Steuern = Gewalt?

Clawg

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Original geschrieben von OgerGolg
Gründet doch libertäre Wehrsportgruppen (das ging jetzt an Claw und MV, nicht an dich Commander).
Solange es noch die Möglichkeit gibt, sich frei zu äußern, ist eine gewaltsame Revolution weder notwendig noch hilfreich. Freiheit von oben funktioniert nicht.
In den USA gibt es ja eine Milizbewegung, allerdings ist die recht anfällig gegenüber Infiltration seitens der Regierung. Will man nicht nur einen Machtwechsel bei gleichem System sondern tatsächlich etwas verbessern, dann muss man andere Menschen von der Qualität der eigenen Vorschläge mittels Argumenten überzeugen.
 
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Was euch leider nur bedingt gelingt. Vor allem weil ihr am Ende nicht überzeugen könnt, eine bessere Alternative zu bieten.

Mich würde eine Sache mal interessieren: Innerhalb des gegebenen Systems, welche kleinen und konkreten Schritte würdet ihr/du gerne durchführen, um euren/deinen Ideen Ausdruck zu geben.

Falls das für dich irrelevant ist, ist das natürlich eine legitime Position.
 
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Original geschrieben von Clawg


Die Ausführungen beziehen sich auf rationale Menschen. Ein Verbrecher hat den Beweis erbracht, dass er irrational ist, ergo müssen dessen Rechte nicht geachtet werden. Dem Staat steht es somit frei, Menschen dieser Art bis an ihr Lebensende zu bedrohen und physische Gewalt anzutun (z.B. Gefängnis).

Und indem abweichendes Verhalten als "irrational" gebrandmarkt wird, besteht ein exzellenter Kontrollmechanismus seitens der Institution, die festlegt, was als "rational" und was als "irrational" gilt. Es ist wie immer: extreme liberale Strömungen tendieren zum Authoritarismus.
 
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Original geschrieben von jack.daniels


Und indem abweichendes Verhalten als "irrational" gebrandmarkt wird, besteht ein exzellenter Kontrollmechanismus seitens der Institution, die festlegt, was als "rational" und was als "irrational" gilt. Es ist wie immer: extreme liberale Strömungen tendieren zum Authoritarismus.

Der erste Teil stimmt zweifellos. Aber verwechsle Claws komische Idee von "rationalem" Verhalten nicht mit einer liberalen Einstellung.
Mein Ansatz z.B. wäre vollkommen frei von Authoritarismus.

Original geschrieben von Childerich
Was euch leider nur bedingt gelingt. Vor allem weil ihr am Ende nicht überzeugen könnt, eine bessere Alternative zu bieten.

Mich würde eine Sache mal interessieren: Innerhalb des gegebenen Systems, welche kleinen und konkreten Schritte würdet ihr/du gerne durchführen, um euren/deinen Ideen Ausdruck zu geben.

Falls das für dich irrelevant ist, ist das natürlich eine legitime Position.

Wie schon geschrieben: Schrittweise Steuersenkung, langsamer Übergang zum spendenfinanzierten Staat.
Zeigleich schrittweise Anpassung der Gesetzgebung derart, dass der Staat selbst keine Gewalt initiieren darf (d.h. staatliche Rechte werden stark beschränkt).
 
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Original geschrieben von MegaVolt
Natürlich gibt es keine Objektivität. Der Begriff "Objektivitmus" ist auch meiner Meinung nach etwas ungünstig gewählt. Letztendlich geht er von einem Axiom aus, nämlich "Die Gesellschaft sollte frei (im Sinne von gewaltfrei) sein". Als Grundlegende Annahme können wir dies natürlich nicht objektiv begründen. Was wir allerdings tun können ist eine wunderschöne Gesellschaft aus diesem einen Grundsatz abzuleiten. Es ist fast schon wie in der Mathematik: Aus einem einzelnen als wahr angenommenen Axion ergeben sich unzählige faszinierende und objektive Folgerungen.

Was mich an rechtsliberalen Theorien im allgemeinen und an dieser im besonderen stört, ist die willkürliche Fokussierung auf eine relationale Form der Gewalt unter Ausblendung struktureller Formen der Gewalt. Meiner Ansicht nach liegt das an einem starken ontologischen Reduktionismus (rechts-)liberaler Theorien, die prinzipiell nicht bereit sind, einer "Gesellschaft" Kausalkräfte zuzugestehen. Was dann besagte Konsequenz hat, dass Gewalt als eine Kausalkette von Individuum A nach Individuum B gesehen wird.

Ich versuche mich einfach mal an einer Definition der von mir angesprochenen "strukturellen" Gewalt. Ich bezeichne als eine solche die systematische Einschränkung von Lebenschancen als Ergebnis nicht zwangsläufig intentionaler gesellschaftlicher Interaktionseffekte. Wenn (Beispiel!) jemand auf Grund seiner Hautfarbe keinen Arbeitsplatz bekommt, ist es völlig unzureichend, dies auf persönliche Dispositionen potentieller Arbeitgeber zurückzuführen. Sondern in diesem Fall ist es notwendig, zu betrachten (um beim Beispiel zu bleiben), wie im gesamtgesellschaftlichen Diskurs rassistische Stereotypen produziert werden, unter Einbeziehung verschiedenster gesellschaftlicher und politischer Akteure.

Ich bin einfach der Ansicht, dass die reine Mikro-Perspektive, die alle gesellschaftlichen Ereignisse aus den Dispositionen einzelner Akteure ableitet, grundsätzlich fehlerhaft ist. Mir fehlt auch hierfür eine eindeutige, ontologische Begründung.

Ich stelle die Gültigkeit einer Mikro-Perspektive nicht grundlegend in Frage. Ich weigere mich aber, anzuerkennen, dass sich die Makro-Ebene (Gesellschaft) schlichtweg von der Mikro-Ebene (Akteure) ableitet. Das ist m.E. ein unterkomplexes Modell, dass sich übrigens in den Sozialwissenschaften auch gar nicht mehr auf der Höhe der Zeit befindet. Viele moderne Modelle berufen sich z.B. auf das (dialektische) "Transformationsmodell sozialer Aktivität", welches eben nicht einseitig und reduktionistisch sich auf jeweils einen der beiden Aspekte bezieht und den anderen schlichtweg ignoriert.

Im Grunde läuft die ganze Debatte hier eben auf das Struktur-Handlung Problem hinaus, wobei erstere Dimension von Leuten wie Claw oder MV systematisch ausgeblendet wird, weswegen es so etwas wie strukturelle Gewalt gar nicht geben kann.

Langer Rede kurzer Sinn bzw. für tl;dr :

Welche philosophische (ontologische) Begründung gibt es Eurer Meinung dafür, dass Gewalt als Gewalt von Akteur A gegenüber Akteur B gefasst wird, und nicht (z.B.) als Gewalt gesellschaftlicher Strukturen gegenüber einem beliebigen Akteur?

mfg und gute Nacht
 
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Schöner Beitrag, Jack.

Und Danke für die Antwort, MV.

Original geschrieben von MegaVolt
Wie schon geschrieben: Schrittweise Steuersenkung, langsamer Übergang zum spendenfinanzierten Staat.
Zeigleich schrittweise Anpassung der Gesetzgebung derart, dass der Staat selbst keine Gewalt initiieren darf (d.h. staatliche Rechte werden stark beschränkt).

Naja, da kann ich mir aber noch nicht so richtig etwas drunter vorstellen.

Zuerst möchtest du Steuern senken, ok das ist sehr konkret und sicher möglich. Aber welche Ausgaben möchtest du denn dafür kürzen?

Welche Aufgaben des Staates möchtest du durch Spenden finanzieren und wieso hoffst du, dass Individuen überhaupt spenden?
 

Clawg

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Original geschrieben von jack.daniels
Und indem abweichendes Verhalten als "irrational" gebrandmarkt wird, besteht ein exzellenter Kontrollmechanismus seitens der Institution, die festlegt, was als "rational" und was als "irrational" gilt.
Inwiefern unterscheidet sich das von der Gesetzgebung z.B. in Deutschland? Nenne mal ein Land in dem keine Tendenz zum Autoratismus (nach deiner Definition) herrscht bzw. beschreibe ein fiktives Modell, welches nicht zum Autoratismus tendiert (außer Anarchie).

Original geschrieben von jack.daniels
Welche philosophische (ontologische) Begründung gibt es Eurer Meinung dafür, dass Gewalt als Gewalt von Akteur A gegenüber Akteur B gefasst wird, und nicht (z.B.) als Gewalt gesellschaftlicher Strukturen gegenüber einem beliebigen Akteur?

Gesellschaftliche Strukturen können nicht handeln. So etwas wie eine "Gesellschaft" existiert überhaupt nicht. Das ist lediglich ein sprachlicher Sammelbegriff für eine Liste von Namen.
 
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#2 am Claw. "Strukturelle Gewalt" ist ein Kunstbegriff. Individuen können durch die gesellschaftliche Struktur zu Gewalt animiert werden aber es sind letztendlich immer und ausnahmslos Individuen, die Gewalt gegen andere Individuen ausüben.

Original geschrieben von Childerich
Schöner Beitrag, Jack.

Und Danke für die Antwort, MV.



Naja, da kann ich mir aber noch nicht so richtig etwas drunter vorstellen.

Zuerst möchtest du Steuern senken, ok das ist sehr konkret und sicher möglich. Aber welche Ausgaben möchtest du denn dafür kürzen?

Welche Aufgaben des Staates möchtest du durch Spenden finanzieren und wieso hoffst du, dass Individuen überhaupt spenden?

Ok ganz konkret:
Der erste Schritt wäre es, so viele Aufgaben des Staates wie nur irgendwie möglich abzugeben. Zwei enorm große Punkte wären da gesetzliche Krankenkassen und die Arbeitslosenversicherung. Beides würde ich an die Wirtschaft abgeben. Als Übergangsregelung würde ich eine Versicherungspflicht (anstatt der heute existierenden Pflichtversicherung) einführen wie sie z.B. bei Autos vorhanden ist. Dann würde ich mir eine Weile lang anschauen wie es funktioniert und langfristig darüber nachdenken, diese gesetzliche Versicherungspflicht auch noch abzuschaffen.
Desweiteren würde ich die staatliche Rentenkasse abschaffen, d.h. den Generationenvertrag auflösen. Wer eingezahlt hat kriegt natürlich weiterhin seine Rente, d.h. das wäre ein sehr langfristiges Projekt (mindestens 80 Jahre, bis die heute arbeitende Generation weggestorben ist). Mittelfristig würde ich auch hier von der Pflichtversicherung zunächst zur Versicherungspflicht übergehen und langfristig nach einer Möglichkeit suchen, eben auch diese Versicherungspflicht abzuschaffen.
Allein diese Maßnahmen sollten mehr als genug Mittel im Bundeshaushalt freisetzen so dass die Steuern enorm gesenkt werden können.
 
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Original geschrieben von Clawg

Inwiefern unterscheidet sich das von der Gesetzgebung z.B. in Deutschland? Nenne mal ein Land in dem keine Tendenz zum Autoratismus (nach deiner Definition) herrscht bzw. beschreibe ein fiktives Modell, welches nicht zum Autoratismus tendiert (außer Anarchie).


Dafür dass du von deinem objektivistischen Utopia redest, legst du die Messlatte aber relativ niedrig an.


Gesellschaftliche Strukturen können nicht handeln.

Das ist schon vom Begriff her offensichtlich. Allerdings bezieht sich Handeln immer auf Strukturen, daher kann von einer das Handeln strukturierenden Wirkung ausgegangen werden.


So etwas wie eine "Gesellschaft" existiert überhaupt nicht. Das ist lediglich ein sprachlicher Sammelbegriff für eine Liste von Namen.

Huh, ich wusste gar nicht, dass die 80er Jahre auf einmal wiedergekommen sind :) . Natürlich existiert kein "Objekt" in der materiellen Welt, welches den Namen "Gesellschaft" trägt. Der Begriff "Gesellschaft" ist immer eine Abstraktion. Aber wenn du Abstraktionen dieser Art nicht zulässt, wärst du nicht mal in der Lage, rudimentäre Aussagen zu treffen. Denn wenn es keine "Gesellschaft" gibt, dann gibt es auch keine "Marktwirtschaft", keinen "Staat", keine "Instiutionen", keine "Gewerkschaften", keine "Arbeitgeberverbände", kurz: kaum etwas ausser isolierten Individuen die irgendwie vor sich hinwurschteln. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich in deinem Interesse liegt, dich auf derart glattes Eis zu begeben.
 
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Original geschrieben von MegaVolt
#2 am Claw. "Strukturelle Gewalt" ist ein Kunstbegriff. Individuen können durch die gesellschaftliche Struktur zu Gewalt animiert werden aber es sind letztendlich immer und ausnahmslos Individuen, die Gewalt gegen andere Individuen ausüben.

Wie gesagt, dass Strukturen nicht "handeln" können liegt schon im Begriff angelegt. Allerdings sind Strukturen (wie auch gesagt) immer auf Handlung bezogen und umgekehrt. Handlung bezieht sich reflexiv auf Struktur, Struktur bezieht sich rekursiv auf Handlung.

Im übrigen stimme ich dir zu. Natürlich kann man eine Betrachtungsebene wählen, wo es lediglich Individuen sind, die Gewalt ausüben. Und rein formal betrachtet ist dies natürlich vollkommen richtig. Allerdings sollte dieser Formalismus nicht dazu verleiten, die Art und Weise zu ignorieren, wie diese Handlungen sich auf existierende Strukturen beziehen.

Um es mal ganz billig zu sagen: kein Mensch existiert in einem Vakuum (noch nicht mal Objektivisten :) ). Jede Handlung prägt und wird geprägt von gesellschaftlichen Strukturen.

Ich komme nochmal zu meinem Beispiel zurück: wenn Du Ressentiments gegen Schwarze entwickelst, kann dies ein Ausdruck bestimmter in der Gesellschaft zirkulierender Diskurse sein. Man kann das auch handlungstheoretisch formulieren: die Tatsache, dass Individuen A,B,C rassistische Ressentiments an den Tag legen, verleiten dich dazu, diese ebenfalls zu übernehmen. In diesem Fall leitet sich der Rassismus nicht aus einer individuellen Disposition ab, sondern aus gesellschaftlichen Strukturen, die natürlich selbstverständlich auf einer gewissen Betrachtungsebene allein aus Individuen bestehen.


Um ehrlich zu sein finde ich diese ganzen Zusammenhänge relativ banal, deswegen will es mir wirklich nicht in den Kopf, warum ihr das nicht verstehen wollt.

Gute nacht!
 

Clawg

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Original geschrieben von jack.daniels
Dafür dass du von deinem objektivistischen Utopia redest, legst du die Messlatte aber relativ niedrig an.
Seit zwei Beiträgen weiß ich nicht, worauf du eigentlich anspielst. Gesetze werden durch die Exekutive durchgesetzt und du erzählst etwas von einem autoritären Staat? Aha, und was soll einem das jetzt sagen? Ist autoritär ein böses Wort, das automatisch jegliches Argument widerlegt? :p

Das ist schon vom Begriff her offensichtlich. Allerdings bezieht sich Handeln immer auf Strukturen, daher kann von einer das Handeln strukturierenden Wirkung ausgegangen werden.
Nenne ein Beispiel für eine "auf Strukturen bezogene Handlung".
Dein letzter Nebensatz macht (zumindest für mich) keinen Sinn.

Aber wenn du Abstraktionen dieser Art nicht zulässt, wärst du nicht mal in der Lage, rudimentäre Aussagen zu treffen.
Ich sagte, dass das ein Sammelbegriff ist. Man kann ihn verwenden, aber man kann nicht behaupten, er wäre eine von seinen Bestandteilen losgelöste, eigene Entität. Wie kann ich mir denn eine von der Gesellschaft gegenüber einem Individuum ausgeführte Handlung vorstellen?
 

uLti_inaktiv

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1. Der Mensch ist nicht dazu in der Lage, etwas objektiv wahrzunehmen. Jeder Mensch begreift alles immer im Verständnis seiner persönlichen (Vor-)Geschichten. Lesehinweis: Gadamer, Wahrheit und Methode.

2. Initiation von Gewalt ist bereits in der Einschränkung der Freiheit des Einzelnen zu sehen. Jedes Gesetz gilt nur deshalb, weil ein staatlicher, notwendigerweise zwanghafter Durchsetzungsanspruch dahintersteht. Sobald dieser auch nur einen Bürger von der Ausübung seiner persönlichen Freiheit abhält, übt der Staat Zwang aus.

3. Eure Differenzierung zwischen Steuern und anderer Gewalt geht völlig fehl. Wenn man Steuern nicht bezahlt, führt ein staatlicher Zwang zur Sanktionierung. Wenn man andere Gesetz nicht einhält, ist es ebenso. Hier gibt es rein logisch keinen Unterschied, da es sich um Konditionalnormen handelt, die ein Fehlverhalten unter sanktionieren.

4. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Warum versteht Ihr nicht, dass damit zwangsweise Gewalt einhergeht.

5. Chancengleichheit hat nichts damit zu tun, dass jeder am Ende gleich dasteht. Es geht einzig und allein darum, genetische Ungleichheiten sozialverträglich auszugleichen, um den Leuten zumindest ansatzweise gleiche Ausgangspositionen zuzugestehen. Das ist in Eurem System nicht gegeben, weshalb es ungerecht ist.

6. Ein geschriebenes Gesetz ist nicht objektiv. Ich warte immer noch auf eine Widerlegung dieser These.

7. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Außerdem gebt Ihr auch zu, dass präventive Maßnahmen Initiation von Gewalt sind. Die Polizei handelt aber zwangsweise präventiv, da leder die Zukunft immer ungewiss ist. Deshalb ist es unmöglich, "rationale" Bürger vollends von "irrationaler" Gewalt freizustellen.

Beispiel: Bürger X bastelt unbedarft an einer Sache. Die Polizei hält diese Sache unter den ihr zur Verfügung stehenden Informationen rational vertretbar für gefährlich und befragt X dazu. Dabei stellt sich heraus, dass X ein völlig ungefährliches Modell gebastelt hat. Trotzdem hat die Polizei dem rationalen X Gewalt angetan.

8. Gesellschaftsvertragsargumente gesteht Ihr anderen nicht zu, nutzt sie aber selber. Das ist schräg. Für unsere Gesellschaft lasst Ihr es nicht gelten ("Wenn man keine Lust auf Steuern hat, soll man eben auswandern"), für Eure Gesellschaft hingegen rechtfertigt Ihr dadurch die Geltung von Gesetzen.

Ich weiß, dass ich mich in diesem Posting teilweise wiederhole. Aber diese Defizite werden schlichtweg nicht ausgeräumt. Im Gegenteil: Es wird sich gewunden. Realitätsferne Definitionen werden aufgestellt. Fragen werden nicht beantwortet. Und von Posting zu Posting bricht mehr von Eurem System weg. Sollte es am Anfang noch gewaltfrei und frei sind, ist es nun unserer heutigen Gesellschaft sehr nahe. Der einzige Unterschied, den ich noch erkennen kann, ist die Spenden - Steuer Diskussion, die schon als solche so abwegig ist, dass ich mich ernsthaft frage, ob Ihr das wirklich glauben könnt. Irgendwie ist es schon beeidruckend, dass Ihre diese kruden, weltfremden Thesen mit solcher Überzeugung vertreten könnt.
 

DerHansJaDerSägt

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Steht in diesem ganzen Thread jetzt irgendwo ein einziges Argument, warum der Staat keine Gewalt initiieren sollte oder hattet ihr einfach mal Bock auf eine nominalistische Haarspalterei?
 
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Ajo, ich habe ehrlich gesagt etwas den Überblick verloren.

Original geschrieben von MegaVolt
Der erste Schritt wäre es, so viele Aufgaben des Staates wie nur irgendwie möglich abzugeben. Zwei enorm große Punkte wären da gesetzliche Krankenkassen und die Arbeitslosenversicherung. Beides würde ich an die Wirtschaft abgeben. Als Übergangsregelung würde ich eine Versicherungspflicht (anstatt der heute existierenden Pflichtversicherung) einführen wie sie z.B. bei Autos vorhanden ist. Dann würde ich mir eine Weile lang anschauen wie es funktioniert und langfristig darüber nachdenken, diese gesetzliche Versicherungspflicht auch noch abzuschaffen.
Desweiteren würde ich die staatliche Rentenkasse abschaffen, d.h. den Generationenvertrag auflösen. Wer eingezahlt hat kriegt natürlich weiterhin seine Rente, d.h. das wäre ein sehr langfristiges Projekt (mindestens 80 Jahre, bis die heute arbeitende Generation weggestorben ist). Mittelfristig würde ich auch hier von der Pflichtversicherung zunächst zur Versicherungspflicht übergehen und langfristig nach einer Möglichkeit suchen, eben auch diese Versicherungspflicht abzuschaffen.
Allein diese Maßnahmen sollten mehr als genug Mittel im Bundeshaushalt freisetzen so dass die Steuern enorm gesenkt werden können.

Jo, über eine Privatisierung der Krankenkassen könnte man imo sehr wohl nachdenken. Allerdings würde ich dann fordern, dass der Staat die Beiträge für Menschen übernimmt, die diese nicht von alleine übernehmen können. Ganz konkret, würden in deinem System Menschen, die dazu keine eigenständigen finanziellen Möglichkeiten haben, ohne Versicherung dastehen? Aus meiner Perspektive ist es sozial unerwünscht, dass Menschen ohne Versicherung da stehen - also auch eine Zwangsversicherung notwendig.

Arbeitslosenversicherungen zu privatisieren wäre ein zumindestens prinzipiell denkbares Szenario. Ich bin aber eher skeptisch: Die Risiken, sprich Arbeitslosigkeit, treten hoch korrelliert ein. Das heißt das die Versicherungen alle 4 - 5 Jahre einen Riesenbatzen auf einmal auszahlen müssen und dann wieder relativ ruhige Jahre haben - dies könnte für die Unternehmen schwierig zu kalkulieren sein. Im heutigen System springt dann der Staat ein, was passiert wenn die Arbeitslosenversicherung pleite geht? Naja, man könnte ja auch eine staatliche Rückversicherung o.ä. einführen, aber davon mal abgesehen würde mich eine effizienzorientierte Begründung doch stärker überzeugen: Ein Punkt der sicher gegen private Arbeitslosenversicherungen spricht sind die Maßnahmen der aktiven Arbeitsvermittlung der BA - die BA hat Mittel und Wege dich zur Arbeitsaufnahme zu zwingen bzw. dazu zu verhelfen, in privaten Händen wäre das nicht glaubwürdig. Bei Trennung von Arbeitslosenversicherung und Arbeitsmarktmaßnahmen gehen vielleicht auch allgemein Synergieeffekte verloren.

Das Problem an Renten- und Pflegeversicherung ist, dass ein ganzen Leben angespart wird und wer garantiert die Stabilität eines privaten Versicherers über 40, 50 Jahre? Konkret, wie ist mit dem Ausfall eines Versicherers umzugehen? Ich würde mich vielleicht drauf einlassen die gesetzliche Rente mehr zu einer Mindestsicherung werden zu lassen und darüberhinaus privat zu versichern. Das passiert aber schon!

Hmm, und du schaffst die Beiträge zur Rentenversicherung ab und zahlst weiter die Rentenbezüge? Viel Spaß dabei 170 Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen - pro Jahr - zu generieren.

Im Jahresgutachten 2003/2004 (Ziffer 788) schätzt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland auf der Basis des Jahres 2002 die impliziten, nicht verbrieften Staatsschulden aus den umlagefinanzierten Renten und den Pensionsansprüchen der Beamten bis zum Jahr 2040 auf 270% des Bruttoinlandproduktes von 2002. Das Bruttoinlandsprodukt in 2002 betrug 2143,18 Milliarden Euro. 270% davon sind der gigantische Betrag von € 5786,59 Milliarden = € 5,77 Billionen, mithin mehr als das Dreifache der expliziten, verbrieften Staatsschulden ( http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/gutacht/gutachten.php , FAZ vom 06.05.2006).

Tja, es ist leider nicht so einfach von einem umlagefinanzierten System wegzukommen :(

Den zweiten Teil meiner Frage hast du übrigens übersehen, ich würde gerne wissen welche Aufgaben durch Spenden finanziert werden sollen und wieso du überhaupt erwartest, dass jemand spendet?

So, also meine Stimme würde ich dir bei der Bundestagswahl eher nicht geben!
 
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Original geschrieben von Childerich

[...]

Stehen KFZ-Halter plötzlich ohne Versicherung da? Nein! Die Übergangslösung ist wie gesagt eine Versicherungspflicht und die funktioniert in anderen Bereichen ja schon wunderbar.

Ein Problem für den Arbeitsmarkt sehe ich auch nicht. Der Arbeitnehmer kann mit der Versicherung selbst die Konditionen aushandeln. Praktisch wird es dann wohl so aussehen, dass es verschiedene Versicherungen gibt die unterschiedliche Konditionen anbieten. Wie die Versicherungen das Risiko berechnen ist ganz alleine deren Aufgabe und ist mir vollkommen egal. Die Nachfrage wird sich hier sicherlich ihr Angebot schaffen.
Die Arbeitsvermittlung über eine private Arbeitslosenversicherung würde ich eher positiv sehen. Eine private Arbeitslosenversicherung hat ein enorm hohes Interesse daran, den Arbeitnehmer schnell wieder in Arbeit zu bringen. Wir können darüber natürlich nur spekulieren aber ich bin überzeugt davon, dass Unternehmen hier bessere Arbeit leisten können als der Staat. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert!

Stabilität ist auch kein Problem. Große Rückversicherungen sind doch auch in anderen Bereichen etabliert und funktionieren wunderbar - wieso denkst du, dass das ausgerechnet bei Arbeits- und Krankenversicherung nicht funktionieren sollte?

Und ja, vom umlagefinanzierten System wegzukommen ist nicht einfach. Deshalb habe ich dafür ja auch eine Zeitspanne von ~80 Jahren angesetzt. Je später wir starten desto länger dauert es.

Zum zweiten Teil:
Spendenfinanzierung würde ich zunächst an den "Randbereichen" der staatlichen Ausgaben einführen. Ein gutes Beispiel wären kulturelle Veranstaltungen. Aber auch Maßnahmen wie Straßenerneuerung könnten über Spenden organisiert werden. Bei Straßen: Offene Bekanntmachung der Spendensammlung und der benötigten Summe, allerdings derart dass die Bürger, die sich zur Spende bereiterklärt haben, nur dann zahlen müssen, wenn die nötige Summe auch wirklich erreicht wird; zudem können Spendernamen auf Wunsch öffentlich genannt werden, so dass reiche Spender eine Möglichkeit haben, sich damit zu profilieren.
Letztendlich könnte man versuchen, den ganzen "Kleinkram" des täglichen Lebens derart umzustellen. Es gibt natürlich noch unzählige weitere Beispiele, die ich hier nicht alle nennen kann.

Aber nochmal: Diese ganzen Detaillösungen sind eigentlich nicht relevant. Natürlich könnte man das auch anders regeln und ich bin für bessere Vorschläge offen.
Die Frage die wir uns stellen müssen ist: Nach welchem Grundsatz wollen wir unsere Gesellschaft strukturieren?
Ich schlage den Grundsatz der Gewaltfreiheit (im Sinne von Initiation von Gewalt) vor. Mir ist kein weiterer auch nur näherungsweise geeigneter Grundsatz bekannt.
Akzeptieren wir diesen Grundsatz müssen wir alles tun, um die (staatliche) Initiation von Gewalt zu minimieren. Welche praktischen Maßnahmen das nun genau sind muss sicherlich diskutiert werden aber sie müssen alle auf das gleiche Ziel hinarbeiten.
Akzeptieren wir diesen Grundsatz nicht dann muss eine bessere Alternative vorgeschlagen werden. Nun zum 3ten mal: Eine solche Alternative hat hier keiner der Liberalismusgegner gefunden.
 
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Original geschrieben von Clawg

Ich sagte, dass das ein Sammelbegriff ist. Man kann ihn verwenden, aber man kann nicht behaupten, er wäre eine von seinen Bestandteilen losgelöste, eigene Entität. Wie kann ich mir denn eine von der Gesellschaft gegenüber einem Individuum ausgeführte Handlung vorstellen?

Das ist genau das, worauf ich letzte Nacht hinauswollte. Ich stimme dir in Bezug auf diesen Absatz sogar zu, es macht keinen Sinn, Gesellschaft isoliert von Individuen zu betrachten, und es macht erst recht keinen Sinn, zu behaupten, eine Gesellschaft könnte "handeln".

Vielleicht habe ich mich da ja auch unverständlich ausgedrückt. Im Endeffekt will ich darauf hinaus, dass es genauso sinnlos ist, die Gesellschaft als unabhängig von den Individuen anzusehen wie umgekehrt.

Nichts weiteres meine ich damit, wenn ich sage, dass die Gesellschaft individuelles Handeln "strukturiert". Es ist da natürlich immer noch der Mensch, der handelt, klar. Aber sein Handeln lässt sich nicht vollständig aus seinen eigenen Privatdispositionen ableiten. Sondern größere Zusammenhänge menschlicher Gesellschaft beeinflussen sein Handeln eben auch, zusätzlich zu seinen privaten Veranlagungen.




Im Endeffekt läuft das alles auf die Frage hinaus, welche Abstraktionsebene zulässig ist. Ich finde es gar nicht unmöglich, auch eine Mikroperspektive einzunehmen. Allerdings bietet sich für andere Fragestellungen die abstraktere Makroperspektive (wo es eben auch um gesellschaftliche Strukturen geht), eher an.
 

Clawg

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Original geschrieben von uLti
1. Der Mensch ist nicht dazu in der Lage, etwas objektiv wahrzunehmen. Jeder Mensch begreift alles immer im Verständnis seiner persönlichen (Vor-)Geschichten. Lesehinweis: Gadamer, Wahrheit und Methode.
Woher weiß Gadamer das? Ist er vielleicht im Besitz objektiver Wahrnehmung?

2. Initiation von Gewalt ist bereits in der Einschränkung der Freiheit des Einzelnen zu sehen. Jedes Gesetz gilt nur deshalb, weil ein staatlicher, notwendigerweise zwanghafter Durchsetzungsanspruch dahintersteht. Sobald dieser auch nur einen Bürger von der Ausübung seiner persönlichen Freiheit abhält, übt der Staat Zwang aus.

Ich kann es in diesem Thread nur wieder und wieder betonen:
Ich definiere Gewalt aber anders und meine Aussage bezieht sich auf meine Definition. Freiheit ist für mich, wenn Menschen frei von der Initiation von Gewalt anderer sind. Ein System, welches dieses versucht sicherzustellen, gilt also als frei. Das ist eine schwächere Forderung als dies z.B. für 'völlige Handlungsfreiheit' nötig wäre. Ein System, das letzteres versucht sicherzustellen, ist natürlich in sich widersprüchlich, weil der Akt der Sicherstellung die völlige Handlungsfreiheit ja einschränken muss.

3. Eure Differenzierung zwischen Steuern und anderer Gewalt geht völlig fehl. Wenn man Steuern nicht bezahlt, führt ein staatlicher Zwang zur Sanktionierung. Wenn man andere Gesetz nicht einhält, ist es ebenso. Hier gibt es rein logisch keinen Unterschied, da es sich um Konditionalnormen handelt, die ein Fehlverhalten unter sanktionieren.
Der Unterschied besteht darin, dass andere Gesetze sich alleine auf das Verbot von der Initiierung von Gewalt beschränken, während man durch Nichtzahlen von Steuern keine Gewalt initiiert.

4. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Warum versteht Ihr nicht, dass damit zwangsweise Gewalt einhergeht.
Natürlich geht damit zwangsweise Gewalt einher. Aber es gibt unterschiedliche Formen der Gewalt. Initiation von Gewalt gäbe es dann nicht, denn es wird ausschließlich gegen Handlungen mit Gewalt vorgegangen, die eine Initiation von Gewalt darstellen. Von zwei Parteien kann immer nur eine Partei Gewalt initiieren, es können nicht beide Gewalt initiieren.

5. Chancengleichheit hat nichts damit zu tun, dass jeder am Ende gleich dasteht. Es geht einzig und allein darum, genetische Ungleichheiten sozialverträglich auszugleichen, um den Leuten zumindest ansatzweise gleiche Ausgangspositionen zuzugestehen. Das ist in Eurem System nicht gegeben, weshalb es ungerecht ist.
Ein System ist also gerecht, wenn jeder die gleichen Chancen hat, Astronaut zu werden, den Nobelpreis zu bekommen oder Olympiasieger zu werden? Worte wie "ansatzweise", "sozialverträglich" weisen aber daraufhin, dass du es nicht wirklich ernst damit meinst, Chancengleichheit zu wollen sondern mehr eine unklare Zwischenposition anstrebst.
Warum ist denn deiner Meinung nach ein System gerecht, obwohl es nicht dafür sorgen kann, dass jeder die gleichen Chancen auf oben genannte Berufe hat? Ziemlich willkürliche Definition die du für "gerecht" hier anbringst.

Für mich ist ein System gerecht, welches objektiv (d.h. nur die Sachverhalte betrachtend, jeder Mensch hat das gleiche Recht) über das Recht des einzelnen auf sein Leben wacht.


6. Ein geschriebenes Gesetz ist nicht objektiv. Ich warte immer noch auf eine Widerlegung dieser These.
Ein niedergeschriebenes - festgesetztes - Gesetz führt dazu, dass der Staat keine Willkür in diesem Bereich anwenden kann. Es muss außerdem widerspruchsfrei zu allen anderen niedergeschriebenen Gesetzen sein.

7. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Außerdem gebt Ihr auch zu, dass präventive Maßnahmen Initiation von Gewalt sind. Die Polizei handelt aber zwangsweise präventiv, da leder die Zukunft immer ungewiss ist. Deshalb ist es unmöglich, "rationale" Bürger vollends von "irrationaler" Gewalt freizustellen.
Nenne mir ein Beispiel für eine "zwangsweise präventive Maßnahme der Polizei".

Beispiel: Bürger X bastelt unbedarft an einer Sache. Die Polizei hält diese Sache unter den ihr zur Verfügung stehenden Informationen rational vertretbar für gefährlich und befragt X dazu. Dabei stellt sich heraus, dass X ein völlig ungefährliches Modell gebastelt hat. Trotzdem hat die Polizei dem rationalen X Gewalt angetan.
Wer eine Drohung ausspricht, sei es durch einer Handlung oder konkreten Worten, der ist verpflichtet, sie zu entkräften. Tut er es nicht, so gilt es als Initiation von Gewalt.
Wer mit einer gezogenen Spielzeugpistole in einen Laden geht, ist verpflichtet zu sagen "Das ist nur eine Spielzeugpistole". Tut er es nicht, so ist ein Eingreifen der Polizei oder Notwehr des Ladenbesitzers keine Gewaltinitiation.

8. Gesellschaftsvertragsargumente gesteht Ihr anderen nicht zu, nutzt sie aber selber. Das ist schräg. Für unsere Gesellschaft lasst Ihr es nicht gelten ("Wenn man keine Lust auf Steuern hat, soll man eben auswandern"), für Eure Gesellschaft hingegen rechtfertigt Ihr dadurch die Geltung von Gesetzen.
Würde man von heute auf morgen das System einführen, dann würde gegen niemanden vom Staat Gewalt initiiert. Es würde lediglich aufgehört, Gewalt zu initiieren.

Sollte es am Anfang noch gewaltfrei und frei sind, ist es nun unserer heutigen Gesellschaft sehr nahe.
Es gibt auch nicht viel Unterschiede. Der Hauptaugenmerk ist nicht die Gesetzgebung, sondern die Steuern, also die Trennung zwischen Staat und Wirtschaft. Unser Rechtssystem ist auf ganz ähnlichen Prinzipien aufgebaut.

Original geschrieben von jack.daniels
Aber sein Handeln lässt sich nicht vollständig aus seinen eigenen Privatdispositionen ableiten. Sondern größere Zusammenhänge menschlicher Gesellschaft beeinflussen sein Handeln eben auch, zusätzlich zu seinen privaten Veranlagungen.
Da der Mensch einen freien Willen hat und sich der Einflüsse der Gesellschaft bewusst werden kann, kann er sich entscheiden, diese bei seiner Entscheidung zu ignorieren. Der Einzelne muss sich also immer als von der Gesellschaft unabhängig sehen. Er kann nicht behaupten, dass er nicht anders handeln könne, weil die Gesellschaft ihn so und so beeinflusst.


Original geschrieben von DerHansJaDerSägt
Steht in diesem ganzen Thread jetzt irgendwo ein einziges Argument, warum der Staat keine Gewalt initiieren sollte oder hattet ihr einfach mal Bock auf eine nominalistische Haarspalterei?

Es kam noch nicht zur Sprache, warum er es nicht sollte, aber ich kann es hier kurz erläutern:
Möchte man als rationaler Egoist das bestmögliche Leben leben, möchte man sich selbst verwirklichen, dann sollte man eine Welt propagieren, in der der Verstand frei (von der Gewaltinitiation anderer) arbeiten kann. Unser Verstand ist unser einziges Mittel um zu überleben.
 

Dekonstruktion

Guest
Zum Status von Gesellschaft.
Ich halte es verkehrt, wenn man allem ausser Individuen seine "Daseinsberechtigung" abspricht. Das Insistieren auf einem reduktionistischen Individualismus ähnelt einem halbgaren Cartesianismus ohne methodische Skepsis. Nun ein paar Einwände:
Betrachten wir den Fall von einem Rockkonzert. Jeder der Zuschauer empfindet das Gefühl von Euphorie, es wird geschrien, gesprungen etc.
Nun würde ich aber behaupten, dass sich neben dem subjektiven Empfinden von T1, T2 etc. noch ein höherstufiges Phänomen entwickelt.
Die einzelnen Zuschauer sind im Bewusstsein, dass sie mit anderen Menschen das Konzert besuchen, es gibt Koordination unter ihnen, z.B. bewegen sie sich in einem vergleichbaren Rhytmus. Unter den Zuschauern entwickelt sich ein "Gemeinschaftsgefühl". (im Philosophenjargon spricht man hier von kollektiver Intentionalität). Ich möchte dabei die These vertreten, dass dieses Gemeinschafsgefühl emergent ist, d. h. nicht auf die einzelnen Inviduen reduzierbar ist.
Es entwickeln sich auch normative Strukturen. Wer apathisch wie ein Stock dasteht, könnte bspw. von den anderen Teilnehmern sanktionierendes Verhalten erfahren. Die Zuschauer wissen in der Regel, was sie dürfen und was nicht, bspw. auf die Bühne klettern.
Weder die Existenz des Gemeinschaftsgefühls, noch der Strukturen setzen einen eindeutig lokalisierbaren Träger voraus (in anderen Worten, es bedarf keiner kollektiven Intelligenz).
Man kann zwar die Existenz von höherstufigen Phänomenen anfechten, das hat aber einen strikten Nominalismus zur Folge, demzufolge es nur Einzelteile gibt. Dadurch fallen dann für den Egoisten aber auch so wichtige abstrakte Begriffe wie Rationalität oder Moral weg.
Es wäre dann nur noch erlaubt zu sagen, X ist rational, nicht aber, dass Rationalität es uns gestattet, die Welt zu erkennen.

Edit(für Claw): Der Mensch besitzt zwar einen freien Willen und kann auch sein handeln korrigieren, doch das schließt nicht aus, dass (a) jede Reflektion an sein Ende gerät, sonst droht der infinite Regress, (b), die Fähigkeit zu handeln setzt ein hohes Maß an Habitualisierung voraus. Müsste man vor jeder Handlung alles Reflektieren, käme man nicht weit. Viele Mechanismen sind dem Menschen in gewisser Weise einverleibt, d. h. kognitiv auch nur bedingt zugänglich. Ein Beispiel hierfür ist ein Kind, dass seine Muttersprache erlernt. Das Kind entwickelt ein Gefühl für komplexe grammatische Eigenheiten, ohne dass es systematisch Grammatik lernt. Die sprachliche Intuition lässt sich aber auch nicht mehr durch eine formale Grammatik einholen. Ein Nicht-Mutersprachler könte trotz der besten linguistischen Ausbildung nie diesen Grad sprachlichen Feingefühls erwerben.
 

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Da der Mensch einen freien Willen hat und sich der Einflüsse der Gesellschaft bewusst werden kann, kann er sich entscheiden, diese bei seiner Entscheidung zu ignorieren. Der Einzelne muss sich also immer als von der Gesellschaft unabhängig sehen. Er kann nicht behaupten, dass er nicht anders handeln könne, weil die Gesellschaft ihn so und so beeinflusst.

Diese Aussage ist leider völlig Realitätsfern. Verstand hin oder her, aber die Gesellschaft hat zwangsläufig erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen von Menschen. Allein schon die Erziehung, der spätere Freundeskreis, die Schulbildung usw. Alles gesellschaftliche Einflüsse die die Persönlichkeit des Individuums und seine Entscheidungen erheblich beeinflussen.
 

Clawg

Guest
Original geschrieben von Force_Commander


Diese Aussage ist leider völlig Realitätsfern. Verstand hin oder her, aber die Gesellschaft hat zwangsläufig erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen von Menschen. Allein schon die Erziehung, der spätere Freundeskreis, die Schulbildung usw. Alles gesellschaftliche Einflüsse die die Persönlichkeit des Individuums und seine Entscheidungen erheblich beeinflussen.

Jeden Einfluss kann man (direkt oder durch Training) eliminieren.
Dies wird besonders deutlich in der gezielten Beeinflussung, der Werbung. Wenn man sich der Werbetricks bewusst ist, wird man gegenüber den Einflüssen immun.
Der Punkt ist, dass man alles mal angedacht haben muss. Wenn man sich nie Gedanken gemacht hat, ob man ein blaues oder rotes Auto haben möchte, wird man in dem Moment, wo eine Entscheidung verlangt wird, zu der tendieren, welches man unterbewusst, also auf Basis der Erfahrungen, bevorzugt (z.B. Jeder fährt ein blaues Auto, dann fahre ich auch ein blaues Auto).
Bei der Frage nach der Besteuerung werden hunderte, wenn nicht gar tausende einzelne Punkte relevant, über die man sich Gedanken machen muss. Geht man, vorgeprägt durch die Gesellschaft, an die Frage heran, ohne all diese Punkte zu überdenken, wird man eine entsprechend vorgeprägte Antwort liefern.

So zumindest meine Theorie ^_^

zu Dekonstruktion kommt meine Antwort später :o
 

uLti_inaktiv

Guest
Original geschrieben von Clawg
Woher weiß Gadamer das? Ist er vielleicht im Besitz objektiver Wahrnehmung?

Nein, aber seine These ist bisher nicht widerlegt worden. Du weißt ja, weil es in der Wissenschaft keine Verifikation gibt, arbeitet man über Falsifikation. Aber vielleicht kannst Du seine These widerlegen?

Original geschrieben von Clawg
Der Unterschied besteht darin, dass andere Gesetze sich alleine auf das Verbot von der Initiierung von Gewalt beschränken, während man durch Nichtzahlen von Steuern keine Gewalt initiiert.

Das ergibt keinen Sinn. Es geht doch nicht darum, ob man selbst Gewalt initiiert. Es geht um den Staat.

Original geschrieben von Clawg
Natürlich geht damit zwangsweise Gewalt einher. Aber es gibt unterschiedliche Formen der Gewalt. Initiation von Gewalt gäbe es dann nicht, denn es wird ausschließlich gegen Handlungen mit Gewalt vorgegangen, die eine Initiation von Gewalt darstellen. Von zwei Parteien kann immer nur eine Partei Gewalt initiieren, es können nicht beide Gewalt initiieren.

Und es gibt Hunderte Beispiele, in denen leider der Staat anfängt. Z.B. wenn er präventiv aufgrund von Verdachtsmomenten handelt, die aus der ex-ante gegeben sind, ex-post aber nicht vorlagen. Selbst wenn der Staat sich dann entschuldigt, liegt bestenfalls eine Heilung der Gewaltinitiierung vor. Wenn man aber erst einen Rechtseingriff vornimmt und diesen dann später wieder heilt, ist trotzdem noch ein Eingriff erfolgt. Das ist eine Fakt und nicht wegzudiskutieren.

Original geschrieben von Clawg
Ein System ist also gerecht, wenn jeder die gleichen Chancen hat, Astronaut zu werden, den Nobelpreis zu bekommen oder Olympiasieger zu werden? Worte wie "ansatzweise", "sozialverträglich" weisen aber daraufhin, dass du es nicht wirklich ernst damit meinst, Chancengleichheit zu wollen sondern mehr eine unklare Zwischenposition anstrebst.
Warum ist denn deiner Meinung nach ein System gerecht, obwohl es nicht dafür sorgen kann, dass jeder die gleichen Chancen auf oben genannte Berufe hat? Ziemlich willkürliche Definition die du für "gerecht" hier anbringst.

Ich formuliere so, weil ich weiß, dass es genetische und familiäre Unterschiede gibt, die der Staat nicht ausgleichen kann. Würdest Du meine Beiträge richtig lesen, verstündest Du dies auch mit Leichtigkeit. Dann wäre Dir auch aufgefallen, dass ich mein System nicht als schlechterdings gerecht bezeichne. Klar sagen kann ich allerdings, dass ein System, welches Chancengleichheit als Ziel nicht anstrebt, unbestritten ungerechnet ist, da Chancengleichheit im Begriff der Gerechtigkeit enthalten ist.

Original geschrieben von Clawg
Für mich ist ein System gerecht, welches objektiv (d.h. nur die Sachverhalte betrachtend, jeder Mensch hat das gleiche Recht) über das Recht des einzelnen auf sein Leben wacht.

Deine Definition hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Es gibt feststehende Begriffe in der Philosophie, denen Du nicht einfach einen absurden Gehalt geben kannst, indem Du sie neu definierst. So ist Chancengleichheit etwa nicht nur der Schutz des Lebens. Es gehört auch die Zurverfügungstellung von Infrastruktur, Strom, Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, Verbot von Diskriminierung dazu.

Original geschrieben von Clawg
Ein niedergeschriebenes - festgesetztes - Gesetz führt dazu, dass der Staat keine Willkür in diesem Bereich anwenden kann. Es muss außerdem widerspruchsfrei zu allen anderen niedergeschriebenen Gesetzen sein.

Es gibt kein Gesetz, welches widerspruchsfrei zu allen anderen Gesetzen ist. Das Gegenteil ist richtig, da jedes Gesetz stets im Widerspruch zu anderen Gesetzen ist. Was Du da propagierst, hat man noch im siebzehnten Jahrhundert geglaubt (Montesquieu), ist heute aber einfach nur noch weltfremd. Warum formulierst Du mir hier zwei nicht mal zwei widerspruchsfreie Gesetze, die objektiv sind? Ich warte schon seit Tagen darauf. Solltest Du es schaffen, kannst Du damit zu Weltruhm gelangen!

Original geschrieben von Clawg
Es gibt auch nicht viel Unterschiede. Der Hauptaugenmerk ist nicht die Gesetzgebung, sondern die Steuern, also die Trennung zwischen Staat und Wirtschaft. Unser Rechtssystem ist auf ganz ähnlichen Prinzipien aufgebaut.

Warum formulierst Du es nicht ganz ehrlich? Nachdem ich hier in diesem Thema bewiesen habe, dass Du kein System, welches frei von Gewaltinitiation seitens des Staates ist, hinbekommst, könntest Du auch einfach Deine These darauf reduzieren:

"Ich will Staat und Wirtschaft komplett trennen. Das funktioniert, indem die Bürger Spenden und keine Steuern mehr zahlen. Einen faktischen Zwang zum Spenden ignoriere ich. Ich ignoriere ebenso, dass in meiner Gesellschaft kulturelle Errungenschaften wie die Chancengleichheit nicht mehr gelten. Aber das ist es mir wert."

Dieses System könnte es geben. Es wäre immer noch voll von Widersprüchen und Absurditäten, aber würde immerhin nicht mehr gegen die Denkgesetze verstoßen.
 

Clawg

Guest
Original geschrieben von uLti
Nein, aber seine These ist bisher nicht widerlegt worden. Du weißt ja, weil es in der Wissenschaft keine Verifikation gibt, arbeitet man über Falsifikation. Aber vielleicht kannst Du seine These widerlegen?
Um Falsifikation betreiben zu können, benötigt man eine objektive Wahrnehmung ;)
Wissenschaft basiert auf Philosophie, nicht umgekehrt. Keine Beobachtung der Welt kann objektiv widerlegen, dass Beobachtungen objektiv sind.

Das ergibt keinen Sinn. Es geht doch nicht darum, ob man selbst Gewalt initiiert. Es geht um den Staat.
Dann lies es dir nochmal durch.
Du hast 'andere Gesetze' mit dem Gesetz zur Zahlung von Steuern verglichen und behauptet, dass es da keinen Unterschied gibt. Ich habe entgegnet, dass der Unterschied darin liegt, dass der Einzelne im einen Fall Gewalt initiiert und im anderen Fall nicht. Ergo initiiert der Staat keine Gewalt gegen den Einzelnen im Falle von Gesetzen z.B. bzgl. des Verbots von Mord.


Und es gibt Hunderte Beispiele, in denen leider der Staat anfängt. Z.B. wenn er präventiv aufgrund von Verdachtsmomenten handelt, die aus der ex-ante gegeben sind, ex-post aber nicht vorlagen. Selbst wenn der Staat sich dann entschuldigt, liegt bestenfalls eine Heilung der Gewaltinitiierung vor. Wenn man aber erst einen Rechtseingriff vornimmt und diesen dann später wieder heilt, ist trotzdem noch ein Eingriff erfolgt. Das ist eine Fakt und nicht wegzudiskutieren.
Aha, und? Welchen Grund gibt es, dass das so sein *muss*?


Ich formuliere so, weil ich weiß, dass es genetische und familiäre Unterschiede gibt, die der Staat nicht ausgleichen kann. Würdest Du meine Beiträge richtig lesen, verstündest Du dies auch mit Leichtigkeit. Dann wäre Dir auch aufgefallen, dass ich mein System nicht als schlechterdings gerecht bezeichne. Klar sagen kann ich allerdings, dass ein System, welches Chancengleichheit als Ziel nicht anstrebt, unbestritten ungerechnet ist, da Chancengleichheit im Begriff der Gerechtigkeit enthalten ist.
Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, was du damit meinst. Gib mal ein Beispiel eines gerechten Staates nach deiner Definition, fiktiv oder real.

Deine Definition hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Es gibt feststehende Begriffe in der Philosophie, denen Du nicht einfach einen absurden Gehalt geben kannst, indem Du sie neu definierst. So ist Chancengleichheit etwa nicht nur der Schutz des Lebens. Es gehört auch die Zurverfügungstellung von Infrastruktur, Strom, Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, Verbot von Diskriminierung dazu.

Auch hier nochmal:
Es gibt keine 'richtige' Definition von einem Wort, es gibt nur eine gemeinsame. Ich habe erklärt, was ich mir unter einem gerechten System vorstelle.

Nach deiner Definition von "Gerechtigkeit" bzw. "Chancengleichheit" ist das von mir skizzierte System natürlich nicht gerecht.
Aber was soll daraus folgen? Ein moralisches Urteil? Ist ein ungerechtes (nach deiner Definition) System "schlecht"?
Wenn ja, dann wären wir eine Stufe tiefer, nämlich bei der Frage, wie man "gut" und "schlecht" definiert und warum man etwas "gutes" bevorzugen sollte.

Es gibt kein Gesetz, welches widerspruchsfrei zu allen anderen Gesetzen ist. Das Gegenteil ist richtig, da jedes Gesetz stets im Widerspruch zu anderen Gesetzen ist. Was Du da propagierst, hat man noch im siebzehnten Jahrhundert geglaubt (Montesquieu), ist heute aber einfach nur noch weltfremd. Warum formulierst Du mir hier zwei nicht mal zwei widerspruchsfreie Gesetze, die objektiv sind? Ich warte schon seit Tagen darauf. Solltest Du es schaffen, kannst Du damit zu Weltruhm gelangen!

Man beginnt mit Axiomen und folgert daraus logisch den Rest. Dadurch können keine Widersprüche auftreten.

z.B. rein auf der politischen Ebene:
1. "Der Staat darf Gewalt nur gegen jene anwenden, die Gewalt initiiert haben."

Ein zweites Gesetz brauche ich nicht, im Folgenden würde ich höchstens die einzelnen Worte noch definieren, also was ein Staat ist, wie er gebildet ist, wie eine Anwendung aussieht, wann eine Gewalt initiiert ist, usw.


Warum formulierst Du es nicht ganz ehrlich? Nachdem ich hier in diesem Thema bewiesen habe, dass Du kein System, welches frei von Gewaltinitiation seitens des Staates ist, hinbekommst, könntest Du auch einfach Deine These darauf reduzieren:
Wenn du keine Lust hast, weiterzudiskutieren, kannst du das auch direkt sagen ;)
Ich warte immer noch auf eine Erklärung, wie es möglich sein kann, dass von zwei Parteien beide Gewalt initiieren. Das wäre nur der Fall, wenn der Staat präventiv handelt.
 

Dekonstruktion

Guest
Falsifikation setzt mitnichten eine objektive, epistemisch erkenbare Realität voraus. Der Grundgedanke des kritischen Realismus basiert vielmehr darauf, dass Theorien durch Konkurrenztheorien herausgefordert werden. Dabei gibt es sicherlich einige Probleme, wie das der Übersetzbarkeit einer Theoriesprache in die andere, sowie natürlich Interpretationsschwierigkeiten von empirischen Basissätzen auf abstraktere Niveaus. Anstatt Wahrheit setzt der KR folglich auf Bewährung von Theorien.
Gadamer hingegen beschreibt den Verstehensprozess von Texten. Jeder Zugang beginnt dabei mit einem Vorverständnis, welcher die Lektüre gewissermaßen vorstrukturiert. Während des Lesens kann jedoch ein Wandel des Vorverständnisses eintreten, man richtet seine Aufmerksamkeit auf andere Details, entwickelt eine neue Lesart etc. Dies tritt insbesondere in wiederholten Lektüren auf. Der Punkt der hier wichtig ist ist einzig der, dass Gadamer eine Zugang durch einen archimedischen Punkt aus dem Nirgendwo bestreitet. Um das zu proklamieren, muss er sich jedoch keineswegs einen performativen Widerspruch (was ja der Haupteinand war) begehen.
Da ich von beiden Philosophen nicht viel halte, möchte ich aber hier nicht als Apologet dieser fungieren. Wollte nur eine Missverständnisse ausräumen.
 

Clawg

Guest
Bevor man sich über Theorien Gedanken machen kann, muss man erst einmal gewisse Grundwahrheiten (nicht Theorien!) der Realität akzeptieren. Wo wir auf der untersten Ebene wären, den Axiomen. Existenz existiert, Existenzen haben eine Identität, Bewusstsein ist Identifikation.
 

Dekonstruktion

Guest
Was meinst du mit Bewusstsein ist Identifikation?
Das 4=4 ist wird ansonsten ja auch nicht bestritten hilft aber uns nur bedingt weiter. Existenz ist eh ersteinmal ein kryptischer Begriff.
"Grundwahrheiten der Realität" mutet auch erstmal ein wenig viel Rhetorik an. Du transporierst in den theoriefreien Raum (sofern dieser "existiert") schon zuviel theoriebeladenes Gedankengut ein.
 

Clawg

Guest
Eine Grundwahrheit bzw. ein Axiom ist eine Aussage über die Realität, die nicht widerlegbar ist, d.h. die man als zutreffend voraussetzen muss, wenn man gegen sie argumentieren möchte.

Um gegen die drei Axiome zu argumentieren muss etwas existieren (insbesondere derjenige, der argumentiert), Worte müssen eine Identität haben, also voneinander unterscheidbar sein und derjenige der argumentiert, muss Worte identifizieren können, sich also über deren Existenz bewusst werden können.
 

Dekonstruktion

Guest
Naja, wir können uns jetzt sicherlich sofort auf das Tertium non datur einigen, oder darauf das etwas mit sich selbst identisch ist, deine Aussagen präsuponnieren allerdings bereits schon soviel versteckte Metaphysik, dass du mir erstmal lieber das Axiom mit dem Bewusstsein erklärst, bevor wir fortfahren können. Identifikation als Merkmal des Bewusstseins ist nämlich sehr sehr ungenau und reduktionistisch.
 

Clawg

Guest
Um über *etwas* zu diskutieren muss man *etwas* identifizieren können. Diese Eigenschaft wird Bewusstsein genannt.

Natürlich kann man viel darüber schreiben und bestimmte Aspekte näher beleuchten, das ist aber dann ein anderes Thema ;) Ich verweise dich vorerst an die Einstiegslektüre zu dem Thema, "Objectivism - The Philosophy of Ayn Rand".
 
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es ist einfach völlig sinnlos mit jemanden über Individuum-Gesellschaft zu reden, der die letzten 100 Jahre Sozialwissenschaften und Philosophie nicht akzeptiert (oder ich vermute einfach gar nicht kennt).

Das witzige ist ja auch, dass er nicht nur einen individualistischen Reduktionismus annimmt, sondern diesen auch als "echte Wahrheit" (keine Theorie" verkauft. Das ist schlichtweg Ideologie und keine Theorie.
 

Clawg

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Original geschrieben von OgerGolg
es ist einfach völlig sinnlos mit jemanden über Individuum-Gesellschaft zu reden, der die letzten 100 Jahre Sozialwissenschaften und Philosophie nicht akzeptiert (oder ich vermute einfach gar nicht kennt).
Es gibt mehrere Strömungen. Eine Strömung ist der Objektivismus.

Das witzige ist ja auch, dass er nicht nur einen individualistischen Reduktionismus annimmt, sondern diesen auch als "echte Wahrheit" (keine Theorie" verkauft. Das ist schlichtweg Ideologie und keine Theorie.

Man kann keine Theorie über die Axiome aufstellen, da man zur Aufstellung der Theorie die Axiome benötigt, sie als wahr annimmt. Im Gegensatz zu anderen Theorien gibt es hier eben eine Abhängigkeit.
 
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Also ALLES was du hier von dir gibst sind Weisheiten oder Staatsvorstellungen aus dem 19. Jahrhundert oder sogar noch älter (Descartes und einige ältere Schotten lassen grüssen). Aufbereitet mit ein paar Gedanken von Thatcher und Reagan.

Zum Thema Individuum und Struktur geb ich dir nur zwei kleine Tipps: Giddens und Bourdieu. Nicht das sie jetzt die Weisheit mit Löffeln gefressen hätten. Allerdings sind sie beide Repräsentanten einer anderen Problemlösung die nicht auf blindes negieren von Sachverhalten hinausläuft. Stichwort: strukturierende Struktur.

Selbst der z.Z. wohl prominenteste Zweig der individualistischen Methodologie die Rational Choice Theorie würde so einen Unfug wie den "rationalen Egoisten" nicht mehr einfach so unhinterfragt akzeptieren.


Aber kurz gesagt, wenn dein einziges Argument ist "les doch die Einleitung von Rand", dann sollte man echt einfach die Segel streichen und einen Schlussstrich ziehen mit dem Diskutieren. Aber leider werden die Debatten ja immer wieder auf die gleichen Fragen zurückgeworfen.
Achja und der Objektivismus ist auch keine sozialwissenschaftliche Strömung.
 

Clawg

Guest
Original geschrieben von OgerGolg
Also ALLES was du hier von dir gibst sind Weisheiten oder Staatsvorstellungen aus dem 19. Jahrhundert oder sogar noch älter (Descartes und einige ältere Schotten lassen grüssen). Aufbereitet mit ein paar Gedanken von Thatcher und Reagan.
Besonders Aristoteles lässt grüßen.

Aber leider werden die Debatten ja immer wieder auf die gleichen Fragen zurückgeworfen.
Der Objektivismus ist eben ein System, das auf Logik aufeinander aufgebaut ist. Wenn man lange genug nachhakt, kommt man immer zurück auf die Axiome. Wohl ein wesentlicher Unterschied zu rein empirischen Systemen.


Achja und der Objektivismus ist auch keine sozialwissenschaftliche Strömung.
http://en.wikipedia.org/wiki/Objectivist_movement#Objectivism_in_academia
 
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Original geschrieben von Clawg
Wohl ein wesentlicher Unterschied zu rein empirischen Systemen.[/url]

Die Welt hat dafür auch einen Begriff: Ideologie.

Aber wenn man schon rumspinnt, würde ich doch lieber kommunistische Rumspinnen!

Original geschrieben von Clawg

Keine Beobachtung der Welt kann objektiv widerlegen, dass Beobachtungen objektiv sind.

Das ist übrigens die Leugnung der letzten 90 Jahre. Mit dieser Aussage KANNST du gar nicht sozialwissenschaftlich vorgehen. Deshalb ist auch dein Gerede über das nichtvorhanden sein von Gesellschaft relativ belanglos und ist nicht mehr als Thatchers Zitat "there is
no such thing as society". Das widerum ist nicht mehr als ein Kampfbegriff in der politischen Sphäre und keine "objektive Beobachtung".

Zur Handlung und Struktur hat Jack eigentlich schon genug gesagt.

Und der Wikilink zeigt rein gar nichts.
 

Dekonstruktion

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Der Artikel bestätigt doch eigentlich Golgs Argument, abgesehen davon, dass in den letzten 20 Jahren ab und an ein analytischer Philosoph zugegen war. Der bekannteste (jaegwon Kim) ist beileibe auch kein Objektivist.
Wenn ich schon Rand lesen soll, dann musst du, damit wir diskutieren können, aber auch bitte von Hilary Putnam " The Meaning of `Meaning´" lesen. Sollte in jeder Unibib vorhanden sein und umfasst in etwa 80 Seiten. Im Gegensatz zum wirklich komplexen Zeug auch für Laien eingängig.
Ich kann auch dafür bürgen, dass Putnam mit den Regeln der formalen Logik sehr gut vertraut ist.
 
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Sehr fein, ich habs mir auch mal auf deutsch bestellt. Dann können wir ja bald ne Buchbesprechung machen, um endlich die unnötigen Diskussionen hier nicht mehr führen zu müssen. Claw darf auch noch ein Buch vorschlagen.
 

Noel2

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Wikipedia - Artikel über Objektivismus, bei denen sich (besonders von Seiten irgendwelcher Objektivisten) jahrelange Edit - Wars abgespielt haben und immer noch abspielen, kommentarlos auf die von Golg getätigten Aussage zu entgegnen, hat doch mit einer gesunden Diskussionskultur nichts mehr zu tun :bored:

Ich zitiere aus einem ehemaligen Ayn Rand wikipedia - Artikel (auf der Diskussionsseite zu finden): "Dieser Umstand spricht gegen die Annahme, dass Ayn Rand eine unbedeutende und unbegabte Autorin sei." :rofl2:
 
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Original geschrieben von MegaVolt
Der zentrale Punkt ist, dass über die Wahl der "Vertrag" jedem Menschen in diesem Land aufgezwungen wird. Das ist nichtmal näherungsweise freiwillig. Es gibt keine Möglichkeit, diesem erzwungenen Vertrag zu entkommen und wenn man es versucht dann gilt man als kriminell und der Staat initiiert Gewalt.
 

Clawg

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Original geschrieben von Dekonstruktion
Wenn ich schon Rand lesen soll, dann musst du, damit wir diskutieren können, aber auch bitte von Hilary Putnam " The Meaning of `Meaning´" lesen. Sollte in jeder Unibib vorhanden sein und umfasst in etwa 80 Seiten. Im Gegensatz zum wirklich komplexen Zeug auch für Laien eingängig.

Ich kenne die Aussagen von Putnam, insb. sein Wasserbeispiel. Der Text ist viel zu lang. Wenn jemand so lange Texte schreiben muss um so einen einfachen Sachverhalt zu erläutern muss etwas faul sein :)

Sprache muss objektiv sein, d.h. sie muss mit der Realität verknüpft und unabhängig vom Sprecher (aber nicht unabhängig von Sprecher + Zuhörer) sein. Dies kann einfach durch vorheriges Abklären (definieren) der verwendeten Wörter mittels Zwicken + Deuten + Rufen geschehen. Das heisst, dass für eine sprachliche Kommunikation zuvor eine Kommunikation auf anderer Ebene stattgefunden haben muss.

Über das schreibt Rand (bzw. Peikoff) aber eher weniger (darüber mache ich mir persönlich eher Gedanken ;>), mein Verweis war eher auf die Axiome bezogen.
 

Comeondieyoung

Guest
Es wurde aber schon mehrmals darauf hingewiesen, dass es absurd ist zu glauben man koenne eine ideele, reine Sprache entwickeln in der alle Begriffe klar seien und die eine genaue Idee von der objektiven Realitaet widergebe. Es ist ja nun auch nicht so als ob es in der Philosophiegeschichte hier nicht bereits genuegend Ansaetze gegeben haette dies durchzusetzen (z.B. logischer Positivismus/Korrespondenztheorie), welche aber letztendlich als gescheitert anzusehen sind.
 

Clawg

Guest
Original geschrieben von Comeondieyoung
Es wurde aber schon mehrmals darauf hingewiesen, dass es absurd ist zu glauben man koenne eine ideele, reine Sprache entwickeln in der alle Begriffe klar seien und die eine genaue Idee von der objektiven Realitaet widergebe.
Wie üblich stellt so eine Aussage einen Widerspruch dar, denn du benutzt Sprache. Wenn man Sprache benutzt um eine Aussage über den Wahrheitsgehalt von Sprache zu machen, dann endet das entweder in einem Widerspruch (wenn man es verneint) oder in einem Axiom (wenn man es bejaht).

Deine Aussage ist identisch mit der Aussage "Ich lüge immer!".

Man kann mit Sprache nicht widerlegen, dass Sprache objektiv sein kann.
 
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