Wenn du möchtest, führe ich meine Bedenken bzgl. der Studie gern weiter aus.
Ich zitiere daraus und kommentiere:
There is limited evidence whether welcoming policies attract more future migration (see Annex 1.3 for detailed review of the evidence). Albeit rarely formulated explicitly, this "pull effect" hypothesis relies on several assumptions. First, changes in migration policies change a priori preferences for another destination country among those migrants who are already considering migration. However, destination choices are largely driven by employment prospects, existing social ties and linguistic proximity (Massey & Espinosa, 1997; Crawley & Hagen‐Zanker, 2019).
Ich bezweifle, dass das soziale Sicherungsnetz keine Rolle spielt. Und relevant in 2015 war da, dass die Erwartungshaltung verstärkt/aufgebaut wurde, dass du als illegaler Migrant hier nicht nur bleiben kannst, sondern eben Kohle bekommst. Hier sind ja auch konkret Geschichten bekannt, dass diese Erwartungen sogar noch total überzogen waren, a la "da bekommst du ein Haus".
Kenne die hier zitierten Studien aber nicht, insofern kann ich nicht sagen, oib die tatsächlich gut wiederlegen, ob Cash Payments für Flüchtlinge und danach Arbeitslose tatsächlich keine Rolle spielen, oder ob sie den Aspekt nur geflissentlich ignorieren.
Weiterhin waren ja Teil der innerdeutschen Propaganda, dass wir die Leute total gut als Arbeitskräfte gebrauchen könnten. Siehe Zetsches Geschwätz vom "zweiten Wirtschaftswunder", wo 1 Jahr später Daimler eine minimale Menge beschäftigt hate.
Die überzogene, aufgebauschte Erwartungshaltung, dass die Migranten hier als willkommene Arbeitskräfte mit offenen armen empfangen wurde, wird hier aber doch sogar explizit als Pull-Faktor benannt ("destination choices are largely driven by employment prospects").
Any policy signal would need to outweigh these factors.
Lol? Warum?
1. Damit ein Pull-Faktor Relevanz hat, muss er nicht die anderen Faktoren "outweighen", sondern kann eben auch das Zünglein an der Wagge sein.
2. Siehe oben -- ein Teil des Pull-Faktors bezieht sich ja exakt auf einen dieser nachgewiesenen Faktorn.
Second, migrants are aware of policies in destination countries ( Crawley & Hagen‐Zanker, 2019; Fitzgerald et al., 2014; Laurentsyeva & A. Rahim, 2018). While this may be the case for some countries with sizable diaspora communities already present, geographically proximate countries, or those with extensive media coverage and penetration, it is less certain for many of the origin countries of forced and irregular migrants.
"Less certain" -- im Zeitalter von Social Media und Messaging? Und wo es genau dazu viele Berichte, auch von Migranten selbst gab, dass sie von Landsleuten eben gehört haben, man solle nach Deutschland, da werde man aufgenommen und bekomme Geld etc.?
Dieser Punkt #2 ist also überhaupt nicht widerlegt hier, sondern wird nur substanzlos angezweifelt. Dass das getan wird, legt für mich nahe, dass die Autoren der Studie gar nicht ergebnisoffen herangegangen sind, sondern ggf einfach nur "beweisen" wollten, was sie hofften.
Third, potential migrants have no budget constraints keeping them from funding costly journeys. However, displacement largely takes place in low-income settings restricting migration options for large segments of society.
Was ist denn das für ein Argument?
Es geht ja eben gerade darum, dass der Pull-Faktor nicht nur die allerärmsten "displaced" betrifft.
Sondern dass durch den Pull-Faktor (also die Möglichkeit, ungehindert einreisen zu können, nicht zurück geschickt zu werden & hier dann Cash zu bekommen) eben Menschen, die gar nicht in akuter Not sind, nach Deutschland aufbrechen oder weiterreisen.
Beispiele:
- Westafrikaner, deren Familie sich die $2k leisten konnte, und die dann damals aufgebrochen sind (was dann zur Mittelmeerkatastrophe führte)
- Syrer, die in der Türkei in leidlicher Sicherheit waren, und sich dann entschieden haben, doch nochmal für die bessere wirtschaftliche Situation ihr Leben (und das ihrer Kinder) auf der Ägäis zu riskieren
Vielleicht haben wir hier einfach keine klare Definition, was mit "Pull-Faktor" gemeint ist. Für mich eben das, was ich gerade beschrieben habe .
Pull Faktor == Dass jemand, der
nicht mit dem Tode bedroht ist und gerade schon irgendwie klar kommt, dann doch migriert, aufgrund von Faktoren wie:
- ich werde reingelassen, auch ohne Papiere
- ich werde nicht wieder weggeschickt und
- ich bekomme Cash
- Diese Faktoren werden durch die Chefin medial bestätigt und als alternativlos verkauft
Fourth, potential migrants disregard subsequent policy changes conflicting with the initial positive signal. This is inconsistent with the second assumption that migrants are aware of relevant policies in destination countries.
Häh?
Natürlich hat es einen positiven Effekt (i.S.v. niedrigeren Migrationszahlen), wenn danach die Policy wieder weniger locker gemacht wurde.
Ein Teil der Migranten reagierrte vorher auf die "jetzt kommt mal alle"-Signale -- und ein Teil derer, die bis dahin noch nicht aufgebrochen sind, versucht es dann nicht mehr aufgrund der "oh, doch zuviele -- wir sind jetzt wieder strenger"-Signale.
Das ist aber doch die Definition von Pull-Effekt: Dass die Policy des aufnehmenden Landes eine Rolle spielt, ob du aufbrichst.
Diejenigen, die Pull-Effekte abstreiten, behaupteten ja immer, dass ALLE, die da ihr Leben im Mittelmeer riskieren, SO ODER SO aufgebrochen und ihr Leben riskiert hätten. Was logisch, statistisch (Australien) und auch anekdotisch (die vielen Berichte der Migranten, die ja berichtet haben, wieso sie aufbrechen) falsch ist.