Wissen zu einem wesentlichen Produktionsmittel wird, dass aber gleichzeitig der Zugang zu diesem Wissen primär von der sozialen Herkunft abhängig ist (wie in Deutschland).
 
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Im übrigen finde ich es generell problematisch, aus einer tendenziell asozialen, besitzindividualistischen Moral heraus angeblich "objektive" Maßstäbe zu generieren. Das was Leute wie Megavolt hier zum Besten geben ist, im Gegenteil, sehr vorraussetzungsvoll, und keineswegs natürliches Resultat natürlicher Prozesse oder Zustände.
 

Electric.Jesus

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Original geschrieben von MegaVolt


Wie schon mehrfach geschrieben: Was genau spricht denn dagegen, dass der Staat möglichst viele Leistungen durch freiwillige Spenden statt durch Steuern finanziert?* Und wenn sich nicht genug Spender finden dann ist den Bürgern die entsprechende Leistung offensichtlich nicht genug wert und entsprechend ist es nur richtig, dass sie eingestellt wird.

Weil's nicht funktioniert. Schau mal, wie viel Du in Deinem Leben schon gespendet hast und überleg mal, ob Du damit auch nur einen Arbeitsplatz pro Jahr finanzieren kannst.

Fakt ist halt, dass viele Leute einfach keinen Bock haben, was von Ihrem Geld abzugeben, egal ob sie damit Robbenbabies retten oder einem fremden Kind die Bildung finanzieren. Das Trittbrettfahrerproblem wurde ja bereits angespreochen und es gibt genug Literatur, die zeigt, dass Leute nunmal ihr Engagement zurückschrauben, wenn sie den Eindruck haben, ihr Beitrag macht nur einen kleinen Teil der Gesamtleistung aus (so wie es halt bei 80 Millionen Bürgern immer ist).

Zweiter Punkt ist, und wurde auch schon angesprochen, die Unabhängigkeit bestimmter Organe, die gewährleistet weren muss. Man sieht es an der Deutschen Kinderhilfe e.V. und anderen Organisationen, die am Spendentropf der Familienministerin hängen. Ein dezenter kommentar von dieser Dame hat dazu geführt, dass die meisten Vereine ihre Einsrpüche gegen das Zugangserschwernisgesetz zurückgezogen haben. Wenn eine Organisation auf das Wohlwollen bestimmter Großspender angewiesen ist, besteht immer das Risiko, dass besagte Organisatin instrumentalisiert und zweckentfremdet wird.

Letztendlich ist es natürlich so, dass jeder Bürger nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hat. Das mag einingen doof erscheinen, aber jede Form von Rechtsstaat bietet bestimmte Vorzüge im Austausch gegen bestimmte Leistungen des Bürgers.
 

Clawg

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Original geschrieben von Electric.Jesus
Fakt ist halt, dass viele Leute einfach keinen Bock haben, was von Ihrem Geld abzugeben, egal ob sie damit Robbenbabies retten oder einem fremden Kind die Bildung finanzieren.
Warum sollte dies dann über Steuern funktionieren? An welchem Punkt bei der Besteuerung entsteht plötzlich der Wunsch, fremden Leuten Geld zu spenden?


Das Trittbrettfahrerproblem wurde ja bereits angespreochen und es gibt genug Literatur, die zeigt, dass Leute nunmal ihr Engagement zurückschrauben, wenn sie den Eindruck haben, ihr Beitrag macht nur einen kleinen Teil der Gesamtleistung aus (so wie es halt bei 80 Millionen Bürgern immer ist).
Richtig, die Spenden würden eher direkt an die jeweilige Person oder Organisation gehen. Es gäbe für niemanden einen Grund, den Staat dafür als Zwischenvermittler einzuschalten.
 
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Original geschrieben von Clawg

Warum sollte dies dann über Steuern funktionieren? An welchem Punkt bei der Besteuerung entsteht plötzlich der Wunsch, fremden Leuten Geld zu spenden?

Weil Steuern größtenteils Zwangsabgaben sind...
Wer nicht freiwillig will, wird halt dazu gezwungen.
 

Clawg

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Original geschrieben von Fragman[XiC]


Weil Steuern größtenteils Zwangsabgaben sind...
Wer nicht freiwillig will, wird halt dazu gezwungen.

Und wer bestimmt, wie hoch die Steuern sind und wofür sie benutzt werden?
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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letzendlich wir, das volk, durch unsere demokratisch legitimierten vertreter.
 

Clawg

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Original geschrieben von HeatoR
letzendlich wir, das volk, durch unsere demokratisch legitimierten vertreter.

Also wenn ich nochmal zusammenfassen darf:

Freiwillige Spenden funktionieren nicht, da niemand fremden Menschen Geld geben möchte. Gleichzeitig werden aber Steuern befürwortet.

Entweder hassen sich die Leute also gegenseitig, oder irgendwas ist hier falsch. :D


Den Menschen allgemein vorzuwerfen, dass sie egoistisch in dem Sinne wären, dass es nur um die eigene Person geht, ist falsch. Andere Menschen spielen in fast jedem Leben eine Rolle. Selbst ein absolut rational-egoistisch handelnder Mensch kommt logischerweise zu dem Schluß, dass andere Menschen für ihn einen Wert darstellen und es Dinge gibt, für die es sich zu spenden lohnt, selbst wenn man nur bruchstückhaft davon profitiert.
Was für Dinge sind das? Insbesondere solche, die man nicht kaufen kann, beispielsweise Sicherheit.
Sicherheit gewinnt man kaum dadurch, dass man sich selbst hochrüstet, sondern dadurch, dass man dafür sorgt, dass andere Menschen Perspektiven haben, d.h. ihr eigenes Leben wertschätzen und somit rational (d.h. in ihrem eigenen, langfristigen Interesse) handeln. Dadurch würde die Kriminalität gesenkt (sofern man Perspektivlosigkeit mal als wesentliche Ursache für Kriminalität betrachtet).

Ab einem gewissen Punkt nutzen Mehrinvestitionen in das eigene Wohl nicht mehr und (sofern man rational handelt) man muss zwangsläufig in die Gesellschaft investieren, sofern man ein besseres Leben möchte.
 

Benrath

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Original geschrieben von Electric.Jesus


Picasso, nimm Dir mal ein VWL-Buch zur hand und schau Dir verschiedene Typen von Gütern an. Du wirst feststellen, dass Straßen, Schulen etc. "öffentliche Güter sind", Tennisplätze dagegen "Club-Güter". Das macht nen bedeutenden Unterschied, was die Finanzierung angeht.

Es gibt natürlich Leute, die möchten gerne, dass auch bestimmte Öffentliche Güter (Schulen, Universitäten) nicht mehr wie öffentliche Güter behandelt werden, aber das ist eine Debatte, die man innerhlab einer Gesellschaft führen muss. So wie ich es sehe, ist derzeit noch Konsens, dass bestimmte Dinge für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Herkunft etc. verfügbar sein sollen, z.B. Bildung. Deswegen musst Du damit leben, dass Du irgendwann mal (sofern Du dann Steuern zahlst), anderen das Privatvergnügen zahlst, ihr anrecht auf Bildung zu nutzen. Das ist Demokratie in einem auf soziale Gerechtigkeit ausgerichteten Staat.

Mag für die, die dabei draufzahlen, doof sein. Klar, jeder will immer mehr vom Kuchen als er ohnehin schon hat. Aber untern Strich isses wohl besser so wie es ist. Die Alternative ist an den USA gut abzusehen. Eine kleine Bildungselite und ein Heer an Idioten, die nichtmal wissen, wo die USA auf der Weltkarte zu finden ist.

das hat doch nix mit öffentlichen GÜtern zu tun.. müsste jetzt zwar auch genauer nachlesen. Was du hier afaik vermischt sind die Bereitstellungsreglungen bei den 4 verschiedenen Güterarten.

Eventuell meinst du mit öffentlichem Gut ein meriotorisches Gut.

Tendenziell ist Bildung genauso ein Clubgut... keinen störts (bis zu ne gewissem Punkt) ob noch einer mehr in der Vorlesung sitzt, aber man kann die Leute problemlos von der eigentlich Prüfungsleistung excludieren.
 

Amad3us

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@MV: zur "Nutzendebatte"

Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du: Person X hat für sagen wir mal 2 Alternativen jeweils einen Nutzenwert. Er wählt nun die mit dem höheren Nutzenwert. Soweit so gut. (Das ist wie gesagt eine Annahme über eine unbeobachtbare Variable).
Jetzt eine andere Definition:
Person X hat für 2 Alternativen jeweils einen Wert. Diese Werte sind jeweils Funktionen von zwei Größen: Zum einem den wahren Nutzen, zum anderen gibt es Störgrößen (sagen wir z.B. Manipulative Werbeeinflüsse oder ähnliches). Die Person wählt nun die Alternative mit dem höheren Wert.
Jetzt kann man nicht mehr zwangsläufig sagen, dass eine gewählte Handlung eindeutig für die person einen höheren Nutzen haben muss.
Es könnte einfach auch auf einen hohen Wert der Störgröße zurückgehen.
So und wie unterscheiden wir jetzt empirisch nach den beiden Theorien? Imo gar nicht weil es "Esoterik", sprich nicht überprüfbar ist.
 
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Original geschrieben von Clawg


Und wer bestimmt, wie hoch die Steuern sind und wofür sie benutzt werden?

Steuern sind Abgaben, die einen Pflicht sind, dafür stellt dir die institutionelle Gesellschaft vorher genug Leistungen zur Verfügung.
Und die Mehrheit und Demokratie entscheidet das.

Außerwandern ist natürlich erlaubt.

Aber den Sinn von Steuern zu bezweifeln oder sie als Gewalt abzutun ist quasi so wie den Sinn von menschlichen Handlungen oder gesellschaftlichen Institutionen zu verneinen. Diese sind zwar immer teil menschlicher Handlungen, aber haben eben auch eine gewisse Autonomie.

Dies als Gewalt abzutun oder generell auf Willen zu reduzieren, ist nicht nur falsch, sondern trifft auch nicht den Kern der Wirklichkeit. Kurz gesagt es ist Ideologie!

Steuern sind keine Gewalt, sie sind eher ein komplexes Wechselverhältnis, genauso wie der Markt auch. Somit sind sie Strukturen.

Entweder der Markt UND Steuern sind Gewalt oder nichts von beiden. Diese andauernde Diffamierung von öffentlichen Gütern ist wirklich eine Frechheit. Ohne Steuern gäbe es nichtmal die moderne Infrastruktur (auch nicht in den USA) und hier tun einige so als ob, das alles die ausgebuhrt der Hölle wäre. Das kotzt mich gelinde gesagt an.

Dann geht bitte in eine gesellschaft ohne Institutionen und Regeln. Finden lassen die sich auf einer einsamen Insel oder dem Mond, Internet gibts da aber nicht.

Original geschrieben von Benrath
Tendenziell ist Bildung genauso ein Clubgut... keinen störts (bis zu ne gewissem Punkt) ob noch einer mehr in der Vorlesung sitzt, aber man kann die Leute problemlos von der eigentlich Prüfungsleistung excludieren.

nein kann man nicht, weil es eine Verfassung gibt. Die gleiche Verfassung, die auch die Freiheiten des Marktes schützt. Deshalb entscheidet der Markt eben nicht alles in einer Gemeinschaft.

Die Verfassung ist ihr Bauplan und dieser ist politisch.
 

Clawg

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Original geschrieben von OgerGolg
Steuern sind Abgaben, die einen Pflicht sind, dafür stellt dir die institutionelle Gesellschaft vorher genug Leistungen zur Verfügung.
Und die Mehrheit und Demokratie entscheidet das.

Außerwandern ist natürlich erlaubt.

Aber den Sinn von Steuern zu bezweifeln oder sie als Gewalt abzutun...


Habe ich hier nicht behauptet und darum ging es mir hier auch nicht.

Ich wollte darstellen, dass auch in einer Gesellschaft ohne Steuern Menschen bereit sind (und nicht nur aus Selbstlosigkeit, sondern gerade aus Egoismus) sich entsprechend für die Gesellschaft einzusetzen.
 

Comeondieyoung

Guest
Aber nicht im notwendigen Mass.
Die Menschen wuerden vor allem spenden um sich zugleich einen Eigennutzen herauszuschlagen, etwa wie viele Millionaere in Amerika Harvard mit Spenden unterstuetzen und sich davon auch einen Gegenwert erhoffen.
Das es langfristig tatsaechlich dem Individuum nuetzt in einer Gesellschaft zu leben in der alle Personen etwa Zugang zu Sicherheit und Bildung besitzen, da sind wir uns wohl einig.
Allerdings glaube ich nicht, dass sich Personen tatsaechlich nutzenmaximierend verhalten wie du dies vorraussetzt, zweitens glaube ich, dass Menschen dazu neigen kurzfristig zu denken und drittens wohl eher wie es bereits der Fall ist sich von der grossen armen Masse zu isolieren (gated communities) wie dies bereits in vielen Orten der Welt Gang und Gaebe ist.
 

Clawg

Guest
Original geschrieben von Comeondieyoung
Aber nicht im notwendigen Mass.
Definiere "notwendiges Maß". Was ist dein Referenzpunkt? Ist doch völlig willkürlich.

Die Menschen wuerden vor allem spenden um sich zugleich einen Eigennutzen herauszuschlagen, etwa wie viele Millionaere in Amerika Harvard mit Spenden unterstuetzen und sich davon auch einen Gegenwert erhoffen.
Aha, ja, und? Ist doch gut? Oder sind solche Spenden schlecht, weil man ja profitiert? Welche Spenden sind dann gut?

Das es langfristig tatsaechlich dem Individuum nuetzt in einer Gesellschaft zu leben in der alle Personen etwa Zugang zu Sicherheit und Bildung besitzen, da sind wir uns wohl einig.
Das ist doch gerade der springende Punkt. Nein, sind wir uns nicht, da wir uns nicht darauf geeinigt haben, wie Bildung definiert wird.

Allerdings glaube ich nicht, dass sich Personen tatsaechlich nutzenmaximierend verhalten wie du dies vorraussetzt, zweitens glaube ich, dass Menschen dazu neigen kurzfristig zu denken
Aha, aber wenn sie einen Vertreter wählen, dann entsteht durch diese kollektive Entscheidung plötzlich auf wundersame Weise Weisheit und ein besseres Bildungssystem, ja?

Im Übrigen möchte ich behaupten, dass ich mich "nutzenmaximierend" verhalte. Darf ich dann aufhören, für entsprechende Systeme zu bezahlen, die für mich ja angeblich nur das beste wollen?

Ich glaube was du willst ist eine Form der Oligarchie, sonst würdest du nicht so argumentieren. Entweder du sagst, dass die Menschen für sich selbst entscheiden (und wählen) können oder du sagst, dass sie es nicht können. In keinem der beiden Fälle wäre ein Staat sinnvoll, der diese Rolle übernimmt. Außer man setzt eben einen 'weisen König' ein. Aber so etwas gibt es nicht.
 

Electric.Jesus

Guest
Wer hier immer noch denkt, dass alles gut wird, wenn wir ausschließlich private und freiwillige Finanzierung für alles einsetzen, der sollte sich mal öffentliche Toiletten ansehen.

Die sind das beste Beisiel dafür, dass bestimmte Dinge nicht (!) funktionieren, wenn man der Allgemeinheit Freiwilligkeit zugesteht (und hier ist es ja anscheinend schon zuviel verlangt, 10 Sekunden lang ne Bürste zu schwingen).

Das Trittbrettfahrerproblem lässt sich im Übrigen nicht damit lösen, den Staat aus der Finanzierung zu nehmen. Beispiel: Man finanziert eine Uni mittlerer Größe, z.B. Uni Göttingen. Die hat nen Etat von ca. 500 Millionen Euro im Jahr (inklusive Medizin). Um den zu finanzierung, muss nun schon jede Menge an Spendern zusammenkommen. Gehen wir mal davon aus, dass ein Spender maximal 10.000 Euro spendet (wir ham's ja, jetzt wo keine Steuern mehr anfallen), dann kommen wir auf 50.000 Spender.

Jeder dieser 50.000 Spender kann sich nun überlegen, ob er seine 10.000 Euro nicht besser in irgendwas anderes Investiert (Koks & Nutten etc.), was ihm direkt was bringt. Jeder einzelne denkt auch, ob die Uni nun 500 Millionen oder nur 499.990.000 Euro hat, ist doch total egal.

Wenn genug Leute so denken, hat die Uni bald vielleicht nur noch 250 Millionen Euro im Jahr (dann setzen wir immer noch voraus, dass 50% der Leute freiwillig auf 3mal Urlaub im Jahr verzichten, damit die Uni läuft, von der sie erstmal nix direkt haben). Abgesehen davon, dass man dann erstmal ein Finanzierungsproblem hat, könnte sich bei den "guten Spendern" jetzt der "Sucker-Effekt" einstellen, dass also die guten Spender angepisst sind, dass sie allein dafür verantwortlich sind, dass die Uni läuft, während andere mit dem Speedboat durchdie karibik heizen. Ergo haben auch die "guten Spender" bald keinen Bock mehr, zu spenden, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen.

Fazit also, und es wurde, glaube ich, schon gesagt: es liegt nicht in der Natur, dass der Mensch freiwillig die allgemeinheit finanziert, wenn er nicht unter Androhung von Sanktionen dazu gezwungen wird. Deswegen hat der Staat das Recht, Steuern einzutreiben, um allgemein Güter wie Sicherheit, Transport etc. zu finanzieren.
 

Comeondieyoung

Guest
Es mag keinen objektiven Referenzpunkt innerhalb des richtigen "Masses" geben und in der Tat wird man auf sehr unterschiedliche Definitionen von dem "richtigen Mass" in Bildung oder Sicherheit geben. Trotzdem haben wir innerhalb der Gesellschaft zumindestens gewisse Kernpunkte akzeptiert, zum Beispiel die Moeglichkeit des freien Zugangs zu Schule oder Universitaeten, zumindestens gewisse Mindeststandards an Sozialleistungen etc.

Es ist nicht generell abzulehnen von Spenden auch einen generellen Nutzen erwarten zu koennen, dies hat dann aber nichts mehr mit einer altruistischen Handlung zu tun, da ein reziproker Nutzen erwartet wird. Daher bleibst du uns weiterhin "Beweise" fuer die Moeglichkeit einer funktionierenden, sich selbstverwaltenden Gesellschaft die ohne direkte Zwaenge auskommt, schuldig. Meines Erachtens nach wuerde dies nur zu einer gewaltigen Ungleichheit fuehren in der es eine reiche Minderheit und viele Arme gibt, so wie man dies etwa in Sao Paolo und anderen, aehnlichen Metropolen sehen kann.

Objektiv kann man die Zustaende in den Favelas in Rio nicht als "falsch" kritisieren, trotzdem gibt es die Moeglichkeit eines intersubjektiven Diskurses innerhalb der Gesellschaft, welche darueber diskutiert welche Formen des Zusammenlebens erstrebenswert sind und welche nicht.
Du muesstest dir selbst widersprechen wenn du davon ausgehst, dass es ueberhaupt kein Mass von Bildung etc. gibt, du aber gleichzeitig davon ausgehst, dass Individuen bereit seien zu spenden um solche Zustaende zu vermeiden, da gehst du ja schliesslich auch von einer generellen Nichtakzeptanz von krassen sozialen Schieflagen aus (z.B. hohe Kriminalitaet).

Die Gesellschaft setzt im Diskurs mit seinen Partizipanten gewisse Grenzen fest, welche sie fuer notwendig haelt. Das Individuum hat die Moeglichkeit in diesem Diskurs teilzunehmen, die Gesellschaft sollte daher die Moeglichkeit eines offenen Diskurses der auf Pluralitaet setzt zu ermoeglichen um einer Diktatur entgegenzuwirken (deshalb haben wir zum Beispiel Schutz von Minderheiten als einen Grundpfeiler unserer demokratischen Verfassung, es gilt also nicht, dass die Mehrheit _alles_ darf).
Deshalb stoert es mich auch immer wenn deine Posts immer klingen als wir alle in Nordkorea leben, sicher, es gibt viele Zwaenge (Schulzwang z.B.), allerdings auch viele Freiheiten, niemand verbietet dir Posts in Romanlaenge in bw.de zu verfassen, niemand zwingt dich stattdessen auf dem Feld zu ackern. Eine gewisse Moeglichkeit der Differenzierung solltest auch du akzeptieren, bei dir klingt es immer nach "aha, Steuern um armen Kindern den Zugang zur Schule zu ermoeglichen, du waerst dann wohl auch ein Sympathisant Hitlers oder Kim-Jong Il gewesen" und das nervt doch ziemlich nach einer Weile.

Wozu das ganze, warum nicht alle Individuen fuer sich entscheiden lassen, mit der Vermeidung jeglicher direkter Gewalt?
Auch hier kann man keine "objektive" Antwort geben warum dies nicht erstrebenswert sei, ich halte es gewissermassen "natuerlich", dass Individuen sich zu Kollektiven bilden und halte soziale Aspekte, die bei dir praktisch negiert werden, fuer notwendig wenn wir uns ein Bild vom "Menschen" machen wollen. Meiner Meinung nach ist der Mensch weder nur egoistisch, noch altruistisch veranlagt, den Menschen so einseitig definieren zu wollen muss meiner Ansicht nach zu einer krassen Simplifizierung fuehren, der Mensch ist vieles zugleich, egoistisch, aber auch altruistisch, nutzenmaximierend, aber auch irrational handelnd. Der Mensch ist eben nicht nur ein Wesen, welches nach seinem eigenen Nutzen strebt, diese Ansicht halte ich fuer realitaetsfern und gefaehrlich.

Da wir nicht alle wie Robinson Crusoe auf einer einsamen Insel leben koennen, muessen wir daher gemeinsam entscheiden welche Aspekte fuer die Organisation wichtig sind und welche nicht.
Dadurch haben etwa Arbeiterbewegungen (wenn auch indirekt) nach jahrhundertelangem Gerangels gewisse Rechte erworben, welche nur durch die Moeglichkeit der direkten Gewaltanwendung moeglich sind (dein Modell der freiwilligen Partizipation halte ich nicht fuer realistisch), oder wir haben uns auf universell geltende Menschenrechte geeinigt, welche einen gewaltigen Schritt in die richtige Richtung war und welche auch heute noch staendigen Bedrohungen von der libertaeren Ideologie ausgesetzt sind, die jegliche universell geltende "Rechte" ablehnen, da sie in die Freiheiten der Individuen eingreifen. Wenn ein Penner auf der Strasse vor deinen Augen verdurstet und du dich dafuer entscheidest der Person nicht zu helfen, obwohl diese Handlung dich nicht wirklich benachteiligen sollte, so handelt diese Person fuer dich "moralisch". Zwar kann ich nicht objektiv bestimmen, dass diese Person nicht moralisch handelt, aber verdammt nochmal du waerst einfach ein grosses Arschloch wenn du es nicht taetest und wir tuen deshalb gut daran eine gemeinsame Ethik zu entwickeln welche komplexer ist als "jeder macht was er will solange er den anderen nicht mit Gewalt zu etwas zwingt welches diese Person nicht will".

Ich halte die Idee fuer absurd, dass es moeglich sei eine Gesellschaft ohne Zwaenge zu bilden. Ich unterscheide deshalb gerne zwischen direktem Zwang (Gewalt) und anonymen Zwang (z.B. Armut). Oberflaechlich gesehen ist der Unterschied gross, die Resultate sind aber die gleichen, ob ich mit Waffengewalt in Nordkorea unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten muss, oder ob ich dies tue weil ich ansonsten verhungern wuerde, das Resultat ist das gleiche. Wenn es eine Masse von armen Buergern und eine kleine Minderheit mit einem ueberproportional grossem Vermoegen gibt, so ist dies im Endeffekt nichts anderes als die Fortfuehrung einer oligarchischen Gesellschaft, auch wenn sich diese formal deutlich unterscheiden. Niemand zwingt dich zu etwas, trotzdem besitzt du keine Wahl. Es ist daher schlicht notwendig direkten Zwang auszuueben um Prinzipien durchzusetzen, die die grosse Mehrheit fuer richtig haelt.
Du findest es vollkommen in Ordnung, wenn Eltern auf Organspenden angewiesen sind um dem Sohn ein Studium zu ermoeglichen, ich halte diese Haltung fuer schlicht unmoralisch und gleichzeitig meine ich, dass diese Form das Individuum nicht minder unterdrueckt als eine Staatsbuergerschaft in Nordkorea.
Der direkte Zwang wird daher notwendig um den anonymen Zwang zu lockern, deshalb sind Steuern notwendig um etwa mein Organspendenbeispiel, welches viele moderne Okoenomen fuer durchaus akzeptabel halten, zu verhindern.

Deshalb meine ich auch, dass dein System nicht konsequent ist, du meinst so ein System verwirklichen zu koennen, in der das Individuum endlich frei wirken kann und die Kreativitaet der einzelnen Individuen zu gewaltigem Fortschritt in Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft fuehren, ohne staendig von der mittelmaessigen Masse gehindert zu werden ihre Kapazitaeten zu verwirklichen. Dein System steht ebenfalls nur fuer Konformitaet und dem Fehlen von Pluralitaet, da man angewiesen ist "mit dem Strom zu schwimmen" (also den anonymen Zwaengen zu gehorchen) um Erfolg im Beruf zu erreichen. Nicht zuletzt sind Jura- oder BWL- Studenten nicht gerade fuer Diversitaet, sondern fuer konformes Verhalten mit starrer Karrierefixierung bekannt und in den Fuehrungsetagen von grossen Unternehmen wird man auch eher wenige Querdenker finden. Die etwas unbefriedigende Loesung diese Zwaenge durch direkte Gewalt (Steuern, Gesetze) zu lockern ist deshalb fuer mich ein notwendiges Uebel, welches sich allerdings sehr gut in der Geschichte bewaehren konnte.
 
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Original geschrieben von Clawg

Definiere "notwendiges Maß". Was ist dein Referenzpunkt? Ist doch völlig willkürlich.


Das ist doch reine Korinthenkackerei. Natürlich ergibt sich dieses "notwendige Maß" nicht natürlich sondern wird gesellschaftlich konstruiert. Fakt ist ganz einfach, dass Menschen einen relativ kurzfristigen Planungshorizont haben. Dieser kurzfristige Planungshorizont würde es aber einer hochkomplexen Gesellschaft wie unserer nicht erlauben, langfristig gesellschaftliche Kohäsion zu gewährleisten bzw. überhaupt zu überleben. Deswegen braucht man Institutionen, die eben längerfristiger planen. Die Idee, dass Menschen freiwillig bereit wären, von Spenden (!) ein System wie das unsere zu finanzieren, ist einfach völlig absurd und widerspricht sowohl Empirie als auch Theorie. Wärst Du denn bereit, schätzungsweise 30%-50% deines Bruttoeinkommens freiwillig zu spenden? Ich denke nicht.

Vor allem denke ich, dass deine Überlegungen in einer Zeit wo sowieso große Teile der Bevölkerung eine "Kultur des Marktes" verinnerlicht haben, besonders absurd sind. Wenn man die Aufgabe der Gewährleistung sozialer Kohäsion dem bornierten Eigensinn von Individuen überlassen würde, würde es in ein paar Jahren nichts mehr geben, was man noch als "Gesellschaft" bezeichnen könnte.

Ich bin kein Psychologe, aber ich denke, dass in diesem Zusammenhang das Phänomen der "Diskontierung der Zukunft" eine große Rolle spielen könnte, also die Idee, dass Menschen gegenwärtigen Nutzen höher gewichten als einen (höheren) späteren Nutzen. Genau das führt dazu, dass eben niemand in deinem Phantasialand bereit sein wird, langfristig finanzielle Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen, wozu natürlich noch das oben angesprochene Trittbrettfahrerproblem kommt.

e:

Große Raute an Comeondieyoung
 
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Comeondieyoung hat es genau richtig formuliert.

Claw, ich hab immer noch eine Frage an dich: Du gibst doch zu, daß dein System nur funktionieren kann, wenn die Menschen darin einem gewissen Menschenbild entsprechen, nämlich daß sie sich rational verhalten. Was gibt es dann im Moment besseres als eine Demokratie? Wenn sich irgendwann eine Partei formt die deine Wünsche verwirklichen möchte, und diese Partei irgendwann die Mehrheit besitzt und den Regierungsauftrag hat; erst dann wird dein System doch überhaupt möglich sein, weil genügend Leute dahinter stehen. Und genau dann wird es auch kommen. Oder eben nie.
 
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Original geschrieben von Amad3us
@MV: zur "Nutzendebatte"

Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du: Person X hat für sagen wir mal 2 Alternativen jeweils einen Nutzenwert. Er wählt nun die mit dem höheren Nutzenwert. Soweit so gut. (Das ist wie gesagt eine Annahme über eine unbeobachtbare Variable).
Jetzt eine andere Definition:
Person X hat für 2 Alternativen jeweils einen Wert. Diese Werte sind jeweils Funktionen von zwei Größen: Zum einem den wahren Nutzen, zum anderen gibt es Störgrößen (sagen wir z.B. Manipulative Werbeeinflüsse oder ähnliches). Die Person wählt nun die Alternative mit dem höheren Wert.
Jetzt kann man nicht mehr zwangsläufig sagen, dass eine gewählte Handlung eindeutig für die person einen höheren Nutzen haben muss.
Es könnte einfach auch auf einen hohen Wert der Störgröße zurückgehen.
So und wie unterscheiden wir jetzt empirisch nach den beiden Theorien? Imo gar nicht weil es "Esoterik", sprich nicht überprüfbar ist.

Wie gesagt, es ist eine Definition und als solche natürlich nicht überprüfbar. Es ist aber eine saubere, sinnvolle Definition. Wieso behauptest du denn beispielsweise, dass Werbung eine "Störgröße" wäre? Wenn ich aufgrund der Werbung meine Prioritäten verschiebe dann ist das immernoch meine freie Entscheidung. Meine Wahl ist immernoch meine eigene, die Entscheidung wird nicht erzwungen. Somit hat die Werbung einfach meinen subjektiven Nutzen geändert. Sie hat also einen Einfluss auf meine Wahrnehmung von Nutzen - aber das ist etwas vollkommen neutrales. Die Bezeichnung "Störgröße" ist da sicherlich nicht gerechtfertigt.
Und wie willst du denn überhaupt einen "wahren Nutzen" erkennen können? Eine solche Definition wäre rein esoterisch, niemals überprüfbar. Dein "wahrer Nutzen" wäre niemals messbar.
Mit meiner Nutzendefinition kann man den Nutzen jederzeit messen. Einfach indem man einen Menschen vor Handlungsalternativen stellt. Nochmal: Es ist nicht nötig, zu begründen, dass seine Entscheidung irgendeinem "wahren Nutzen" entspricht. Einzig und allein die Observable, die Entscheidung des Menschen, zählt. Entscheidet sich der Mensch für A anstatt für B dann habe A den größeren Nutzen. Eine einfache Definition.

Nun kannst du behaupten, dass diese Definition nicht sinnvoll sei. Dann musst du mir aber eine bessere liefern. Dein Beispiel (siehe oben) ist jedenfalls nicht dazu geeignet.

Original geschrieben von Electric.Jesus
Weil's nicht funktioniert. Schau mal, wie viel Du in Deinem Leben schon gespendet hast und überleg mal, ob Du damit auch nur einen Arbeitsplatz pro Jahr finanzieren kannst.

Es gibt mehr als genug Spendenorganisationen die sich wunderbar ausschließlich aus Spenden organisieren.
Das Grundproblem mit dem Ansatz ist das folgende:
Wie bei Wahlen ist es so, dass der Beitrag eines Individuums vollkommen irrelevant ist. Eine Spende weniger macht einfach nichts aus. Deshalb werden wahrscheinlich viele Bürger, die eigentlich an der staatlichen Leistung interessiert sind und eigentlich bereit wären etwas Geld dafür auszugeben dies doch nicht tun. Ich nenne das mal den "Nur wenn alle anderen auch"-Effekt: Wenn man genau weiß, dass alle anderen Bürger auch beitragen müssen dann akzeptiert man den eigenen Beitrag. Sobald aber andere Bürger aussteigen dürfen dann will man auch selbst nichtmehr spenden.
Der Ausweg ist zur Zeit eine Steuer und prinzipiell kann man dieses Problem auch nicht ohne eine Zwangsabgabe lösen. Man kann es aber verschieben, von der "bösen" Zwangsabgabe Steuer hin zu einer mehr "freiwilligen" Zwangsabgabe. Das meine ich so:
Was spricht dagegen, die staatlichen Leistungen in einem Packet zu bündeln? Anstatt für Universitäten, Polizei und öffentliche Toiletten separat zu spenden kann der Staat einfach nur ein Spendenpacket für alles auf einmal anbieten, mit einer festen Rate (also exakt so wie unsere Steuer heute). Quasi ein Mitgliedsbeitrag. Niemand der auch nur halbwegs bei Verstand ist würde freiwillig austreten, da er dann quasi vogelfrei wäre.
Dieser Ansatz eröffnet weitere interessante Möglichkeiten: Auf dem gleichen Gebiet könnte es beliebig viele konkurrierende Staaten geben. Diese würden dann wahrscheinlich untereinander die Finanzierung und Nutzung von wichtigen Einrichtungen (z.B. Polizei) teilen aber könnten für ihre Mitglieder unterschiedliche Abgaben und Sonderleistungen anbieten. Staat A mit höherer Steuer aber auch hohen Sozialleistungen, Staat B mit geringerer Steuer aber ohne Sozialleistungen, Staat C mit mittlerer Steuer, keine Sozialleistungen aber dafür kostenlose Schwimmbäder und Tennisplätze. Man kauft sich dann also freiwillig ein Dienstleistungspacket von einem der möglichen Staaten.
 

Electric.Jesus

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Original geschrieben von MegaVolt

Es gibt mehr als genug Spendenorganisationen die sich wunderbar ausschließlich aus Spenden organisieren.
Das Grundproblem mit dem Ansatz ist das folgende:
Wie bei Wahlen ist es so, dass der Beitrag eines Individuums vollkommen irrelevant ist. Eine Spende weniger macht einfach nichts aus. Deshalb werden wahrscheinlich viele Bürger, die eigentlich an der staatlichen Leistung interessiert sind und eigentlich bereit wären etwas Geld dafür auszugeben dies doch nicht tun. Ich nenne das mal den "Nur wenn alle anderen auch"-Effekt: Wenn man genau weiß, dass alle anderen Bürger auch beitragen müssen dann akzeptiert man den eigenen Beitrag. Sobald aber andere Bürger aussteigen dürfen dann will man auch selbst nichtmehr spenden.
Der Ausweg ist zur Zeit eine Steuer und prinzipiell kann man dieses Problem auch nicht ohne eine Zwangsabgabe lösen. Man kann es aber verschieben, von der "bösen" Zwangsabgabe Steuer hin zu einer mehr "freiwilligen" Zwangsabgabe. Das meine ich so:
Was spricht dagegen, die staatlichen Leistungen in einem Packet zu bündeln? Anstatt für Universitäten, Polizei und öffentliche Toiletten separat zu spenden kann der Staat einfach nur ein Spendenpacket für alles auf einmal anbieten, mit einer festen Rate (also exakt so wie unsere Steuer heute). Quasi ein Mitgliedsbeitrag. Niemand der auch nur halbwegs bei Verstand ist würde freiwillig austreten, da er dann quasi vogelfrei wäre.
Dieser Ansatz eröffnet weitere interessante Möglichkeiten: Auf dem gleichen Gebiet könnte es beliebig viele konkurrierende Staaten geben. Diese würden dann wahrscheinlich untereinander die Finanzierung und Nutzung von wichtigen Einrichtungen (z.B. Polizei) teilen aber könnten für ihre Mitglieder unterschiedliche Abgaben und Sonderleistungen anbieten. Staat A mit höherer Steuer aber auch hohen Sozialleistungen, Staat B mit geringerer Steuer aber ohne Sozialleistungen, Staat C mit mittlerer Steuer, keine Sozialleistungen aber dafür kostenlose Schwimmbäder und Tennisplätze. Man kauft sich dann also freiwillig ein Dienstleistungspacket von einem der möglichen Staaten.

Wie wärs wenn Du einfach FDP wählst? Die sagen, jeder soll eine minimale Grundversorgung bekommen und darf dann über die zsuatzversorgung selbst entscheiden. Steuersatz soll niedrig, damit man mehr Geld zur Verfügung hat. Also praktisch dasselbe, was Du gerne hättest. Musst nur noch nen Antrag stellen, dass Stuern in "Spenden" umbenannt werden.

Ein Problem ist dabei, dass ein Staat bestimmte Aufgaben übernehmen muss, die kaum einer cool findet und für die auch kaum einer Geld ausgeben will (z.B: Auslandseinsätze des Militärs etc.).

Ein weiteres wird sein, dass man mit so einem Corporate-State-Modell soziale Ungleichheit verschärft, weil es irgendwann so funktinioniert wir private Krankenkassen. Die coolen Staaten nehmen nur die Reichen und Leistungsstarken, der Rest ist gearscht. Man müsste also gewährleisten, dass nur der Bürger sich den Staat aussucht und nicht umgekehrt.
 
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Original geschrieben von Electric.Jesus
Ein Problem ist dabei, dass ein Staat bestimmte Aufgaben übernehmen muss, die kaum einer cool findet und für die auch kaum einer Geld ausgeben will (z.B: Auslandseinsätze des Militärs etc.).

Wieso genau brauchen wir Auslandseinsätze des Militärs? Wenn sie niemand cool findet dann ist das doch ein verdammt guter Grund, diesen Blödsinn einfach nicht zu machen. Es gab da mal so eine ganz wirre Idee, die lief unter dem Stichwort "Verteidigungsarmee". Komische Leute müssen das gewesen sein, die sich das ausgedacht haben ...
 

Amad3us

Guest
Wie gesagt, es ist eine Definition und als solche natürlich nicht überprüfbar. Es ist aber eine saubere, sinnvolle Definition. Wieso behauptest du denn beispielsweise, dass Werbung eine "Störgröße" wäre? Wenn ich aufgrund der Werbung meine Prioritäten verschiebe dann ist das immernoch meine freie Entscheidung. Meine Wahl ist immernoch meine eigene, die Entscheidung wird nicht erzwungen. Somit hat die Werbung einfach meinen subjektiven Nutzen geändert. Sie hat also einen Einfluss auf meine Wahrnehmung von Nutzen - aber das ist etwas vollkommen neutrales. Die Bezeichnung "Störgröße" ist da sicherlich nicht gerechtfertigt. Und wie willst du denn überhaupt einen "wahren Nutzen" erkennen können? Eine solche Definition wäre rein esoterisch, niemals überprüfbar. Dein "wahrer Nutzen" wäre niemals messbar. Mit meiner Nutzendefinition kann man den Nutzen jederzeit messen. Einfach indem man einen Menschen vor Handlungsalternativen stellt. Nochmal: Es ist nicht nötig, zu begründen, dass seine Entscheidung irgendeinem "wahren Nutzen" entspricht. Einzig und allein die Observable, die Entscheidung des Menschen, zählt. Entscheidet sich der Mensch für A anstatt für B dann habe A den größeren Nutzen. Eine einfache Definition.

Das Problem ist doch, dass du diese Definition gleichsam als Argumentationsmittel für "bringt die Menschheit voran" verwendest.
Wie gesagt definieren kannst du alles.
Wir können empirisch nicht unterscheiden. Wenn wir beobachten das eine Hanldung A gewählt wurde, dann können wir sagen: ok nach Definition 1 folgt das unser wahrer Nutzen hier höher war. Nach Definition 2 folgt das nicht. Und jetzt?
Du benutzt ständig, dass eine Entscheidung (kaufe Produkt A) gut ist, weil du denkst, dass sie den Nutzen der Person maximiert. Das wiederum folgt aber nur aus deiner Definition. Sprich im Grunde definierst du dir deine Aussagen.
 

Comeondieyoung

Guest
Absolute Freiheit kann es vielleicht fuer unsterbliche Roboter geben, fuer uns ist dies nicht moeglich.
Deshalb stoert mich die Limitierung des Begriffes "Freiheit", indem man ihn nur auf die "freiwillige Teilnahme" uebertraegt. Genauso wichtig ist doch zu fragen ob diese "freiwillige Teilnahme" tatsaechlich aus den eigenen Motiven der Person heraus resultiert, oder ob sie nur eine Folge von externen Zwaengen sind. Es ist daher paradox, aber notwendig um tatsaechliche Handlungsfreiheit von Individuen zu ermoeglichen ihnen durch direkte Gewalt (Steuern und Gesetze) eine Sicherheit von diesen Zwaengen zu garantieren (Sozialhilfe, freier Zutritt zu Bildungseinrichtungen etc), erst dann handeln Individuen tatsaechlich "frei".
Der Totalitarismus Nordkoreas ist daher meines Erachtens nicht viel anders als der Totalitarismus des Marktes, wer fuer Freiheit ist, der muss auch einsehen, dass diese erst durch direkte Gewalt zustande kommt.
 
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Com, ich stimme dir zu, würde dich aber bitte nicht diese lächerliche "Gewaltdefinition" zu übernehmen. Gewalt ist eben mehr als "nicht-Freiheit". Zwänge sind NICHT gleich Gewalt. Laut ihrer Definition ist ja auch Hunger eigentlich eine Gewalt des Körpers gegen den Geist.

Das Kernargument ist aber vollkommen richtig: Erst die "Einschränken der potentiellen Freiheit, macht den Menschen real Handlungsfähig und potentiell Verantwortlich (d.h. Selbstbestimmt)."
Es kommt auf die Mischung Verhältnisse an, und vor allem die Freiräume die Geschaffen werden. Egal ob von der Omnipotenz des Martkes oder der Omnipotenz totalitärer Politik. Diese Mischungsverhältnisse sind immer diskursive Aushandlungsverhältnisse, die aber gleichzeitig nur intersubjektiv und niemals vollendet sind. Deshalb sind es per se zeitliche Verfassungsfrage oder Moralvorstellungen. Wer mehr will läuft potentiell Gefahr dieses Verhältnis und die Akzeptanz des anderne Gesprächspartners zu verneinen.

kurz: Wer menschlichen, natürlichen oder marktgesetzlichen Zwängen total ausgeliefert ist, hat keine reale Handlungsfreiheit.

Das bafögfinanzierte Studium ist doch das BESTE Beispiel: man wird quasi kurzzeitig aus dem Marktzwang herausgenommen, um später in diesem System mehr Handlungsfreiheit zu besitzen.
 

Comeondieyoung

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Ich stimme dir natuerlich zu, ich uebernehme auch nicht diese Gewaltdefinition, sondern benutze sie nur um meine Argumentation fuer die Gegenseite deutlicher zu machen.
 
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Original geschrieben von Amad3us
Das Problem ist doch, dass du diese Definition gleichsam als Argumentationsmittel für "bringt die Menschheit voran" verwendest.
Wie gesagt definieren kannst du alles.
Wir können empirisch nicht unterscheiden. Wenn wir beobachten das eine Hanldung A gewählt wurde, dann können wir sagen: ok nach Definition 1 folgt das unser wahrer Nutzen hier höher war. Nach Definition 2 folgt das nicht. Und jetzt?
Du benutzt ständig, dass eine Entscheidung (kaufe Produkt A) gut ist, weil du denkst, dass sie den Nutzen der Person maximiert. Das wiederum folgt aber nur aus deiner Definition. Sprich im Grunde definierst du dir deine Aussagen.

Die Argumentation funktioniert auch ganz ohne den Begriff "Nutzen" noch:
Wie definiert man, was "die Menschheit" voranbringt? Ganz einfach: Was die Individuen voranbringt. Was bringt ein Individuum voran? Global kann man das nicht festlegen, es ist rein subjektiv. Was ein Individuum voran bringt kann es also nur selbst entscheiden. Also bringt es die Menschheit maximal voran, wenn man jedes Individuum frei seine eigenen Handlungen bestimmen lässt. Was uns dann direkt zum Markt führt. q.e.d.

Die Argumentation ist exakt die gleiche, nur muss man es eben nicht "Nutzen" nennen. Ist doch vollkommen egal welchen Namen verwendet.

Meine Grundannahme ist, dass Menschen, die sich frei zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden können, die (für sie rein subjektiv in exakt diesem Zeitpunkt) angenehmere wählen. Das habe ich dann Nutzen genannt, wobei der Name wie gesagt eigentlich vollkommen egal ist. Willst du nun wirklich behaupten, dass diese Annahme fehlerhaft sei?
 

Amad3us

Guest
Meine Grundannahme ist, dass Menschen, die sich frei zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden können, die (für sie rein subjektiv in exakt diesem Zeitpunkt) angenehmere wählen. Das habe ich dann Nutzen genannt, wobei der Name wie gesagt eigentlich vollkommen egal ist. Willst du nun wirklich behaupten, dass diese Annahme fehlerhaft sei?

Ja, wieso sollte mein Entscheidungsprozess nicht auch noch von anderen Variablen überdeckt/beeinflusst werden? Was ist überhaupt eine "frei" Entscheidung?
 
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Original geschrieben von MegaVolt


Die Argumentation funktioniert auch ganz ohne den Begriff "Nutzen" noch:
Wie definiert man, was "die Menschheit" voranbringt? Ganz einfach: Was die Individuen voranbringt. Was bringt ein Individuum voran? Global kann man das nicht festlegen, es ist rein subjektiv. Was ein Individuum voran bringt kann es also nur selbst entscheiden. Also bringt es die Menschheit maximal voran, wenn man jedes Individuum frei seine eigenen Handlungen bestimmen lässt. Was uns dann direkt zum Markt führt. q.e.d.

Die Argumentation ist exakt die gleiche, nur muss man es eben nicht "Nutzen" nennen. Ist doch vollkommen egal welchen Namen verwendet.

Meine Grundannahme ist, dass Menschen, die sich frei zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden können, die (für sie rein subjektiv in exakt diesem Zeitpunkt) angenehmere wählen. Das habe ich dann Nutzen genannt, wobei der Name wie gesagt eigentlich vollkommen egal ist. Willst du nun wirklich behaupten, dass diese Annahme fehlerhaft sei?

vielleicht in einer Welt voller "guter Menschen". Ich mein bei deinem tollen Beispiell ist einfach mal Mord ausgenommen.

Mord passt eigentlich sehr gut: es ist teilweise relativ angenehm und ein leichter weg, jedenfalls aus individueller Sicht.

Ohne Sanktionen und Reaktionen, wäre Mord sehr effektiv und würde "viele voranbringen" (kurz gesagt nützen). Individuen einfach hochzurechnen auf Menschheit ist eben nur Möglich, wenn man Individuen UND (!!!!!!!!!!!!!!) ihre Interaktion mit bedenkt.

Das kann man (und wird von vielen) dann Gesellschaft nennen.

Die Individuen und ihr Wollen machen nämlich noch NICHT die Menschheit aus. Zumindest im Kontext des "voranbringens", was immer ein zeitlicher Aspekt ist. Natürlich kann man einen statischen Punkt wählen und sagen: "die Menge der Individuen ist Menschheit", nur ist das quasi für alle hier beschriebenen Probleme völlig irrelevant.
 

Comeondieyoung

Guest
Ausserdem halte ich die Annahme, dass Menschen, wenn sie vor die Wahl vor Alternativen gestellt werden sich stets fuer die fuer sie richtige Entscheidung treffen fuer schlicht falsch.
 

Clawg

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@Electric.Jesus:
- ÖFFENTLICHE Toiletten.
- Man kann Spenden an eine Bedingung knüpfen (z.B. "Wenn sich nicht 1000 Spender finden, dann bekommen alle Spender ihr Geld zurück.")
- Ab einer bestimmten Geldmenge nutzt es nichts mehr, wenn man in persönlichen Wohlstand investiert.
- Wenn einem etwas wert ist, ist es völlig unabhängig, ob andere spenden oder nicht.


@Comeondieyoung:
Es mag keinen objektiven Referenzpunkt innerhalb des richtigen "Masses" geben und in der Tat wird man auf sehr unterschiedliche Definitionen von dem "richtigen Mass" in Bildung oder Sicherheit geben.
Ok, dann kannst du nicht sagen, dass die Spenden nicht im "notwendigen Maß" eintreffen würden.


Trotzdem haben wir innerhalb der Gesellschaft zumindestens gewisse Kernpunkte akzeptiert, zum Beispiel die Moeglichkeit des freien Zugangs zu Schule oder Universitaeten, zumindestens gewisse Mindeststandards an Sozialleistungen etc.
Wer ist wir und ab wann gilt etwas als akzeptiert?
Nur weil momentan die Mehrheit ein bestimmtes Gesellschaftsmodell befürwortet, heißt das noch lange nicht, dass man es auch befürworten soll (es also Gründe gibt, weshalb dieses System einem anderen System zu bevorzugen ist).

Es ist nicht generell abzulehnen von Spenden auch einen generellen Nutzen erwarten zu koennen, dies hat dann aber nichts mehr mit einer altruistischen Handlung zu tun, da ein reziproker Nutzen erwartet wird.
Inwiefern ist es relevant? Relevant ist nur, ob am Ende gespendet wird, nicht warum.
Geht es dir vielleicht nicht darum, dass Menschen geholfen wird, sondern um das Kant'sche Modell einer moralischen Gesellschaft?

Daher bleibst du uns weiterhin "Beweise" fuer die Moeglichkeit einer funktionierenden, sich selbstverwaltenden Gesellschaft die ohne direkte Zwaenge auskommt, schuldig. Meines Erachtens nach wuerde dies nur zu einer gewaltigen Ungleichheit fuehren in der es eine reiche Minderheit und viele Arme gibt, so wie man dies etwa in Sao Paolo und anderen, aehnlichen Metropolen sehen kann.

Meinst du mit "funktioniert", dass keine Ungleichheiten entstehen (können)? Richtig, dann "funktioniert" mein Modell nicht. Menschen sind und handeln nicht gleich.

Aber was ist das Problem an wirtschaftlichen Ungleichheiten?

Im übrigen musste ich bei diesem Abschnitt genüßlich lachen. Sao Paolo liegt in Brasilien. Brasilien hat massive Probleme mit Korruption und betreibt massiven Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen (wenn auch nicht so schlimm wie in Nordkorea oder Venezuela).
Du meinst wohl eher sowas wie Hong Kong. Aber das passt dir ja dann nicht ins Konzept.


Du muesstest dir selbst widersprechen wenn du davon ausgehst, dass es ueberhaupt kein Mass von Bildung etc. gibt, du aber gleichzeitig davon ausgehst, dass Individuen bereit seien zu spenden um solche Zustaende zu vermeiden, da gehst du ja schliesslich auch von einer generellen Nichtakzeptanz von krassen sozialen Schieflagen aus (z.B. hohe Kriminalitaet).
Nein, das ist nur ein Faktor. Firmen z.B: würden Bildung finanzieren um Arbeitskräfte zu bekommen, andere damit sie ihr Lieblingsbuch mit anderen Menschen teilen können usw.


Die Gesellschaft setzt im Diskurs mit seinen Partizipanten gewisse Grenzen fest, welche sie fuer notwendig haelt. Das Individuum hat die Moeglichkeit in diesem Diskurs teilzunehmen, die Gesellschaft sollte daher die Moeglichkeit eines offenen Diskurses der auf Pluralitaet setzt zu ermoeglichen um einer Diktatur entgegenzuwirken (deshalb haben wir zum Beispiel Schutz von Minderheiten als einen Grundpfeiler unserer demokratischen Verfassung, es gilt also nicht, dass die Mehrheit _alles_ darf).
Am Ende wird eine Entscheidung gefällt, welcher sich alle fügen müssen. Die Entscheidung stellt keinen Konsens dar, sondern die 'Mitte' aller Meinungen. Bleibt für mich eine Diktatur.


Deshalb stoert es mich auch immer wenn deine Posts immer klingen als wir alle in Nordkorea leben, sicher, es gibt viele Zwaenge (Schulzwang z.B.), allerdings auch viele Freiheiten, niemand verbietet dir Posts in Romanlaenge in bw.de zu verfassen, niemand zwingt dich stattdessen auf dem Feld zu ackern.
Nur 50% meiner Zeit darf auf den öffentlichen Feldern gearbeitet werden ^_^

Eine gewisse Moeglichkeit der Differenzierung solltest auch du akzeptieren, bei dir klingt es immer nach "aha, Steuern um armen Kindern den Zugang zur Schule zu ermoeglichen, du waerst dann wohl auch ein Sympathisant Hitlers oder Kim-Jong Il gewesen" und das nervt doch ziemlich nach einer Weile.
Entweder werden Rechte geachtet oder sie werden nicht geachtet. Wo will man da differenzieren? Ich mache mir da keine Illusion.


Wozu das ganze, warum nicht alle Individuen fuer sich entscheiden lassen, mit der Vermeidung jeglicher direkter Gewalt?
Auch hier kann man keine "objektive" Antwort geben warum dies nicht erstrebenswert sei, ich halte es gewissermassen "natuerlich", dass Individuen sich zu Kollektiven bilden und halte soziale Aspekte, die bei dir praktisch negiert werden, fuer notwendig wenn wir uns ein Bild vom "Menschen" machen wollen. Meiner Meinung nach ist der Mensch weder nur egoistisch, noch altruistisch veranlagt, den Menschen so einseitig definieren zu wollen muss meiner Ansicht nach zu einer krassen Simplifizierung fuehren, der Mensch ist vieles zugleich, egoistisch, aber auch altruistisch, nutzenmaximierend, aber auch irrational handelnd. Der Mensch ist eben nicht nur ein Wesen, welches nach seinem eigenen Nutzen strebt, diese Ansicht halte ich fuer realitaetsfern und gefaehrlich.
Ok, das ist deine Meinung. Ich habe eine andere. Und wie lösen wir diese Meinungsunterschied friedlich? Achja, du zwingst mir deine Meinung auf und gibst mir die Option auszuwandern.


Dadurch haben etwa Arbeiterbewegungen (wenn auch indirekt) nach jahrhundertelangem Gerangels gewisse Rechte erworben, welche nur durch die Moeglichkeit der direkten Gewaltanwendung moeglich sind (dein Modell der freiwilligen Partizipation halte ich nicht fuer realistisch)
"Abeiterrechte" machen nichts anderes als jeden Bewerber auf einen Arbeitsplatz in seiner Wahl oder seinem Gehalt einzuschränken. Fraglich was daran gut sein soll...
Achja, der Arbeitnehmer kann ja nicht für sich selbst entscheiden, richtig. Aber die Masse kann für ihn entscheiden, weil diese ja (auf irgendeine mysteriöse Art und Weise) weiser entscheidet......

Derartige "Rechte" sind in der Geschichte IMMER durch einen entsprechenden wirtschaftlichen Aufschwung bedingt. Unternehmen kamen jeglichen Arbeiterrechten meist zuvor, siehe z.B. bei der Kinderarbeit.

, oder wir haben uns auf universell geltende Menschenrechte geeinigt, welche einen gewaltigen Schritt in die richtige Richtung war und welche auch heute noch staendigen Bedrohungen von der libertaeren Ideologie ausgesetzt sind, die jegliche universell geltende "Rechte" ablehnen, da sie in die Freiheiten der Individuen eingreifen.
Was auch immer die "richtige Richtung" ist. Ich lasse mich durch die "Menschenrechte" ungerne in meiner Redefreiheit beschränken.


Wenn ein Penner auf der Strasse vor deinen Augen verdurstet und du dich dafuer entscheidest der Person nicht zu helfen, obwohl diese Handlung dich nicht wirklich benachteiligen sollte, so handelt diese Person fuer dich "moralisch". Zwar kann ich nicht objektiv bestimmen, dass diese Person nicht moralisch handelt, aber verdammt nochmal du waerst einfach ein grosses Arschloch wenn du es nicht taetest und wir tuen deshalb gut daran eine gemeinsame Ethik zu entwickeln welche komplexer ist als "jeder macht was er will solange er den anderen nicht mit Gewalt zu etwas zwingt welches diese Person nicht will".

Aha, weil ich verdammt nochmal ein großes Arschloch wäre, tun wir uns gut daran, eine komplexere Ethik zu entwickeln.
Tolles Argument!

Was ist mit dem Euro, den ich wegen dem Zeitaufwand nicht erwirtschafte und ich einem Kind in Afrika nicht spenden kann?

Du hast es richtig erkannt, du kannst es nicht begründen, warum, und versuchst jetzt an das Gefühl zu appelieren.
So lässt sich keine Diskussion führen.


Ich halte die Idee fuer absurd, dass es moeglich sei eine Gesellschaft ohne Zwaenge zu bilden. Ich unterscheide deshalb gerne zwischen direktem Zwang (Gewalt) und anonymen Zwang (z.B. Armut). Oberflaechlich gesehen ist der Unterschied gross, die Resultate sind aber die gleichen, ob ich mit Waffengewalt in Nordkorea unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten muss, oder ob ich dies tue weil ich ansonsten verhungern wuerde, das Resultat ist das gleiche.
Aha, weil also jemand irgendein Verlangen verspürt, sollte die Gesellschaft dies akzeptieren und dafür sorgen, dass derjenige es befriedigen kann?

Oder willst du wieder eine willkürliche Grenze ziehen? Wären wir wieder beim selben Problem wie oben.

Wenn es eine Masse von armen Buergern und eine kleine Minderheit mit einem ueberproportional grossem Vermoegen gibt, so ist dies im Endeffekt nichts anderes als die Fortfuehrung einer oligarchischen Gesellschaft, auch wenn sich diese formal deutlich unterscheiden. Niemand zwingt dich zu etwas, trotzdem besitzt du keine Wahl. Es ist daher schlicht notwendig direkten Zwang auszuueben um Prinzipien durchzusetzen, die die grosse Mehrheit fuer richtig haelt.
In einer liberalen Gesellschaft können arme Bürger sehr schnell reich, und reiche Familien recht schnell arm werden.
Da jetzt gleich wieder das Argument des vererbten Vermögens kommt: 5% des vererbten Vermögens überlebt eine Generation.

Du findest es vollkommen in Ordnung, wenn Eltern auf Organspenden angewiesen sind um dem Sohn ein Studium zu ermoeglichen, ich halte diese Haltung fuer schlicht unmoralisch und gleichzeitig meine ich, dass diese Form das Individuum nicht minder unterdrueckt als eine Staatsbuergerschaft in Nordkorea.
Wer studieren kann, der kann auch einen Job finden um das Studium zu finanzieren. Also wieder ein weit hergeholtes Beispiel.

Dein System steht ebenfalls nur fuer Konformitaet und dem Fehlen von Pluralitaet, da man angewiesen ist "mit dem Strom zu schwimmen" (also den anonymen Zwaengen zu gehorchen) um Erfolg im Beruf zu erreichen. Nicht zuletzt sind Jura- oder BWL- Studenten nicht gerade fuer Diversitaet, sondern fuer konformes Verhalten mit starrer Karrierefixierung bekannt und in den Fuehrungsetagen von grossen Unternehmen wird man auch eher wenige Querdenker finden. Die etwas unbefriedigende Loesung diese Zwaenge durch direkte Gewalt (Steuern, Gesetze) zu lockern ist deshalb fuer mich ein notwendiges Uebel, welches sich allerdings sehr gut in der Geschichte bewaehren konnte.

Dir geht es also darum, die Personalentscheidungen von Unternehmen zu beeinflussen oder wie darf ich das verstehen?

Und was meinst du mit "bewähren"? Willst du damit sagen, dass der Status Quo deshalb gut ist, WEIL er der Status Quo ist (sich also durchsetzen konnte)?


@jack.daniels:
Original geschrieben von jack.daniels
Fakt ist ganz einfach, dass Menschen einen relativ kurzfristigen Planungshorizont haben. Dieser kurzfristige Planungshorizont würde es aber einer hochkomplexen Gesellschaft wie unserer nicht erlauben, langfristig gesellschaftliche Kohäsion zu gewährleisten bzw. überhaupt zu überleben. Deswegen braucht man Institutionen, die eben längerfristiger planen.
Und wenn ein Mensch nun einen längerfristigen Planungshorizont hat, darf er dann z.B. aus verschiedenen Zahlungspflichten entbunden werden?
Und jetzt sag bitte nicht, dass die Welt zu komplex sei. In den von dir vorschwebenden Institutionen sitzen auch Menschen. Und wenn du jetzt sagst, dass da ja ein ganzer Haufen von Experten sitzt: Sitzen in privaten Unternehmen auch.
Aber halt: Du erwähnst "gesellschaftliche Kohäsion". Was ist das? Meinst du damit wieder "Gleichheit"?

Die Idee, dass Menschen freiwillig bereit wären, von Spenden (!) ein System wie das unsere zu finanzieren, ist einfach völlig absurd und widerspricht sowohl Empirie als auch Theorie. Wärst Du denn bereit, schätzungsweise 30%-50% deines Bruttoeinkommens freiwillig zu spenden? Ich denke nicht.
In sozialistischen Ländern denken die meisten Leute, dass sich schon jemand anders (der Staat) darum kümmern wird. Das spiegelt sich in den Spendenabgaben wider. In den USA wird von privater Seite viel mehr gespendet als in Deutschland.
Außerdem, da die Spenden nicht alle in einen großen Topf kommen, würden sich viele Dinge verändern. Beispielsweise benötigt nicht jede Familie einen Zuschuß um die Kinder in die Schule zu schicken. Auch die Kosten und die Korruption könnten massiv gedrückt werden.

Meine Überzeugung ist ja, dass in sozialistischen Ländern die Leute sich und andere Leute einfach viel weniger mögen, sich und anderen weniger zu- und vertrauen.

Vor allem denke ich, dass deine Überlegungen in einer Zeit wo sowieso große Teile der Bevölkerung eine "Kultur des Marktes" verinnerlicht haben, besonders absurd sind. Wenn man die Aufgabe der Gewährleistung sozialer Kohäsion dem bornierten Eigensinn von Individuen überlassen würde, würde es in ein paar Jahren nichts mehr geben, was man noch als "Gesellschaft" bezeichnen könnte.
Definiere Gesellschaft.

Ich bin kein Psychologe, aber ich denke, dass in diesem Zusammenhang das Phänomen der "Diskontierung der Zukunft" eine große Rolle spielen könnte, also die Idee, dass Menschen gegenwärtigen Nutzen höher gewichten als einen (höheren) späteren Nutzen. Genau das führt dazu, dass eben niemand in deinem Phantasialand bereit sein wird, langfristig finanzielle Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen
Achso. Ich beginne zu verstehen. Man setzt eine mächtige Gruppe an die Spitze, lässt sie ein wenig König spielen mit dem Hintergedanken, dass sie dann versuchen wird, die Gesellschaft so zu optimieren, dass sie ihren Machterhalt langfristig halten können.

Im Übrigen halte ich es für sehr hochnäßig, zu behaupten, dass Menschen nicht wissen, was sie wollen. Erstens hat jeder Mensch ganz individuelle Vorstellungen, die womöglich auf Optimierung der Volkswirtschaft ausgerichtet sind, wohl aber zu dessen Verwirklichung seiner Identität beitragen können. Wie man Millionen verschiedener Interesse auf eine gemeinsame Linie bringen könne, das frage ich mich schon seit Langem.
 
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Original geschrieben von Amad3us


Ja, wieso sollte mein Entscheidungsprozess nicht auch noch von anderen Variablen überdeckt/beeinflusst werden? Was ist überhaupt eine "frei" Entscheidung?

Von welchen Variablen denn bitte? Eine freie Entscheidung ist eine Wahl, die ich ohne äußeren Zwang treffe. Da gibt es keine "anderen Variablen" und sowieso keinen "wahren Nutzen" der von irgendetwas "überdeckt" wird.

Original geschrieben von OgerGolg
Mord passt eigentlich sehr gut: es ist teilweise relativ angenehm und ein leichter weg, jedenfalls aus individueller Sicht.

Du hast wohl auf Seite 1 aufgehört zu lesen. "Die Freiheit des Individuums endet dort, wo die Freiheit eines anderen eingeschränkt wird". Damit ist dieser Punkt einfach erledigt.

Original geschrieben von Comeondieyoung
Ausserdem halte ich die Annahme, dass Menschen, wenn sie vor die Wahl vor Alternativen gestellt werden sich stets fuer die fuer sie richtige Entscheidung treffen fuer schlicht falsch.

So eine Annahme habe ich nie gemacht. Dazu müsste man nämlich erstmal definieren können, was "richtig" überhaupt ist. Das ist genauso ein unsinniges Wort wie der "wahre Nutzen" den Amad3us erfunden hat.
Dass das Individuum die Entscheidung, die es zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen hat später bereuht, dass sie sich im Nachhinein als "falsch" erweist, ist natürlich möglich und wird mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit auch regelmäßig so eintreten. Das ändern dann aber nichts daran, dass das Individuum dies zum Zeitpunkt der Entscheidung noch anders gesehen hat (offensichtlich, sonst hätte es sich ja nicht so entschieden). Das ist dann ganz einfach ein klarer Fall von "Haha, selbst schuld!".
 

Comeondieyoung

Guest
- "notwendiges Mass"
Ich kann kein "notwendiges Mass" objektiv herleiten, das ist richtig. Ich halte mich daher an Eckpunkte die wir im gesellschaftlich- historischem Prozess erarbeitet haben (soziale Mindeststandards etwa), nur weil ich sie nicht objektiv herleiten kann, heisst es nicht, dass es fuer mich ueberhaupt keine Referenzpunkte gibt.
Vielleicht koennen mich ja andere ueberzeugen, ich halte es nicht fuer moeglich irgendein moralisches System aufzustellen welches nicht als "willkuerlich" gilt, dies halte ich fuer charakteristisch fuer soziale Ordnungen. In vielen Kulturen galten bestimmte Hierarchien fuer schlicht "natuerlich", wir akzeptieren heute keinen Kaiser mehr, koennen das Konzept aber auch nicht wissenschaftlich-objektiv als falsch kritisieren. Genauso basiert dein "freies Individuum-" Konzept auch auf Willkuer, es ist und bleibt ein gesellschaftlich-ideologisches Konzept unter anderen (Sozialismus, Monarchie...). "Individuum" ist auch nur ein kulturelles, sprachliches Konstrukt wie "Familie" oder "Staat".
Wie leitest du dies denn also objektiv her, wo ist hier dein Fixpunkt?

Aus pragmatischen Gruenden halte ich es daher notwendig gemeinsam mit allen Individuen der Gesellschaft Fixpunkte fuer das gesellschaftliche System zu erarbeiten (womit ich auch dein Dilemma von der Unvereinbarkeit der Willen Millionen Individuen zu loesen meine).
Individuen haben die Moeglichkeit an der Willensbildung teilzuhaben, dies betrifft nicht nur Politiker, sondern z.B. auch Intellektuelle wie Habermas, Gewerkschaften, Unternehmen, Militaer etc.

- Problem von "Mehrheit stimmt fuer Hitler"
Fuer mich wird dieses Problem etwa von den Menschenrechten geloest, wodurch gewaehrleistet wird, dass bei deren Befolgung dem Willen der Mehrheit Grenzen gesetzt ist welche wir rational nachvollziehen koennen und aus pragmatischen Gruenden (=aus einem gesellschaftlichem Diskurs erarbeitet) fuer richtig halten um eine stabile gesellschaftliche Ordnung zu ermoeglichen.

-Mehrheit kann falsch liegen, andere Systeme waeren besser
Hier ist es Aufgabe des Individuums die Gesellschaft auf diese Probleme hinzuweisen, genausowenig muss etwa jeder demokratische Beschluss als richtig akzeptiert werden, es muss aber akzeptiert werden, dass dies von der Mehrheit so beschlossen worden ist, anschliessend kann man beginnen dies aus rational nachvollziehbaren Gruenden heraus zu kritisieren (das Gesetz ist nicht kohaerent, schraenkt Menschenrechte ein, verschaerft den sozialen Unfrieden etc.).


- Ist die Intention bei der Handlung wichtig?
Selbstverstaendlich macht es einen Unterschied ob ich einem Ertrinkenden das Leben rette weil er a) reich ist und ich mir einen reziproken Nutzen erhoffe oder b) einfach weil ich weiss das dies moralisch richtig ist, also mit unserer gesellschaftlich definierten Moral uebereinstimmt.
Eine Gesellschaft kann meines Erachtens nicht ohne Solidaritaet funktionieren, ein System welches nur eine reine "Arschlochethik" befolgt, halte ich nicht fuer stabil (z.B. fuehrt zu deutlichen sozialen Missstaenden welche die gesellschaftliche Ordnung bedrohen).
Spenden, welche nur darauf aus sind meine eigenen Ziele zu forcieren haben schlicht nichts mehr mit der eigentlichen Bedeutung der Spende zu tun.

- Wirtschaftliche Ungleichheiten
Nur weil Menschen nicht alle gleich sind, folgt daraus doch nicht apriori das es auch sinnvoll ist den Besitz unterschiedlich zu verteilen. Nur weil einer gut Floete spielen kann, heisst dies doch nicht, dass es "gerecht" sein muss, dass der Floetenspieler 12x mehr verdient als ein Metzger.
Generell habe ich nichts gegen wirtschaftliche Ungleichheiten und halte sie auch fuer ein geeignetes Mittel der Motivation, problematisch wird es fuer mich allerdings, wenn ein sehr geringer Teil der Menschen einen ueberproportional riesigen Besitz zu einer grossen Masse besitzt. Dieser Besitz ist fuer mich auch nur "willkuerlich", also auf einer sozialen Ordnung beruhend (und soziale Ordnungen sind keinen Naturgesetzen unterworfen, sondern koennen flexibel geaendert werden wenn diese Ordnung sich als nicht sinnvoll erweist). Wenn 1% der Buerger ueber 50% des Besitzes verfuegt fuehrt dies zu 1. der deutlichen Abschwaechung demokratischer Prinzipien und Institutionen 2. zu grossem sozialen Unfrieden welcher auf Dauer den Bestand der gesamten Ordnung gefaehrdet.

- Das Sao Paolo besser in mein Konzept passt als Hong Kong ist klar (genauso wie dir die etlichen wirtschaftsliberalen Staaten, welche durch die Krise praktisch bankrott gegangen sind nicht hineinpassen), mir ging es nur um das Beispiel von einer kleinen Gruppe welche ueber ein Vielfaches an Besitz verfuegt und sich gezielt von der armen Masse isoliert. Dies halte ich fuer eine typische Folge deines Systems, ohne staatliche soziale Grundsicherheiten sehe ich die Entstehung von krassen Hierarchien die dem Individuum keine Freiheiten mehr lassen etwa aufzusteigen.

- Firmen wuerden...
Halte ich persoenlich alles fuer reine Behauptungen die man so nicht ueberpruefen kann, ich halte es in der Freien Marktwirtschaft allerdings fuer typisch, dass kurzfristiger Nutzen bei weitem attraktiver erscheint als langfristiger Nutzen.

- Diktatur
Erst mal bitte nachschlagen was der Unterschied zu einer Diktatur (Nordkorea) und etwa der BRD ist. In einer Demokratie hat idealerweise das Volk die Macht, also das Volk herrscht ueber sich selbst wodurch das Prinzip Herrschaft und Unterdrueckung praktisch gebrochen wird.

- Nordkorea ist das gleiche wie die BRD, alle setzen sie auf Zwang und Diktatur
Tjo, deshalb halte ich dich auch fuer unfaehig zu differenzieren. Unser System arbeitet zwar mit Zwang (wobei aber auch immer eine Gegenleistung entsteht, es wird also idealerweise nicht fuer eine korrupte Monarchenfamilie gearbeitet, sondern fuer das Gemeinwohl), laesst dir allerdings auch einen Haufen persoenlicher Freiheiten.

- Du zwingst mir eine Meinung auf
"Ich" tue dies nicht, dies tuen "wir" und an diesem Willensprozess bist du berechtigt teilzunehmen. Weiter habe ich ausgefuehrt (worauf du dankenswerterweise ueberhaupt nicht eingegangen bist), dass nur dieses System ueberhaupt Freiheiten garantieren kann, da ich im Gegensatz zu dir Zwaenge nicht nur dann sehe wenn ich dazu direkt gezwungen werde, sondern auch als systeminterne Zwaenge von denen ich Sicherheit brauche um ueberhaupt irgendwie frei sein zu koennen. Deshalb fuehrt dein System fuer mich in ein totalitaeres System bei der eine Elite "frei" ist, die grosse Mehrheit dagegen vor die Wahl "folge dem System oder stirb" gestellt wird, dies halte ich fuer nicht akzeptabel. Ohne Zwang in irgendeiner Form geht es nicht, Punkt.



Ich mach morgen weiter, jetzt ist meine Arbeit (im Buero sitzen und im Internet surfen) zu Ende und ich geh mich etwas braeunen. Andere (Amad3us, jack.daniels, Golg, Dekonstruktion usw. usf.) duerfen auch gerne etwas hinzufuegen oder mich verbessern/korrigieren.
 

Amad3us

Guest
Von welchen Variablen denn bitte? Eine freie Entscheidung ist eine Wahl, die ich ohne äußeren Zwang treffe. Da gibt es keine "anderen Variablen" und sowieso keinen "wahren Nutzen" der von irgendetwas "überdeckt" wird.

Dann frage ich dich nochmal, wieso der freie Markt die Menschen maximal voran bringt? Deine ursprüngliche Argumentation war ja, dass jede Transaktion auf diesem Markt den Nutzen eines bestimmten Menschen maximiert. Und nun sagst du plötzlich es gebe keinen Nutzen sondern nur Entscheidungen? Wie passt das zusammen?


"Die Freiheit des Individuums endet dort, wo die Freiheit eines anderen eingeschränkt wird"

Wenn ich im Supermarkt die letzte Packung Chips kaufe, schränke ich hiermit die Wahlfreiheit der folgenden Leute ein.
Nochmal: Freiheitseinschränkung kann man bei jeder Transaktion auf dem Markt sehen! Entscheidend ist, wie man sie bewertet und hier muss man leider "Farbe bekennen" und kann nicht sagen, dass weil sie in einem Markt stattfindet gerechtfertigt ist.
 
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Original geschrieben von Amad3us


Dann frage ich dich nochmal, wieso der freie Markt die Menschen maximal voran bringt? Deine ursprüngliche Argumentation war ja, dass jede Transaktion auf diesem Markt den Nutzen eines bestimmten Menschen maximiert. Und nun sagst du plötzlich es gebe keinen Nutzen sondern nur Entscheidungen? Wie passt das zusammen?

Ich habe nicht gesagt, dass es keinen Nutzen gibt. Du bist mir immernoch eine bessere Nutzendefinition schuldig. Ich habe nur gesagt, dass man den Begriff "Nutzen" auch vermeiden kann wenn du dich so sehr daran störst. Mir nun vorzuwerden dass diese Vermeidung des Begriffs dann irgendetwas negatives wäre ist doch etwas seltsam.
Nochmal: Jeder Mensch auf dem idealen Markt hat gewisse Wünsche. Er versucht, sie sich mit Hilfe von Transaktionen zu erfüllen. Rein subjektiv muss das Individuum die jeweilige Transaktion als positiv empfinden, sonst würde es sie ja nicht tätigen. Ich habe dieses positive Empfinden einfach "Nutzen" genannt aber jede andere Bezeichnung ist natürlich gleichwertig. Wenn ein Individuum eine Transaktion als positiv empfindet dann ist es doch wohl mehr als gerechtfertigt zu sagen, dass die Transaktion das Individuum voran gebracht hat.

Wenn ich im Supermarkt die letzte Packung Chips kaufe, schränke ich hiermit die Wahlfreiheit der folgenden Leute ein.
Nochmal: Freiheitseinschränkung kann man bei jeder Transaktion auf dem Markt sehen! Entscheidend ist, wie man sie bewertet und hier muss man leider "Farbe bekennen" und kann nicht sagen, dass weil sie in einem Markt stattfindet gerechtfertigt ist.

Die Diskusstion hatten wir doch auch schon mehrfach. Suchfunktion "aktive Einschränkung" vs "passive Einschränkung", habe ich alles schon mehr als ausführlich erklärt.
Kurzversion: Nein, das ist keine Einschränkung der Freiheit. Du hast einfach eine seltsame Auffassung von Freiheit. Freiheit heißt ganz sicher nicht, dass man das Recht hat, in jedem Supermarkt alles zu kaufen.
 
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Original geschrieben von Clawg

@jack.daniels:

Und wenn ein Mensch nun einen längerfristigen Planungshorizont hat, darf er dann z.B. aus verschiedenen Zahlungspflichten entbunden werden?
Und jetzt sag bitte nicht, dass die Welt zu komplex sei. In den von dir vorschwebenden Institutionen sitzen auch Menschen. Und wenn du jetzt sagst, dass da ja ein ganzer Haufen von Experten sitzt: Sitzen in privaten Unternehmen auch.


Der Grund, dass so etwas wie ein Staat existieren muss, ist, dass eben der Planungshorizont von Menschen kurzfristig angelegt ist, entweder aufgrund von anthropologischen oder sozialen Gründen (ich tendiere zum letzteren). Sicher sitzen in den entsprechenden Institutionen Menschen, die Aussage ist trivial, allerdings werden diese Menschen durch die Regeln der entsprechenden Institution zu längerfristig planendem Verhalten angehalten oder gar gezwungen.

Und um deinen nächsten Einwand direkt vorwegzunehmen: natürlich entstehen diese Institutionen aufgrund von menschlichem Verhalten; allerdings aus Verhalten heraus, das von der Einsicht geprägt ist, dass kurzfristiges Denken in die Katastrophe führt.

Zu den Unternehmen: Unternehmen denken strukturell kurzfristig, das ist die Art wie eine kapitalistische Produktionsweise funktioniert. Wenn dann noch die entsprechenden Finanzialisierungstendenzen dazukommen, verschärft sich das Problem noch. Gründe dafür sind vielfältig: systemische Unsicherheiten im Wirtschaftssystem, Corporate-Governance Strukturen, Akkumulationsimperativ etc.

Aber halt: Du erwähnst "gesellschaftliche Kohäsion". Was ist das? Meinst du damit wieder "Gleichheit"?

Nein, auf keinen Fall. Das ist kein wertender Begriff. "Kohäsion" bezieht sich darauf, dass stabile und langfristige Verhältnisse zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen bestehen, die tendenziell eher von Kooperation als von offenem Konflikt geprägt sind.


In sozialistischen Ländern denken die meisten Leute, dass sich schon jemand anders (der Staat) darum kümmern wird. Das spiegelt sich in den Spendenabgaben wider. In den USA wird von privater Seite viel mehr gespendet als in Deutschland.
Außerdem, da die Spenden nicht alle in einen großen Topf kommen, würden sich viele Dinge verändern. Beispielsweise benötigt nicht jede Familie einen Zuschuß um die Kinder in die Schule zu schicken. Auch die Kosten und die Korruption könnten massiv gedrückt werden.

Meine Überzeugung ist ja, dass in sozialistischen Ländern die Leute sich und andere Leute einfach viel weniger mögen, sich und anderen weniger zu- und vertrauen.

Das ändert nichts an dem Grundproblem. Du kannst ja mal das Gedankenexperiment machen und dir überlegen, wie die USA in 5 Jahren aussähen, wenn dort die Steuern abgeschafft würden.

Definiere Gesellschaft.

Ich sehe die Gesellschaft als eine Einheit von sozialen Gruppen mit teils widersprüchlichen sozio-ökonomischen und politischen Interessen, wobei jede Gruppe danach strebt, ein allgemeinverbindliches ethisches (i.w.S.) Programm zwecks Ermöglichung des Zusammenlebens zu erarbeiten. Manche dieser ethischen Programme sind partikularer, manche universeller. Und wenn ich von einer "Kultur des Marktes" spreche, bezieht sich das darauf, dass eben bestimmte Gruppen erfolgreich darin waren, ihre Weltanschauung zu verallgemeinern.


Achso. Ich beginne zu verstehen. Man setzt eine mächtige Gruppe an die Spitze, lässt sie ein wenig König spielen mit dem Hintergedanken, dass sie dann versuchen wird, die Gesellschaft so zu optimieren, dass sie ihren Machterhalt langfristig halten können.


Ich sags dir ganz ehrlich: ich bin definitiv kein Staatsfetischist, aber ich sehe einfach die momentane Notwendigkeit einer planenden Instanz, die allerdings soweit dies möglich ist demokratisch kontrolliert sein muss.


Im Übrigen halte ich es für sehr hochnäßig, zu behaupten, dass Menschen nicht wissen, was sie wollen. Erstens hat jeder Mensch ganz individuelle Vorstellungen, die womöglich auf Optimierung der Volkswirtschaft ausgerichtet sind, wohl aber zu dessen Verwirklichung seiner Identität beitragen können. Wie man Millionen verschiedener Interesse auf eine gemeinsame Linie bringen könne, das frage ich mich schon seit Langem.

Ich sage ja gar nicht, dass die Menschen "nicht wissen, was sie wollen". Ich würde auch nur selten jemandem den Vorwurf machen, dass er gemäß seiner individuellen Rationalität die gesellschaftliche Rationalität vernachlässigt. Nur: eine "Gesellschaft", in der jeder nur seiner eigenen Rationalität folgt, ist zum Scheitern verurteilt.
Es ist ein schwieriges Abwägen zwischen Individualismus und Kollektivismus. Ich persönlich halte Gesellschaftsmodelle, die lediglich einen dieser beiden Pole in Betracht ziehen, für mangelhaft.
 
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