Sicher, fürs Klima macht es keinen Unterschied. Aber bei den Pendlern ist das Hauptargument ja wohl, dass wir es nicht subventionieren sollten, dass Leute weit von ihrem Arbeitsplatz wegwohnen, nicht dass alle Pendler möglichst kündigen sollten.
Tja, leider nur Theorie und weit von der Realität weg. Und daher eben nur verengt aufs Klima überhaupt ein Argument und ansonsten unbrauchbar.
Falls du keinen Bock hast zu lesen, tldr: Doch, wir sollten das subventionieren (und tun es eben darum schon seit Jahren), aus vielen guten Gründen. Wie übrigens auch quasi alle anderen (erfolgreichen) Länder der EU. Weils sich lohnt. Eine Betrachtung NUR bezogen aufs Klima ist viel zu engstirnig, weil es für komplexe Probleme nun mal keine einfachen Lösungen gibt.
1. Wirtschaftlich: Gerade die Pendlerpauschale ist x-fach in den vergangenen Jahrzehnten untersucht worden und (fast) immer kommt raus, dass sie gesamtgesellschaftlich ein dickes dickes Plus ist, ist ja nicht das erste Mal, dass man an ihr sägen will. Der Benefit für die Wirtschaft, sich aus einem *wesentlich* größeren Einzugsgebiet Arbeitskräfte suchen zu können und damit Produktions- und Dienstleistungsstandorte flexibler auswählen zu können und eine umfangreichere Personalauswahl bei Fach- und Führungskräften zu haben ist ein gewaltiges Plus. Merke: die Flexibilität der deutschen Arbeitnehmer ist einer DER Punkte die immer wieder angeführt werden, wenn es um Ursachen für unsere Stärke als Wirtschaftsstandort geht. Es ist politisch GEWOLLT und ökonomisch SINNVOLL, dass Leute bereit sind, auch weite Wege zum Arbeitsplatz zurückzulegen.
2. Rechtlich: Es wurde und wird in der laufenden Rechtssprechung immer wieder betont, dass die steuerliche Entlastung für arbeitsplatzbezogene Ausgaben eben keinen Unterschied macht zwischen Wege- und Material- oder sonstigen Kosten. Das gebietet eben schon der Grundsatz der Gleichbehandlung. Um das Ganze auch noch mit einer ökologischen Lenkwirkung auszustatten, ist sie ja als "Pauschale" ausgestaltet, sprich: Jemand der die 40km mit der Bahn oder mit 'nem E-Roller fährt wird belohnt, weil er das Selbe zurück erhält wie jemand der die 40km mit dem SUV fährt. Es gibt also einen ganz deutlichen Anreiz, sparsame Verkehrsmittel zu benutzen. Im Endeffekt bekommt also eher der Rad/Bahnfahrer "was geschenkt" (denn er erhält eine Steuer-'rück'-Zahlung für Steuern die er gar nicht gezahlt hat) während der Autofahrer höchstens 'ne kleine Entlastung für Mineralölsteuern erfährt, die er rein arbeitsplatzbezogen zusätzlich bezahlt hat. Die Pendlerpauschale ist gegenüber den jährlich anfallenden Fahrkosten für einen Pendler (gerade einen mit SUV), Peanuts. Sie ist daher gerade GUT für umweltfreundlich lebende Menschen, weil sie deren Verhalten aktiv finanziell belohnt.
3. Sozial: Die Vorstellung, Pendler könnten und sollten ja natürlich nicht kündigen sondern "einfach umziehen" ist der größte und vor allem unsozialste Unsinn ever. Mit die beste Absicherung gegen soziale Probleme von Verarmung bis hin zu Drogenkonsum und Kriminalität sind intakte soziale Strukturen wie Familie, Freundeskreis, Netzwerke aus Bekanntschaften, Vereinen und... Wohneigentum. Gerade Linke sollen bitte den Satz "Die Arbeitnehmer sollen dem Job hinterherziehen!" mal kurz laut vor dem Spiegel aussprechen und sich dann an den Kopf fassen. Was für ein Menschenbild ist das bitte? Man lebt doch heute nicht mehr in den 50ern und 60ern wo mal davon ausgehen kann, bis zur Rente auf dem selben Stuhl zu sitzen. Man wechselt unter Umständen alle paar Jahre den Arbeitsplatz, soll man jedes Mal den Lebensmittelpunkt verlagern? Zu was für einer Gesellschaft führt denn sowas? Das ist - mild ausgedrückt - völlig irre. Die rein finanziellen Verluste eines Umzugs sind schon groß, aber die sozialen doch noch viel größer. Kein Wunder, dass man die Alten dann ins Heim steckt, die Kinder sowas wie Sportvereine nicht mehr kennen sondern vorm Computer hocken und man die 'Freunde' nur noch via social Media kennt. Hint: Leute, deren Timeline man folgt, sind keine "Freunde".
Von der Schwierigkeit, sich Wohneigentum aufzubauen um im Alter nicht an Mieterhöhunen zu verrecken, ganz abgesehen. In der Stadt kann sich das ein Durchschnittlicher Arbeitnehmer kaum bis gar nicht mehr leisten - und falls überhaupt - dann nur einmal, mehrfache Käufe/Verkäufe während eines Arbeitsleben sind quasi-ruinös auf Grund der Kaufnebenkosten wenn man nicht grad Großverdiener ist.
Last but not least: Ein Großteil der Pendel-Kosten von Autopendlern landet via Mineralölsteuer beim Staat. Kann also sinnvoll für soziale (oder wahlweise klimapololitisch sinnvolle) Dinge ausgegeben werden wenn man nur will. Zwingt man die Pendler in die Städte (weil kündigen sollen sie ja nicht...) geht das selbe Geld für höhere Mieten drauf und landet eben nicht mehr im Steuertopf sondern auf dem Konto von meist ohnehin schon gut betuchten Eigentümern (aka Vermietern).
4. Realismus: Für die Pendler ist in den Städten schlichtweg gar kein Platz, denn so viele freie Wohnungen *gibt es schlicht nicht*. Die Mietpreisspirale dreht sich also nur noch schneller, wenn wir das Pendeln verteuern und noch mehr Leute in die Städte drängen. Einfach mal Zeitung lesen. How to make a bad problem worse. Also bitte, wenn man an der Schraube schon drehen will, dann doch bitte ERST ein paar Millionen Sozialwohnungen bauen, DANN dafür sorgen, dass die auch von ex-Pendlern zu günstigen Preisen gemietet werden (und später vielleicht gekauft werden) können und DANN, wenn eine realistische Alternative überhaupt erst zur Verfügung steht, über die blöden Pendler mecken. Ach ja, und weils in der Diskussion immer so schön untergeht: Die blöden Pendler, das sind die Leute, die in den Städten z.B. Busse fahren, Müll entsorgen, eure Krankenhäuser am Laufen halten, im öffentlichen Dienst arbeiten und und und. Die Städte würden sehr dumm aus der Wäsche schauen, wenn die blöden Pendler mal einfach mal zu Hause blieben, weil dann die ganze hippe all-inklusive-kurze-wege-alles-direkt-vor-der-tür-infrastrukur der Stadt ganz schnell ohne die dafür nötigen Arbeitskräfte von außerhalb zusammenbrechen würde.
Zumal du bei der Wahl des Vehikels kaum einen vergleichbaren Substitutionseffekt hast: Wenn ein Grüner auf einem Arbeitsplatz sitzt, der nur mit Vielfliegerei zu erledigen ist, findet sich dafür wohl auch ein Nicht-Grüner, der ihn machen würde. Wenn jemand keinen SUV fährt, verkauft der Autohersteller ceteris paribus den SUV nicht einfach an jemand anders*, der sonst keinen gekauft hätte.
*zumindest nicht wirtschaftlich
Möglich, aber ein imho eher schwaches Argument. Erstens: Die Argumentation "Wenn ichs nicht mache, macht es sonst ein Anderer, dann doch lieber ich!" wird - auch zurecht - bei anderen Gelegenheiten oft genug angegriffen. Zweitens: Wenn es rein um die moralische Betrachtungsweise geht, könnte man halt auch dogmatisch argumentieren und von einem überzeugten Grünen erwarten, solche Jobs eben aus Überzeugung nicht zu machen. Dabei muss es ihn nicht scheren, ob sich dann ein FDP'ler findet, der sie macht. Ich denke da eher, da diese Jobs gut bezahlt sind, werden Umweltgedanken wohl eine eher nachrangige Rolle spielen. Drittens: Last but not least ist es fürs Klima aber eben auch egal, ob der Autohersteller das SUV nun wirtschaftlich oder unwirtschaftlich an irgendwen anders verkauft hat. Wenns produziert ist, wird es quasi immer auch benutzt werden, die Zahl von Autos die unbenutzt abgewrackt werden, ist doch tatsächlich eher nahe null. Dass der Konzern daraufhin die Produktion runterfährt und lieber kleine leichte Autos baut wohl auch. Zumal gerade die Pendlerpauschale das ja ohnehin schon belohnt. Und wir spalten hier auch Haare, der Großteil der Pendler dürfte wohl eher kein SUV nutzen, wer es doch tut, den interessieren weder CO2-Steuer noch Pendlerpauschale wirklich und er ist daher für die Diskussion völlig irrelevant.