Gustavo
Doppelspitze 2019
- Mitglied seit
- 22.03.2004
- Beiträge
- 5.615
- Reaktionen
- 1.786
Die Idee dahinter ist nicht die Berücksichtigung des politischen Willens der Kinder, auch wenn das ein Thema ist, über das man diskutieren sollte.
Es geht um eine Übergewichtung des Teils der Bevölkerung, welcher Verantwortung für sich und weitere kleine Bürger trägt, die stand jetzt keine Stimme haben aber dennoch Interessen. Gibt man diesem Teil der Bevölkerung eine Stimme, so kommt Gewicht in die Ausrichtung der zukünftigen Wahlprogramme für Familien bzw. Kinder.
Mir geht es nicht um die "Belastung" sondern um das was Benrath im Prinzip geschrieben hat. Ein Bürger = eine Stimme bloß das kleine Menschen eben einen Vormund zur Wahrnehmung haben.
Mir erschließt sich ehrlich gesagt nicht, wie du einerseits auf "one man one vote" bestehen kannst, aber dann das Wahlalter auf 21 hochsetzen willst. Wenn deine Hauptsorge ist, dass die Wünsche von Nicht-Volljährigen nicht abgebildet werden, warum dann das Wahlalter nicht auf 12 oder so herabsetzen? Und wenn du dich so sehr um die Abbildung des Wählerwillens sorgst, erscheint mir eine Wahlpflicht doch viel sinnvoller als ein Kinderwahlrecht? Zu den empirischen Implikationen siehe auch unten zu Benrath:
Dein Framing mit "Mehr..." ist schon falsch. Es geht nicht um Mehrwert oder Mehrgewichtung, sondern um die gleiche Gewichtung wie für jeden anderen Bürger auch. Dazu habe ich immer noch kein wirkliches Gegenargument außer Umsetzungskritik gehört. Es wird ein Teil der Bevölkerung im politischen Prozess nicht wirklich berücksichtigt, weil es schon immer so war und zugegeben früher auch weniger eine Rolle gespielt hat, weil der Anteil Kinderloser und Alter Menschen gering war.
Daher ist dein letzter Absatz wieder nur Umsetzungkritik. Natürlich kann ich dir nicht garantieren, dass Eltern den Willen ihrer Kinder abbilden. Das allein kann doch nicht die Begründung sein, sie völlig zu ignorieren. Vor allem weil ich das recht dünn finde, weil Eltern sonst völlig selbstverständlich im Sinne der Kinder agieren und agieren sollen.
Na ja, ich finde das ist schon ein bisschen mehr als pure "Umsetzungskritik". Ich weiß, in der Theorie ist es ein inhärenter Wert, dass möglichst viele Leute ihre Stimme abgeben. In der Praxis ist es aber den meisten Leuten aber weniger wichtig, ob ihre Stimme zählt, sondern ob am Ende die Regierung zustande kommt, die sie favorisiert und für die sie gestimmt haben.
Letztendlich ist das ja auch eine empirische Frage: Ganz junge Kinder haben sicherlich keine "echten" politische Vorlieben, insofern ist erst mal fraglich, warum sie eine Stimme haben sollten. Aber für Kinder und Jugendliche, die tatsächlich echte politische Einstellungen gebildet haben, wäre die Frage, warum man sie nicht einfach selbst abstimmen lässt. Ob Eltern mit ihrer Stimme diese Vorlieben korrekt abbilden, erscheint mir erst mal fraglich: Ich kenne jetzt keine Aufschlüsselung danach, wie Eltern mit minderjährigen Kindern abstimmen, aber ich vermute es sieht erst mal sehr anders aus als die Stimmenverteilung bei den 18 bis 21-jährigen, die das erste Mal wählen dürfen. Dazu kommt, dass die Eltern mancher Kinder ja selbst auch nicht abstimmen, weshalb ihre Kinder dann ebenfalls effektiv nicht besser gestellt würden als ohne Wahlrecht. Andere Eltern dagegen hätten dann aber zwei Stimmen, d.h. wenn sich ihr Wahlverhalten von dem der Nichtwähler unterscheidet tauschst du eine Art von ungleicher Repräsentation gegen eine andere. Wenn die Eltern jetzt bspw. mehrheitlich für schwarz/gelb stimmen, während die Kinder mehrheitlich grün gewählt hätten, dann würde ich sagen dass Kinder dadurch eher WENIGER Repräsentation haben als wenn sie gar kein Wahlrecht gehabt hätten.
Ich verstehe zwar grundsätzlich die Bedenken, dass die jüngere Generation unterrepräsentiert ist, aber ob ausgerechnet das Kinderwahlrecht ausgeübt durch die Eltern das ändert da bin ich mir keineswegs sicher. Ich würde jetzt mal vermuten dass Eltern minderjähriger Kinder überdurchschnittlich häufig CDU wählen, die aber wegen ihrer enormen Wählerbasis unter Rentnern als Vehikel für die Interessen junger Wähler eher schlecht geeignet sein dürfte.
€dit:
Und ich bin hier ganz bei Benrath: Nur weil Eltern die politischen Interessen ihrer Kinder nicht perfekt abbilden, folgt daraus doch nicht, dass man sie gar nicht abbilden sollte. Inwiefern soll das besser sein?
Selbst wenn Eltern ihre Position als Proxy rein egoistisch nutzen, um allein ihre eigene Position ohne Rücksicht baut die Belange ihrer Kinder zu stärken, könnte man noch das Argument machen, dass das mittelbar auch den Kindern zugute kommt, da ihre Position maßgeblich durch die der Eltern beeinflusst wird.
Ich weiß btw nicht ob das für Deutschland stimmt. Ich habe aber das neue Buch von Markus Prior hier irgendwo rumliegen und werde berichten, wenn ich dazu gekommen bin, es zu lesen, dort geht es um die Entstehung von politischem Interesse im Lebenszyklus.