Original geschrieben von uLti
1. Der Mensch ist nicht dazu in der Lage, etwas objektiv wahrzunehmen. Jeder Mensch begreift alles immer im Verständnis seiner persönlichen (Vor-)Geschichten. Lesehinweis: Gadamer, Wahrheit und Methode.
Woher weiß Gadamer das? Ist er vielleicht im Besitz objektiver Wahrnehmung?
2. Initiation von Gewalt ist bereits in der Einschränkung der Freiheit des Einzelnen zu sehen. Jedes Gesetz gilt nur deshalb, weil ein staatlicher, notwendigerweise zwanghafter Durchsetzungsanspruch dahintersteht. Sobald dieser auch nur einen Bürger von der Ausübung seiner persönlichen Freiheit abhält, übt der Staat Zwang aus.
Ich kann es in diesem Thread nur wieder und wieder betonen:
Ich definiere Gewalt aber anders und meine Aussage bezieht sich auf meine Definition. Freiheit ist für mich, wenn Menschen frei von der Initiation von Gewalt anderer sind. Ein System, welches dieses versucht sicherzustellen, gilt also als frei. Das ist eine schwächere Forderung als dies z.B. für 'völlige Handlungsfreiheit' nötig wäre. Ein System, das letzteres versucht sicherzustellen, ist natürlich in sich widersprüchlich, weil der Akt der Sicherstellung die völlige Handlungsfreiheit ja einschränken muss.
3. Eure Differenzierung zwischen Steuern und anderer Gewalt geht völlig fehl. Wenn man Steuern nicht bezahlt, führt ein staatlicher Zwang zur Sanktionierung. Wenn man andere Gesetz nicht einhält, ist es ebenso. Hier gibt es rein logisch keinen Unterschied, da es sich um Konditionalnormen handelt, die ein Fehlverhalten unter sanktionieren.
Der Unterschied besteht darin, dass andere Gesetze sich alleine auf das Verbot von der Initiierung von Gewalt beschränken, während man durch Nichtzahlen von Steuern keine Gewalt initiiert.
4. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Warum versteht Ihr nicht, dass damit zwangsweise Gewalt einhergeht.
Natürlich geht damit zwangsweise Gewalt einher. Aber es gibt unterschiedliche Formen der Gewalt. Initiation von Gewalt gäbe es dann nicht, denn es wird ausschließlich gegen Handlungen mit Gewalt vorgegangen, die eine Initiation von Gewalt darstellen. Von zwei Parteien kann immer nur eine Partei Gewalt initiieren, es können nicht beide Gewalt initiieren.
5. Chancengleichheit hat nichts damit zu tun, dass jeder am Ende gleich dasteht. Es geht einzig und allein darum, genetische Ungleichheiten sozialverträglich auszugleichen, um den Leuten zumindest ansatzweise gleiche Ausgangspositionen zuzugestehen. Das ist in Eurem System nicht gegeben, weshalb es ungerecht ist.
Ein System ist also gerecht, wenn jeder die gleichen Chancen hat, Astronaut zu werden, den Nobelpreis zu bekommen oder Olympiasieger zu werden? Worte wie "ansatzweise", "sozialverträglich" weisen aber daraufhin, dass du es nicht wirklich ernst damit meinst, Chancengleichheit zu wollen sondern mehr eine unklare Zwischenposition anstrebst.
Warum ist denn deiner Meinung nach ein System gerecht, obwohl es nicht dafür sorgen kann, dass jeder die gleichen Chancen auf oben genannte Berufe hat? Ziemlich willkürliche Definition die du für "gerecht" hier anbringst.
Für mich ist ein System gerecht, welches objektiv (d.h. nur die Sachverhalte betrachtend, jeder Mensch hat das gleiche Recht) über das Recht des einzelnen auf sein Leben wacht.
6. Ein geschriebenes Gesetz ist nicht objektiv. Ich warte immer noch auf eine Widerlegung dieser These.
Ein niedergeschriebenes - festgesetztes - Gesetz führt dazu, dass der Staat keine Willkür in diesem Bereich anwenden kann. Es muss außerdem widerspruchsfrei zu allen anderen niedergeschriebenen Gesetzen sein.
7. Ihr gebt sogar selber zu, dass Eure Gesellschaft nicht frei ist. Außerdem gebt Ihr auch zu, dass präventive Maßnahmen Initiation von Gewalt sind. Die Polizei handelt aber zwangsweise präventiv, da leder die Zukunft immer ungewiss ist. Deshalb ist es unmöglich, "rationale" Bürger vollends von "irrationaler" Gewalt freizustellen.
Nenne mir ein Beispiel für eine "zwangsweise präventive Maßnahme der Polizei".
Beispiel: Bürger X bastelt unbedarft an einer Sache. Die Polizei hält diese Sache unter den ihr zur Verfügung stehenden Informationen rational vertretbar für gefährlich und befragt X dazu. Dabei stellt sich heraus, dass X ein völlig ungefährliches Modell gebastelt hat. Trotzdem hat die Polizei dem rationalen X Gewalt angetan.
Wer eine Drohung ausspricht, sei es durch einer Handlung oder konkreten Worten, der ist verpflichtet, sie zu entkräften. Tut er es nicht, so gilt es als Initiation von Gewalt.
Wer mit einer gezogenen Spielzeugpistole in einen Laden geht, ist verpflichtet zu sagen "Das ist nur eine Spielzeugpistole". Tut er es nicht, so ist ein Eingreifen der Polizei oder Notwehr des Ladenbesitzers keine Gewaltinitiation.
8. Gesellschaftsvertragsargumente gesteht Ihr anderen nicht zu, nutzt sie aber selber. Das ist schräg. Für unsere Gesellschaft lasst Ihr es nicht gelten ("Wenn man keine Lust auf Steuern hat, soll man eben auswandern"), für Eure Gesellschaft hingegen rechtfertigt Ihr dadurch die Geltung von Gesetzen.
Würde man von heute auf morgen das System einführen, dann würde gegen niemanden vom Staat Gewalt initiiert. Es würde lediglich aufgehört, Gewalt zu initiieren.
Sollte es am Anfang noch gewaltfrei und frei sind, ist es nun unserer heutigen Gesellschaft sehr nahe.
Es gibt auch nicht viel Unterschiede. Der Hauptaugenmerk ist nicht die Gesetzgebung, sondern die Steuern, also die Trennung zwischen Staat und Wirtschaft. Unser Rechtssystem ist auf ganz ähnlichen Prinzipien aufgebaut.
Original geschrieben von jack.daniels
Aber sein Handeln lässt sich nicht vollständig aus seinen eigenen Privatdispositionen ableiten. Sondern größere Zusammenhänge menschlicher Gesellschaft beeinflussen sein Handeln eben auch, zusätzlich zu seinen privaten Veranlagungen.
Da der Mensch einen freien Willen hat und sich der Einflüsse der Gesellschaft bewusst werden kann, kann er sich entscheiden, diese bei seiner Entscheidung zu ignorieren. Der Einzelne muss sich also immer als von der Gesellschaft unabhängig sehen. Er kann nicht behaupten, dass er nicht anders handeln könne, weil die Gesellschaft ihn so und so beeinflusst.
Original geschrieben von DerHansJaDerSägt
Steht in diesem ganzen Thread jetzt irgendwo ein einziges Argument, warum der Staat keine Gewalt initiieren sollte oder hattet ihr einfach mal Bock auf eine nominalistische Haarspalterei?
Es kam noch nicht zur Sprache, warum er es nicht sollte, aber ich kann es hier kurz erläutern:
Möchte man als rationaler Egoist das bestmögliche Leben leben, möchte man sich selbst verwirklichen, dann sollte man eine Welt propagieren, in der der Verstand frei (von der Gewaltinitiation anderer) arbeiten kann. Unser Verstand ist unser einziges Mittel um zu überleben.